Inzuchtartiges Gewebe in deutscher Radiolandschaft

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br-radio

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Ich muss einmal ein Thema loswerden, das mir schon seit geraumer Zeit unter den Fingernägeln brennt:

Es gibt eine "Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich", kurz KEK. Das ist eine Art Kartellamt für die Medien. Wenn man deren Datenbank durchforstet nach den großen Privatsendern, aber auch nach den Sendern, die in den größeren Orten lokale Privatsender sind, so stellt man mehr und mehr fest, dass sie fast immer den gleichen Leuten gehören, und auch von fast immer den gleichen Leuten als Medienberater "beraten" werden. Damit ist für mich das Argument hinfällig, die deutsche Medienlandschaft führe einen inneren Konkurrenzkampf. Denn: Das ist gelogen! Wenn man einen Konkurrenzkampf führt, muss man anderen Eigentümern gehören, was man aber nur recht wenig tut. Schaut man sich die Beteiligungsbäume der Axel Springer AG, der RTL Group, von Bertelsmann, etc. an, nur um drei rauszunehmen, so stellt man fest, daß fast 90-95% der deutschen Radiolandschaft in den Händen weniger "Investoren" liegen. Es liegt also marktpolitisch ein Oligopol vor. Den Medienanstalten ist dabei die Kontrolle entglitten, weil sie selber zu dem System des Oligopols dazuzählt und weil ihre Aufsichtsgremien zum Teil wieder von Leuten besetzt werden, die zumindest inhaltlich nichts gegen dieses Oligopol ausrichten können. Was in Russland mit Gazprom und anderen wenigen Energieunternehmen passiert ist, ist in Deutschland mit dem Radiomarkt passiert. Wenige, zumeist finanzstarke Konzerne, schlucken die Sender, wohl wissend, daß man über sie werberelevante Gruppen ansprechen kann und somit ihre Stellung nur noch fördert. Das bedeutet, daß der mündige Hörer im letzten Ende in Geißelhaft genommen wird, weil er nicht weiß, zu wem bzw. zu was der Sender gehört, und was er suggerieren will. Damit wird der Hörer selbst zum Spielball dieser im Hintergrund agierenden Konzerne und fördert sie noch, indem die Konzerne durch ihre Medienberater, unterstützt durch die dann zur Farce werdenden Medien-Analysen, und deren Mitarbeiter die Wunsch-Konstellation für die Ohren zusammenstellen. Man wird also wie bei Drogen betäubt, oder besser: In eine Art "Zwangsjacke" gesteckt und mithilfe von Medikamenten (im Falle des Radios Gewinnspiele, wohlgefällige Musik, Höreraktionen) "therapiert". Dadurch verliert der mündige Hörer sein inneres Bewusstsein nach dem "guten, wahren, schönen" und wird durch diese Therapie gezwungen, die einheitliche Radiosprache immer wieder aufgesetzt zu bekommen, egal, auf welche Frequenz er schaltet.
Dadurch wird der Einheitsbrei weiter ausgebaut, kritische Sender abgebaut, die noch verbliebenen guten Sendeanstalten in eine Art Zwang gebracht, sich dem allgemeinen Trend hinzugeben, auch solcherlei durchzuführen, um ggf. dann von außen, d.h. durch Medienberater ferngesteuert zu werden.
Von der ursprünglichen Aufbruchsstimmung des einstmals so vielfältigen deutschen Radios bleiben dann noch wenige Stationen übrig, die sich gegen diesen Trend stemmen. Würden sie "geschluckt", hätte der Hörer vor den Großkonzernen kapituliert. Man muss nur kritisch den Zeitgeist hinterfragen und sich nicht von Fassaden täuschen lassen, denn nur der mündiger Hörer weiß, was für ihn gut ist, und nicht die Medienberater mitsamt ihren großen Konzernen... Warum machen wir im Radiobereich den gleichen Fehler wie bei den Banken? Verstehe ich echt nicht... Wir müssen uns aus unserer selbstverschuldeten Unmündigkeit befreien und so vielleicht das inzuchtartige Gewebe eindämmen helfen.
 
@br-radio: Vollkommene Zustimmung meinerseits!

