Die zehn häufigsten Fehler beim Texten - und wie man sie vermeidet

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Pianist_Berlin

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Schönen guten Tag an alle Mitlesenden!

Ausgehend von dem Sprachlotterei-Thread schlage ich vor, hier mal eine kleine Liste mit den zehn häufigsten Fehlern zu machen und kurz dazu zu schreiben, wie es richtig ist. Die könnte man dann auf verschiedenen Wegen kommunizieren, um die Fehlerquote in den Medien erheblich zu reduzieren. Es geht mir also nur um die Fehler, die wirklich extrem häufig vorkommen.

Ich mache mal den Anfang, ohne mich schon auf eine Platzierung festzulegen:

Schienenverkehr

Oft werden die Begriffe "Zugführer" und "Lokführer" verwechselt oder synonym verwendet. Richtig ist: Der Zugführer (Zugchef, also praktisch der Oberschaffner) befindet sich nicht vorne auf dem Führerstand, sondern im Zug bei den Fahrgästen. Vorne sitzt der Lokführer. Da es heutzutage aber nicht mehr nur Lokomotiven, sondern auch Triebwagen bzw. Steuerwagen gibt, zum Beispiel beim ICE oder der S-Bahn, haben viele Leute Skrupel, den Begriff "Lokführer" zu verwenden. Deshalb gibt es dafür noch den neutralen Begriff "Triebfahrzeugführer". Auf Güterzügen ist der Lokführer übrigens zugleich auch Zugführer.

S-Bahnen sind Vollbahnen, also richtige Eisenbahnen, so dass dort der Begriff "Lokführer" juristisch richtig wäre, sprachlich ist aber "Triebfahrzeugführer" besser.

U-Bahnen sind keine Vollbahnen, deshalb hat eine U-Bahn keinen Lokführer, sondern einen Zugfahrer. Straßenbahnen haben einen Straßenbahnfahrer.

Feuerwehr

Oft wird der Begriff "Bergen/geborgen" falsch verwendet. Geborgen werden nur Leichen und Gegenstände. Wer noch lebt, wird gerettet.

Behörden

Eine große Oberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mit Hauptsitz in Dessau und Zweitsitz in Berlin trägt den Namen Umweltbundesamt. Oft wird stattdessen "Bundesumweltamt" gesagt. Hörfunk- und Fernsehleute können sich "Umwelt-Bundesamt" in den Text schreiben, um es beim Sprechen leichter zu haben.



Ich bitte um Ergänzungen.

Matthias
 
Langsam sollte man die sprichwörtliche Kirche doch im Dorf lassen!
Jeder weiss was mit "Lokführer" gemeint ist, jeder versteht den Satz wenn geschrieben steht: "..wurde lebend geborgen" und mal ehrlich, kein "Schwein" interessiert es ob das Umweltbundesamt nun Bundesumweltamt genannt wird oder nicht, man versteht es trotzdem.
Ein bischen muss man mit der Zeit gehen und Umgangssprache lockerer sehen, sonst wundert man sich in einigen Jahren warum man seine Mitmenschen nicht mehr versteht!
 
Man sollte schon Wert auf Korrektheit legen. Aber im Tagesgeschäft ist es in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit oft gar nicht möglich, jeden Begriff zu checken. Da kann man vielleicht einen Kollegen über den Text schauen lassen, mehr ist nicht drin.
 
"Die Bevölkerung musste aus der Stadt evakuiert werden"... wäre das sprachlich unkorrekt? So oder ähnlich habe ich es schon oft gehört und mir nichts weiter dabei gedacht.

Etwas anderes: Ich stolpere ständig - auch beim ÖR! - über "Beteidigung" bzw. (öfter) "beteidigt sich". Da könnte ich - mit Verlaub gesagt - schier ausrasten. Das hat auch nichts mit Umgangssprache zu tun, sondern ist schlichtweg falsch!
 
@Guess: So isses :)
@westsound: Wie Guess in #2 schrieb, kann ein lebend' Wesen nur unter hier nicht weiter zu erörternden Umständen leergepumpt werden... :)
Man kann eine Stadt evakuieren, aber nicht die Bewohner.

"Beteidigung" - das ist einfach schlampige Artikulation, weil die Bildungsorte von "l" und "d" vorne im Mund recht nahe beieinander liegen. Der Diphthong "ei" formt zudem die Zunge so vor, dass ein d viel einfacher zu sprechen ist als ein l. Zumal danach wieder ein "i" folgt. Probier's mal aus.
 
Ich hätte auch noch einen, weil es nicht ganz in die "Sprachlotterei" passt und heute aktuell ist:

Schalttag

Da wir noch nach dem Gregorianischen Kalender rechnen, ist nicht der 29. Februar der in diesem Jahr fällige Schalttag (wie heute Jörn Albrecht auf Bremen Eins erzählte), sondern ein Tag, welcher nach dem 23. Februar aller vier Jahre (Ausnahmen sind Säkularjahre, das sind Jahre, die ein Jahrhundert abschließen, die nur mit Rest durch 400 teilbar sind) eingeschoben wird.
 
Die zehn häufigsten Fehler beim Texten? Das sind sicher nicht die bisher in diesem Faden aufgeführten Einzelbeispiele.
Ich gehe davon aus, dass der Threaderöffner journalistisches Texten meint. Dort werden andere Kardinalfehler gemacht, als zum Beispiel beim juristischen Texten. Oder beim privaten Texten. Oder im Behördenverkehr, etc...

Also, hier zehn Kardinalfehler beim journalistischen Texten:

1. Passiv statt aktiv
2. Substantivierungen
3. Missratene Metaphern
4. Textaufbau (Wenn die Regel: 'Das Wichtigste zuerst!' grob verletzt wird.)
5. Falsches Zitieren
6. Stümperhafter Gebrauch des Konjunktivs
7. Sprachliche Ungenauigkeiten (Siehe #2 und #5)
8. Inhaltliche Ungenauigkeiten (Siehe Bespiele aus #1)
9. Wortbombast
10. Anbiedernde Slangs.
 
Beim mündlichen Vortragen möchte ich noch den "oberlehrerhaften Tonfall" anprangern, der immer mehr um sich greift; besonders auffallend ist das in den Ratgebersendungen und solchen Sendungen, die vorgeben, Ratgeber zu sein. Das andere Extrem, aber nicht minder verwerflich, ist die Ansprechweise, die den Empfänger für dümmer hält, als er oder sie tatsächlich ist.

Auch wesentliche Dinge sollten von unwesentlichen unterschieden werden; passiert auch nicht immer.
 
"Menschen evakuieren" gehört ganz sicher in die Top 10. Der Threaderöffner schlägt ja eine kleine Liste mit den zehn häufigsten Fehlern vor. Deswegen fürchte ich, lieber Pianist_Berlin, wird Dein Lökführer den Sprung in die Top 10 nicht schaffen. Kommt, glaube ich, zu selten vor. Zudem erscheinen Deine Ausführungen hierzu sehr fachspezifisch.

Mein Vorschlag ist: "Diesen Jahres".
 
Im Zusammenhang mit dem von Ammerländer genannten "Oberlehrer", finde ich den "Betroffenen" ebenso schlimm.
Einige Themen in Nachrichten und Dokumentationen - insbesondere im Fernsehen - sind schon schlimm genug. Aber dann noch eine Stimme aus dem "Off", die tut als wäre sie dabei gewesen oder selbst betroffen, nerven mich.
Manche Moderatoren betreiben dieses "Stilmittel" wohl sogar als persönliches Markenzeichen vor sich her ...
 
Noch'n schöner: "Die Verbindung war kurzfristig unterbrochen, aber schnell wieder hergestellt"
(Richtig: "kurzzeitig")

oder

"Ich habe schon mehrfach bei Ihnen angerufen!"
(Richtig: "mehrmals")
 
Einer der beliebtesten Fehler ist das Wort "zumindestens" (wohl eine Art Verschmelzung aus "zumindest" und "mindestens"), welches dermaßen häufig zu hören ist, dass ich schon aufhorche, wenn es mal irgendwo richtig gesagt wird. Diese Wortschöpfung - jüngst vernahm ich sie auch aus der Kanzlerin Mund - kursiert schon seit Jahrzehnten; schon mein seliger Deutschlehrer hat sich anno dazumal darob sehr echauffiert. :)

Ich als Sohn eines Lokführers habe mich schon sehr oft gefragt, wo denn der Lokführer war, wenn in einer Nachrichtenmeldung mal wieder der Zugführer den Zug gefahren hat!

Der Unterschied leuchtet ein. Aber antwortest Du auf die Frage nach dem Beruf Deines Vaters tatsächlich, wie oben nahegelegt, mit einem locker-flockigen "Der ist Triebfahrzeugführer"? ;)
 
Das mit dem "evakuieren" ist so nicht ganz richtig... vom Wortstamm her hat es tatsächlich die Bedeutung "leersaugen" u.ä. Allerdings ist unsere Sprache lebendig - sie verändert sich... ob es einem gefällt oder nicht (das ist nicht als Vorwurf gemeint). Daher gibt es auch im Duden die entsprechenden Mehrfach-Bedeutungen:
http://www.duden.de/rechtschreibung/evakuieren
gilt übrigens auch für LKWs... früher verpönt, heute OK.

Diese Sachen ärgern mich gar nicht mal so sehr - ich finde es schlimmer, wenn die Grammatik falsch benutzt wird.. z.B.

"Das Mädchen spielt mit dem Ball. Sie hat ein blaues Kleid an."
 
Das mit dem "evakuieren" ist so nicht ganz richtig... vom Wortstamm her hat es tatsächlich die Bedeutung "leersaugen" u.ä. Allerdings ist unsere Sprache lebendig - sie verändert sich... (...) Daher gibt es auch im Duden die entsprechenden Mehrfach-Bedeutungen

Die Sprache verändert sich auch, wenn ein Begriff permanent falsch verwendet wird, indem es die typischen Verdächtigen begeistert nachmachen. Zu diesen Verdächtigen zählt übrigens bisweilen auch der Duden, was ihn hier und da vom Wahrig unterscheidet. Es kann nicht mehr lange dauern, bis die Dudenredaktion sich für die Apostroph-s-Schreibweise beim Plural erwärmt. Man höre sich nur mal diese unausgegorenen, zu allen Seiten offenen und pathologisch toleranten „Erläuterungen“ des Redaktionsleiters an.
 
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