Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

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AC Boy

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Hallo, vielleicht eine dumme Frage, aber wozu gibts eig. diese Mittelwellenfrequenz? Ich mein, hören tut doch, so denk ich, fast jeder auf FM. Weil dort sind doch die Meisten Radiostationen.

Könnte mir dies evtl. jemand leicht und verständlich erklären? :) Dankeschön!
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Die Existenz der Mittelwelle ist historisch begründet: Sie ist die Wiege des Radios. Zu Beginn der Äre des Rundfunks war die technische Beherrschaberkeit von hohen Frequenzen ein Problem, auch die Technik der Frequenzmodulation war 1920 noch nicht wirklich massentauglich.

Daher hat sich die Lang- und Mittelwelle, sehr schnell auch die Kurwelle mit der Amplitudenmodulation (AM) als Standard durchgesetzt.

UKW war dann nach dem Zweiten Weltkrieg, also zu Beginn der 50er Jahre, etwas völlig neues. Das Problem aber war zu der Zeit: Fast niemand besaß ein UKW-Empfänger. Dass sich UKW besonders in Deutschland jedoch recht schnell durchsetzte, liegt daran, dass nach dem Krieg keine vernünftigen Frequenzen mehr für die deutschen Sender zur Verfügung standen.

Nachts reichen Mittelwellensender mehrere 1000 km weit, und zur Zeit des Kalten Krieges (bis 1990) leisteten sich besonders die osteuropäischen Sender sehr starke Mittelwellensender.

Wer also 1960 das Radio am Abend einschaltete (Fernsehen war noch nicht so sehr verbreitet), der konnte auf der Mittelwelle "seinen" Sender meist nur gestört Empfangen.

Daher wurde in Deutschland UKW früher populärer als in anderen Ländern. In den USA, wo UKW Ende der 40er Jahre eingeführt wurde, dauerte es bis 1977 oder 1978, bis die UKW Sender mehr Hörer hatten als die MW-Sender!

In manchen europäischen Ländern spielt die Mitteilwelle auch heute noch eine gewisse Rolle, so z. B. in Spanien oder in Großbritannien. In Frankreich sind die 5 wichtigsten Radioprograme auf Langwelle vertreten.

Allerdings nimmt überall die Bedeutung der Mittelwelle ab. Grund ist die realativ schlechte Übertragungsqualität und die sehr hohe Störanfälligkeit sowie die relativ großen Antennen, die zu verwenden sind.

So haben heute viele Mobiltelefone ein UKW-Teil, welche das Kopfhörerkabel als Antenne nutzen. Ein Mittelwellenempfang wäre zwar im Handy theoretisch auch möglich, jedoch bräuchte die notwendige Ferritantenne ein Volumen, welches mit dem des Akkus vergleichbar wäre; außerdem wäre der Empfang noch sehr viel empfindlicher gegen die Störungen, welches das Handy selbst verursacht.

Auch im Auto ist der Mittelwellenempfang inzwischen ein Problem. Nicht nur die Zündung des Motors hat enormes Störpotenzial (kann man aber mit entsprechenden Enstörmechenismen bewältigen), auch die Bordelektronik und besonders die Navis mit ihren TFTs stören stark.

So können also die Vorteile der Mittelwelle, mit einem einzigen Sender auf einer Frequenz große Gebiete versorgen zu können und bei Dunkelheit auf dem ganzen Kontinent hörbar zu sein, zunichte gemacht.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Gut erklärt. Hinzuzufügen wäre noch, dass es seit ein paar Jahren Bestrebungen gibt, die Mittelwelle und Kurzwelle zu digitalisieren. Näheres dazu unter DRM (Digital Radio Mondiale) bei Wikipedia oder drm.org.
Man hofft damit, die fast toten langwelligen Bänder wieder zum Leben erwecken zu können. Die Versuchssendungen überzeugen und man sollte sich mal die Hörproben (mp3-files) anhören.
Wenn DRM kein Erfolg wird, sehe ich für alle anderen Digitalisierungsabsichten auch schwarz, denn bei DRM besteht auf alle Fälle der größte Kundennutzen. Hier verbessert sich die Klangqualität derart drastisch, dass es keine Frage ist, ob die Digitalisierung Sinn macht. Aber es müssen natürlich auch noch bestimmte Probleme geklärt werden, vor allem die Störsituation zu den noch bestehenden analogen Sendern.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Zustimmung.

