Möglichkeiten und Perspektiven für unabhängigen Privatfunk in Deutschland

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Da bereits in einem anderen Thread über die Möglichkeiten, unabhängigen Privatfunk in Deutschland zu etablieren, diskutiert wurde, möchte ich die Diskussion gerne hierher verlagern.

In vielen europäischen Ländern gibt es eine breite Auswahl an kleinen und unabhängigen Hörfunksendern, die privatwirtschaftlich betrieben werden, d.h. um Stationen ohne eine Beteiligung großer Medienunternehmen.
In Deutschland dagegen sind derartige Programme auf UKW Mangelware.

Als Gründe für die Situation hierzulande wird stets auf eine Frequenzknappheit und fehlende Finanzierungsmöglichkeiten verwiesen.
Eigentlich sind diese Argumente unhaltbar, denn wie sonst könnte es möglich sein, dass solche Stationen im Ausland offenbar gewinnbringend betreiben werden?

Was sind Eurer Meinung nach die Ursachen für den Missstand in Deutschland?
Wäre eine Veränderung wünschenswert, in dem Sinne, dass die Praxis der Frequenzvergabe liberalisiert wird, so dass auch kleine private Hörfunksender legal auf UKW auf Sendung gehen können?
Haltet Ihr einen Wandel für möglich und wenn ja, wie könnte dieser initiiert werden?
 
Geht es um inhaltliche Unabhängigkeit oder um gesellschaftsrechtliche Unabhängigkeit?
Die meisten Hörfunksender, auch wenn sie zu einem großen Medienkonzern gehören, sind inhaltlich faktisch unabhängig. Der so oft vermutete "Durchgriff" des großen Medienhauses bis in die letzte Redaktion findet im tagesgeschäft definitiv nicht statt. Dass diese Sender dennoch so gut wie keine Inhalte oder nur oberflächlichen Mainstream-Mist verbreiten, hat andere Gründe.
Die gesellschaftsrechtliche Unabhängigkeit ist schon mal bei allen nichtkommerzellen Sendern gegeben. Das ist aber noch keine Gewähr für Qualitätsinhalte, sondern eher für anstrengendes Kraut und Rüben-Programm. Echte kleine, unabhängige Kommerzsender (die zum Beispiel einigen privaten Kleingesellschafter gehören) machen meistens auch kein anderss Programm als die großen Medienkonzernanhängsel. Hier in Südbaden kenne ich das Beispiel von Radio Ohr, das gehört der Privaten Rundfungesellschaft Ortenau KG, in der meines Wissens als Gesellschafter nur Kleinunternehmer aus der Region stecken.
 
So wünschenswert Vielfalt generell ist, so wirft der Gedanke doch einige Fragen auf:

Würde eine weitere Aufsplitterung dem Privatradiomarkt in Deutschland eher schaden oder nutzen?
Ist es tatsächlich ein Missstand, dass - polemisch gesagt - nicht über jedem Dorf eine eigene Funzel strahlt?
Wo ist die Manpower, die so etwas qualitätvoll stemmen könnte?
Wer würde die Sendelizenzen vergeben und was wären die Kritierien für die Auswahl?
Wer würde die Qualität kontrollieren, gegenenfalls Lizenzen entziehen?
Wie schützen sich Kleinstanbieter gegen die Selbstzerfleischungsmechanismen des Marktes? Survival of the fittest?
Wie ist wirkliche Vielfalt gewahrt, wie also kann ausgeschlossen werden, dass jeder Kleinsender dasselbe dudelt?
Welche Art von Werbung soll geschaltet werden (Lokal, national, international)?
Welche anderen Arten der Finanzierung außer Werbung wären denkbar?
Wer würde überhaupt in einem Kleinstsender werben?
Wer der Großen (Privat/ÖR) wäre bereit, Frequenzen abzugeben oder UKW-Sendeleistung runterzufahren, um Kleine auf der selben Welle nicht platt zu machen?
usw. usw.

Wie gesagt: Vielfalt ist wünschenswert, aber Vielfalt nur um der Vielfalt willen dann vielleicht doch nicht. Aber auf jeden Fall eine interessante Frage, Internetradiofan!
 
99 % irgendwelcher fiktiven neuen Sender würden doch sowieso nur das Unterschichtenradio kopieren, das wir bereits jetzt beklagen. Man schaue sich nur mal die überwiegende Mehrzahl der verblödeten und verblödenden Webradio-Macher an, die das, was sie irgendwann mal auf UKW aufgeschnappt haben und für "Radio" halten, fast 1:1 als Hintergrundberieselung ihrer Kinder-, Hartzer- und Legastheniker-Chats nachäffen.
 
