Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

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AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Dann gebe ich die Frage mal zurück: Was sind denn, lieber Aaaarrrr!, nach Deinem Verständnis klassische Nachrichten?


Gruß TSD
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

@Estaminet: Die meisten Segler können. Bergsteiger vermutlich auch.
Folglich fordere ich ein Nachrichtenformat für Segler und Bergsteiger.

Ich denke, Segler und Bergsteiger können dann auch mit einem klassischen Nachrichtenformat leben. Wie ich auch. ;)
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Ich möchte mit meiner Frage diesen schon etwas betagten Thread noch einmal
aufwärmen. Der Grund:

Ich vermisse die Ortsnennung am Eingang einer Meldung.
Es ist derart fest im Kopf, dass ich beim Hören regelrecht darauf warte und
beim Lesen nicht selten dem Trieb widerstehen muss, mit dem entsprechenden
Tonfall zu beginnen. Daraus wird dann gern mal eine verlegene Kunstpause.

An der Frage im Titel des Threads erkennt man schon, dass sich an der Art
des Konsums von Nachrichten etwas geändert haben muss. Nur wirklich vor-
stellen kann ich mir das nicht. Es geht mir hier nicht um die Stildifferenzen,
sondern im Rahmen der großen Frage zu den klassischen Nachrichten speziell
um den Punkt der immer häufiger fehlenden Herkunftsnennung einer Meldung.

Ich fand hier dies:
* daher auch der - heute eigentlich überflüssige Brauch - bei vielen Sprechernachrichten, die Meldung mit einer Ortsangabe zu beginnen. Ursprünglich war das tätsächlicher der originale Korri-Text, der da vorgelesen wurde. In der Zeitung steht das ja heute auch noch oft.

Überflüssig finde ich - wie schon gesagt - die Sache eben gar nicht.
Sie sorgt eigentlich für eine klare Abgrenzung des Inputs beim Hörer, was ihm
das Erfassen der Meldung etwas erleichtern sowie ihn bei jeder neuen Meldung
zu neuer Aufmerksamkeit animieren sollte.
Da sich unsere Hirnstrukturen bezüglich der Verarbeitung solcher Signale seit
einigen tausend Jahren fast nicht verändert haben, müsste das eigentlich also
immernoch so wirken. Oder nicht?
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Ich vermisse die Ortsnennung am Eingang einer Meldung.
Es ist derart fest im Kopf, dass ich beim Hören regelrecht darauf warte und
beim Lesen nicht selten dem Trieb widerstehen muss, mit dem entsprechenden
Tonfall zu beginnen. Daraus wird dann gern mal eine verlegene Kunstpause.

Als ich noch Nachrichten gesprochen habe, hat man sich sowas vorher angestrichen, aber egal ...
Die Ortsmarke sagt ja bei Quelle dpa/Spiegel meistens "Hamburg", bei Quelle ZDF "Mainz" und bei BILD "Berlin". Brauch ich das?
Das ist so ähnlich wie wenn B5 ständig zur Berichterstattung über Tibet nach Neu Delhi oder so schaltet, weil da der nächst gelegende Korrespondent wohnt.
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Die Ortsmarke sagt ja bei Quelle dpa/Spiegel meistens "Hamburg", bei Quelle ZDF "Mainz" und bei BILD "Berlin". Brauch ich das?

Wenn es für den Hörer nicht nachvollziehbar ist, muss man es der Agentur nicht nachmachen. Für ein bundespolitisches Thema kommt da eben Berlin hin, unabhängig von der Quelle.

Das ist so ähnlich wie wenn B5 ständig zur Berichterstattung über Tibet nach Neu Delhi oder so schaltet, weil da der nächst gelegende Korrespondent wohnt.