Das Hören von DRM macht für den Nichtbastler die Neuanschaffung eines
geeigneten Empfängers erforderlich.
Da es sich aber nicht so durchgesetzt hat, brauchbare Empfänger mit DRM
unter die breite Masse zu bringen, bleibt der Spaß eher etwas für Freaks.
Der "neue Vorteil" der Mittel- und Kurzwelle wird dem Kunden heutzutage wohl
auch kaum noch irgendwie einzureden sein.

Als Analog-Hörer fühle ich mich von DRM-Signalen allenfalls belästigt,
und das sogar sehr erheblich.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Naja, Du tust vergessen tun, dass es auch Leutz gibt, die nicht nur auf Fernsehen und Surfen stehen, sondern auch gerne einfach nur zuhören möchten tun. Das war damals der Grundgedanke, als man das Radio erfinden tat.

Tschuldigung, musste auch sein.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

http://de.wikipedia.org/wiki/Mittelwellenrundfunk
http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Hörfunks

Hallo, vielleicht noch eine dumme Frage, aber wozu gibts eig. dieses komische Radio? Ich mein, schauen tut doch, so denk ich, fast jeder Fernsehen oder tut im Internet surfen tun. Weil dort sind doch die Meisten Sender.

Könnte mir dies evtl. jemand leicht und verständlich erklären? Dankeschön!

Tschuldigung, musste sein.

Ich stelle fest, dass du nicht allzu viel Ahnung vom Weltgeschehen an sich hast, gelle? Eben nicht fast jeder schaut Fernsehen oder hat gar einen Internetanschluss. Vergiss mal Mitteleuropa und die USA, übrig bleiben Mittel- und Südamerika, fast komplett Afrika und Asien bis auf die großen Metropolen. Macht etwa 90% der Weltbevölkerung aus, die keinen Zugriff auf Internet oder FM haben, eventuell vielleicht grade noch Fernsehen.
Und genau da kommt die Mittelwelle und Kurzwelle ins Spiel. Mit wenigen Sendern kann man ganze Länder und Kontinente versorgen. Bisher waren die Empfänger dafür auch billig (Analogempfänger), was dazu geführt hat, dass in jeder brasilianischen, angolanischen oder malayischen Holzhütte ein Empfänger zu finden ist. Es ist die billigste und einfachste Art des Nachrichtenempfangs, wenngleich jedoch sehr störanfällig und mit einer bescheidenen Tonqualität.
Und genau da kommt nun DRM ins Spiel. Man vereint die Vorteile der langwelligen Übertragung mit neuesten MPEG 4-codecs, was zu einer wesentlichen Verbesserung der Tonqualität führt. Das ist der Kundennutzen. Klar, momentan sind die Prozessoren und damit die Empfänger noch zu teuer für die Menschen in der dritten Welt, aber die Preise werden schnell fallen. Dann kostet so ein DRM-Radio vielleicht noch 20 Dollar und das kann sich dann auch wieder die Mehrheit leisten.
Für uns hier in Europoa wird DRM eher was für die Freaks bleiben. DRM+ könnte eventuell im FM-Band noch zum Tragen kommen, aber das ist eine andere Geschichte.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

DRM sah ich ziemlich skeptisch entgegen bis ich das gehört habe. Anders als bei DAB kann die Qualität nur besser werden.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Hallo, vielleicht noch eine dumme Frage, aber wozu gibts eig. dieses komische Radio? Ich mein, schauen tut doch, so denk ich, fast jeder Fernsehen oder tut im Internet surfen tun. Weil dort sind doch die Meisten Sender.

Nein. Es geht auch ohne Internet und Fernseher, nur mit einem Radio; und das nicht mal schlecht. Die optische Dröhnung fehlt, man kann sich besser auf Inhalte konzentrieren.
Zweite Sache:
Die meisten Leute wollen beim Autofahren auch nicht fernsehen oder surfen, sondern einfach unterhalten werden. Dafür gibt es nichts Besseres. Gerade die längeren Wellen neigen weniger zu Empfangslöchern.

MfG

Munzel
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Ich mein, hören tut doch, so denk ich, fast jeder auf FM. Weil dort sind doch die Meisten Radiostationen.