Sind diese Kleinststationen im Ausland wirklich profitabel? Wenn ja, was bieten sie inhaltlich? Auf dem lokalen/regionalen Sektor sehe ich für solche Anbieter nur geringe Chancen in Deutschland, sollte da nicht jemand sein Herzblut und Geld reinstecken, ohne jemals einen Gewinn zu erwarten. Man braucht sich nur den Markt in Berlin-Brandenburg anzuschauen, wo es im letzten Jahr mit blu fm und Jazzradio zwei Anbieter geputzt hat. JAM FM lief jahrelang mit Verlusten, bis der Sender neu positioniert wurde und nun von der Musikfarbe her mit Kiss FM konkurriert. Bei Motor/Flux FM ist Tim Renner ausgestiegen, weil sich der Sender mit diesem inhaltlichen Konzept finanziell anscheinend nicht tragen lässt. Radio Paradiso ist zwar als christliches Spartenradio lizenziert, unterscheidet sich inhaltlich aber nur geringfügig vom Berliner Rundfunk oder Spreeradio. Viele Frequenzen sind im Stadtgebiet nicht sauber zu empfangen. Ob man da technisch irgendwie noch mehr rausholen könnte, kann ich nicht beurteilen, aber viele Frequenzen und Radiosender bedeuten meist nur in der Theorie mehr Vielfalt für das Sendegebiet.

Eine Chance für unabhängigen Privatfunk sehe ich eigentlich nur über DAB+ – man kann nur hoffen, dass sich dieser Übertragungsstandard durchsetzt, damit wir uns nicht länger über die UKW-Frequenzknappheit und die Apathie der Landesmedienanstalten aufregen müssen. Bundesweit, so denke ich, könnten Spartenprogramme sehr gut funktionieren (siehe Frankreich), regional funktionieren auf Dauer aber nur CHR-/AC-Programme.
 
Die gesellschaftsrechtliche Unabhängigkeit ist schon mal bei allen nichtkommerzellen Sendern gegeben.
Nichtkommerziell wären dem Begriff nach ja nur NKL, dieser oder jener OK vielleicht noch, wenn seine Satzung das so festlegt. Ansonsten... ?

Wo ist die Manpower, die so etwas qualitätvoll stemmen könnte?
Die Frage ist vielmehr, wo die Manpower ist, die darauf verzichtet, für die geleistete Arbeit so entlohnt zu werden, dass sich lebenswerte Existenzen damit erhalten lassen.
 
@Dea: Und da scheitert es schon. Denn diejenigen, die wirkliche Qualität liefern, tun das nicht für Umme oder einen lächerlichen Aushilfslohn. Und die anderen, die sogar noch ihr letztes T-Shirt geben, um mal 10 Minuten ans Mikrofon zu dürfen, die mit Brosamen abgespeist werden, die werden es nicht schaffen, aus der Funzel eine Marke zu machen.
 
In vielen europäischen Ländern gibt es eine breite Auswahl an kleinen und unabhängigen Hörfunksendern, die privatwirtschaftlich betrieben werden, d.h. um Stationen ohne eine Beteiligung großer Medienunternehmen.
In Deutschland dagegen sind derartige Programme auf UKW Mangelware.

Guten Tag!

In welchen europäischen Ländern ist dies möglich? Und inwieweit fördert es die Kultur in den jeweiligen Regionen?

Dankesehr!
 
Es fördert die Vielfalt und ist mir als Gedanke durchaus sympathisch. Nur ist dies in Deutschland nicht gewachsene Kultur. Probieren sollte man es, die nichts können oder nur nachäffen, werden dann von allein dahinsterben.
 
Bei der derzeitigen Lizenzierungssystematik für UKW-Frequenzen ist das sowieso eine eher hypothetische Diskussion. Ich glaube deshalb, dass TS2010 (#5) richtig liegt, wenn er auf zukünftige Technologien setzt. Ob das dann DAB+ sein wird wage ich nicht vorherzusagen. Aber tendenziell wird die technische Spur deutlich breiter (vielleicht sogar unbegrenzt) werden, auf der man Angebote an die (Hörer-)Kunden bringen kann. Möglicherweise erleben wir dann neben einem unübersehbaren Mainstream an austauschbaren Dudelfunkern auch eine extreme Zielgruppensegmentierung. Dass mit der Masse allerdings ein mehr an Qualität verbunden sein wird, daran glaube ich bis zum Beweis des Gegenteils noch nicht.
 
Onkel Otto hat sehr wichtige Fragen gestellt, deshalb möchte ich als erstes auf diese einzeln eingehen.

Würde eine weitere Aufsplitterung dem Privatradiomarkt in Deutschland eher schaden oder nutzen?
Ich denke, es würde dazu führen, dass den ganzen Gelddruckmaschinen namens "Radio NRW", "ffn", "PSR" usw. Hörer entzogen werden und diese mit einem besseren Programm stärker als zuvor um die Gunst der Hörer buhlen müssten.
Eine allgemeine Qualitätssteigerung, also auch der bereis etablierten Programme, wäre daher durchaus zu erwarten.
Wie ein Blick auf das Ausland zeigt, ist es jedoch übertrieben, anzunehmen, dass aufgrund des Vorhandenseins mehrerer Lokalsender die Existenzgrundlage größerer Networks gefährdet wäre: Diese hätten weiterhin ganz andere finanzielle Spielräume, da sie weitaus mehr Höhrer erreichen und damit ganz andere Preise für die Ausstrahlung von Werbung verlangen können.

Ist es tatsächlich ein Missstand, dass - polemisch gesagt - nicht über jedem Dorf eine eigene Funzel strahlt?
Dorf ist sicher übertrieben, aber nehmen wir mal mittelgroße Orte.

Überall gibt es kleine und mittelständische Unternehmen, denen gegenwärtig nichts anderes übrig bleibt, als in der Lokalzeitung, in Käseblättern oder durch Postwurfsendungen für ihre Dienstleistungen und Produkte zu werden.
Durch einen Lokalsender vor Ort würde sich eine neue Werbemöglichkeit auftun, was wiederum zu einer Ankurbelung der lokalen Wirtschaft beitragen könnte.

Wo ist die Manpower, die so etwas qualitätvoll stemmen könnte?
Viel Manpower braucht man heutzutage nicht mehr; sehr viel kann inzwischen vom Computer erledigt werden (siehe die meisten Campusradios in Deutschland).
Bei den Lokalsendern in Flandern wird vielfach nur in den Morgen- und Abendstunden moderiert.
Die restliche Zeit läuft Musik von einer Festplatte, nur unterbrochen von extern zugeführten Nachrichten zur vollen Stunde und natürlich Werbung.

Wer würde die Sendelizenzen vergeben und was wären die Kritierien für die Auswahl?
Diese Aufgabe könnten die Landesmedienanstalten übernehmen oder eine Behörde auf Bundesebene wie die ZAK.

Im Übrigen würde ich diesen Aspekt nicht überbewerten, denn wer kontrolliert die circa 8000 deutschen Webradios?
Solange es gewisse Regeln gibt, an die sich jeder Stationsbetreiber zu halten hat (keine Verbreitung von volksverhetzenden und menschenverachtenden Inhalten u.a.) sehe ich kein Problem.
Im Ausland gibt es diesbezüglich ebenfalls keine Schwierigkeiten (von ganz wenigen Ausnahmen, wie bspw. in Dänemark, die dort allerdings auf gesetzliche Mängel zurückzuführen waren, mal abgesehen).

Gibt es in einem Ort weniger freie Frequenzen als lokale Bewerber, trifft die für die Lizensierung zuständige Behörde eine Auswahl nach Kriterien, die noch festgelegt werden müssten.

Wer würde die Qualität kontrollieren, gegenenfalls Lizenzen entziehen?
Für die Qualität der Inhalte sind die Betreiber selbst verantwortlich: Ist das Programm zu eintönig, wandern die Hörer zu anderen Stationen ab. Da aber jeder möglichst viele Hörer erreichen möchte, glaube ich, dass es keinerlei größere Mängel in diesem Zusammenhang geben wird.
Freilich wird man von diesen Programmen nicht die gleiche inhaltliche Qualität erwarten können, wie von finanziell bestens ausgestatteten öffentlich-rechtlichen Sendern wie bspw. WDR 2, Radioeins, Bayern 3 usw..

Für alle Fragen im Kontext der Lizenzentzug wären die oben genannten Behörden zuständig, für die Frequenzkoordination und die Überprüfung der Einhaltung der technischen Parameter die BNetzA.

Wie schützen sich Kleinstanbieter gegen die Selbstzerfleischungsmechanismen des Marktes? Survival of the fittest?
An mittelgroßen Orten wird es nicht mehr als ein bis max. zwei lokale Programme geben können.
Zu einer Selbstzerfleischung dürfte es nicht kommen, da diese Stationen in erster Linie durch Werbekunden finanziert werden, die aufgrund der anfallenden Kosten nicht in der Lage sind, in einem Regionalsender oder gar in einer landesweiten Welle Werbung zu schalten.

Wie ist wirkliche Vielfalt gewahrt, wie also kann ausgeschlossen werden, dass jeder Kleinsender dasselbe dudelt?
Die technische Reichweite dieser Sender ist natürlich begrenzt, was allein schon aus frequenzökonomischen Gründen gar nicht anders machbar ist.
Es macht also nichts, wenn mehrere Stationen ein vergleichbares Musikformat aufweisen, da im Zielgebiet sowieso nur der jeweilige Lokalsender störungsfrei zu empfangen sein wird.

Welche Art von Werbung soll geschaltet werden (Lokal, national, international)?
Wie ich bereits schrieb: In erster Linie lokale Werbung. Zu einem gewissen Anteil (bspw. 30%) ebenfalls nationale.
Auch dies müsste natürlich rechtlich festgeschrieben werden.

Welche anderen Arten der Finanzierung außer Werbung wären denkbar?
Sponsoring wäre ebenso denkbar, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Sponsor keinen Einfluss auf die Inhalte nimmt.
Beim BRF gibt es ein gutes Beispiel dafür: Die "Saturn Sounds", die jeden Samstag ausgestrahlt werden: Bereits am Namen erkennt man, welcher Sponsor dahinter steht.

Wer würde überhaupt in einem Kleinstsender werben?
Ich würde eher von einem Lokal- oder Sublokal- anstelle eines Kleinstsenders sprechen.
Diese Frage habe ich bereits oben beantwortet.

Wer der Großen (Privat/ÖR) wäre bereit, Frequenzen abzugeben oder UKW-Sendeleistung runterzufahren, um Kleine auf der selben Welle nicht platt zu machen?
Ich denke, das ist nicht erforderlich.
Es wäre notwendig, zu schauen, was am jeweiligen Ort frequenztechnisch realisierbar ist.
Von einem höher gelegenen Standort aus müsste man eine Kleinstadt bereits mit 20 Watt ERP ausreichend versorgen können.
Die gleiche Frequenz könnte dann in 20 bis 30 km Entfernung erneut verwendet werden.
Dass das geht, zeigt ein Blick auf Flandern. An den jeweiligen Zielorten kommt es dabei auch nicht zu gegenseitigen Beeinträchtigungen in der Empfangsqualität.

Wie gesagt: Vielfalt ist wünschenswert, aber Vielfalt nur um der Vielfalt willen dann vielleicht doch nicht.
Es geht mir um eine, zumindest in Deutschland, noch nicht ausgefüllte Nische.
Dazu bedarf es in erster Linie der Bereitschaft der zuständigen Behörden, für einen fairen Ausgleich der Interessen zu sorgen, was derzeit noch nicht der Fall ist.
Mir kommt es wirklich so vor, als bestünde eine der zentralen Aufgaben der Landesmedienanstalten in Sachen Rundfunk darin, die großen Networks vor unliebsamer Konkurrenz durch Kleinanbieter zu schützen.
Genau das halte ich für nicht in Ordnung, denn dadurch wird nicht nur ein größeres Maß an Programmvielfalt verhindert, sondern auch eine Stärkung lokal agierender Unternehmen unterbunden, indem ihnen eine potentielle Werbemöglichkeit vorenthalten wird.

Exklusivmeldung schrieb:
In welchen europäischen Ländern ist dies möglich? Und inwieweit fördert es die Kultur in den jeweiligen Regionen?
Bspw. im niederländischsprachigen Teil Belgiens, teilweise auch in der Wallonie, wo die Vielfalt jedoch in den vergangenen Jahren zugunsten der großen Networks (NRJ, RTL ...) eingeschränkt wurde, in Dänemark und natürlich in den meisten südeuropäischen Ländern, allen voran Italien, Spanien und Griechenland, aber auch bspw. in Kroatien und Serbien (wo inzwischen sogar kick!fm legal auf Sendung ist, während man sich in Deutschland noch immer erfolglos um eine Lizenz bemüht) und, nicht zu vergessen, die Türkei.

Selbstverständlich wird durch derartige Programme die Kultur ebenso gefördert: Veranstaltungshinweise können zu einem integralen Bestandteil einzelner Sendungen werden.
Darüber hinaus wären Livesendungen von diversen kulturellen Events machbar.

Mannis Fan schrieb:
Bei der derzeitigen Lizenzierungssystematik für UKW-Frequenzen ist das sowieso eine eher hypothetische Diskussion. Ich glaube deshalb, dass TS2010 richtig liegt, wenn er auf zukünftige Technologien setzt. Ob das dann DAB+ sein wird wage ich nicht vorherzusagen.
Bei allen Vorzügen, die DAB+ bietet, ist es aufgrund des "Multiplexcharakters" für Lokal- und Sublokalsender weitestgehend ungeeignet.
Es wäre aber denkbar, dass sollte sich DAB+ mittel- bis langfristig durchsetzen (was ich jedoch für nicht sicher halte), landesweite, sowie Regionalsender komplett auf DAB+ wechseln und die freigewordenen UKW-Frequenzen Lokalsendern zur Verfügung gestellt werden (auch wenn das mitunter in der Tat extrem hypothetisch wäre, bei dem Gewinn, der derzeit mittels einer Verbreitung auf UKW erzielt wird).
Aber auch so bietet das UKW-Rundfunkband noch genügend freie Frequenzen für derartige Sender im niedrigen Leistungsbereich (max. 50 Watt ERP).
 
Veranstaltungshinweise können zu einem integralen Bestandteil einzelner Sendungen werden.
Darüber hinaus wären Livesendungen von diversen kulturellen Events machbar.

Sehr löblich. Allerdings befürchte ich, die Zeitungsverleger vor Ort sind von sowas nicht begeistert. Für manche kleine Lokalzeitung wäre ein weiteres Wegbrechen von Anzeigenkunden schlicht der Tod.
 
Mannis Fan schrieb:
Das ist nicht die Lösung, sondern das ist das eigentliche Problem.
Inwiefern?

Nur dadurch sind überhaupt erst kleine Radiostationen ohne Mantelprogramm realisierbar.

Exklusivmeldung schrieb:
Allerdings befürchte ich, die Zeitungsverleger vor Ort sind von sowas nicht begeistert. Für manche kleine Lokalzeitung wäre ein weiteres Wegbrechen von Anzeigenkunden schlicht der Tod.
Wenn dem so wäre, müssten ja in all jenen Ländern, wo es Lokalfunk ohne Beteiligung von Zeitungsverlagen gibt, kleinere Blätter vom Markt verschwunden sein.
Genau das ist aber nicht der Fall!

Der Punkt ist doch der, dass an fast allen großen Privatsendern in Deutschland Zeitungsverleger beteiligt sind und die eine geradezu irrationale Angst vor jedweder Konkurrenz haben.

Zugegeben: Nicht wenigen Verlagen geht es heute schlecht, aber das ist eine Folge der technischen Entwicklung der letzten Jahre: Junge Menschen informieren sich halt verstärkt über das Internet und schließen nur noch in seltenen Fällen ein Zeitungsabo ab.
Die Verleger können nun auch nicht eine Abschaffung des Internets fordern.
Genausowenig ist es meiner Meinung nach legitim, wenn die Medienanstalten dem Druck der Lobbyisten aus der Zeitungsbranche nachgeben und jedwede Konkurrenz im Sektor des privaten Rundfunks verhindern (siehe ganz aktuell im Kontext der Eröffnung des zweiten Lokalradios in Düsseldorf).
Die Rundfunkfrequenzen sind nicht Eigentum der Zeitungsverlage, sondern ein Allgemeingut; also müssen auch unabhängige private Veranstalter die Möglichkeit erhalten, diese nutzen zu können, so wie in den meisten anderen europäischen Ländern auch.
 
Ein nicht ganz unwichtiger Punkt wird hier schlicht unterschlagen. Radio hat in Deutschland bei weitem nicht (mehr) die Bedeutung, die es anderswo (noch) hat. Mitte/Ende der 90er, wo sich anderswo die Sender der drohenden Konkurrenz durch die sogenannten neuen Medien durchaus bewußt waren, fing hierzulande die gnadenlose Umformatierung zum allseits gegenwärtigen Dudelfunk an. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Statt die Programme wieder mit Inhalt zu füllen, um eben Hörer tatsächlich am Empfänger zu halten, wird hier eher nach dem Motto gesendet: Wer kriegt die prolligsten Moderationen hin. Der letzte Restinhalt wird vielerorts gnadenlos aus dem Programm gekippt. Dieses höchst subitle Phänomen zieht sich ja mittlerweile selbst durch unzählige ÖR-Stationen. Man hat den tatsächlichen Hörer längst vergrault und ich bezweifle das der wiederkommt, eben weil es inzwischen allein durch das Internet unzählige Möglichkeiten gibt an gewünschtes Material zu kommen. Hinzu kommt das Problem mit den anderswo bereits erwähnten Kosten, insbesondere wenn man nur ein relativ kleines Sendegebiet bespaßen möchte und die sogenannte Kulturhoheit der Länder.
Ein weiterer Punkt: Insbesondere Lokalzeitungen haben seit geraumer Zeit enorm zu kämpfen, Auflagen und Inhalte schleichen dahin. Selbst die Auflage der BILD ist seit Jahren rückläufig. Warum sollten also ausgerechnet kleine, lokale Radiostationen dann funktionieren?
Zugegeben, die Lokal-TV-Sender erleben derzeit einen ziemlichen Boom. Die haben den Vorteil, dass sich Oma/Opa/Tante und Nachbars Struppi ab und an selbst im Fernsehen sehen können. Der Vorteil hier ist einzig und allein das Bild. Das ganze funktioniert ausserdem nur innerhalb einer bestimmten Empfangsgröße. Radio kann das wiederum nicht bieten.
Rundfunk auf einem relativ kleinen Empfangsraum begrenzt ist auf die Musiktoleranz der Hörer angewiesen, welche bekanntlich immer kleiner wird. Dieses ist in großen Teilen ebenfalls ein Ergebnis des von Beratern (oder Umsetzern) oft falsch verstandenen Formatierungswahns. Diese Musiktoleranz läßt sich nur erzeugen, wenn das betreffende Sendegebiet im Gegenzug journalistisch gut und umfassend im Programm vorkommt, eben damit der Hörer trotz unliebsamer Musik am Gerät bleibt. Das wiederum kostet aber Geld. Und je kleiner das Empfangsbiet um so kleiner die Kontaktpreise... da beißt sich die Katze wohl oder übel selbst in den Schwanz.
So gut die Idee auch sein mag. Ich glaube nicht, dass sie dauerhaft funktioniert.
Anders sieht es aus, wenn man mehr musikalische Spartenradios etablieren will. Da wäre dann tatsächlich das Stichwort DAB+. Und da ist dann je mehr Reichweite umso besser ein ganz klarer Vorteil.
 
Die angedachten kleinen Stationen können neben der Musik nur durch Lokalnachrichten und so viel wie möglich Kultur- und Veranstaltungstipps aus der näheren Umgebung glänzen. Und damit haben sie wie in Hessen automatisch die etablierten Zeitungsverleger gegen sich, die durch Stadtmagazine und kostenlose Wochen- und Monatspostillen auch in diesem Punkt bereits attackiert werden. Kostet alles Geld.

Die kleinen Sender könnten nur durch aufopfernde Mitwirkung ihres Teams funktionieren. Tagsüber einen Computer laufen zu lassen ist keine prickelnde Idee, wahrscheinlich aber nicht zu vermeiden.

Wenn diese angedachten Sender nicht ein tatkräftiges, eigenes Akquiseteam haben, das rausgeht... dann gehen sie unter oder bieten nur Minimalstprogramm.
 
Internetradiofan schrieb:
Nur dadurch sind überhaupt erst kleine Radiostationen ohne Mantelprogramm realisierbar.

Mal aus der Warte des Hörers gefragt: Wozu sollte ich eine solche Radiostation ohne Mantelprogramm (sprich: Wortprogramm) haben wollen?
 
@Radiokult: Es ist in der Tat nicht von der Hand zu weisen, dass in den vergangenen 15 bis 20 Jahren Fehler gemacht wurden, die zu einem gravierenden Bedeutungsverlust des Rundfunks geführt haben.

In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre gab es so etwas wie eine lichte Phase des Privatfunks, als es noch nicht darum ging, Hörfunkprogramme mit dem einzigen Ziel des Geldverdienens zu betreiben, sondern Radiomachen noch als eine Leidenschaft verstanden wurde.

Die Rahmenbedingungen waren aber schon damals schlechter, als in den meisten anderen europäischen Ländern, in denen in etwa zur selben Zeit, hier und da auch ein paar Jahre früher, der Privatfunk eingeführt wurde: Wer einen Lokalsender betrieb, war gezwungen, die superteuren Sendeanlagen der Deutschen Bundespost anzumieten, die Abgaben an die Rechteverwerter waren damals relativ zu heute sicher auch nicht niedriger und es gab vor allem keine Möglichkeiten der Automation, d.h. alle Sendungen mussten quasi "von Hand" von mindestens einem Redakteur produziert werden. Dadurch entstanden natürlich irrsinnige Kosten, die es gar nicht verwunderlich erscheinen lassen, dass bspw. ein großer Teil der baden-württembergischen Lokalradios zu Grunde ging.

Halbe Liberalisierungen führen immer in eine Sackgasse.
Wenn man unabhängigen Privatfunk haben möchte, muss man auch die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür schaffen!

Dass es durchaus besser laufen könnte, beweist wieder mal ein Blick ins Ausland, wo fast alle Unterhaltungsprogramme eine breitere Rotation aufweisen.

Mannis Fan schrieb:
Mal aus der Warte des Hörers gefragt: Wozu sollte ich eine solche Radiostation ohne Mantelprogramm (sprich: Wortprogramm) haben wollen?
Das Problem bei einem Mantelprogramm liegt darin, dass alle Stationen das Gleiche senden (siehe NRW).
Meines Erachtens wäre es viel besser, wenn jedes Lokalprogramm auch sein eigenes Lokalkolorit aufweisen würde.
In Flandern ist es bspw. so, dass viele der kleinen Lokalsender sich auf niederländische und deutsche Schlager spezialisiert haben; Musikrichtungen, die von den großen Networks gemieden werden.
Manche bringen auch einen sehr eklektischen Musikmix, wie man ihn in Deutschland praktisch gar nicht antrifft.
Was der ein oder andere vielleicht spöttisch als eine "Kraut-und-Rüben-Mischung" oder schlichtweg als Unprofessionalität abtun würde, macht für mich den besonderen Reiz aus, so ein Programm einzuschalten.
Die fehlende "Sterilität" stellt eine besondere Eigenart dieser Stationen dar.
Hier eine Übersicht über derartige Programme in der Provinz Limburg: http://www.radiovisie.eu/be/frequenties.rvsp?prov=2
Habe die Streamadressen mal ausfindig gemacht, um Euch einen Eindruck von den Inhalten zu vermitteln:

Ping 106.0 FM Lanaken: http://85.17.222.159/listen.pls

GRK 107.4 FM Genk: http://radiogrk.shoutcaststream.com/stream.m3u

VRD 106.5 FM Diepenbeek: http://radiovrd.listen2myradio.com

Radio Benelux 106.4 FM Beringen: http://stream20.level27.be:11030/listen.pls

Radio Ham 107.4 FM Ham: http://50.7.234.130:8258/listen.pls

FM Goud 107.7 Hechtel-Eksel: http://stream16.fluoline.net:8008/listen.pls

Radio Lorali 107.5 FM Lummen: http://62.75.228.171:8144/listen.pls

Radio VRW 104.9 FM Wellen: http://streams.movemedia.eu:8560/listen.pls

Wie Ihr hört, hat jeder Sender seine eigene musikalische Ausrichtung.
So etwas wünsche ich mir für Deutschland auch...und zwar ebenfalls auf UKW!

Übrigens, fast hätte ich es vergessen zu erwähnen: Auch in Flämisch-Limburg gibt es Lokalzeitungen, die keineswegs von einer Pleite bedroht sind. ;)
 
Internetradiofan schrieb:
Die Verleger können nun auch nicht eine Abschaffung des Internets fordern.
Gute Idee! Die Zeitungsverleger müßten die einzigen in NRW sein dürfen, die Internetportale betreiben. Dann würden die Zeitungen geschützt, und das Internet könnte den Verlegern keine Leser abnehmen. Was? Ich rede Quatsch? Na, beim Radio findet Ihr das doch ganz normal.
 
internetradiofan schrieb:
Das Problem bei einem Mantelprogramm liegt darin, dass alle Stationen das Gleiche senden

Das ist viel dramatischer das Problem beim Musikprogramm. Beim Wortprogramm liegt das Problem darin, dass es immer weniger und immer belangloser wird, und das Wenige, was es noch gibt, ist überall dasselbe: Wetter, Verkehr, Gewinnspielchen, Claims
 
Wie bereits erwähnt, unsympathisch ist mir der Gedanke nicht. Durchführbar ist er auch, wenn man sich nicht gerade Tarif-Radioleute holt. Das Betreiberteam sollte ein kleines, verschworenes sein und zusammenhalten. Und den entstehenden Gewinn über den Kosten so untereinander aufteilen, dass jeder etwas davon abbekommt. Viel wird es nicht sein.

