Zensur bei Radio Flora

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Padina

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"Radiofeature “Die Kampagne” zensiert

Was sich am 7.7.2008 beim hannoverschen Radio Flora abspielte, dürfte in der Radiogeschichte Westdeutschlands nach 1945 Seltenheitswert besitzen, wenn nicht sogar einzigartig sein.

Als die verantwortliche Redakteurin der Redaktion International, Mechthild Dortmund, zehn Minuten vor Beginn der Sendung das Studio betrat, teilte ihr ein Techniker mit: Auf Anweisung der Sendeleitung habe er ihre Moderation zu überprüfen. Falls sie das geplante Feature „Die Kampagne – Beseitigung eines selbstverwalteten Rundfunkbetriebes in Hannover“ ankündige, müsse er die Übertragung „auf Anordnung des Chefs“ sofort abbrechen. Zunächst stand der Zensor direkt neben dem Mischpult neben der Redakteurin, dann zog er sich in die Technik zurück, um von dort die Sendung zu überwachen.

Mechthild Dortmund sprach zunächst über die Verfolgung von Journalisten und die Unterdrückung der Pressefreiheit in verschiedenen Ländern, kam dann auf die Situation in Deutschland zu sprechen und kündigte schließlich das Feature an. In diesem Augenblick würde die Übertragung abgeschaltet und Rockmusik eingeblendet. ..."

Der Link http://www.ak-regionalgeschichte.de/html/die_kampagne.html
enthält neben dem obigen Text auch den den Text zu dem kritisierten Beitrag. Der Beitrag selbst ist unter der nachfolgenden Adresse zu hören und ist ein Feature zur Geschichte von Radio Flora in Hannover.
http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=23179

Padina
 
AW: Zensur bei Radio Flora ...

Was Zensur bedeutet, weißt Du aber schon, oder? Ach, nicht? Das erklärt die Überschrift... :rolleyes:
 
AW: Zensur bei Radio Flora ...

Als was würdest Du diesen Vorfall denn sonst bezeichnen, wenn nicht als Zensur?
 
AW: Zensur bei Radio Flora ...

Was Zensur bedeutet, weißt Du aber schon, oder? Ach, nicht? Das erklärt die Überschrift... :rolleyes:
Deine Definition von Zensur würde mich interessieren.

Die Definition bei Wikipedia ist brauchbar formuliert. Der Fettdruck zeigt, wie die Definition auf den aktuellen Fall anwendbar ist.
Zensur (censura) ist ein Verfahren eines Staates, einer einflussreichen Organisation oder eines Systemträgers, um durch Medien oder im persönlichen Informationsverkehr (etwa per Briefpost) vermittelte Inhalte zu kontrollieren, unerwünschte beziehungsweise Gesetzen zuwiderlaufende Inhalte zu unterdrücken und somit dafür zu sorgen, dass nur erwünschte Inhalte veröffentlicht oder ausgetauscht werden.

Padina
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Ich habe mir eben den Mitschnitt des Vorfalls angehört, und finde das, was da geschehen ist, reichlich unerhört.

Man sollte nicht vergessen, daß es sich - so verstehe ich das jedenfalls - um einen Bürgerfunk handelt, bei dem auch extreme politische Ansichten zur Sprache kommen sollten.

Persönlich finde ich das Gesülze der Moderatorin über die Berichterstattung der Geiselbefreiung in Kolumbien unerträglich. Aber es ist ihre Meinung, und warum sollte die nicht über den Sender gehen?