Manche Sender greifen dann auf die Bezeichnung "ARD-Studio Südasien" zurück. Das finde ich auch eleganter.
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Hallo,

ich hätte noch ein Argument, was sich weniger mit dem Inhalt, eher mit der Präsentation der Nachrichten beschäftigt.
Die klassischen Nachrichten, wie sie z.B. Jürgen Bamberger beim ehemaligen SDR oder Detlef Werner beim ehemaligen SWF (um nur einmal zwei Namen zu erwähnen) verlesen haben, hatten gar keine O-Töne nötig, weil man diesen Koryphäen ohnehin gebannt zuhörte. Nun soll das keine Schelte an den heutigen Nachrichtensprechern werden, Gott bewahre, aber diesen klassischen Sprecher gibt es doch gar nicht mehr. Eher der Redakteur, der das ganze dann auch verliest.

Somit bin ich beim Punkt: So wie sich die Aufgabenstellung verändert hat, tat das auch die Präsentation des Ganzen und so gerne ich die Nachrichten in den 70ern und 80ern gehört habe, so gut finde ich aber auch die Entwicklung, O-Töne und Korrespondenten in die Nachrichten einzubauen, denn ich empfinde diese Mischung als sehr lebendig und zeitgemäß - nur zu reißerisch sollte das Ganze nicht sein. Mit reißerisch meine ich z.B. ein Erdbeben wie eine Fußballreportage zu kommentieren.

Gruß,
hombre67
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Genau um die grundsätzliche Stilfrage geht es mir eben gar nicht.
Die Forderung danach ergibt sich zweifelsfrei aus dem tiefen Schnitt zwischen
Unterhaltungs- und Infoprogrammen, wobei schon klar ist, dass jeder Sender
die Nachrichten braucht, die zu ihm passen.

Da die von dir angesprochene Vortragsart ohnehin eindeutig mehr unterhaltenden
Charakter hat, ist es fraglich, ob man sich da über solche Stilfeinheiten Gedanken
machen muss.
Auch, wer die Nachrichten liest, ist dann egal, wenn der Lesende mit seiner Art
in die Sache passt. Es ist ja nicht mehr unüblich, dass dies sogar Moderatoren tun.

Kommentiert soll in Nachrichten übrigens gar nichts werden. Dazu gibt es den
Kommentar, der aber wohl für einen Unterhaltungssender kaum eine Rolle spielen
wird.
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

... - nur zu reißerisch sollte das Ganze nicht sein. Mit reißerisch meine ich z.B. ein Erdbeben wie eine Fußballreportage zu kommentieren.

Gruß,
hombre67

Ich streiche hiermit den Begriff "kommentieren" und ersetze diesen mit "berichten". Ich hoffe, die Goldwaage ist wieder ausgeglichen - fein.

Dann aber noch zu einem Punkt, der mir persönlich überhaupt nicht gefällt: Wenn ein Moderator die Nachrichten selbst verlesen muß. Ich spreche aus Erfahrung, denn das durfte ich Mitte der 90er schon praktizieren und - es war grauenvoll! Gerade noch einen flapsigen Spruch zum besseren Wachwerden der Hörer und nach dem nächsten Song den Seriösen mimen, das geht nicht. Praktisch geht das schon, das weiß ich, aber es klingt unglaubwürdig hoch neun.

"Wenn man Profi ist, schafft man das", lese ich schon wieder in Gedanken. Nein, "wenn man Profi ist, läßt man es ... andere machen, denn die können es besser!"

Was ich persönlich allerdings stark übertrieben an sogenannter "Manpower" finde, sind Wetterfeen und ein/e Sprecher/in in der Verkehrsredaktion - dies wäre besser beim seriösen Nachrichtensprecher aufgehoben - ich weiß, in diesen Dingen bin ich konservativ, aber die stark verbreitete schlechte Qualität der heutigen Praxis veranlaßt mich zu dieser Meinung.

Ergo: Es ging mir überhaupt nicht um "unterhaltenden Charakter", sondern um Glaubwürdigkeit, ein Attribut, daß vor allem bei vielen Privaten keine sonderliche Rolle mehr spielt, leider auch nicht bei den Nachrichten.

Grüße,
hombre67
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Freut mich sehr, dass Ihr "meinen" betagten Thread noch mal nach oben geholt habt.
Je öfter ich die Postings studiere, desto intensiver komme ich ins Grübeln darüber, ob man sich im Hörfunk nicht generell vom Begriff "Nachrichten" verabschieden sollte.
Was sind denn "Nachrichten"?
Wertungsfreie und wertungsfrei vorgetragene Informationen über ein aktuelles Ereignis, würde ich meinen. Nicht mehr und nicht weniger.
Dies setzt eine sehr spezifische und eindeutige Textform/Textsorte voraus, einfach deswegen, um auf dem schmalen Grat der reinen Information zu bleiben und nicht ins Kommentierende oder gar Unterhaltende abzudriften.
Und das bedeutet: Stringenter Meldungsaufbau, prägnante und nach allen klassischen journalistischen Kriterien formulierte Leadsätze (meinetwegen mit Spitz- bzw. Ortsmarken als „natürliche“ Trennerfunktion und Groborientierung), Gewichtung und Reihenfolge der Inhalte, Zusätze als Bedeutungshintergründe usw.

Haben wir das aber alles noch im Programm (die Ausnahmen wie DLF/rbb Info/B5 sind bekannt)?
Gibt es also überhaupt noch „Nachrichten“ im eigentlichen Sinn?
Ist nicht eine Sendung mit O-Tönen letztlich nichts anderes als ein Magazin mit kurzer Anmoderation von Einzelbeiträgen? Birgt nicht der O-Ton die Gefahr, dass die Rezeptionsfähigkeit des Hörers allein schon wegen des Stimm- und Akustikwechsels kurzzeitig eingeschränkt ist und jener, der Hörer, den Inhalt nicht mehr verlustfrei aufnehmen kann? Und weist der O-Ton in jedem Fall einen Zusatznutzen in bezug auf Zusatzinformation auf?
Wird nicht, um die Schiene „Eingängigkeit und Unterhaltsamkeit“ zu bedienen, genau das Präsentationsoptimum geopfert, das alleine gewährleisten kann, dass 100 Prozent der Information „rüberkommen“ – beim Kunden Hörer?

Voraussetzung für das „Präsentationsoptimum“ ist natürlich ein exaktes Zusammengehen von Konzeption/Formulierung der Meldung (Redaktion) und Vortrag (Sprecher). Und dieser muss im anzustrebenden Idealfall und in seiner souveränen Professionalität ganz genau wissen, wo er durch Staupausen zu strukturieren hat, was zu betonen ist und was – um Gottes Willen – nicht. Er ist in diesem Moment mit all seinem Wissen um Leselehre und andere Präsentationsregeln einzig und allein der Diener des Textes und nicht der gottgleiche Verkünder im güldenen Ornat mit ebensolchen Verzierungen und Eigentümlichkeiten. Und er darf nicht den Sprecher „spielen“, nur um das vermeintliche Signal „Nachrichten“ zu setzen. Wenn also Textform (mit Auswahl, Reihung, Gewichtung usw.) und Präsentation ein gelungenes Ganzes ergeben, wollen wir es auch eine gelungene Nachrichtensendung nennen.

Ja. Natürlich ziehe ich meinen „informationellen“ Nutzen notgedrungen auch aus einer O-Ton-Sendung, genauso wie ich, wenn ich nichts anderes habe, eine Zeitung mit Butterflecken und Druckfehlerkaskaden lese. Aber, Radiomacher, – warum ohne Not auf das Optimum verzichten, warum sich wegen stromlinienförmiger Formatvorgaben und Wellenlayoutforderungen stillschweigend eines Juwels entledigen, das auch das Rückgrat der journalistischen Reputation eines ernstzunehmenden Senders ist? Da aber der Sog nicht mehr aufzuhalten ist, taufen wir das Kind also um. „Nachrichten“ hieße es dann m.E. es nicht mehr.
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Na ja. Vielorts sendet man ja schon "News". Oder gar eine "Newsshow". :(


Gruß TSD, melancholisch
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Was sind denn "Nachrichten"?
Wertungsfreie und wertungsfrei vorgetragene Informationen über ein aktuelles Ereignis, würde ich meinen.

Aha. Meinst Du.

Die Wahrheit? Für die "Nachrichten" interessiert sich kein Schwein. Warum? Weil die paar hingeworfenen Info-Brocken für die wirklich Interessierten zu wenig sind und für die Desinteressierten zu viel.

"Die Bundesregierung will..."
- wir leben anno 2008, Onkel Otto. Die Menschheit - auch die in Deutschland lebende - hat sich weiterentwickelt und weiß, was es bedeutet, wenn eine Meldung so anfängt: Bla Bla Bla. Was die Bundesregierung vorhat oder nicht, ist im Zweifelsfall eine Frage, die sich Monate und Jahre hinzieht, bis auch die letzte Klage gegen irgendwelche Pläne und Vorhaben höchstrichterlich abgesegnet ist.

"Der russische Präsident..." - Was der russische Präsident tut und lässt, kann uns egal sein. Warum? Weil wir sowieso eine höhere Gasrechnung bekommen. Und das ist was, was uns interessiert. Mehr nicht.

"Bei einem schweren Verkehrunsfall..." - Traurig, aber belanglos für ca. 99.999% der Hörer. Außer für die Beteiligten, ihre Eltern und die traurigen Autofahrer, die im Stau stehen, bis die Feuerwehr die Körperteile eingesackt hat.

"T-Mobile will die Preise für Mobilfunkgespräche..." - DAS ist eine News! Weil sie Millionen Menschen direkt betrifft.

Wozu also noch Nachrichten?
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Eben und warum auch noch das Wetter? Das kommt ohnehin immer anders als voraus gesagt, ach und wenn wir schon dabei sind, Börsen-News müssen weg, denn wer kann sich in Hartz 4-Zeiten noch so etwas wie Aktien leisten. Ganz wichtig!!!! Der Sport muss weg, denn die Live-Ticker reichen vollkommen aus und meine Mama mag sowieso kein Fußball...

Sag' mal von welchem versnobten Planeten der Handy-Benutzer bist Du geflohen? Vielleicht gibt es auch Menschen, denen es sehr wichtig ist, was der eine oder andere Präsident so treibt, denn immerhin hängt dabei so etwas Unnützes wie die politische Lage auf diesem Planeten davon ab - aber was schreibe ich denn? Solange das Jamba-Paket nicht teurer wird, ist alles in Butter und Ozonlöcher gibt es bei Second Life auch nicht....

Mann, mann, mann, soviel Ignoranz und Dämlichkeit gehören verboten! :wall::wall:
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Du konntest es nicht beabsichtigen, ToWa, aber - ich muss Dir recht geben. Betrachtet man Zielgruppen des Jahres 2008, hört man ihre Handys in der U-Bahn, riecht man ihr Deo auf gemeinsamer Rolltreppenfahrt, dann kommt man nicht umhin, Deinen Anmerkungen zuzustimmen. Die Welt dreht sich wahrlich nicht nur um Präsidenten, Mord, Börse, Katastrophen, Neonazis, die wahllos mit Knüppeln auf 13-jährige Mädchen einschlagen oder ähnlich Unwichtiges. Spätestens, wenn die Zahnspange draußen ist, sollte das Wort "Klingelton" korrekt ausgesprochen werden können. Statt Bach und Beethoven sollte das "Ti-ti-ti-ta-di" der Telekomwerbung im Musikunterricht behandelt werden. Und der Begriff "Intellektuelle Unmündigkeit" wird aus der Diskussion gestrichen, weil die T9-Funktion bei Motorola die Wörter nicht kennt.
Ach, ToWa...
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

@ToWa
Ist Dein Beitrag satirisch gemeint?

Nein.

Ich arbeite zufälligerweise dort, wo auch Onkel Otto arbeitet. Aber ich sehe die Welt eben anders als er.

Denn wenn man mal die Nachrichten - oder das ganze Gebrabbel im Radio - auf seinen tatsächlichen Nutzwert hin abklopft, dann kommt nicht viel dabei heraus.

Nutzwert = das nutzt mir. Das spart mir Geld. Das bringt mir Geld ein.

Davon höre ich zu wenig im Radio!
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Also ich möchte im Radio "klassische" Nachrichten hören.
Dazu gehört auch eine gewisse nüchterne Distanz. Deshalb finde ich O-Töne auch eher störend.
Wenn ich O-Töne und Bilder haben will schaue ich die Tagesschau.

@ ToWa
Wenn ich alles nur nach dem Nutzwert betrachte, dann kann ich den Kulturbetrieb gleich mit einstellen.
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Ich arbeite zufälligerweise dort, wo auch Onkel Otto arbeitet. Aber ich sehe die Welt eben anders als er.
Wer weiß, lieber ToWa, vielleicht sind es ja Leute wie Du, die die Hauptarbeit leisten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in die Misere zu ziehen.

Denn wenn man mal die Nachrichten - oder das ganze Gebrabbel im Radio - auf seinen tatsächlichen Nutzwert hin abklopft, dann kommt nicht viel dabei heraus.

Nutzwert = das nutzt mir. Das spart mir Geld. Das bringt mir Geld ein.

Davon höre ich zu wenig im Radio!
Dann scheinst Du ja mit Deiner Arbeit beim gemeinten Sender nocht nicht allzuviel bewirkt zu haben.


Gruß TSD
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Nein.

Ich arbeite zufälligerweise dort, wo auch Onkel Otto arbeitet. Aber ich sehe die Welt eben anders als er.

Denn wenn man mal die Nachrichten - oder das ganze Gebrabbel im Radio - auf seinen tatsächlichen Nutzwert hin abklopft, dann kommt nicht viel dabei heraus.

Nutzwert = das nutzt mir. Das spart mir Geld. Das bringt mir Geld ein.

Davon höre ich zu wenig im Radio!

Worüber reden wir jetzt? Über Nachrichten, die mich über aktuelle Geschehen informieren sollen, oder über Berichte, die mir persönlichen Nutzen einbringen? Und genau da liegt der Unterschied. Denn Nachrichten müssen doch keinen Nutzwert für eine Person haben. Oder ist die Welt inzwischen so materialistisch veranlagt, dass einem jede Info einen persönlichen Nutzen bringen muss, dass man mit der Info Geld macht oder einspart? Und genau in diesem Problem liegt das steigende politische Desinteresse in unserem Land begründet. Denn wenn man nur egoistisch auf den persönlichen Nutzen zielt, verliert man den Gesamtblick, den die Nachrichten eben vermitteln sollen. In unserer Zeit ist das politische System, das wir haben, eine Selbstverständlichkeit. Das war aber nicht immer so. Und deswegen braucht man sich für politische Ereignisse nicht mehr interessieren, sondern nur noch auf den persönlichen Nutzwert schauen? Für mich ist das eine gefährliche Entwicklung...
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Hossa, da ist ja noch einmal richtig richtig Leben hier herein gekommen, leider
nicht ganz in die Richtung, die ich mir erhofft hatte.
Es ist eben doch wieder die grundsätzliche Formatdiskussion daraus geworden
und damit geht es mir in diesem Moment genau so:

Je öfter ich die Postings studiere, desto intensiver komme ich ins Grübeln darüber, ob man sich im Hörfunk nicht generell vom Begriff "Nachrichten" verabschieden sollte.


Genau das ist der Punkt, den so auszusprechen ich gar nicht gedachte, aber
es scheint tatsächlich so zu sein. Mir kam heute beim nochmaligen Hören von
MDR-Info der Begriff "Informations-Dudelfunk" in den Sinn. Nach 2 Stunden hat
man locker die Rotation einmal durch und weiss, was Sache ist, bzw. man weiss
es eben nicht, denn gerade bei den Nachrichten hört man einfach drüber.
Sie zeichnen sich weder angemessen ab noch werden sie so vorgetragen, das
sie Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Da kann man hörwillig sein wie man will.
Ironie: Die 2-Satz-Schlagzeilen erfolgen mit Ortsangabe, da wird man munter,
bekommt aber nur einen Fetzen hingeworfen - klar, es sind ja Schlagzeilen.
Bei den Nachrichten später wird man dagegen einfach nicht wieder munter.

Nun frage ich mich ernsthaft: wenn der MDR in Dresden nur Auszubildenden
höher Schule und zudem in Medienberufen den Zugang zu Praktika gewährt,
welchen Stand haben dann die Angestellten und warum kommt so etwas
Unfertiges dabei heraus? Das Phänomen ist aber kein MDR-eigenes, bei D-Radio
läuft es ja eben auch in diese Richtung.

Wie komme ich eigentlich darauf? Nun, ich hatte mit Nachrichten eigentlich
wenig am Hut, jedoch hat sich seit einiger Zeit gerade und ausgerechnet für
diesen - hier schon als überholt bezeichneten - klassischen Stil eine regelrechte
Faszination gebildet und ich muss mit Erschrecken feststellen, dass dieser
selbst unter Kollegen bereits als nostalgisch gewertet wird.

Mich hatte eigentlich interessiert, wie, sofern man richtig Nachrichten hört,
diese wahrgenommen werden und ob bestimmte Details wie eben zum Beispiel
die Ortsnennung zum Meldungseingang tatsächlich so abkömmlich sind, wie
es derzeit häufig gehandhabt wird, oder ob einige aus Selbstbeobachtung
heraus anderes feststellen.

Dieser kompetenten Aussage
... Stringenter Meldungsaufbau, prägnante und nach allen klassischen journalistischen Kriterien formulierte Leadsätze (meinetwegen mit Spitz- bzw. Ortsmarken als „natürliche“ Trennerfunktion und Groborientierung), Gewichtung und Reihenfolge der Inhalte, Zusätze als Bedeutungshintergründe usw.
entnehme ich erst einmal, das ich nicht ganz falsch liege, auch wenn ich die
Sache rein aus dem Bauch und Beobachtung heraus beurteile und analysiere.
Mit Schulbuchwissen kann ich als Quereinsteiger nicht dienen.
Aber wie es aussieht, scheint das nicht einmal notwendig. :confused:


Sag' mal von welchem versnobten Planeten der Handy-Benutzer bist Du geflohen?...
Mann, mann, mann, soviel Ignoranz und Dämlichkeit gehören verboten! :wall::wall:

Das war mal richtig fehl am Platz! ToWas Ironie war nun wirklich nicht zu überlesen
und leider hat er Recht mit diesem zweifellos krassen Bild.
Nur beschreibt er die Situation für reine Unterhaltungsprogramme, "Dudelfunk"
halt. Je jünger deren Zielgruppe, desto passender ist das Bild auch.
Also, ....! :mad:


Und zum Abschluss:
@ToWa
Ist Dein Beitrag satirisch gemeint?

Er sagt zwar klar nein, aber wenn man unter Satire noch immer die
herausgelöste, teils überspitzte Darstellung nackter Tatsachen versteht,
dann musste es wohl Satire sein.
Für mich ist Satire jedenfalls keine Darstellung von Unwahrheiten und ich hoffe
auch, dass da keine Befürwortung der Entwicklung bezüglich des Themas hier
drin steckt.
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Denn wenn man mal die Nachrichten - oder das ganze Gebrabbel im Radio - auf seinen tatsächlichen Nutzwert hin abklopft, dann kommt nicht viel dabei heraus.

Nutzwert = das nutzt mir. Das spart mir Geld. Das bringt mir Geld ein.

Davon höre ich zu wenig im Radio!

Einen Nutzwert bzw. Nutzen nur nach geldwertem Vorteil (und dann noch dem eigenen) zu betrachten sagt sehr viel über die Einstellung des Menschen zur Gesellschaft und damit zu den Mitmenschen aus.

Die "paar hingeworfenen Info-Brocken" sind sicherlich zu wenig, aber wenn sie an anderer Stelle, die möglichst auch benannt wird, entsprechend zielgruppengerecht aufbereitet vermittelt würden (dafür sollten Leute mit entsprechender journalistischer Ausbildung fähig und vorhanden sein), so ergibt sich ein Mehrwert, der nicht unbedingt in Euro und Cent ausgedrückt werden kann, aber trotzdem ein Nutzen ist. - Irgendjemand hat einmal gesagt "Wissen ist Macht". Und ich möchte schon wissen, was verschiedene Leute vor haben, denn irgendwelche Ausdünstungen von Merkel, Bush, Medwedew und anderen beeinflussen mein zukünftiges Leben teilweise doch in irgendeiner Form entscheidend.

Da inzwischen ja alles "Show" ist, der Unterhaltungswert also über dem der Information steht, sind klassische Nachrichten doch irgendwie ein ruhender Pol im Einheitsbrei der Mitteilungen über das Liebes- und sonstige Leben irgendwelcher tatsächlichen und Pseudo-Berühmtheiten, die in den restlichen 57 Minuten stattfinden.

Über O-Töne in den Nahrichten kann gestritten werden. Meines Erachtens sind sie unnötig. Zumindest sehe ich keinen Mehrwert, weil der Inhalt der zwei Sätze oft mit zwei Worten ausgedrückt werden kann. Und glaubwürdiger wird es dadurch auch nicht.
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Liebes ToWa,

ich gehöre zu den 0,001% Nutzern der "klassischen" Nachrichten.
Das ganze Wochenende war ich unterwegs und habe, außer der Veranstaltung, mit der ich zu tun hatte, nichts vom (Welt-)Geschehen um mich herum mitbekommen.

Für ein sachliches Update, das mich ebenso schnell wie kompetent wieder auf den Stand der Dinge bringt, bin ich froh und dankbar.
Inwieweit ich mich dann für Themen mehr oder weniger stark interessiere (und dann im Zweifelsfall auch weitere Hintergrundinformationen einfordere), ist etwas anderes.

Der von dir angesprochene "Nutzwert" ist ganz unterschiedlich zu sehen.
Die einen wollen wissen, was es mit der Überfallserie auf vermutlich Homosexuelle in einem Berliner Park auf sich hat, der auch ein heterosexueller Familienvater zum Opfer gefallen ist, andere interessieren sich in der Tat für den Stand des Dollars, weil sie ihr Traum-Mikrofon jetzt doch lieber in den USA kaufen - trotz Zoll und Einfuhr-Umsatzsteuer.
Vielleicht ist es für die Bewohner des Landkreises ZuckerZimtland interessant, dass bei ihnen ein Feuerteufel aktiv ist, Pendler im Rhein-Main-Gebiet möchten es wissen, wenn die Bahnen aufgrund eines Oberleitungsschadens nur eingeschränkt fahren und wenn die Bundesregierung davon abrät, wegen einer Krisensituation nach Lummerland zu fahren, ist das ja auch nicht uninteressant.

Was das mit deinem Geldbeutel zu tun hat? Nichts.
Der will noch nicht mal das Wetter wissen, denn der verliert das Geld ja auch nicht, wenn er nass wird.

Was du einforderst, ist ein buntes Allerlei mit möglichem (!) Nutzwert, das man häppchenweise schlucken kann, ohne sich den Magen zu verderben.
Ferrero Küsschen statt ballaststoffreicher Kost. :rolleyes:

Manchmal möchte man auch einfach nur informiert sein, um mitreden zu können. Manche verstecken ihren klugen Kopf hinter einer Zeitung, andere nutzen Online-Medien, manche sehen fern und wieder andere hören Radio.

Ich arbeite zufälligerweise dort, wo auch Onkel Otto arbeitet.
Spätestens am 11. September werde ich dich fragen, wie du die schrecklichen Ereignisse dieses Tages damals unter dem Nutzwert-Aspekt redaktionell behandelt und verkauft hättest.

Wer weiß, lieber ToWa, vielleicht sind es ja Leute wie Du, die die Hauptarbeit leisten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in die Misere zu ziehen.
Applaus.
Möglicherweise trägt ToWa auch ein gerüttelt Maß Mitschuld daran, warum ich mich von Wellen wie hr3 und hr1 verabschiedet habe. Manchmal ist es mir direkt peinlich, dass ich durch meinen Vater mit Journalismus in Berührung kam. Wäre ich tatsächlich so "dumm" (desinteressiert), wie ToWa es beschreibt und Onkel Otto dieses Schreckensszenario erweitert, dann hätte ich kein Problem mit dem, was du schreibst.
Es würde mich allerdings auch gar nicht interessieren. :D :p

Ich hätte noch viel zu schreiben, muss hier aber abbrechen, weil mir der Arzt weitere Aufregung verboten hat und die Medikamente auch nicht günstiger werden.