Wenn sie bei der Musikfarbe Akzente setzen, könnten sie Aufmerksamkeit erzeugen, inkl. der Veranstaltung- und Kulturtipps. Für einen kleinen Sender sind auch niedrigere Tarife angesagt, irgendwo zwischen 50 Cent und 1 Euro die Minute, maximal 2 Euro in der peaktime. Das wiederum macht es aber für solche Geschäfte und Betriebe interessant, die vielleicht noch nie Werbung on air hatten.

Wenn man draussen gut argumentieren kann, liegen die Vorteile auf der Hand:
Kaum Streuverlust wie bei einem regionalen oder landesweiten Sender.
Erheblich billigerer Werbespotpreis.
Neue Klientel, ohne den Tageszeitungen zu sehr etwas abzujagen.

Die Bekanntmachung des Senders kann über Plakate und Flyer erfolgen, vielleicht noch eine gezielte Zusammenarbeit mit einem Wochenblatt, dass das Programm plus Frequenz abdruckt. Während der Verteilung der Plakate/Flyer in den Geschäften kann man ja gleichzeitig auch mal leise nach Interesse an einer Werbung nachfragen!

Von der Technik her wird es auch nicht die Welt sein. Im Prinzip reicht eine Diskothekenanlage mit mehreren CD-Laufwerken und einem angeschlossenen Computer für flac/mp2/mp3-Dateien plus einem Aufholverstärker für den UKW-Sender. Und den braucht man ja nicht mehr unbedingt bei der MediaBroadcast zu mieten oder zu kaufen.

Diese Kleinsender haben aber nur dann wirklich eine Überlebenschance, wenn sie etwas anderes als die etablierten Sender bringen. Und gerade bei der Musik!
Beim Wort besteht zudem die Chance, auch kleine Vereine von Kultur über Sport bis zu den Brieftaubenzüchtern einzubinden. Die bekommen selten on air ein Sprachrohr. Und schon hat man mehr Hörer, einen höheren Bekanntheitsgrad und gewinnt vielleicht den einen oder anderen freelance-Moderator hinzu.

Wenn man will, geht es.
 
Die Diskussion um die Werbetreibenden hat mich auf die Idee gebracht, die Seiten zu wechseln und mir zu überlegen, warum ich als Anbieter von Waren und Dienstleistungen in einem lokalen Radio werben würde. Mein Werbebudget ist nur einmal vorhanden, die Frage lautet: Wie verteile ich es?
Welche Vorteile hat ein Lokalradio mit einer begrenzten Hörerschaft (warum sollten sie ausgerechnet das Radio einschalten?) gegenüber anderen lokalen Werbeträgern? Anzeigen in Lokalblättern versenden sich nicht. Wie also kann ich im Radio auf meinen USP aufmerksam machen? Mit welcher Nachhaltigkeit?

So sympathisch die Idee aus Radiosicht sein mag: Kaufleute denken anders. Hier hat Dein Konzept eine erhebliche Lücke. OnkelOtto hatte das schon angedeutet. Mit Luft und Liebe allein wird das nichts.
 
Es wurde aber mit zeitlich begrenzten Veranstaltungsradios schon mehrmals durchexerziert. Meiner Meinung nach würde es sehr wohl funktionieren.
 
Veranstaltungsradios sind ja auch ein temporärer Hinhörer mit exklusivem Charakter. Nur: Wie sähe das nach sechs oder acht Wochen aus?
 
Für einen kleinen Sender sind auch niedrigere Tarife angesagt, irgendwo zwischen 50 Cent und 1 Euro die Minute, maximal 2 Euro in der peaktime. Das wiederum macht es aber für solche Geschäfte und Betriebe interessant, die vielleicht noch nie Werbung on air hatten.

2 Euro PRO MINUTE?!?

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