Es ist jedenfalls aus meiner Sicht sehr bedenklich, wenn Bürgerfunker diszipliniert werden sollen. Das wirft wirklich ein schlechtes Bild auf das Verständnis der Verantwortlichen in punkto Meinungsfreiheit.
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Ich hatte keine Lust, mir das Feature anzuhören oder den Text komplett durchzulesen - mir kommt es so vor wie ein Beitrag über Verschwörungstheorien. Falls aber gesetzeswidrige Inhalte über den Sender gepustet werden sollen und der Chef des Senders davon VORHER Kenntnis bekommt, muß er meines Wissens (und Erachtens) auch verhindern, daß diese über den Sender gehen. Sonst zieht das rechtliche Konsequenzen nach sich, die den gesamten Sender betreffen (bis hin zum Entzug der Lizenz). Nicht umsonst werden die Macher im Bürger-/Lokalfunk verpflichtet, medienrechtliche Seminare zu besuchen, um sich über Art und Umfang ihrer Radio-/Fernsehfreiheit im Klaren zu sein.
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Ich habe mir das jetzt auch angehört und finde es eine durchaus hörenswerte Doku über die Geschichte von Radio Flora. Aber: Welcher Senderverantwortliche läßt sich schon auf der eigenen Welle on air freiwillig so ans Bein pissen, wie es hier passiert? Das man ein Veto eingelegt hat, finde ich durchaus verständlich. Daraufhin dann gleich von Zensur zu sprechen ist allerdings etwas fragwürdig.
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Ich habe den Text auch nur überflogen, konnte aber außer kritischen Anmerkungen nichts feststellen, was in irgendeiner Form die Justiz beschäftigen könnte.

Ich weiß selbstverständlich auch, daß es unüblich wenn nicht zu sagen unmöglich ist, die Sendezeit zu nutzen, um dem "eigenen" Sender ans Bein zu pinkeln.

Aber nochmal: Das ist Bürgerfunk. Das sollte erlaubt sein.
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Ich denke mal die Landesmedienanstalt findet das auch nicht gerade uninteressant....
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Inwiefern? Als Empfehlung oder umgekehrt als weiteres Indiz dafür, die lieber nicht mehr zu nehmen?

Und bevor ich mich über diesen Sendeleiter empöre, würde ich erstmal wissen wollen, wer den eigentlich eingesetzt hat. Und wenn es nun heißt, das sei der Vorstand gewesen, dann würde ich erstmal wissen wollen, wer den eigentlich gewählt hat.
 
AW: Zensur bei Radio Flora

"Was sich am 7.7.2008 beim hannoverschen Radio Flora abspielte, dürfte in der Radiogeschichte Westdeutschlands nach 1945 Seltenheitswert besitzen, wenn nicht sogar einzigartig sein."

Der Fachausdruck ist Hybris, oder?
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Ist die nicht der Nomalfall bei den Nutzern von Bürgerradios und Offenen Kanälen?
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Ich denke, die Landesmedienanstalt wird sich mit der Causa noch befassen. Warten wir doch auch noch deren Urteil ab.
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Ich halte den Beitrag auch für politisch links. Der Begriff Westdeutschland" im Zitat ist dafür ein Indiz. Im Beitrag gibt es weitere Indizien.

Die Landesmedienanstalt hat sich implizit geäußert. Sie haben die Sendelizenz für Radio Flora nicht verlängert und in der neuen Betreibergruppe der Gruppe um Radio Flora massiv die Flügel gestutzt.

Eines hat mich an dem Beitrag beeindruckt. Einige Facetten und Schlagwoerte der Entwicklungen kenne ich auch vom Stadtradio Göttingen, als vor einiger Zeit die Verlängerung der Sendelizenzen anstand. Auch bei anderen Sendern hat die Niedersächsische Landesmedienanstalt ziemlich massiv interveniert.Man schaue sich einfach einmal die Jobanzeigen bei Radioszene vor ungefähr ein bis eineinhalb Jahren an. Während der Zeit suchten ein paar niedersächsische Lokalsender neue Leute.

Das Stadtradio Göttingen wäre genausobeinahe ähnlich gestorben wie Radio Flora, wenn ein vorvorheriger Geschäftsführer es nicht geschafft hätte, die Politik (Stadt und landkreis Götting) als "Sponsoren" ins Boot zu holen. So konnte dem Argument "Quote" das Argument "politische Akzeptanz" entgegengesetzt werden.

