Testbetrieb: DAB+ klingt mit 48 kbit nicht schlechter als mit 72

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Der Radiotor

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In Hessen läuft gerade ein interessanter Testbetrieb mit dem Programm Antenne 50plus über DAB+. Das Interessante der Ausstrahlung: Vergangene Woche und heute wurde die Datenrate von 72 auf nunmehr 48 kbit herunter gefahren, das Ergebnis überrascht jedoch: Das normale menschliche Ohr hört kaum einen Unterschied, nur mit absoluten High End-Anlagen gibt es im Höhenbereich leichte Unterschiede. Die Empfehlung von Fraunhofer, das der Codec HE-AAC bei 48 kbit die optimale Performance hat und sich höhere Datenraten nicht unbedingt massiv auf die Klangqualität auswirken scheint also zu stimmen. Oder im Umgangston ausgedrückt: Es klingt nicht noch scheißer als scheiße :D;)

Als Erkenntnis für die künftige Entwicklung von DAB+ hat dieser Test jedoch eventuell Auswirkungen:

- Anstelle von momentan bis zu 14 passen bis zu 18 Sender in einen Multiplex (geht man von je 48 kbit Stereo aus).
- Die Kosten für die Verbreitung reduzieren sich für Programmanbieter (bei maximaler Muxx-Auslastung ist z.B. ein Sendeplatz in einem Ballungsraum-Muxx schon zu 1.000 Euro pro Monat zu haben).
- Die Signalqualität und Güte ist nicht alleine durch die Datenrate, sondern vor allem bei der Aufbereitung des Quellsignals entscheidend.
- Die Hemmschwelle sich an DAB+ zu beteiligen (sei es mit einem Zweitprogramm, einem UKW-Simulcast oder beidem) könnte für bislang skeptische Privatradios sinken.
 
Das klingt ja spannend! Wenn sich das Ergebnis dieses Tests erhärtet, könnte das DAB+ tatsächlich einen zusätzlichen Schub verleihen! Das könnte insbesondere für Bayern interessant werden, wo(wenn ich es richtig verstanden habe) die UKW Stationen nur bei Fristablauf eine Lizenzverlängerung erhalten, wenn man bereit ist sein Programm zusätzlich per DAB+ auszustrahlen. Offenbar hat man hier bei der Schweiz abgeschaut. Das Hessen-Projekt dürfte für die vielen Lokalsender eine erfreuliche Entwicklung darstellen. Auch der Bundesmuxx dürfte profitieren. Alles in allem ist DAB+ wirklich auf einem guten Weg! Allerdings gilt weiterhin: Mehr Werbung und mehr Engagement der Autohersteller!
 
In Hessen läuft gerade ein interessanter Testbetrieb mit dem Programm Antenne 50plus über DAB+. Das Interessante der Ausstrahlung: Vergangene Woche und heute wurde die Datenrate von 72 auf nunmehr 48 kbit herunter gefahren, das Ergebnis überrascht jedoch: Das normale menschliche Ohr hört kaum einen Unterschied, nur mit absoluten High End-Anlagen gibt es im Höhenbereich leichte Unterschiede.
Das liegt daran, das 72 kbps ebenfalls nicht ausreichend sind. Prinzipbedingt klirren die Höhen dermaßen stark, dass es selbst von angerauschtem oder Mehrweg-UKW-Empfang nicht zu toppen ist. Man vergleiche - z. B. im Auto - einfach mal einen UKW-Sender mit einem DAB+-Sender und dem gleichen Song von CD, wenn er denn vorliegt. Dabei sollte auffallen, dass das bei DAB+ verwendete, "Spektralband-Replikation" genannte Verfahren alles erzeugt, nur keine in irgendeiner Weise als natürlich zu empfindende Höhenwiedergabe.
Kleiner technischer Abriss, der erklärt, was zu diesem Hochtondilemma führt:
Bei diesem Verfahren werden die Höhen ab einer Frequenz, die Senderseitig um die 4 bis 8 kHz eingestellt werden kann, nicht mehr mitcodiert um Datenbandbreite zu sparen. Die nun fehlenden Höhen werden vom Empfänger wieder dazugerechnet. Dabei wird versucht, aus Grundtönen aus dem noch vorhandenen Bereich Obertöne zu generieren, die die fehlenden Höhen ersetzen sollen. Natürlich kann das so generierte Signal niemals dem Original entsprechen (da die wiederzugebende Information ja schlicht nicht mehr vorhanden ist).
Man und hört's. Deutlich. Eigentlich bei allen Inhalten, sei es Wort, E-Musik, U-Musik.

