Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

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@kaffeemaschine: Viel. Unsere Gesellschaft bekam beispielsweise die Rechnungen nicht anerkannt vieles mußte rückwirkend in Gehalt umgewandelt werden und der Steuerberater hatte eine Krise.
 
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Seit wann hat das Finanzamt etwas mit dem Thema Scheinselbständigkeit zu tun? Bitte um Aufklärung, da ich bisher dachte, das sei ein Thema der Sozialversicherungen.

Weil der Steuerpflichtige nunmal seine Steuererklärung beim FA abgibt. Bei Selbständigen oder Freiberuflern gehört zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (letztendlich die Einkommensteuererklärung) zumindest die Beibringung einer Einnahme-Überschuß-Rechnung. Im Normalfall hängen an dieser "EÜR" die Kopien aller Belege, also auch die der geschriebenen Rechnungen, zur Prüfung durch das FA dran. (Das kommt immer gut beim FA an, da man damit als "Steuerbürger" seine Offenheit gegenüber dem FA bekundet und auch Rückfragen vermeidet. "Richtig" nachgerechnet hat bei mir noch nie jemand, da ich immer das "WISO"-Programm benutzt habe und die Leute im FA natürlich die Form der Ausdrucke kennen. Stichprobenartig gucken die Beamten aber in diesen Papierberg rein.)

Ein kurzer Blick des FA-Beamten auf die jeweiligen Rechnungsempfänger genügt nun, um den Verdacht auf Scheinselbständigkeit zu hegen oder nicht.

Aber - ganz so heiß wird die Scheinselbständigkeitssuppe auch nicht gegessen, denn die FA-Beamten leben ja auch auf der Erde und wissen "wie's läuft" - gerade in der "Dienstleistungsbranche", bei DJs und "freien" Mitarbeitern eines Radiosenders...

Natürlich, wer NUR Rechnungen an einen einzigen Rechnungsempfänger ausstellt, hat über kurz oder lang ein Problem. Ab und zu mal eine Mugge bei der Eröffnung eines Einkaufszentrums, im Autohaus XYZ oder wenigstens ein Auftritt als "D-Promi" beim Schwof in der Gartenkantine nebenan, schaffen Abhilfe. Notfalls ist Papier sehr geduldig. Das wissen auch die FA-Beamten. Und darum passiert auch nix.


Selbstverständlich ist mir die Tragweite des "Bitterlemmer"-Artikels bewußt und ich persönlich empfinde den Umgang der "Arbeitgeber" mit den "Freien" im Allgemeinen sehr fragwürdig, aber wir leben nunmal - und zweifelsfrei - im Kapitalismus. Und der macht auch nicht vor den ÖR halt. (Vor den Privaten sowieso nicht.)


vg Zwerg#8
 
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@zwerg#8: Bei welcher Station arbeitest Du so im allgemeinen, nachgefragt wegen der Gartenkantine? :confused:
 
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Hallo "Unke" (oder so ähnlich)

Der Vorschlag mit der "Gartenkantine" diente nur dramaturgischen Zwecken, um eine Abstufung der Wertigkeit von "Muggen" (bevor Fragen zur Schreibweise kommen: MUsikalisches GelegenheitsGEeschäft) im Satzbau zu schaffen.

Du kannst es natürlich nicht wissen, da du (vermeintlich) neu bist und dir noch nicht die Mühe gemacht hast, länger im "Archiv" zu lesen: Ich arbeite heute bei keiner "Station" mehr. Und wenn ich mir die Threads in "radioforen.de" so anschaue, dann bin ich eigentlich auch froh darüber. Aber selbstverständlich schmerzt mich der zunehmende Verfall des Mediums Radio. Und genau aus diesem Grund bin ich hier.

Grüßle Zwerg#8


Edit: Ausdruck verbessert...
 
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Zum Thema "Gewerkschaften und Öffentlicher Rundfunk" kann ich etwas beisteuern: In den Personalräten bilden Journalisten meist die Minderheit. Und viele Techniker, Musiker, Fahrer und Verwaltungsmenschen halten die Freien hinter vorgehaltener Hand für aufgeblasene, überbezahlte Schnösel. Nur einige der wenigen Redakteure (wie gesagt, in den Personalräten) schätzen die Situation der Freien realistisch ein.
 
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Zum Thema "Gewerkschaften und Öffentlicher Rundfunk" kann ich etwas beisteuern: In den Personalräten bilden Journalisten meist die Minderheit. Und viele Techniker, Musiker, Fahrer und Verwaltungsmenschen halten die Freien hinter vorgehaltener Hand für aufgeblasene, überbezahlte Schnösel. Nur einige der wenigen Redakteure (wie gesagt, in den Personalräten) schätzen die Situation der Freien realistisch ein.

Da ist was dran, Norddeutscher.

(Sorry, ich muss jetzt mal n büschen polemisch werden).

Als jemand, der sich jahrelang gewerkschaftlich organisiert hat und noch länger als Redakteur arbeitet, ist es beschämend konstatieren zu müssen, wie wenig sich Journalisten für Journalisten engagieren.
Der eigene Berufsstand ist den meisten Redakteuren im Ö-R sch...egal.
Sie finden es toll, bei Massenentlassungen und Streiks, bei Tarifverhandlungen und empfundener, sozialer Not jeden x-beliebigen Gewerkschafter auf den Sender zu hieven.
Aber wehe, es geht um Journalisten oder gar die Vertretung im eigenen Hause.
Da sind sich die Damen und Herren meist zu fein für.
Selbst als die WAZ unlängst ankündigte, hunderte von Redakteuren zu entlassen, kümmerte das Kollegen in den Funkhäusern so gut wie nicht.
Opel? Ja. Conti? Klar, doch. Aber die WAZ? nee, eigentlich nicht.

Betriebsrats- oder Personalratswahlen kümmern Kraftfahrer, Verwaltungsleute und Techniker mehr als uns Journalisten. Wer wird denn wohl am Ende die Gehaltserhöhungen bei den tarifverhandlungen erstreiten? Gewiss nicht die Handvoll Journalisten. Wir sacken ein. Danke, liebe Kollegen!
Und wenn die Redakteurvertretungen gewählt werden, quält sich die Beteiligung hart am Quorum entlang.
Wie gesagt: beschämend für eine ach so wachsame Berufsgruppe.

Und die Freien. Hihi. das ich nicht lache. Die spielen nun für Festangestellte gut wie keine Rolle. Solidarität. Wie schreibt man das?
 
AW: Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

Selbst als die WAZ unlängst ankündigte, hunderte von Redakteuren zu entlassen, kümmerte das Kollegen in den Funkhäusern so gut wie nicht.
Opel? Ja. Conti? Klar, doch. Aber die WAZ? nee, eigentlich nicht.

Und die Freien. Hihi. das ich nicht lache. Die spielen nun für Festangestellte gut wie keine Rolle. Solidarität. Wie schreibt man das?

Leider nur zu wahr. Betrifft aber, glaube ich, auch die Freien UNTEREINANDER, wie ja auch jüngst hier in diesem Forum zu beobachten war:
http://www.radioforen.de/showthread.php?p=462070#post462070

Bemerkenswert übrigens auch, dass zwar fast alle ARD-Anstalten die aufrüttelnde Doku über Markus Breitscheidel und seine Leiharbeiter-Undercover-Aktion zeigten und zeigen (demnächst zum Beispiel beim WDR: http://www.wdr.de/tv/diestory/sendungsbeitraege/2009/0518/leiharbeit.jsp).
Darin wird unter anderem kritisiert, dass die Leiharbeiter als Mitarbeiter zweiter Klasse äußerlich zu erkennen sind und auf viele Vorzüge verzichten müssen, die fest Angestellte erhalten.

Dass es aber auch ARD-Anstalten gibt, in denen Freie und fest Angstellte in der Kantine unterschiedliche Preise fürs Essen zahlen (die Freien mehr, die Angestellten weniger), darüber wurde - soweit ich weiß - noch nie berichtet.

Dabei scheint mir das Eine so wenig angemessen, wie das andere. Oder?
 
AW: Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

Möchte nur aus eigener Erfahrung anfügen: Bei den Tageszeitungen herrschen in Bezug auf Freie und Zwangspausen die gleichen wie von Lemmer beschriebenen Sitten.

Die Diskussion um mangelnde Solidarität unter den Betroffenen, Halbbetroffenen und Viertelbetroffenen, die Frage nach dem Engagement der Gewerkschaften, ja selbst der Vorwurf an die (bösen) Sender- und Zeitungsbosse greifen eigentlich zu kurz.
Wer hat denn die Spielregeln eingeführt? Der Gesetzgeber richtet - in guter Absicht - bestimmte Arbeitsmodelle ein und wir wundern uns, dass sie exzessiv ausgenutzt werden.
 
AW: Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

Was weiteres interessantes zum Thema:

www.freie-im-norden.de

Da wird das ganze mal etwas genauer zusammengefaßt. Und auch der Begriff 'Zwangspause' wirkt nach der Lektüre doch eher euphemistisch.
 
AW: Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch, Teil II

Tja, schade. So ein interessantes Thema und so hingeklackst. Ein lesenswerter Artikel in der Verdi-Zeitschrift über einen erfolgreichen Streik bei Sat1 soll die angegliche Heuchelei der Gewerkschaften gegenüber den Freien in den Sendern dokumentieren und zudem die Erkenntnis, dass die Freien im "Staatsfunk" im Vergleich zu den festangestellten Wasserköpfen keine Rolle spielen. Letzteres kann man eigentlich nur behaupten, wenn man einen öffentlich-rechtlichen Sender noch nie von innen gesehen hat. Bei meinen Sendern stricken am Programm deutlich mehr Freie als Feste - ganz nach dem Motto der NDR Freien "Wir sind das Programm".
 
AW: Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

Ich danke Herrn Lemmer für diesen 2.Teil und dafür, dass auch der Privatfunk vorkommt. Langsam kommt mir das Ganze weniger, wie es im ersten Teil durchklang, als einzige Hetzjagd gegen den ÖR, sondern gegen die Gewerkschaften. Und den Folgen ihres nicht-Handelns.
Nur: Fragt doch mal, aus welchem Grund die meisten Mitgliedsbeiträge bei verdi und DJV zahlen... Ich kenne die Antwort.
 
AW: Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

divy schrieb:
dass die Freien im "Staatsfunk" im Vergleich zu den festangestellten Wasserköpfen keine Rolle spielen (...) kann man eigentlich nur behaupten, wenn man einen öffentlich-rechtlichen Sender noch nie von innen gesehen hat. Bei meinen Sendern stricken am Programm deutlich mehr Freie als Feste
Am Programm, das mag sein. Aber wie groß ist der Anteil derjenigen, die das Programm "stricken" im Vergleich zu jenen, die für die Technik zuständig sind oder gar jenen, die in der Verwaltung beschäftigt sind? Und in diesen Ressorts wird man in der Regel kaum einen Freien finden.
 
AW: Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

Oh, makeitso - Du warst tatsächlich noch in keinem ÖR-Sender tätig.
Leiharbeit ist INSBESONDERE in den Bereichen Sendertechnik und technischer Support inzwischen gang und gäbe. Such mal nach der Magdeburger(?) Firma BCI...

Und was die Computertechnik (sogar im zentralen Sendeserverbereich) angeht ... - Stichwort Outsorcing ...
 
AW: Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

Auch wenn viel ausgegliedert worden ist, hat Makeitso aber doch recht. Die meisten Festen sitzen in der Verwaltung und Technik. Darum wird auch selten dort gespart sondern meist beim Programm. Da sind die Freien und die sind selbst wenn im TV Bestandsschutzregelungen vermerkt sind leider leichter zu kündigen.

Dennoch halte ich den Vorwurf an die Gewerkschaften für verfehlt. Freie Journalisten sind vielleicht die einzige Berufsgruppe, wo die Gewerkschaften früh erkannt haben, dass es nicht etwa Freiberufler mit dicker Brieftasche sind, sondern - überspitzt formuliert - das neue Lumpenproletariat im Journalismus. Leider konnten sie dennoch nur in den öffentlich-rechtlichen Anstalten Tarifverträge durchsetzen, was auch an der Bereitschaft der Sendeanstalten liegt.

Wenn das gerade bei den Printmedien oder den Privaten und noch viel schlimmer bei den Internetmedien überhaupt nicht funktioniert hat, dann liegt das meiner Ansicht nach weniger an den Gewerkschaften, sondern an den Verlegern und den Betroffenen selbst, die leider nicht mit dem notwendigen Engagement bereit sind, sich für ihre Belange einzusetzen. Keiner ist bereit zu sagen, für 40 cent die Zeile schreibe ich nicht. Oftmals sind die Leute einfach bereit, für jeden Preis dabei zu sein. Was soll eine Gewerkschaft da machen? Wer früher den Akkord kaputt gemacht hat, bekam eins auf die Nase. Das passt wohl nicht mehr in die heutige Zeit.
 
AW: Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

Herr Lemmer sollte seine Tipp-Geber genauer prüfen denn die Aussage:
Nur für den Fall, dass eine Abteilung eine lebenslange Beschäftigungsgarantie gebe, werde der Mitarbeiter weiterbeschäftigt - nach Aussage des Tippgebers ein eher theoretischer Fall, der in der Praxis so gut wie nie vorkomme.
ist falsch. Es sei denn, er meint mit "so gut wie nie" einige hundert Fälle.

Übrigens glänzte auch der erste Teil durch viele Halbwahrheiten.
 
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Ich darf mich mal selbst zitieren (sehr aufregend):

Wie der SWR das macht, wüsste ich gern mal. Ich bin da skeptisch. Diese Antwort kann nämlich auch heissen: "Jahaa, wir brauchen gar keine Zwangspause, weil wir Freie sowieso nur auf Prognose beschäftigen".

Ich wusste doch, dass da was nicht stimmt! Jetzt stellt sich in Lemmers Teilö 2 sogar raus: der SWR hat deshalb keine Zwangspause, weil er alle Freien nach sechs Jahren komplett rausschmeißt. Ganz großes Tennis. Hätte Herr Lemmer vielleicht gleich mal nachhaken sollen, und zwar vor Veröffentlichung von Teil 1, bevor er den SWR als Insel der Seligen hinstellt nach dem Motto: Schaut mal, es geht doch ohne!

divy schrieb:
Auch wenn viel ausgegliedert worden ist, hat Makeitso aber doch recht. Die meisten Festen sitzen in der Verwaltung und Technik. Darum wird auch selten dort gespart sondern meist beim Programm. Da sind die Freien und die sind selbst wenn im TV Bestandsschutzregelungen vermerkt sind leider leichter zu kündigen.

Exakt so sieht's aus. Das Zauberwort heißt: "programmprägend". Da gibt es wie gesagt das berühmte BVG-Urteil (von mir oben erwähnt), dass die Sender Freie nicht anstellen müssen, weil eben die Hörer das Recht haben, alle drei Wochen eine andere Nase hören zu dürfen/müssen/sollen. Und alle, die nicht programmprägend tätig sind, müssen eben angestellt werden.

So, und jetzt wirds spannend: gerade viele Feste Freie sind nämlich immer öfter in Tätigkeiten eingebunden, die mit Freier Mitarbeit rein gar nichts mehr zu tun haben (Stichwort Einbindung in Betriebsabläufe, Dienstpläne, eigene Arbeitsmittel und und und). Da bewegen sich die Sender inzwischen auf vermintem Gelände, und deswegen diese arbeitsrechtliche Paranoia in Form von Zwangspausen und Prognosen.

Meiner Meinung nach ist ein Teil des Problems auch, dass sich die Intendanten vor den Rundfunkrat ihrer Anstalt stellen und verkünden wollen oder vielmehr müssen: "Wow, wir haben schon wieder hundertachtzig Stellen eingespart!"

Was sie nicht dazu sagen ist: für diese 180 Stellen werden 180 freie Mitarbeiter eingestellt, und für diese 180 freien Mitarbeiter nochmal 180 Juristen, die mögliche Einklagsversuche verhindern, sowie dazu nochmal 180 Verwaltungsangstellte, die einen gigantischen juristischen Budenzauber abfackeln, mit demselben Ziel.

Ich sag nur:

:wall::wall::wall:
 
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Ob Zwangspause oder Zwangsentlassung oder was man sich sonst noch so alles einfallen läßt, um den Schein der Rechtmäßigkeit zu wahren: Was der Rundfunk mit den Freien tut, ist de facto Scheinselbständigkeit. Jeder private Unternehmer steht (Achtung, ich übertreibe) mit einem Bein im Knast, wenn er so etwas tut. Jedenfalls bekommt er mächtig Ärger, und zwar nicht nur theoretisch sondern auch praktisch, will sagen, es wird auch tatsächlich rigoros verfolgt, wenn z.B. ein Wirt für drei Monate eine Aushilfe einstellen will und versucht, sich um Sozialabgaben, bezahlten Urlaub und Mutterschutz zu drücken.

Nicht so beim Rundfunk! Der freie Mitarbeiter ist hier Unternehmer, der seine Dienstleistung anbietet und wie ein Handwerker seine Rechnungstellt. Der Rest ist sein eigenes Risiko. Und Politik und Justiz drücken beide Augen zu.
 
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Der freie Mitarbeiter ist hier Unternehmer, der seine Dienstleistung anbietet und wie ein Handwerker seine Rechnungstellt. Der Rest ist sein eigenes Risiko. Und Politik und Justiz drücken beide Augen zu.

Hier tut man etwas, was in der freien Wirtschaft ganz alltäglich ist. Denn auch der selbständige Handwerker, Klempner, Architekt, Veranstaltungstechniker, Kraftfahrer muss selbst zusehen, dass sein Einkommen nicht zum überwiegenden Teil von einem Auftraggeber stammt. Man könnte dann nahelegen, er sei eigentlich Angestellter oder von einem Auftraggeber wirtschaftlich abhängig. Das ist in meinen Augen aber kein Problem, dass sich nur auf durch den Rundfunk zieht, sondern generell auftritt. Man versucht sich hierbei geschickt um einen Rechtsstreit oder weitere Verpflichtungen zu drücken. Solange das Gesetz dies zulässt wird sich daran wohl auch nichts ändern.

Beachtet auch bitte die andere Seite: Wenn einem Arbeitgeber ein Rechtsstreit oder weitere finanzielle Verpflichtungen drohen, wird er alles unternehmen, sich darum zu drücken. Oben beschriebene "Anstellungsmodelle" sind dabei eine mögliche Option. Was des einen Freud ist des anderen Leid. Man muss immer gucken, wer hier am längeren Hebel sitzt.

Ich kann deshalb das Verhalten der "Entscheider" durchaus nachvollziehen. Kein "Entscheider" möchte sich später vorwerfen lassen, irgendetwas nicht beachtet zu haben, was später massig Asche kostet. Daraus entsteht diese Mentalität. Sie wird demnach auch knallhart durchgesetzt. Allein aus Selbstschutz.
 
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Ich blicke bei den vielen unterschiedlichen Aussagen hier nicht so ganz durch:

Wenn der Sender seinen freien Mitarbeiter von heute auf morgen "kalt" stellen kann (z.B. einen Techniker), so könnte dieser Freie auch am nächsten Tag einfach weg bleiben und an einer anderen Stelle seine Arbeit verrichten?
Es müsste doch in den meisten Fällen anständige Verträge geben, die Arbeitspensum und Dauer der Dienstleistung festlegen. Oder möchte man sich gegenseitig nicht aufeinander verlassen können? Nicht nur der freie Mitarbeiter muss seine Arbeitszeiten in der Woche oder Monat kennen, auch eine Radiostation verplant sein Personal pro Tag, Woche usw.

Vielleicht bin ich auch nur zu gutgläubig...
 
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Von heute auf morgen geht es meist nicht. Bei den Sendern, bei denen ich reingeschaut habe, hatte man Wochenplanungen (Moderation, Sendungen fahren, CvD Nachrichten usw). Irgendwie muß auch ein Sender planen und die Mitarbeiter rechtzeitig informieren.

