Bitter Lemmer: Ciao, Lizenzradio!

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Ulrich Köring

RADIOSZENE
Mitarbeiter
"Da reden alle jahrelang über die digitale Zukunft des Radios, und - schwupps - isse plötzlich da. Sie landete auf meinem iPhone in Form einer Applikation namens iRadio." mehr...
 
AW: Bitter Lemmer: Ciao, Lizenzradio!

Schöne, neue Welt .. für jemanden der seit ein paar Jahren eh WebRadio favorisiert und sonst nur noch (notgedrungen) im Auto auf UKW lauschen muß, keine überraschende Entwicklung .. =)
 
AW: Bitter Lemmer: Ciao, Lizenzradio!

Es geht nicht ums Eifon, sondern darum, dass generell künftig Radio über das mobile Internet auf portable Geräte übertragen wird, die sowieso jeder mit sich führt. Somit würde das klassische Radio durch das solchermaßen empfangene ersetzt.

So weit Lemmers These.

Dazu einige Gedanken:

1.) Alle, oder zumindest fast alle, "klassischen" Radiosender sind per Stream im Netz vertreten (manche haben so einen komischen Stream, wo erst eine 1-Pixel-Grafik im Browser geladen werden muss; diese Streams können dann nicht in einem Standalone-Player abgespielt werden, aber diese zähle ich jetzt einfacherweise mal dazu).

2.) Die von Herrn Lemmer schon genannten Kosten für die mobile Datenübetragung. (In Belgien habe ich mal in zwei Minuten 50 kb Datenverkehr verursacht, um die Bundesligaergebnisse im Opera Mini abzurufen: 9,85 €! Aber gut, die Flatrate wird sich wohl auch hier zunehmend durchsetzen).

3.) Übetragungskapazität der Netze: Selbst das von den Netzbetreibern zu Mondpreisen eingekaufte UMTS hat eine äußerst beschränkte Bandbreite, die sich zudem an einem Ort auch noch alle Nutzer teilen müssen. Das wird also nicht funktionieren. Andere Techniken wie WLAN, Wimax etc. stehen zwar zur Verfügung, sind aber realistischerweise nicht so ausbaubar, dass sie eine UKW-Versorgung abbilden könnten.

4.) Übertragungsqualität: Je geringer die übetragene Datenmenge pro Zeit, desto mieser die Qualität. (Ich will den DLF nicht über einen 32 kbit/s-AAC-Stream hören, auch wenn das noch so mit "UKW-Qualität" oder "fast-CD-Qualität" angepriesen wird. Bei Hörspielen etc. ist sogar schon der 128-kbit/s-OGG-Stream, der vom DLF im Internet verbreitet ist, an der unteren Grenze des erträglichen).

Fazit:

Die Fragestellung lautet: Wird es künftig ausreichend Bandbreite zu annehmbaren Preisen im mobilen Internet geben, so dass dieses ein Transportmedium für Hörfunk werden kann?

Wenn ja: Warum sollten sich die bestehenden Anbieter von Newcomern die Butter vom Brot nehmen lassen? Die Radio machen, wissen wie's geht. Nun gut, schaut man sich die derzeitige UKW-Landschaft an, bekommt man zwar schnell den Eindruck, es könne ja nur besser werden.

Und genau das ist doch die spannende Frage: Wird das Radio wrklich besser, wenn es an jedem Ort 5000 verscheidene Sender auf Knopfdruck gibt? Jeder, der dann vom Radio redet, wie es sein sollte, kann es dann selbst versuchen. Mal sehen, was wir dann zu hören bekommen.

Ach so, noch was: Die Fornrubrik "Internetradios" würde dann wohl wichtiger werden als das Radioforum und das Gold-Forum zusammen...
 
AW: Bitter Lemmer: Ciao, Lizenzradio!

HI! Ich muss "alqaszar" in allen Punkten recht geben und noch etwas hinzu fügen!

Zu Hause haben wir flächendeckend seit Jahren eine breitbandige Internet-Faltrate und wer hört schon Internetradio? Warum sollten die Menschen es dann mobil viel teuerer und in viel schlechterer Qualität machen?

Welcher Autohersteller hat ein Radio im Angebot, dass per WIMAXX (wenn es denn jemals kommt) oder UMTS (wenn man es jemals bezahlen kann) einen Stream ins Auto runterläd? Ich vermute mal, dass ein Stream in einem fahrenden Auto einfach nicht unterbrechungsfrei zu halten ist. Im Zug mit dem Idiot-Pod erstrecht nicht. Und wer legt sich schon in den Park in die Nähe eines Hotspots und hört dann Stream-Radio, wenn er über ein 10-Euro-Radio oder eingebaut in sein Handy zwanzig Sender kostenlos in Stereo störungsfrei empfangen kann? Wer hört heute mit dem Handy Radio, obwohl viele Handies seit Jahren UKW-Radio haben?