Tendeziell beschreibt der Beitrag sehr richtig das "Cocooning" des Bürgerfunks - als das Beschränken der Bürgerfunker auf ihre eigene Sendung - zumindest ist dies für Göttingen festzustellen, wo es zwischen den Bürgerfunkredaktionen und den hauptamtlichen Redaktionen kaum Kontakte gibt. In Göttingen gibt es nur wenige Vernetzungen zwischen den verschiedenen Redaktionen.

Die Art des Vorgehens bei dem Beitrag von Radio Flora bleibt ein Skandal, auch wenn ich politisch die Nichtverlängerung der Sendelizenz mit etwas anderen Augen als die Autoren des Beitrag sehe. Auch linke Gruppierungen verteidigen, wenn es um ihr Geld geht, intensiv ihre Pfründe.

Padina
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Ich halte den Beitrag auch für politisch links. Der Begriff Westdeutschland" im Zitat ist dafür ein Indiz.
Ich halte ihn eher für ein Indiz dafür, dass es seit 1945 zwischenzeitlich noch ein anderes Deutschland gab, in dem zweifelsohne durchaus zensiert wurde.
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Ich halte den Beitrag auch für politisch links. Der Begriff Westdeutschland" im Zitat ist dafür ein Indiz. Im Beitrag gibt es weitere Indizien.

Ich bilde mir ein, daß ich als angehender Bürgerfunker dafür unterschreibe, daß Politik nichts in meiner Sendung zu suchen hat...

Einige Facetten und Schlagwoerte der Entwicklungen kenne ich auch vom Stadtradio Göttingen, als vor einiger Zeit die Verlängerung der Sendelizenzen anstand. Auch bei anderen Sendern hat die Niedersächsische Landesmedienanstalt ziemlich massiv interveniert.Man schaue sich einfach einmal die Jobanzeigen bei Radioszene vor ungefähr ein bis eineinhalb Jahren an. Während der Zeit suchten ein paar niedersächsische Lokalsender neue Leute. Das Stadtradio Göttingen wäre genausobeinahe ähnlich gestorben wie Radio Flora, wenn ein vorvorheriger Geschäftsführer es nicht geschafft hätte, die Politik (Stadt und landkreis Götting) als "Sponsoren" ins Boot zu holen. So konnte dem Argument "Quote" das Argument "politische Akzeptanz" entgegengesetzt werden.

Ich kenne noch die steife Struktur des SRG aus den 90ern. Und - seien wir ehrlich - es hat sich seitdem einiges verändert. Zwar hat ein Bürgerfunker nur selten was in der Redaktion verloren. Aber sie sind bemüht den Kontakt zu halten. Es bröckelt also langsam...
 
AW: Zensur bei Radio Flora

@Freiwild
Ohje, als ob es heute keine Zensur mehr gäbe. Der einzige Unterschied ist, dass man sich heutzutage nicht mehr zensieren läßt, sondern lieber die eigene Schere im Kopf bemüht, bevor man mit Pauken und Trompeten auf die Fresse bekommt.

An dem Begriff "Westdeutschland" störe ich mich als bekennender Ossi in dem Fall übrigens nicht. Die Erklärung dafür ist auch einfach. Die Anzahl der sogenannten Bürgerfunk-Stationen im Osten kann man an einer Hand abzählen.
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Ich bilde mir ein, daß ich als angehender Bürgerfunker dafür unterschreibe, daß Politik nichts in meiner Sendung zu suchen hat...