Fazit: Da das Verfahren - in den AAC-Codec im HE-Profil implementiert, bei 72 und 48 kbps ähnlich arbeitet (mit zusätzlicher Herabsenkung des Arbeitspunkts des Tiefpasses bei 48) klingt 48 nur anders Scheiße als 72. Vielleicht ein bisschen scheißer, dass macht aber dann auch keinen Unterschied mehr.

Ich zumindest arbeite, wenn ich Audio über extrem schmale Datenbandbreite schicken muß (via UMTS oder einer langsamen Internetverbindung z. B.) deshalb auch lieber im "LC" als im "HE"-Modus. Das Audio ist übers ganze Band minimal verklirrter, aber wesentlich transparenter.

Deshalb ist der digitale Verbreitungsweg für mich auch gestorben, solange nicht > 96 kbps AAC (nicht HE) gesendet wird. Dann doch lieber Stille.

P.S.: im Text ist bewusst alles vereinfacht, damit der Ottonormalhörer, der noch weiß, wie ein Konzert oder eine unverfremdete menschliche Stimme aus dem Radio klingt versteht, warum bei DAB+ die Höhen so "schmirgeln". Eine Fachdiskussion über geeignete Codierverfahren und Mindestbandbreiten könnte man gerne in Studio- und Sendertechnik führen.
 
Hmmm, also bei sunshine live finde ich die Empfangsqualität grottig, wenn 90elf am Samstagnachmittag parallel dazu Live-Übertragungen sendet und die Bitrate entsprechend gesenkt wird... Ich weiß nicht, ob es etwas mit der Bitrate zu tun hat, aber ausgerechnet dann gibt es mehr Störgeräusche und kleinere Unterbrechungen, vielleicht mag das auch andere Gründe haben.
 
Schlechtere Dekodierung könnte durchaus mit geringerer Datenrate zu tun haben, da ja nicht nur nackte Audiodaten übertragen werden, sondern auch ein Fehlerschutz, im Falle von DAB+ RS-Codes. Die ermöglichem dem Empfänger, Bitfehler vor der Wiedergabe zu korrigieren, also ein Signal auszugeben, wo es ohne mitübertragenen RS-Code nur geblubbert hätte.
Sollte bei niedrigsten Bitraten - und da habe ich leider keine Zahlen - die für den Fehlerschutz zur Verfügung gestellte Bandbreite stark verringert werden könnte das schon zu den beschriebenen Problemen führen.
 
Ralle_Köln schrieb:
Deshalb ist der digitale Verbreitungsweg für mich auch gestorben, solange nicht > 96 kbps AAC (nicht HE) gesendet wird.
Ich sehe es ganz ähnlich, wobei die Programmauswahl in Sachen DAB(+) in NRW immer noch sehr zu wünschen übrig lässt und für mich entbehrlich ist.
Im Internet höre ich ausschließlich Streams mit mindestens 128 kbit/s MP3: Die klingen eindeutig besser als 56 oder 64 kbit/s AAC+.

Es erstaunt mich immer wieder, wie wenig ein guter Klang heute noch eine Rolle spielt.
Andererseits: Bei dem Müll, der heutzutage in den Charts vertreten ist, wiederum nicht.
 