Und dann kommen wir zum vielbeschworenen Content. Wer ist so bekloppt und investiert 5 Mio jedes Jahr in einen inhaltvollen Radiosender mit richtgen Moderatoren und News, der nur im Netz zu hören ist? Welche Werbetreiber werden 500 Euro für einen 30sekunden Spot in diesem Medium zahlen?

Und welcher Hörer hört sich dann ein werbefinanziertes Webradio an, dass dann genauso klingt wie ein werbefinanziertes UKW-Radio?

Also, das Internetradio ist und bleibt was es ist: Auf viele Jahre ein Nieschenprodukt für Spezies, die schon vor 20 Jahren mit der YAGI-Antenne auf dem Dach exotische Programme gescannt haben.

Talkprogramme im Web? Noch schlimmer, da ist der Personalaufwand um ein vielfaches höher. Wer soll das bezahlen?

Digitalradio ist ja schon daran gescheitert, dass kein Hörer freiwillig 50 Euro für einen Empfänger ausgibt. Herr Bitter-Lemmer, so schön die Idee vom lizenzfreien Radio auch ist, ich glaube wir erleben den Durchbruch des mobilen Internetradios nicht mehr!

Der Schlickrutscher
 
AW: Bitter Lemmer: Ciao, Lizenzradio!

Einspruch, Eure Ehren....

Betrachten wir doch mal die jüngere Entwicklung im mobilen Bereich. Wie kurz war die Entwicklung vom Koffer-Funktelefon zum Handy mit für erwachsene Finger kaum noch zu erreichenden Tasten? Multimedia-Mobiltelefone mit QuickOffice-Anwendungen, real player und Video sind heute nichts unübliches. mp3-player sind nur noch bedingt hip, weil Handys mit den eingebauten Lautsprechern eingeschaltet und ohne Knopf im Ohr vor sich hinquäken können. Das sind die Ghettoblaster des 21. Jahrhunderts.
Kiddies tragen die Teile stets mit sich rum - Hauptsache, es lärmt.

Da redet Ihr über Qualität?
Leute, fahrt mal mehr öffentliche Verkehrsmittel.....

Internet-Flat, Telefon-Flat - die nächste Flat kommt bestimmt.
Internetradios setzen teilweise gar nicht mehr auf ISDN-streams, sondern auf "Zuhören via Telefon" über eine (per flat erreichbare) Festnetz-Rufnummer.
Die technischen Voraussetzungen und Entwicklungen ansich sind nicht das Thema; wer wagt da heutzutage noch eine Prognose?

Weitaus interessanter ist die Frage nach Inhalten.
These: Hatte das Internetradio bisher den Charme der Nische, den UKW so nicht besetzen konnte, könnte sich das Blatt wenden - was kann UKW leisten, was das Internetradio nicht leisten kann? Guten Journalismus, schnelle Information, aufwändige Produktionen. Warum aber nicht auch im Internet?
Der hr schaltet den stream nach 45 Minuten ab, man muss ihn dann neu starten. Keine Konkurrenz.
Mein eigenes Hörverhalten hat sich deutlich verändert: UKW nur noch zur gezielten Information und für verlässlichen Journalismus, Unterhaltung durch das Internet. Das gab mir zu denken.

Was aber spricht für Radio (welcher Quali auch immer) über das Internet?
Die Empfangbarkeit. Beispiel Bahn: Ich verweise auf den thread über Radioprogramme in ICEs, die keinem klaren Schema zu folgen scheinen. Umgekehrt wirbt die Bahn aber mit durchgängigem W-Lan-Support auf immer mehr Strecken (siehe auf deren homepage). Das Blatt scheint sich tatsächlich zu wenden.

Meiner Überzeugung nach wird das über das Internet empfangbare Radio auf mobilen Empfangsgeräten vom Typ Handy & Co. größere Bedeutung erlangen als der UKW-Empfang. Bandbreite und Kosten sind nur eine Zeitfrage, aber kein echtes Limit.

Es bleibt spannend.
Nachdenklicher Gruß, Uli
 
AW: Bitter Lemmer: Ciao, Lizenzradio!

Ich möchte Studio rebstock Recht geben: It's the content, stupid! Diese These hat RTL-Thoma schon vertreten, da konnten nur knapp 20.000 Haushalte in Deutschland überhaupt mehr als die drei üblichen TV-Sender empfangen.

Aber seine Überlegung damals ging weiter. Sinngemäß äußerte er sich woh so: "Wir würden den Zuschauern unser Programm auch auf VHS-Kassetten nach Hause schicken, wenn das eine profitable Möglichkeit ergäbe, unser Programm zu verbreiten."

Also: Bevor man Content verbreitet, muss man sich also erst mal überlegen, wie dieser zu den Nutzern kommt, ohne dass einem selbst oder den Nutzern hohe Kosten entstehen.