Sehr, sehr traurige Grüße, Uli
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Worüber reden wir jetzt? Über Nachrichten, die mich über aktuelle Geschehen informieren sollen, oder über Berichte, die mir persönlichen Nutzen einbringen? Und genau da liegt der Unterschied. Denn Nachrichten müssen doch keinen Nutzwert für eine Person haben.

Das sehen mittlerweile aber recht viele Leute ganz anders.

Null Nutzwert für mich? Also: nutzlos!

Nachrichten sind kein Selbstzweck, und ob irgendein alter Tattergreis sein Leben ausgehaucht hat, ob er Staatspräsident, Regierungspräsident oder sonstwas war, hat keine direkten Auswirkungen auf mich.

Und nur das ist für mich relevant: Was wirkt sich auf mein Leben aus?

So wie die Lebenszeit von Jedermann ist auch meine Lebenszeit zu kurz und damit zu kostbar, um mich mit unwichtigen Dingen zu beschäftigen.

Das Problem dieser Branche ist doch, daß sie exakt davon nichts wissen will. Denn im Grunde genommen ist die Tätigkeit vieler Journalisten obsolet. Wenn ich mir in stiller Stunde anschaue, welcher unwichtige Krempel tagtäglich von den Auslandskorrespondenten abgeliefert wird... Da scheint niemand nach dem Nutzwert für den Hörer zu fragen.
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Null Nutzwert für mich? Also: nutzlos!

Boa! OK, es war doch keine Ironie und keine Satire. Also da fehlen einem echt die Worte!

Nach DER Aussage solltest du darüber nachdenken, für fähigen Nachwuchs Platz
zu machen, ToWa. Nachwuchs, der Spaß an der Arbeit hat und der hat einen
Nutzen: Lebensunterhalt mit eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Ich.....

*sprachlos*
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

So ein bißchen tust Du mir ja leid, lieber ToWa. Die Extrapolation Deiner Lebenskrise auf den Rest der Weltbevölkerung greift aber nicht. Was ist denn mit denen, die das nicht so sehen wie Du? Oder mit denen, die zwar an derselben egoistischen Sichtweise leiden, jedoch diametral andere Interessen haben als Du? Wie wirst Du denen gerecht?

ToWa, an Deinem derzeitigen Arbeitsplatz tust Du Dir und Deiner Umwelt wirklich keinen Gefallen. Du solltest lieber bei Ikarus schönen Designernippes verkaufen, anstatt bei einer Institution zu arbeiten, deren Aufgabe es ist, die Bedürfnisse anderer aufzugreifen und ein sinnvolles Angebot für sie zu erstellen.

Nein, ToWa, ich muß mich korrigieren: Du tust mir sogar sehr leid.


Gruß TSD

Edit: dea war schneller
 
AW: Klassische Nachrichten - will die noch jemand?

Das sehen mittlerweile aber recht viele Leute ganz anders.

Null Nutzwert für mich? Also: nutzlos!

Nachrichten sind kein Selbstzweck, und ob irgendein alter Tattergreis sein Leben ausgehaucht hat, ob er Staatspräsident, Regierungspräsident oder sonstwas war, hat keine direkten Auswirkungen auf mich.

Und nur das ist für mich relevant: Was wirkt sich auf mein Leben aus?

So wie die Lebenszeit von Jedermann ist auch meine Lebenszeit zu kurz und damit zu kostbar, um mich mit unwichtigen Dingen zu beschäftigen.

Schon mal was von gesellschaftlicher Verantwortung gehört? Man muss auch mal Dinge machen und sollte sich auch für Infos interessieren, die einem keinen direkten persönlichen Nutzen bringen!
 
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