Das liegt daran, das 72 kbps ebenfalls nicht ausreichend sind. Prinzipbedingt klirren die Höhen dermaßen stark, dass es selbst von angerauschtem oder Mehrweg-UKW-Empfang nicht zu toppen ist. [...] Deshalb ist der digitale Verbreitungsweg für mich auch gestorben, solange nicht > 96 kbps AAC (nicht HE) gesendet wird. Dann doch lieber Stille.
ganz so weit würde ich nicht gehen, aber ich teile die Hoffnung, dass die Programme hieraus nicht den Schluss ziehen, ihre Programme (bei subjektiv gleicher Qualität) auf 48 kbps herabzusenken, sondern (für deutlich bessere Qualität) auf 96 kbps heraufsetzen. 24 kbps mehr pro Programm, also um ein Drittel mehr als heute, das kann doch nicht so teuer sein.
 
24 kbps mehr pro Programm, also um ein Drittel mehr als heute, das kann doch nicht so teuer sein.
Rein theoretisch ist das auch nicht der reine Kostenverursacher. Die wohl größeren Kostenverursacher sind Übertragungsweg und Energie.

Es ist aber absolut verständlich, dass man versucht, den Datenstrom so gering wie möglich zu halten, da damit auch weniger an Störungen verursacht werden. Beispiel: Bei uns im Haus waren in der Zeit seit Start der höheren Bitrate bei DAB+ mehrere Fernsehprogramme (ARD, ZDF, SWR, einige andere Dritte und Privaten) analog nur noch gestört empfangbar. Problematik: Es liegt eine Antennenanlage aus Anfang der 70er Jahre, zwischenzeitlich notdürftig geflickt, im Haus. So treten Störungen auf den zusammen genutzten Frequenzen durch Einstrahlung auf.
Seit nun die Bitrate herunter gesetzt wurde, siehe da, wurden die Störungen erheblich besser und sind in manchen Wohnungen gar komplett verschwunden.

Es geht allerdings nicht nur um Nutzer alter Antennenanlagen, sondern auch um andere, empfindliche Anlagen, die durch die Einstrahlung u.U. gestört werden. Daher macht es Sinn, einen Kompromiss zwischen geringstmöglicher Einstrahlung und bestmöglicher Qualität zu finden.
 
Seit nun die Bitrate herunter gesetzt wurde, siehe da, wurden die Störungen erheblich besser und sind in manchen Wohnungen gar komplett verschwunden. [...] Daher macht es Sinn, einen Kompromiss zwischen geringstmöglicher Einstrahlung und bestmöglicher Qualität zu finden.
Dieser "Kompromiss" impliziert, dass die Bruttobitrate fix sei, und man nur innerhalb der Bruttobitrate die Parameter verschieben könne. So war mein Argument aber gar nicht gemeint, denn dann hätte das Kostenargument auch gar keinen Sinn ergeben.

Mein Argument ging dahin, auf den zweiten Bundesmux (an dem ja gerade heftig gearbeitet wird) hinzuwirken, so dass einzelne Programme vom BuMux1 in den BuMux2 überwechseln können, und die bleibenden BuMux1-Programme bei gleichem Fehlerschutz mehr Nettobitrate erhalten. Dann kostet das ganze natürlich ein bisschen mehr als heute, aber man bekommt auch etwas deutlich besseres als heute. Und da Absolut, ERF und Regiocast ohnehin an einer Ausweitung ihrer DAB+-Präsenz interessiert sind, dürfte man den BuMux2 dann auch vollkriegen. imho.
 
Man und hört's. Deutlich. Eigentlich bei allen Inhalten, sei es Wort, E-Musik, U-Musik.

Für mein Empfinden auch in dieser Reihenfolge, was die Auffälligkeit betrifft. Das Intro eines Popsongs kann noch normal wirken, bis mit dem Gesang dann das Entsetzen einsetzt.


Deshalb ist der digitale Verbreitungsweg für mich auch gestorben, solange nicht > 96 kbps AAC (nicht HE) gesendet wird. Dann doch lieber Stille.

Oder halt andere Quellen als Hörfunk, sei der Vollständigkeit halber vermerkt.