Wo es die meisten Stationen gibt, ist mir relativ egal. Mir ist wichtig, wo es die Sender gibt, die mich interessieren. Zuhause gibt es eigentlich alles per UKW + Internet + Satellit. Im Autoradio greife ich gerne mal auf Mittelwelle oder Langwelle zurück und höre dort z.B. DLF, MDR Info und HR Info. Ab und zu auch mal AFN.

Früher war auf der Mittel- und Kurzwelle natürlich mehr geboten, vor allem die legendären Programme von Radio Luxemburg in deutsch und englisch. In den letzten Jahren hab ich auch häufig Radio 10 Gold gehört. Aber das ist ja alles Geschichte.

DRM scheint zu floppen. Inzwischen gibt es die ersten Autos mit Internetzugang. Vielleicht geht der Weg dorthin. Oder das mobile Satellitenradio (Worldspace) setzt sich durch. Es bleibt spannend ...
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Die Mittelwelle ist ja nicht gleich "die" Mittelwelle. Der Name ist ja lediglich eine Bezeichnung für einen bestimmten festgelegten Frequenzbereich. Was sich dort abspielt und wozu dieser Frequenzbereich genutzt wird, ist eine ganz andere Frage. Ob dort CB-Funk oder Bullenfunk oder Morsezeichen oder DCF oder sonstwas drübergeschossen wird, ist komplett egal. Technisch ist auf diesen Frequenzen eben auch die Übertragung von Radioprogrammen möglich, und so wurden diese Frequenzen eben auch genutzt. Und das werden sie nach wie vor, in Ländern wie den USA oder Japan noch mehr als bei uns. Die Mittelwelle hat ihre Daseinsberechtigung, und wer mal im Berufsverkehr in Köln und Umgebung unterwegs war, der wird das Verkehrsprogramm des WDR dankbar angenommen haben - auf Mittelwelle, wohlgemerkt.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Genau, von FM zu DAB ist es kein großer Schritt klanglich gesehen, aber von AM zu DRM sind es Welten.

DAB kann sogar qualitativ schlechter als UKW sein. Zwar fallen Empfangsstörungen (rauschen) weg, aber die Datenrate kann aus Kostengründen schon mal fallen. So geschehen in England. So kann DAB sogar mieser klingen als UKW.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Um in GB zu bleiben, dort werden ueber AM hauptsaechlich Wortbeitraege uebertragen und die Einschaltquoten sollen ziemlich gut sein. Die Privaten die fast alle auf FM/DAB sind traeumen dort von den Reichweiten. Von daher wagt es die BBC kaum diese abzuschalten, obwohl sie auch weiss das es deutlich besseres gibt. Aber fuer diese Art von Programmen reicht es auch.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Ja, die Engländer, die ja Vorreiter waren in Sachen DAB und somit auf den ursprünglichen Standard nach EUREKA 147 (Musicam) gesetzt haben, kommen nun in die Zwangslage, dass sie einen Kompromiss aus Tonqualität (Bitrate) und Anzahl der Programme eingehen müssen.
Genau deshalb setzt man nun auf DAB+ mit MPEG 4-Encoder, der doch deutlich mehr Programme ermöglicht, ohne die Bitrate zu Lasten der Tonqualität runterfahren zu müssen.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

...und wiederum neue Empfänger nötig macht?! (Ich weiß es nicht, bitte klärt mich auf.)


Gruß TSD
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Ja, in der Tat benötigt man neue Empfänger. Wie meistens können die neuen Geräte dann mit den "alten" Technologien umgehen, aber natürlich nicht umgekehrt. Um die bisherigen Hörer nicht zu sehr zu verärgern, muss man langsam zur neuen Technologie migrieren, schafft sich dann aber so auch wieder einen neuen Empfängermarkt. Man muss den Hörern die Sache nur mit neuen, exklusiven Programmen schmackhaft machen.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