Seien wir ehrlich. Radio ist das geilste Medium der Welt, aber die Mehrheit der Menschen wollen das einfach nicht wahrhaben. Diese Ignoranten! Trotzdem müssen wir damit leben. Jedes verkaufte WLAN-Radio (Noxon oder so; die Dinger kosten so 170 €!) ist daher ein kleines Wunder.

Kostengünstige mobile Internetzugänge, die auch noch ausreichend leistungsfähig sind, stehen jetzt noch nicht zur Verfügung. Egal, ob dann die Kiddies bekanntlich Hirnbrand erzeugende Hipf-Hüpf-Musik mit 16 kbit/s auf ihren Handys hören oder ich den Deutschlandfunk mit 256 kbit/s.

Wenn 200 Kinder in einer Gesamtschule in der Pause gleichzeitig ihre Mobiltelefone einschalten, um einen Stream zu hören, dürften nur die ersten 10 überhaupt eine Verbindung über die örtliche UMTS-Zelle hinbekommen. Die Schule indes wird ihr WLAN natürlich sperren. Weitere 20 kommen auf einen banchbarten Wimax-Anbieter.

Fahre ich mit meinem Auto, den DLF über Stream hören, dann an der Gesamtschule vorbei, bricht der Empfang ab, weil alle Netze ja schon überlastet sind.

Dann muss ich wieder auf UKW umschalten. Und wer da sendet, braucht eine Lizenz.
 
AW: Bitter Lemmer: Ciao, Lizenzradio!

...

Dann muss ich wieder auf UKW umschalten. Und wer da sendet, braucht eine Lizenz.

Genauso sieht das aus, Alqi! Volle Zustimmung!

Und man darf eines nicht vergessen: UKW-Radio ist und bleibt einfach die idiotensicherste Methode: Knopf an, bisschen drehen oder drücken und bumm-schaka-lacka - ist ein bisschen schöne Musi da.
Den Bauarbeiter möchte ich noch sehen, der mit einem W-Lan-Radio bewaffnet auf der Suche nach dem nächsten Konnekschn Poynt ist, wenn er bisschen schöne Mussik auffe Arbeit hören will. Außerdem hört er ja beim UKW-Anbieter seines Vertrauens auch noch, wo das 331ste tote Kind im Blumentopf verscharrt gefunden worden ist und welche Scheine gerade das Bargeld bringen.
Und der Rest kann gerne an seinem W-Lan, seinen Ei-Thuns, DMBdingens und Kölsch-Radios rumspielen und den vielgewünschten "Cont(ainer)ent" suchen. Viel Spaß!

Natürlich werden sich hier einige Leute abspalten und die neuen Möglichkeiten nutzen. Aber das sind genau die Leute, die sowieso schon reihern, wenn Ihnen der jeweilige Radiomarktführer ihres Bundeslandes zwangweise (dank z.B. lieber Kollegen auf der Arbeit) in die Ohren geschoben wird.
 
AW: Bitter Lemmer: Ciao, Lizenzradio!

Alle, oder zumindest fast alle, "klassischen" Radiosender sind per Stream im Netz vertreten (manche haben so einen komischen Stream, wo erst eine 1-Pixel-Grafik im Browser geladen werden muss; diese Streams können dann nicht in einem Standalone-Player abgespielt werden, aber diese zähle ich jetzt einfacherweise mal dazu).

Der Stream ist der gleiche, aber die Adresse ist meist "unbekannt" (bleibt in den Tiefen des Flash-Players verborgen). In solchen Fällen hilft ein Proxy oder noch besser, der URL-Snooper. Kennst Du die Adresse, kansst Du sie in den Winamp kopieren.
 
AW: Bitter Lemmer: Ciao, Lizenzradio!

Übetragungskapazität der Netze: Selbst das von den Netzbetreibern zu
Mondpreisen eingekaufte UMTS hat eine äußerst beschränkte Bandbreite, die
sich zudem an einem Ort auch noch alle Nutzer teilen müssen.

Die Entwicklung ist dort aber nicht stehengeblieben. Vodafon hat HSDPA
auf 7,2 MBit aufgerüstet! Wie wird es dann erstmal in fünf Jahren aussehen?

Zweite Frage wird natürlich die Qualität sein. Da muss man sich dann mal
anschauen wie die Leute überhaupt Radio hören. Mit einem kleinen Küchenradio
oder dem Radiowecker dessen Lautsprecher nicht größer sind als 5cm.

Qualität wird dabei nur noch eine geringe Rolle spielen. 64kBit / Mono wird
wahrscheinlich das Format der Zukunft sein.

Wer hört heute mit dem Handy Radio, obwohl viele Handies seit Jahren
UKW-Radio haben?

Bei den meisten Handys muss allerdings das HeadSet eingesteckt sein
weil es als Antenne verwendet wird.


Gruß der Tim
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben