Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

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XXLFunk

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Immer wieder wird - auch hier im Forum - der beklagenswerte Zustand des deutschen Unterhaltungshörfunks mit der Behauptung erklärt, dass nur infantiles Radio die breite Masse zum Einschalten bewegen kann. Konzepte von qualitativ hochwertigen Programmen und Marktführern wie RTL Frankreich oder BBC Radio 2 funktionierten im Land der Teutonen nicht. Ist das eine Schutzbehauptung, oder gibt es in unserem Land tatsächlich mehr eingefleischte Normopathen als im Ausland?

Normopathen beschreibt, Manfred Lütz, der Leiter des Alexianer Krankenhauses Köln, einer psychiatrischen Fachklinik, in seinem Buch "Irre! Wir behandeln die Falschen, unser Problem sind die Normalen" als die Mehrheit der blödsinnig Normalen, die Dieter Bohlen oder Schrott-Comedy im Fersehen schauen.
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

Ah danke für die Erinnerung. Das BUch wollte ich lesen. Und ich würde zustimmen, da ich viel mit Hörern zu tun hatte: Die sind nicht ganz so eingeschränkt wie das gerne behauptet wird, aber sie sind auch bei Weitem nicht so offen, wie wir uns das wünschen. Dennoch denke ich, dass man mit moderaten Veränderungen in die richtige Richtung da eine "Umgewöhnung" hinbekommen könnte.
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

Ah danke für die Erinnerung. Das BUch wollte ich lesen. Und ich würde zustimmen, da ich viel mit Hörern zu tun hatte: Die sind nicht ganz so eingeschränkt wie das gerne behauptet wird, aber sie sind auch bei Weitem nicht so offen, wie wir uns das wünschen. Dennoch denke ich, dass man mit moderaten Veränderungen in die richtige Richtung da eine "Umgewöhnung" hinbekommen könnte.

Hier hilft wahrscheinlich nur noch ein Umerziehungprogramm im Rahmen einer rundfunkpolitischen Kulturrevulution. Für eine "Umgewöhnungen" ist das Kind schon zu tief in den Brunnen der Phlegmatie und Verblödung gefallen.
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

Für eine "Umgewöhnungen" ist das Kind schon zu tief in den Brunnen der Phlegmatie und Verblödung gefallen.

Aber warum ist diese Entwicklung zur Verblödung in Deutschland stärker als in anderen Ländern, in denen das Angebot an hochwertiger Unterhaltung im Radio größer als bei uns ist?
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

@XXLFunk: Vermutlich, weil in Deutschland fast nur die Falschen Aussicht auf eine UKW-Frequenz haben und es vielerorts keinen echten Wettbewerb im Rundfunksektor gibt.
Im Ausland existiert ein solcher, deshalb müssen die Programmveranstalter dort um die Gunst des Hörers buhlen; in Deutschland brauchen sie es nicht, da die Medienkommissionen erfolgreich das Entstehen von Vielfalt verhindern.

In Bezug auf das Fernsehen ist es übrigens genau umgekehrt: Zwischen der ARD und der RTBF bspw. bestehen in qualitativer Hinsicht enorme Unterschiede.
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

In Bezug auf das Fernsehen ist es übrigens genau umgekehrt: Zwischen der ARD und der RTBF bspw. bestehen in qualitativer Hinsicht enorme Unterschiede.

Ja, im (ör) deutschen Fernsehen gibt es viele Nischen und sogar ganze Qualitätsprogramme. (Gleichwohl sollen Dokus auf Arte jetzt mainstreamiger werden - es ist also nichts auf eine längere Dauer sicher.)

Überrascht hat mich das ZDF ausgerechnet mit seiner Humoroffensive - Humor dürfte ja zudem das schwierigste Fach sein, mit dem sich gerade auch die Deutschen traditionell schwerer tun als bspw. die Briten. Anyway, "Neues aus der Anstalt" und "Heute Show" halte ich für Kracher und die derzeit besten humoristischen TV-Sendungen.

Leider finden sich im deutschen Unterhaltungsradio kaum Pendants zum TV. "Humor" auf SWR 3, einem Sender, der sich immer sehr viel darum gekümmert hat, ist schlicht zum Davonlaufen. Andere Programmme wie NDR 2 sind fast komplett bieder in der Erscheinung, auf jede spöttische oder schräge moderative Bemerkung bestehen wahrscheinlich prophylaktisch Sanktionen. Anders lassen sich diese "klinisch reinen" Moderationstakes nicht erklären.
 
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Hier hilft wahrscheinlich nur noch ein Umerziehungprogramm im Rahmen einer rundfunkpolitischen Kulturrevulution.
Das erinnert mich an den Mief der öffentlich-rechtlichen Sender vor Privatradio. back to the roots?
 
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"Neues aus der Anstalt" und "Heute Show" halte ich für Kracher und die derzeit besten humoristischen TV-Sendungen.

