Investigative Radiosendungen in Deutschland Fehlanzeige?

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XXLFunk

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Meistens decken die schreibenden Journalisten in Deutschland Skandale auf. Die meisten und größten Skandale hat wahrscheinlich der Spiegel publik gemacht.

Fernsehjournalisten sind daran zumindest partiell daran beteiligt.

Ich kenne allerdings keinen einzigen Skandal, der das Ergebnis einer Recherche von Radiojournalisten ist. Wie kommt das? Wo und wann laufen eigentlich die besonders kritischen Radiomagazine oder -beiträge?
 
AW: Investigative Radiosendungen in Deutschland Fehlanzeige?

Oooch, das gab es früher schon mal. Der SDR war da ganz gut...
Ich bin nach wie vor Fan von investigativem Journalismus.
 
AW: Investigative Radiosendungen in Deutschland Fehlanzeige?

Fan investigativen Journalismus bin ich ja auch. Nur wo findet der heute im Radio noch statt? Mein Eindruck ist, in der ARD - vorrangig beim Fernsehen - wagen sich die Journalisten erst dann aus der Deckung, wenn Magazine wie der Spiegel die "Drecksarbeit" bereits gemacht haben - sei es, dass sie vom Spiegel abkupfern, oder (Teilaspekte) weiterrecherchieren.

Vielleicht haben ja die "kleineren" Radioleute nicht das Standing, das man benötigt, um so ein Ding auch durchzuziehen.
 
AW: Investigative Radiosendungen in Deutschland Fehlanzeige?

Kommt auf die Redaktion an. Achtet mal darauf, wie oft "NDR Info" als Quelle genannt wird, wenn es um brisante Themen geht!

Ansonsten ist halt Fehlanzeige, weil die Reporter nur für abgelieferte Beiträge honoriert werden, nicht jedoch für die Recherche. Da ist man als Reporter natürlich schön doof, wenn man wochenlang für ein Thema recherchiert, Dutzende von Telefonaten führt und Termine mit Informanden ausmacht. Von geschäftstüchtigen "Freien", die stattdessen irgendwelche Schnulli-Themen machen und damit 10x soviel verdienen, wird man dann ausgelacht.

Man kann von Leuten, die pro Beitrag honoriert werden nicht erwarten, daß sie sich in ein Thema reinknien. So ist das ganz einfach.
 
AW: Investigative Radiosendungen in Deutschland Fehlanzeige?

Ansonsten ist halt Fehlanzeige, weil die Reporter nur für abgelieferte Beiträge honoriert werden, nicht jedoch für die Recherche...Von geschäftstüchtigen "Freien", die stattdessen irgendwelche Schnulli-Themen machen und damit 10x soviel verdienen, wird man dann ausgelacht. Man kann von Leuten, die pro Beitrag honoriert werden nicht erwarten, daß sie sich in ein Thema reinknien. So ist das ganz einfach

Was ist das denn für ein absurdes Vergütungssystem? Beitrag ist doch nicht gleich Beitrag. Natürlich muss auch der Wert der Information berücksichtigt werden. Aus dem Internet Vorhandenes abschreiben und neu zusammenschrauben kann doch nicht gleichgesetzt werden mit Recherchieren und exklusiven Informationen? Das muss doch auch den Senderchefs einleuchten. Es kann doch nicht wahr sein, dass die Chefs da bisher noch nicht selber draufgekommen sind!
 
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Was willst Du mir damit sagen?

Daß Du noch nie als Reporter für einen Sender gearbeitet hast. Es wird ausschließlich nach Anzahl der Beiträge bezahlt. Nach nichts sonst. Eventuell ist ein geringer Aufschlag zum normalen Honorar für besonders hohen Aufwand möglich. Das ist alles. Als Reporter bist Du darauf angewiesen, möglichst viele Beiträge zu produzieren. Über die Qualität und den Inhalt sagt das gar nichts aus.
 
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Also der letzte Radiobeitrag der für einen Skandal sorgte, war meiner Meinung nach das Deutschlandfunk-Interview mit Horst Köhler zum Afghanistan Einsatz. Köhlers Aussage, dass die Bundeswehr auch aus wirtschaftlichen Gründen dort ist, würde ich auch unterschreiben.
 
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Daß Du noch nie als Reporter für einen Sender gearbeitet hast

Stimmt nicht. Zu Beginn der 90er für verschiedene Kommerzielle. Allerdings gab es da eh nur die berühmten 1´30er und 2´30er - die Inhalte waren immer ähnlicher Natur - da stellte sich für mich die Frage nicht...Zumal ich in dem Alter darüber eh nicht nachgedacht habe.
 
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Das von #hering angeführte Beispiel "Interview Köhler" hat natürlich nichts mit "Aufdeckung eines Skandals" zu tun, sondern eher mit "Auslösung eines Skandals". Das Radio mit seiner Authenzität bei O-Tönen und mit seinen Möglichkeiten zum Live-Interview (wenn sie denn genutzt werden und von einem fähigen Interviewer geführt werden) hat hier seine größten Stärken: Gesprächspartner so in die Enge zu treiben oder ihnen in den Hinterkopf zu leuchten, dass sie Dinge "rauslassen", aus denen dann die (Skandal-)Geschichten werden können.
In der Diskussion, die ToWa mit XXL-Funk führt, trifft ToWa`s Einschätzung nur im Hinblick auf die freien Mitarbeiter zu (die freilich die Regel sind). Bei festangestellten Redakteuren dürfte theoretisch das Argument von Aufwand und Zeit in Relation zum Honorar keine Rolle spielen. Leider leistet sich kaum ein Sender den festangestellten Reportage- und Recherche-Redakteur, der uns hier idealtypisch vorschwebt.
Deswegen ist es in der deutschen Radioszene auch dazu gekommen, dass investigativer Journalismus weitgehend mit Krawall-Journalismus verwechselt wird, bei dem ein paar rotzig hingeworfene Behauptungen sowie unreflektierte Anschuldigungen garniert mit tendenziösen O-Tönen bereits als große Aufklärungsreportage durchgehen.
 
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Gesprächspartner so in die Enge zu treiben oder ihnen in den Hinterkopf zu leuchten, dass sie Dinge "rauslassen", aus denen dann die (Skandal-)Geschichten werden können.
Welcher Journalist/Moderator darf/kann das in heutiger Zeit noch? - Im rb-tv laufen sonntags die "3nach9 classics"; kein Vergleich mit den heute geführten "schleimigen" Gesprächen in Talkshows. An das Können von Wolfgang Menge, Marianne Koch, Lea Rosh (wenn auch sehr umstritten), Dagobert Lindlau, Günther Nenning oder Juliane Bartel, auch wenn nicht alle Journalisten waren/sind, kommen heutige Moderatoren, auch die hochgejubelten Stars, nicht im entferntesten heran. Ob sie es wirklich nicht können oder nicht dürfen, sagen mir jetzt bestimmt andere Mitdiskutanten und -onkel dieses Fadens.
 
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Herzlich Willkommen, Stänker-Towa, in diesem Thread. Wobei Du in der Sache diesmal (leider!) recht hast. Ich hoffe, Du hast noch etwas Berufsehre und gehörst nicht zu denen, die nur "Schnulli-Themen" abliefern.
 
AW: Investigative Radiosendungen in Deutschland Fehlanzeige?

Stimmt schon. Große investigative Erfolge hat der Hörfunk nur noch selten.
Dennoch sollte die NDR Info Recherchetruppe hier nochmal hervorgehoben werden. Die haben in den letzten Jahren gleich mehrere Riesen-Themen ausgehoben, die hinterher dann durch alle Medien gingen:

"Milliarden-Transaktionen bei der HSH-Nordbank, Bundeswehrpistolen in Afghanistan, Datenklau bei AWD und Bluttest für Daimler-Bewerber" - genau dafür sind sie auch ausgezeichnet worden.

Und nur zur Erinnerung an ganz alte Tage: Es war ein Hörfunkreporter der (damals noch) SDR-Landespolitik, der einstmals
a) den Südmilchskandal aufdeckte
b) MP Filbinger ins Wanken brachte und
c) am Rücktritt von MP Späth maßgeblich mitgewirkt hat.
Der Mann hieß Martin Born.
 
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Aus welchen Aussagen Olivers ziehst du den Schluss, dass das Ergebnis der Arbeit Investigation (statt Information) ist?
 
AW: Investigative Radiosendungen in Deutschland Fehlanzeige?


Sicherlich war er aber nicht als Freier Mitarbeiter darauf angewiesen, jeden Tag einen Bericht abzuliefern. Nochmal zur Erinnerung: Die Journalisten werden nach der Anzahl der Beiträge bezahlt. Nach nichts sonst. Du machst innerhalb on 2 Stunden ein nettes Stück über "Fun im Freibad" und bekommst dafür dasselbe Honorar wie für 2 Wochen Recherche zu einem investigativen Thema. Das ist das Problem, und deshalb tut sich in der Richtung auch nichts mehr. Bei den meisten Sendern ist das so.
 
AW: Investigative Radiosendungen in Deutschland Fehlanzeige?

Also der letzte Radiobeitrag der für einen Skandal sorgte, war meiner Meinung nach das Deutschlandfunk-Interview mit Horst Köhler zum Afghanistan Einsatz. Köhlers Aussage, dass die Bundeswehr auch aus wirtschaftlichen Gründen dort ist, würde ich auch unterschreiben.
Was soll daran ein Skandal gewesen sein? Es wurde künstlich zu einem heraufbeschworen. Westerwelle hat nur wenige Monate später fast wortgleich dasselbe von sich gegeben. Da hats dann niemanden gestört.
 
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ToWa hat leider Recht. Für die wachsende Zahl der Freien geht es um Masse (macht Kasse), für die schmelzende Zahl der Festen bleibt vor lauter Redaktionsmanagement keine Zeit mehr für journalistische Arbeit.

Ich vergaß leider noch zu erwähnen, daß investigative Themen leicht dazu führen können, daß man als Reporter Post von Anwälten bekommt. Und was dann? Dann ist guter Rat nämlich wirklich teuer!

Von heiklen Themen lässt man lieber die Finger, wenn man nicht fest angestellt ist und hinter sich eine Rechtsabteilung weiß. Gilt übrigens für alle Medien, nicht nur für's Radio.
 
AW: Investigative Radiosendungen in Deutschland Fehlanzeige?

Es kommt noch hinzu, dass die nachwachsende Journalistengeneration den Anruf bei einer Pressestelle und das Googeln nach einer Wikipedia-Erläuterung bereits mit investigativer Recherche verwechselt.
 
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