Du kannst Dir kaum vorstellen, zu wie vielen Programmveranstaltern ich bisher Kontakt hatte, die alle versucht haben, auf irgendeinem Wege an eine UKW-Frequenz zu gelangen, aber durch die Landesmedienanstalten mit den haarsträubendsten Argumenten abgewiesen wurden: Außer Webradio, Grundstücks- und Veranstaltungsfunk gibt es für sie keine andere Verbreitungsmöglichkeit.

Der Skandal liegt darin, dass dieses System mit staatlicher Hilfe aufrechterhalten wird: Der medienpolitische Filz reicht so weit, dass sich in praktisch allen Bundesländern die zuständigen Behörden zum Anwalt und Gehilfen medienpolitischer Großunternehmen gemacht haben.
Leute mit kreativen Ideen haben heute keine Chance, andere Formate zu etablieren, da man ihnen die dauerhafte Nutzung von UKW-Frequenzen systematisch verweigert. :mad:

Danke, dass Du diesen Diskussionsfaden eröffnet hast: Es wird höchste Zeit, dass dieser Mißstand endlich in einem gesonderten Thread klar und deutlich zur Sprache gebracht wird!
 
Leider schaut es aber in den Nachbarländern da auch kaum besser aus. Die Vielfalt ist auch dort teilweise nur scheinbar besser, weil es durch mehr landesweite Angebote eine bessere Aufsplittung in Formate gibt, die auch mal Spartenprogramme ermöglichen. Ähnliches werden wir in Deutschland die nächsten Jahre im Digitalradio erleben, falls sich dieses wirklich durchzusetzen vermag.
Aber schau in die Niederlande: Auch dort beherrschen ein paar Medienkonzerne den Markt, eine Oase bilden dort neben den "publieke omroepen", zu denen ja auch die Lokalradios zählen nurmehr eine Handvoll kleinerer, komerzieller Anbieter.
In Frankreich gibt es diese Konzentration schon lange, eine wirkliche Vielfalt herrscht auch dort nur in grösseren Metropolen. Immerhin gibt es durch die zahlreichen landesweiten Programme auch in kleineren Städten eine grössere Programmvielfalt als hierzulande.
In Großbritannien gab es leider in den letzten Jahren Fusionen zwischen Lokalradios in grossem Stile. Auch hier wurde geschluckt, was das Zeug hält.
In andere Märkte habe ich weniger Einblick, aber eine Konzentration ist leider überall festzustellen.
 
Radiocat schrieb:
Aber schau in die Niederlande: Auch dort beherrschen ein paar Medienkonzerne den Markt, eine Oase bilden dort neben den "publieke omroepen", zu denen ja auch die Lokalradios zählen nurmehr eine Handvoll kleinerer, komerzieller Anbieter.
In Frankreich gibt es diese Konzentration schon lange, eine wirkliche Vielfalt herrscht auch dort nur in grösseren Metropolen. Immerhin gibt es durch die zahlreichen landesweiten Programme auch in kleineren Städten eine grössere Programmvielfalt als hierzulande.
In Großbritannien gab es leider in den letzten Jahren Fusionen zwischen Lokalradios in grossem Stile. Auch hier wurde geschluckt, was das Zeug hält.
In andere Märkte habe ich weniger Einblick, aber eine Konzentration ist leider überall festzustellen.
Das trifft in der Tat zu, sogar in Ländern wie Italien und Spanien, und ist meiner Meinung nach eine höchst bedenkliche Entwicklung.
In einem vollkommen liberalisierten Markt ist es leider immer so, dass größere Unternehmen kleinere aufkaufen, so dass selbst dort, wo bisher eine recht freie Radioszene existierte, große Ketten mehr und mehr den Markt dominieren und es ihnen sogar gelingt, kleine Radios, die ohne Lizenz über Jahre hinweg geduldet wurden, mit staatlicher Unterstützung zu schließen. Genau dies erleben wir gegenwärtig in Spanien.
In den USA ist es auch nicht wesentlich anders: Während in Europa NRJ und RTL in zunehmenden Maße eine marktdominierende Stellung einnahmen, war es in den USA vorallem Clear Channel Communications welches sich in den vergangenen Jahren unzählige einstmals unabhängige Stationen einverleibt hat.