"Neues aus der Anstalt" ist ein Sammelbecken von linksradikalen Spinnern, die sich als unlustige Comedians noch ein wenig Geld aus dem Gebührentopf holen. Mehr nicht.
 
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@Pfui, so hat halt jeder seine Ansichten. Ich finde "Neues aus der Anstalt" einfach genial.
 
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Während ich das "Wir behandeln die Falschen" wegen Oberflächlichkeit schnell aus der Hand gelegt habe, bin ich "Heute Show"-Fan geworden. Gestern gab's erwartungsgemäß die besten Quoten. Die Idee mit dem schimpfenden Journalisten hatten "Radio Drie"-Mitstreiter allerdings schon in den Achtzigern im niederländischen Radio: Die Sendung hieß "Krachtvoer" und die Rubrik "Landgenoten!"

Im NL-TV feiere ich "Koefnoen" und darin ganz besonders den "Rapservice". Beides hat allerdings Winterpause - leider. "Neues aus der Anstalt" im ZDF ist meist zu dröge...
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

Aber was ist denn jetzt mit der grundsätzlichen Frage, ob die Radiohörer aus dem einstigen Land der "Dichter und Denker" heutzutage - im Gegensatz zu Italienern, Engländern oder Franzosen - nur noch aus Normopathen bestehen, was seinen Niederschlag in dieser grässlichen Medienlandschaft findet?
 
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Ja, die Sendung wollte ich antesten. Nehme mir das mal zwingend für kommenden Montag vor. Hoffentlich singen die nicht. Das stört mich in den Kabarett-Sendungen von WDR 5 so sehr.
 
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Ich glaube ganz fest, dass die in den zweifelhaften MA-Analysen als "erfolgreich und hörerstark" ausgewiesenen Programme nur deswegen noch einen gewissen Widerhall finden, weil man an ihnen schlicht nicht vorbeikommt. Wer nichts besseres zur Hand hat als ein UKW-Gerät und keinen aktuellen Bedarf nach wortlastigen oder kulturtriefenden Wellen hat (nicht jeder will Nachrichten, Reportagen und Interviews bis zum Abwinken, manchmal möchte man ganz einfach nur Musik hören), ist oft dazu gezwungen, einen dieser unsäglichen Billigdudler einzuschalten - wobei ich die tatsächliche Hördauer für wesentlich geringer halte als in der Media-Analyse angegeben, welche alles andere als repräsentativ ist und noch dazu permanent als Propagandainstrument missbraucht wird.

Wenn man nichts besseres hat, nimmt man halt das Schlechte und zwar so lange, bis man immer und überall eine bessere Alternative bereitgestellt bekommt. Oder glaubt ihr wirklich, es gäbe in diesem Land allzu Viele, die sich an einem schönen Nachmittag in der Hängematte vorsätzlich und mit großer Anteilnahme "Antenne Bayern" gönnen (oder eben "Bayern 3", was keinen großen Unterschied mehr macht). Ich sage Nein - das Dudel-Radio ist mittlerweile zu einem ungeliebten Notnagel geworden, den man nur in Anspruch nimmt, wenn halt nix anderes da ist. Es gibt in Deutschland eine beachtliche Zahl hochwertiger journalistischer Radiowellen, die können aber nicht darüber hinwegtrösten, dass das Hit- und Beraterradio ein Totalausfall ist.

Die Gründe für das allseitige Lamento sind bekannt - Das Zeitungsradio verengt sich auf junge Werbezielgruppen und die Berater- und Werbearmada ist eine institutionalisierte Krake, die alles kontrolliert und unabhängigen Anbietern mit abweichenden Geschäftsideen die Luft abdrückt. Wer sich dem Zielgruppendiktat nicht beugt und die vorgeschriebene Formatzuordnung missachtet (Stichwort "Researches") wird mit wirtschaftlichen Repressalien zum Einlenken gezwungen oder aus dem Markt geworfen. Quotenschwache Klassiksender oder Jazzklimperer ("Lounge-Radios") werden bis zu einem gewissen Grad geduldet, weil sie den Print- und Hitradios keine Hörer wegnehmen.
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

Zur ursprünglichen Frage mit den Normopathen hat bislang leider keiner was beigetragen. Finde diese Fragestellung durchaus berechtigt (auch abseits des Themas Hörfunkprogramme), es wäre ein guter Stoff für eine kulturwissenschaftliche Studie. Etwas über die Mentalität des Zielpublikums herauszufinden, kann nicht schaden.
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

Hoffentlich singen die nicht. Das stört mich in den Kabarett-Sendungen von WDR 5 so sehr.

Allerdings!!! Zum Glück wird in der "Unterhaltung am Wochenende" meist erst in der zweiten Stunde vermehrt gesungen. Ich schalte dann in der Regel aus. Wer hat die Legende in die Welt gesetzt, dass schlechter Gesang der Erheiterung dient?
 