@Gelb: Sorry für die Haarspalterei, aber CB-Funk spielt sich bei 27MHz und daher ganz klar im Kurzwellenbereich ÜBER MW ab.
Der Vorteil der längerwelligen Frequenzen liegt klar in der Reichweite - Senderketten, wie bei UKW sind nicht nötig. Was potentielle Hörer abschreckt ist neben der Anschaffung eines guten Empfängers (Billigradios besitzen teilweise nicht mal mehr einen LW/MW/KW-Bereich und wenn, dann funktioniert dieser unzureichend) die Antennengrösse - in Ballungszentren ist der Empfang derartiger Frequenzbereiche mit einer Teleskopantenne nicht mehr möglich - da muss schon eine Langdrahtantenne aufgespannt werden.
So schön DRM auch klingt, wenn es funktioniert, so hat es einen bösen Nachteil mit allen digitalen Modulationsarten gemein: Es funktioniert oder es funktioniert eben nicht.
Während bei AM auch einem verrauschten Signal noch Informationen zu entnehmen sind, schaltet der DRM-Decoder komplett auf stur. Nicht zu vergessen auch die Mittelwellen-"typischen" Störungen, wie Schwund und Überreichweiten von anderen Sendern, die bei bestimmten Wetterbedingungen auch bei analog AM das Empfangs"vergnügen" empfindlich stören können...
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Du hast natürlich recht, CB ist UKW, genauso wie BOS. Das waren willkürlich gewählte Nutzungsmöglichkeiten; ich wollte damit nur sagen, daß es dem Frequenzbereich egal ist, ob dort Radioprogramme übertragen werden mit dem Ziel, von vielen Leuten abgehört zu werden oder ob Dinge übertragen werden, die unr einen bestimmten Personenkreis betreffen. Ich erinnere mich da z. B. an ein Kofferradio (Sony Captain 55) aus den 70ern, das zusätzlich zur Mittelwelle noch ein sog. Marine-Band hat, das aber, wenn ich mich recht erinnere, auch nichts anderes als eine Art Mittelwelle ist. Auch hier werden Radioprogramme übertragen, aber hauptsächlich dient dieses Band wohl anderen Zwecken. Weil ich leider nicht am Meer wohne, kann ich auch nicht abhören, was in Seenähe auf diesem Band so passiert. Wahrscheinlich gar nicht mehr so viel.
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Kurzwelle, Gelb, nicht Ultrakurz. Dieses sogenannte "Marineband" ist der Bereich zwischen 1.600 und 3.800 kHz, zwischen Mittel- und Kurzwelle gelegen, und heißt deswegen – "Grenzwelle". (:D) Hier spielte sich im wesentlichen der Sprechfunk mit seegehenden Schiffen ab. Der Betrieb wurde 1995 eingestellt. In tropischen Gefilden werden da zum Teil auch noch Rundfunkprogramme übertragen, doch merke: Norddeich Radio ist kein Dudelfunker!


Gruß TSD
 
AW: Wozu gibt's eigentlich Mittelwelle?

Der Begriff Marine Band bei dem Empfänger hat wohl recht historischen
Ursprung. Er setzt oberhalb der Mittwelle an und wird auch als Tropenband
bezeichnet.
Sowohl Tropenbänder als auch See- und Flugfunkbereiche gibt es auf
Kurzwelle (bis 30 MHz) aber mehrere, so dass dem Begriff an sich keine besondere
Bedeutung zukommt.
Ansonsten ist die Mittelwelle auch historisch interessant und wichtig.
1901 wurde auf diesen Frequenzen die erste transatlantische Funkverbindung
hergestellt. Bereits 1907 waren alle Schiffe, die im Transatlantik-Verkehr fuhren,
mit Funk ausgestattet - damals reine Telegrafie.
Die Frequenznutzung wurde durch ein internationales Abkommen festgelegt,
von dem noch heute Teile unverändert gültig sind.

Sowohl knapp unterhalb des Mittelwellen-Rundfunkbandes als auch in dem
von Gelb angesprochenen Bereich knapp oberhalb der Mittelwelle findet sich
auch heute noch Seefunkaktivität. Zum Hören mit einem solchen Kofferradio
gibts es dort allerdings nichts, da es für die dort benutzten Modulations-
verfahren (SSB, [A]FSK) keinen Demodulator besitzt.
Auch der Amateurfunk bei 1,8 MHz verwendet diese Modulationsverfahren und
ist somit mit einem reinen AM-Radio nicht ernsthaft zu empfangen.
Lediglich bisweilen merkwürdiges Brummeln und getaktetes Rauschen deutet
auf Aktivität hin.
Abseits vom öffentlichen Hörrundfunk ist dort also durchaus noch Leben.
 
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