'tschuldigung, aber wozu möchtest Du denn dann als Bürger funken? Um Gute Laune mit dem besten Mix der 80er, der 90er und von heute zu verbreiten oder was?
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Um das noch mal klarzustellen: Im niedersächsischen Bürgerradio gibt es zwei Teile: das eine ist das offene Programm, wo jeder alles senden kann, solange es nicht gegen allgemeine Gesetze oder Vorgaben des Rundfunkgesetzes verstößt. In diesem Teil ist das Feature meiner Kenntnis nach bei Radio Flora ohne Probleme gesendet worden.
Der andere Teil ist das redaktionelle Programm, wo wie bei anderen "professionellen" Medien der Sender darüber entscheidet, was gesendet wird. In diesem Teil ist die Ausstrahlung des Programms abgebrochen worden. Der Abbruch ist somit ein rein internes Problem von Radio Flora, die mit sich ausmachen müssen, ob ein derartiges Vorgehen ihrer redaktionellen Linie, ihrem Redaktionsstatut und ihrer Satzung entspricht.
Ich denke aber, dass es so gut wie nirgendwo in einem Redaktionsbetrieb möglich ist, "die Sendezeit zu nutzen, um dem "eigenen" Sender ans Bein zu pinkeln". Oder habt ihr schon mal gehört, wie sich Redakteure über den Sender über ihre schlechte Bezahlung beschweren oder der Chefredakteur, dass ihm der Vorstand die neue Digitaltechnik nicht genehmigen will?

Edit: Und was ich auch ziemlich rührend finde, ist diese Form von Möchtegern-"Basisdemokratie", in der es dann heißt, wir machen, was wir wollen, und die Lohnsklaven sind höchstens dazu da, uns mal den Kaffee zu bringen und haben sich ansonsten rauszuhalten.
 
AW: Zensur bei Radio Flora

'tschuldigung, aber wozu möchtest Du denn dann als Bürger funken? Um Gute Laune mit dem besten Mix der 80er, der 90er und von heute zu verbreiten oder was?

Wo steht denn, dass Bürgerfunk politisch sein muss? Heisst das, dass unpolitische Inhalte im freien Bürgerfunk nichts zu suchen haben? Dass sie ZENSIERT werden? SKANDAL. ZENSUR IM BÜRGERFUNK! UNPOLITISCHE INHALTE WERDEN VERBOTEN!

Ich denke, die Landesmedienanstalt wird sich mit der Causa noch befassen.

*Kicher.*
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Wo steht denn, dass Bürgerfunk politisch sein muss? Heisst das, dass unpolitische Inhalte im freien Bürgerfunk nichts zu suchen haben? Dass sie ZENSIERT werden? SKANDAL. ZENSUR IM BÜRGERFUNK! UNPOLITISCHE INHALTE WERDEN VERBOTEN!

Ich denke, die Landesmedienanstalt wird sich mit der Causa noch befassen.

*Kicher.*

Meister. Es kommt auf die Satzung des jeweiligen Senders an...und auf die Vorgaben der NLM. Ich bin mir fast sicher, daß Radio Flora das in seinem Antrag auf Bürgerfunk-Sendezeit klar zum Ausdruck bringt.
 
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Ja, finster geht es zu im Land der Gartenzwerge. Das sind doch endlich einmal echte Probleme, so ein Skandal. Gut, dass wir in Deutschland sind, da kaufen sich bekanntlich auch Revolutionäre eine Bahnsteigkarte.
 
AW: Zensur bei Radio Flora

Wo steht denn, dass Bürgerfunk politisch sein muss?

...na, so explizit nicht, aber in NRW hat z.B.die Neufassung des LMG den Bürgerfunkern verordnet, daß Bürgerfunk "zur gesellschaftlichen Meinungsbildung beizutragen habe". Mal davon abgesehen, daß dieser begriff recht schwammig ist (tragen Hits aus den 80ern zur Meinungsbildung bei ? Oder reicht die Präsentation der neuen Züchtungen aus dem Kleingarten Gelsenkirchen Nord ?), verdanken wir diesen Passus in NRW einer Studie über den Bürgerfunk aus 03, in der wissenschaftlich festgestellt wurde, daß die meisten BF-Programme sich mit "special-interest-Themen" befassen. Die Politik äußert also durchaus ein gewisses Steuerungsinteresse in diese Richtung.......- was immer diesem Anspruch nun genügen mag.

PS - die Interessenswidersprüche zwischen klassischer, ehrenamtlicher (ehr "linker") Gegenöffentlichkeit und hauptamtlichem "Handwerk" wundern mich ja sowas von gar nicht....... Idealismus kontra Pragmatismus, das britzelt doch immer......
 
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