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Normopath wäre man nur dann, wenn man das Gebotene gutheißt, weil man es ständig vorgesetzt bekommt, obwohl man es anfänglich möglicherweise verabscheut hat. Ich glaube nicht, dass die Deutschen nach einer gewissen Zeit jeden Mist gut finden, nur weil sie im Radio unentwegt damit bomabrdiert werden. Hätten sie eine echte Auswahl, wären die 08/!5-Hitradios abgemeldet.
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

Man sollte bei der Diskussion nicht außer Acht lassen, dass das Radio heute - leider - weitestgehend der Hintergrundberieselung dient.

D.h. wenn bspw. jemand am Arbeitsplatz stundenlang irgendeinen Hitdudler hört (oder hören muss, weil er bspw. im Einzelhandel oder in der Gastronomie beschäftigt ist) bedeutet das nicht, dass er sich mit dem Programm auch identifiziert.
Wenn, dann findet eine Identifikation vielmehr mit der Musiksammlung auf dem MP3-Player oder im CD-Regal statt, diese müsste man somit viel eher zurate ziehen, um ein entsprechendes Fazit abzuleiten.

Allerdings würde ich selbst dann noch immer sehr vorsichtig sein, denn im Grunde genommen läuft ein solcher Ansatz ja auf die Schlussfolgerung hinaus: "Sag mir, welche Musik Du hörst und ich sage Dir, welcher Mensch Du bist!"
Wenn man "welche Musik" zudem durch "welches Hörfunkprogramm" ersetzt, wird die ganze Angelegenheit noch weitaus problematischer, weil das Angebot (zumindest auf terrestrischem Wege, das Webradio lasse ich jetzt mal außen vor) gerade in Deutschland bis auf wenige Regionen halt extrem begrenzt ist: Vielfach bleibt dem Hörer ja gar keine andere Alternative, als zwischen einem Hitdudler, einem anspruchsvollen Wortprogramm oder dem Ausknopf des Radios zu wählen.
Wenn, dann müsste es schon ein repräsentatives Programmangebot wie bspw. in Amsterdam, Paris, Mailand, Madrid oder Istanbul geben, um auch nur annähend irgendwelche Rückschlüsse auf die Bevölkerung zu ziehen.
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

ricochet schrieb:
Wer nichts besseres zur Hand hat als ein UKW-Gerät und keinen aktuellen Bedarf nach wortlastigen oder kulturtriefenden Wellen hat (nicht jeder will Nachrichten, Reportagen und Interviews bis zum Abwinken, manchmal möchte man ganz einfach nur Musik hören),
Bis dahin war es ein richtig schöner Satz.
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

Die Unterschiede zwischen deutschen und benachbarten Ländern sind in Sachen Medien keinedwegs gravierend: Die öffentlich-rechtlichen baden mit einigen Highlights das aus, was die meisten privaten Stationen eingebrockt haben. Die öRAs liefern Kabarett und Satire - die Privaten auf nervige Weise den Stoff dafür. Das ist in NL, B, F und L nicht anders! Also nix mit Normopathen - sondern eher mit typisch deutscher Diskussionskultur: Viele nehmen die Zustände zu ernst, andere ertragen sie (noch) mit Humor...
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

@chapri: Vergleich' mal die Radiolandschaft in Flandern oder in den Ballungsräumen Frankreichs mit jener in Deutschland, dann wirst Du einige signifikante Unterschiede feststellen. ;)
 
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Das erledige ich aus Neuhier schon oft. Aber - klar, mittlerweile: die Sprache!
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

Die Unterschiede zwischen deutschen und benachbarten Ländern sind in Sachen Medien keinedwegs gravierend

Sind sind es und zwar geradezu epochal. Du scheinst Dich mit ausländischen Sendern nur sehr oberflächlich zu beschäftigen.
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

Ich erkenne in den meisten Ländern die Tendenz zur Verflachung - das woollte ich ausdrücken. Was ist daran gravierend?
Das Tempo variiert, die ALTERNATIVEN existieren hier wie dort - die Akzeptanz bei den Hörern variiert allerdings ebenfalls!
 
AW: Zuviele Normopathen unter deutschen Radiohörern?

die ALTERNATIVEN existieren hier wie dort

Echt? Wo sind denn hier kommerzielle Programme, die mit so viel Manpower und in einer so hohen Qualität wie RTL 102.5 gesendet werden? Wo sind die überall empfangbaren unterhaltenden Öffis mit der Exzellenz von BBC Radio 2, mit einem musikalischen Feinkostladen im Abendprogramm? Wo ist das landesweite, informative private Einschaltprogramm wie RTL France? Wo gibt es hier überall in Deutschland ein RICHTIGES Rockradio, so rockig und abwechslungsreich wie Virgin Radio Italia?
 
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