Um eine derartige Entwicklung zu unterbinden, sind klare rechtliche Regelungen was die Beteiligungsverhältnisse anbelangt erforderlich.
Die niederländischen OLONs können nur deshalb existieren, weil alle grundlegenden Fragen in diesem Zusammenhang vorab geklärt und in eine rechtliche Form gegossen wurden.
Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es auch in Deutschland gelingt, ein ähnliches Modell wie die OLONs ins Leben zu rufen.

Das Problem bei den großen Medienkonzernen liegt m.E. darin, dass diese ausschließlich die Rendite im Blickfeld haben, während Fragen der inhaltlichen Qualität praktisch keine Rolle mehr spielen. Die Beiträge von Apamén in dem benachbarten Thread belegen das m.E. ganz deutlich: So wie er scheinen offensichtlich die Verantwortlichen aller deutschen Privatradios zu denken, was sich hörbar in der Qualität der Inhalte niederschlägt.
 
Das kann ich nur bestätigen!

Bei uns in Hessen machte man das sogar noch professioneller; mehrere große Zeitungsverlage gründeten ein privates Monopolradio und wirkten auf die Hessische Mediengesetzgebung ein, dass kein zweites kommerzielles Privatradio mehr in Hessen zugelassen wird.

Rudy
 
Na ja, nicht nur in Hessen wird gemauschelt. Aber es ist schon bemerkenswert, wie es Radio/Tele FFH geschafft hat, drei Sendeketten in Hessen aufzubauen. Sicherlich, nur Hitradio FFH sendet wirklich landesweit. Aber auch Planet Radio hat ganz brauchbare Frequenzen, z.B. die 100,2 in Frankfurt oder die 100,3 in Nordhessen (sendet mit 50 kW!). Harmony FM funzelt so vor sich hin, ebenso wie die privaten Konkurrenten Radio BoB und Energy Rhein-Main. Radio/Tele FFH hat den privaten Markt also ziemlich abgeschottet, indem mit Zeitungsverlagen, Landesmedienanstalt und Politik geklüngelt wurde. Im Gegenzug durfte auch der Hessische Rundfunk expandieren. Zu hr1 bis 4 kamen noch hr-info und YouFM. Macht also insgesamt sechs (!) öffentlich-rechtliche Sendeketten auf hessischen UKW-Frequenzen. Davon träumen NDR und WDR!
 
Die Katze beißt sich in den Schwanz: Programmanbieter, die mit einer bestimmten Sorte von Programm erfolgreich (im Sinne von MA-Quote) sind, sind mit diesem Erfolg im Rücken wirtschaftlich in der Lage, andere, weniger erfolgreiche Anbieter entweder aufzukaufen, zu übernehmen oder in die Aufgabe zu zwingen. Dann springen sie selbst in die Bresche. Da es keinen Grund gibt, ein wirtschaftlich funktionierendes Geschäftsmodell zu ändern, machen sie eben das Gleiche noch einmal, mit dem sie bereits Erfolg hatten. Und so entsteht die wundersame Vermehrung der vielen "Wir spielen die besten Hits und haben die lustigste Morning-Show"-Sender.
Solange der Daseinszweck eines Radioprogrammes ausschließlich in seinem wirtschaftlichen Erfolg gemessen wird, ist nichts anderes zu erwarten. Erschreckend ist höchstens, wie die Programme des ÖR, die eben genau diesem Daseinszweck eigentlich nicht unterworfen sind, gnadenlos das Geschäftsmodell imitieren. Aber das ist ein anderes Thema.
Nun müsste man nach einem anderen Daseinszweck des Rundfunk-Anbietens fahnden. Journalismus wäre ein solcher. Die gleiche enthuisiastische Begeisterung, die nach dem Zweiten Weltkrieg bei den Gründervätern der hiesigen Zeitungshäuser herrschte und die in weiten Teilen ausschließlich von den Inhalten kam, von der Lust auf Meinunung und freie Gedanken, auf transparente Information und Teilhabe am Wissen der Welt, diese Begeisterung bräuchte es, für ein Radioproggramm jenseits des puren Kommerzes. Ich bin ziemlich sicher, dass daraus dann mit etwas Durchhaltevermögen auch ein wirtschaftlich erfolgreiches Modell werden würde, aber es bedeutet Anstrengungen und viel mehr Aufwand, als für die Fertigsuppen, mit denen heute im Äther Geld verdient wird. Und dann das Kernproblem: Um loslegen zu können, braucht es nicht nur die Begeisterung, die Leute dazu und die richtigen Kontakte und politischen Beziehungen (Lizenzerteilung), es bräuchte auch ein dickes Startkapital und die Bereitschaft, sieben magere Jahre durchzuhalten. Da sehe ich niemanden, der dies in Gang setzt.
 