Aber wenn dann der neue Programmplan aushing und Du nirgends Deinen Namen entdeckt hast, dann war irgendwo etwas faul ... oder am dampfen.
 
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Fragt doch mal, aus welchem Grund die meisten Mitgliedsbeiträge bei verdi und DJV zahlen... Ich kenne die Antwort.

Wegen der tollen Rabattkarte. Was habe ich gewonnen?


Leiharbeit ist INSBESONDERE in den Bereichen Sendertechnik und technischer Support inzwischen gang und gäbe. Such mal nach der Magdeburger(?) Firma BCI...

Du meinst die Firma, die für sich auf den Spielerhosen der Dresdner Volleyballmädels wirbt?
 
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Ob Zwangspause oder Zwangsentlassung oder was man sich sonst noch so alles einfallen läßt, um den Schein der Rechtmäßigkeit zu wahren: Was der Rundfunk mit den Freien tut, ist de facto Scheinselbständigkeit. Jeder private Unternehmer steht (Achtung, ich übertreibe) mit einem Bein im Knast, wenn er so etwas tut. Jedenfalls bekommt er mächtig Ärger, und zwar nicht nur theoretisch sondern auch praktisch, will sagen, es wird auch tatsächlich rigoros verfolgt, wenn z.B. ein Wirt für drei Monate eine Aushilfe einstellen will und versucht, sich um Sozialabgaben, bezahlten Urlaub und Mutterschutz zu drücken.

Nicht so beim Rundfunk! Der freie Mitarbeiter ist hier Unternehmer, der seine Dienstleistung anbietet und wie ein Handwerker seine Rechnungstellt. Der Rest ist sein eigenes Risiko. Und Politik und Justiz drücken beide Augen zu.

Welchem Sender stellst Du denn Rechnungen? (Sorry, rethorische Frage, ARD-Sender stellen Honorarbescheinigungen aus und erhalten keine Rechnungen). Zudem: Bezahlst Du Deinem Bäcker auch Urlaubsgeld, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Tagegeld für Weiterbildungen? Die ARD-Sender machen das mit ihren Freien. Damit sind sie übrigens nach meinem Kenntnisstand die einzigen, die die betreffenden Sozialgesetze erfüllen.

Ansonsten sehen viele Tarifverträge Bestandsschutzregelungen vor. Ganz so einfach ist es also nicht mit dem Rausschmeißen. Aber auch Freie sollten begreifen, dass sie Selbstständige sind und ihre Tätigkeit auch so gestalten. Wem das nicht passt, sollte versuchen, in ein anderes Arbeitsverhältnis zu kommen. Das Zwangsende beim NDR gibt es meines Wissens übrigens nicht mehr. Allerdings könnte ja mal ein NDR-Kollege dazu etwas sagen.

In kaum einem anderen Medienbetrieb arbeiten Freie unter besseren Bedingungen als bei der ARD, die meisten Zeitungsverleger wollen nicht mal Tarifverträge unterschreiben, die Honorare sind nicht üppig, ermöglichen aber doch ein ordentliches und professionelles Arbeiten inkl. Recherche, ich bekomme 30 Tage bezahlten Urlaub u.v.a.m., das alles übrigens finanziert durch den Gebührenzahler. Und obwohl ich Freiberufler bin, habe ich Anspruch auf Rechtsschutz durch die bösen Gewerkschaften, die sich angeblich nicht für mich interessieren. Allerdings haben sie mir auch mal geholfen, ein Honorar bei einer Zeitung einzuklagen, ein Rechtsschutz, der auch bei Klagen durch angeblich Geschädigte greift. Die Gewerkschaften führen regelmäßig Tarifverhandlungen mit den Sendern über meine Honorare. Welcher anderen Berufsgruppe unter den Freiberuflern geht es ähnlich? Sicher ist einiges zu verbessern, die Regelung mit den Zwangspausen ist wirklich schlecht und die Rechtesituation manchmal nicht befriedigend. Aber das allgemeine Gejammer über die Knechtschaft bei der ARD ist nicht gerechtfertigt.
 
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