Die Katze beißt sich in den Schwanz: Programmanbieter, die mit einer bestimmten Sorte von Programm erfolgreich (im Sinne von MA-Quote) sind, sind mit diesem Erfolg im Rücken wirtschaftlich in der Lage, andere, weniger erfolgreiche Anbieter entweder aufzukaufen, zu übernehmen oder in die Aufgabe zu zwingen. Dann springen sie selbst in die Bresche. Da es keinen Grund gibt, ein wirtschaftlich funktionierendes Geschäftsmodell zu ändern, machen sie eben das Gleiche noch einmal, mit dem sie bereits Erfolg hatten. Und so entsteht die wundersame Vermehrung der vielen "Wir spielen die besten Hits und haben die lustigste Morning-Show"-Sender.

Wie soll eine unabhängige Station mit ein paar sendeschwachen Frequenzen jemals gegen Großkonzerne anstinken, die 99,9% des Sendegebiets abdecken und eine Art Werbemonopol besitzen, mit dem sie unangenehme Kleinkonkurrenten schnell aus dem Rennen werfen, plattmachen, aufkaufen und ins eigene Firmenkonglomerat eingliedern können? Gegen gesetzlich begünstigte Konzerne, die mit öffentlich-rechtlichen Anstalten einen "Modus Vivendi" ausverhandelt und Medienbehörden still und heimlich auf ihre Seite gezogen haben, deren Kerninteresse eigentlich auf die Bewahrung der Vielfalt gerichtet sein soll? Was man angesichts des erdrückenden Übergewichts der großen Hörfunkveranstalter von den propagandistisch missbrauchten MA-Zahlen halten soll ist sekundär, zumal hier ein Bündel fragwürdiger Intentionen und methodische Ungereimtheiten ins Auge stechen.

So bleibt am Ende nur die bittere Erkenntnis, dass ein paar Großanbieter ihre Rayons mit hoheitlichem Plazet abgesteckt haben und mangels ernstzunehmender Konkurrenz frei schalten und walten können, solange der Werberubel noch einigermaßen rollt. Unabhängige Radiobetreiber müssen sich mit den Verhältnissen arrangieren, die Logik des von wenigen Anbietern abgesteckten Werbemarktes akzeptieren und im Falle eines erfolgreichen Lizenzbescheides streng auf die Einhaltung ungeschriebener Reglements achten, um den Mächtigen nicht ins Gehege zu kommen.

In den USA ist es auch nicht wesentlich anders: Während in Europa NRJ und RTL in zunehmenden Maße eine marktdominierende Stellung einnahmen, war es in den USA vorallem Clear Channel Communications welches sich in den vergangenen Jahren unzählige einstmals unabhängige Stationen einverleibt hat..

Ja, seit der beinahe völligen Freigabe des Hörfunkmarktes 1996 hat sich auch die amerikanische Radiolandschaft nachteilig verändert. Seit Ende der 90er-Jahre bestimmen wenige Ketten, welche Interpreten und Labels im Radio eine ernsthafte Chance bekommen, Stationen innerhalb vorgegebener Formate wurden landesweit gleichgeschaltet und Radioprogramme mehr denn je zu PR-Werkzeugen zugunsten der Interessen Dritter umgestaltet. Seit die Werbeeinnahmen zurückgehen greifen Werbeunterbrechungen, PR und Playlistbereinigungen immer stärker um sich, lokale Musikredakteure wurden sukzessive entmachtet und dem zentralen Musikmanagement unterstellt, das natürlich die strategischen Interessen der befreundeten Musikindustrie im Auge hat. Aber es gibt auch erste Gegenbewegungen innerhalb des Systems (besonders bei "Clear Channel") und vor allem existiert immer noch ein funktionierenender Wettbewerb zwischen wenigen Großketten und einer Reihe durchaus erfolgreicher regionaler Radiogesellschaften
 
Leute mit kreativen Ideen haben heute keine Chance, andere Formate zu etablieren, da man ihnen die dauerhafte Nutzung von UKW-Frequenzen systematisch verweigert
Das ist leider richtig, so gesehen.

@spezi: Der hr hatte einmal noch mehr Ketten, siehe die sogenannten Plus-Programme. Es gab hr2 Kultur und hr2 Klassik, hr4 plus war ein Wirtschaftsradio (hr skyline) und auf Mittelwelle gab es hr chronos - aus beiden letzteren wurde hrInfo. Und xxl mutierte zu youfm.
 
An der monopolistischen Verteilung der UKW-Frequenzen hat aber der ÖR auch seinen gehörigen Anteil. Mit der Grundversorgungskeule wurde so mancher Kleiner in der Vergangenheit von vielversprechenden Antennen heruntergeprügelt und auf einen Rauschkanal abgedrängt. Ich selbste habe es als Nachrichtenchef beim damaligen Radio Freiburg mit der Feldbergfrequenz 107,0 erlebt, die so gut funktionierte, dass sie ruckzuck der SWR für sich selbst als überlebensnotwendig entdeckte und sich unter den Nagel riss. (History, ungefähr 1990)
 
@Mannis Fan: Es ist die Frequenz 104,0 nicht die 107,0 - dort sendet SWR 4 BW.
Bestes Beispiel für die Qualität von Nachrichten bei Privatsendern - du kannst einfach nichts glauben, was dort gesendet wird :))
 
An der monopolistischen Verteilung der UKW-Frequenzen hat aber der ÖR auch seinen gehörigen Anteil. Mit der Grundversorgungskeule wurde so mancher Kleiner in der Vergangenheit von vielversprechenden Antennen heruntergeprügelt und auf einen Rauschkanal abgedrängt. Ich selbste habe es als Nachrichtenchef beim damaligen Radio Freiburg mit der Feldbergfrequenz 107,0 erlebt, die so gut funktionierte, dass sie ruckzuck der SWR für sich selbst als überlebensnotwendig entdeckte und sich unter den Nagel riss. (History, ungefähr 1990)

Das war exakt 1994. Ich war damals im August im Urlaub in Titisee. Damals sendete RADIO FR 1 noch auf 104.0. Auf die Frequenz 106.0 wurde im laufenden Programm mehrfach hingewiesen.
Noch im selben Monat war im Videotext von Südwest 3 die 104.0 bereits für S4 gelistet.
Die Ersatzfrequenz 106.6 vom Hochfirst ist dank Antenne Vorarlberg auch nicht sonderlich gut zu gebrauchen.
 
No hay problema. Wahrscheinlich aber auch nur deswegen, weil es im Urlaub war. :)
Damals nannte man sich "Radio FR 1 - Das Regio-Radio". Und ab 18 Uhr immer "Radio FR 1 - Das Oldie-Radio, weil dann RTL übernommen wurde.
Ein Jahr später wurde RTL dann schon nicht mehr als Rahmenprogramm übernommen, jedoch noch die Nachrichten mit der Fanfare. Der Slogan laute dann "Hören was man will".
 
@br-radio:
Es ist doch aber nun nicht so, dass "das Radio" mit der Axt vor der Haustür des Hörers steht und brutalstmöglich Einlass begehrt, wie weiland Jack Torrance in Shining. Keiner dringt in meine Wohnung ein, um mich mit Äther zu betäuben. Ich lasse doch nur in mein Radio, wen ich auch drin haben will. Der mündige, der wirklich (!) mündige Hörer weiß, wo er hinschalten muss, um dem zu entgehen, was Du leider zutreffend beschreibst. Der Ausweichmöglichkeiten, dem gelenkten Einheitsbrei zu entgehen, sind doch viele. Und ich glaube auch nicht, dass es weniger werden.
 
Man darf nicht vergessen, dass der Privatrundfunk in Deutschland nicht eingeführt worden ist, um für Vielfalt zu sorgen, sondern weil die Zeitungsverleger (an vorderster Front Axel Springer) jahrzehntelang den Parteien (vor allem der CDU) auf der Matte lagen, endlich auch senden zu dürfen. Die CDU wiederum erhoffte sich vom privaten Rundfunk eine genehmere politische Berichterstattung als durch die als rot empfundene ARD. Deshalb gibt es in Deutschland (mit ganz wenigen Ausnahmen, v.a. Berlin) keinen echten Radiomarkt, sondern nur örtliche 2-3 Programme, die in der Regel untereinander und/oder mit dem örtlichen Zeitungsverlag verbandelt sind. Zum Vergleich: In den USA galt lange (und theoretisch bis heute) das Verbot, in der gleichen Region durch das gleiche Unternehmen Rundfunk und Presse verbreiten dürfen - bei uns wurde genau dies gefördert. Deshalb gibt es in Deutschland keinen nationalen Wettbewerb zwischen verschiedenen Radiounternehmen, sondern mehr oder weniger nur Zweigstellenfunk der örtlichen Verleger, meist mit Beteiligung von RTL, Axel Springer und/oder Burda.

Ähnlich ist es ja im Fernsehen: Die Duopolisierung des Privatfernsehens in Deutschland Ende der 90er wurde durch die Politik nicht nur nicht verhindert, sondern durch die Lockerung des Medienkartellrechts 1997 sowie weitere Fördermaßnahmen aktiv befördert, weil sich die großen Parteien davon jeweils eine genehme Mediengruppe, nämlich eine rote mit Sitz in Nordrhein-Westfalen, und eine schwarze mit Sitz in Bayern erhoffte.
 
Auch von mir Danke für die Eröffnung dieses Fadens. Bisher wurden die Mißstände immer in Fäden mit einem anderen Thema angesprochen und waren daher immer off topic.

Bei der Entwicklung der Rundfunklandschaft gibt es m. E. zwei Bereiche. Zu einem den wirtschaftlichen bzw. marktbedingten Aspekt. Die Großen fressen die Kleinen, nicht nur beim Radio. Und nicht nur in Deutschland (was die Sache nicht besser macht). Muß man nicht gut finden oder hinnehmen, aber zumindest unterstelle ich mal den Großen hierbei nicht, daß sie bestimmte Anbieter ausgrenzen wollen.

Anders beim zweiten Aspekt, dem politischen. Landesregierungen, Staatskanzleien und Medienbehörden machen gemeinsame Sache mit den Großen. Unfaßbar, wie unsere Volksvertreter mit Volkseigentum (nämlich den Frequenzen) umgehen. Die großen Medienanbieter, die teilweise nur deswegen groß sind, weil die Landesregierungen sie begünstigt haben, bestimmen nun die Medienpolitik in den Ländern. Die Verleger in NRW drohen z.B. offen damit, daß ja schwache Lokalsender von den starken subventioniert und so am Leben erhalten würden, was man im Falle eines weiteren privaten Anbieters nicht mehr gewährleisten könne. Darauf, daß ein Handlen gegen die Interessen der Verlage sich auch auf die politische Berichterstattung über die jeweilige Regierung auswirken könnte, brauchen die Verleger erst gar nicht hinzuweisen. Die Landesregierungen haben verstanden und handeln demzufolge, wie sie handeln. Ja, das kann man Inzucht nennen. Oder noch besser: Korruption! Doch darüber regt sich offenbar kaum ein Mensch in Deutschland auf. Für die meisten heißt Korruption Geld annehmen und Freiheit, nicht eingesperrt zu sein.
 
Genauso zum K***en ist es wenn dann in ein Bundesland einstrahlende Programme in dem Land auch noch Frequenzen bekommen, obwohl sie a bereits gut dort zu empfangen, und b eigentlich gar nicht für dieses Land senden. Das ist ja nun mal in Hamburg so.
Und in Bremen wird dann eine Frequenz ausgeschrieben, die dann natürlich ein schon vertretener Sender aus Niedersachsen bekommt. Selbstverständlich wird ein Fensterprogramm für Bremen veranstaltet, aber auch nur weil man wohl sonst die Frequenz nicht bekommen hätte.
Es war von Anfang an klar, dass diese ausgeschriebene Frequenz keinen Mehrwert für Bremen bringen würde, sondern nur der Konkurrenz vorenthalten werden soll.
Was Flux FM in Bremen angeht, die haben die 97.2 natürlich bekommen, weil das Programm keine Gefahr für Antenne und Co. darstellt.
 
Mal ne Frage: Haben Radiosender, die in bestimmten Zeitungen, denen sie vielleicht angehören, und in denen sie Werbung schalten eine höhere Quote, als Radiosender, die z.B. nur auf öffentlichen Plätzen (z.B. Litfaßsäule, Straßenbahnhaltestelle, etc.) werben?!
 
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