Ich habe ja nach wie vor die Befürchtung, es könnten neue Qualitätsstandards damit gesetzt werden, wie interessierte Kreise gerade mit brachialer Gewalt versuchen, dieses gerechnete SBR-Blech als hochwertige Übertragung hinzustellen. Befürchtung deshalb, weil ich z.B. einem Hörfunkbetriebsleiter, der noch den übelsten Gleichstrom mit Zähnen und Klauen gegen Kritik verteidigt, durchaus zutraue, sowas dann auch als UKW-Zuführung zu verwenden. Sollte so etwas kommen, ist das Medium Hörfunk für mich gestorben.


P.S.: im Text ist bewusst alles vereinfacht, damit der Ottonormalhörer, der noch weiß, wie ein Konzert oder eine unverfremdete menschliche Stimme aus dem Radio klingt versteht, warum bei DAB+ die Höhen so "schmirgeln". Eine Fachdiskussion über geeignete Codierverfahren und Mindestbandbreiten könnte man gerne in Studio- und Sendertechnik führen.

Sofern es noch Gesprächspartner für einen solchen Austausch gibt, woran ich allmählich auch nicht mehr glaube.


PS.: Was das speziell angesprochene Sunshine Live angeht, so ist dort schon am Funkhausausgang alles zu spät. Die wollen wohl so scheiße klingen.
 
Ich habe gestern nochmal Antenne 50 Plus (48 kbit) mit hr 4 (112 kbit, beides HE-AAC) vergleichen und muss sagen, die Unterschiede sind marginal. Beides klingt relativ gekünstelt und hat z.B. mit einer CD nichts gemeinsam. Es kann freilich auch sein, dass schon die Quellsignale derart vermatscht am Multiplexer ankommen, dass auch eine hohe Datenrate da nix mehr retten kann.

Und jetzt spricht weniger der Klangfetischist, sondern mehr der Marketingmensch:

Ca. 95 Prozent der Radiohörer ist es inzwischen egal, in welchem Sound ein Programm ankommt. Die meisten hören Radio mobil über Küchenempfänger, Büroradios, billige Pocket-Schleudern etc. Ein 48 kbit Stereo-Stream über DAB+ wäre selbst in einem Markt wie Berlin für rund 700 Euro im Monat zu haben. Das könnte vor allem für kleine Spartenanbieter, die Nischen abdecken wollen, interessant sein. Im Internet geht man bei über 100.000 Sendern unter, über DAB+ hätte man ein Alleinstellungsmerkmal und die Garantie mal tatsächlich auch mobil und mit einfachen Mitteln gehört zu werden. Und zwar Multicast und nicht point-to-point (sprich: es wird bei zunehmender Hörerzahl nicht teurer). Als früherer Mit-Betreiber eines Internetradios fielen bei uns alleine fürs Streaming damals auch schon rund 200 bis 300 Euro im Monat an. Heute würde ich DAB+ wählen, notfalls halt anfangs mit 24 kbit Mono.
 
Ca. 95 Prozent der Radiohörer ist es inzwischen egal, in welchem Sound ein Programm ankommt. Die meisten hören Radio mobil über Küchenempfänger, Büroradios, billige Pocket-Schleudern etc.
Was ist den mit den Hörern im Auto? Schon ab der aktuellen automobilen Mittelklasse bekommt man serienmäßig doch immer bessere Soundsysteme, während die Fahrzeuge immer besser gedämmt werden. Die Hersteller müssen ja Extras und Gimmicks draufpacken, um sich von der automobilen Konkurrenz abzusetzen, die Verarbeitungsqualität ist ja mittlerweile bei vielen Herstellern vergleichbar (das war ja früher das Argument, das z. B. ein VW vermeintlich länger hält).
Da fällt das schon auf wenn der Sender schlecht klingt, schlimmer noch, es geht ordentlich auf die Ohren und ermüdet beim Hören. Von denen gar nicht zu sprechen, die sich für tausende Euro irgendwelche Multimedia-Pakete mit "Surround" im Auto und sonstigem Gedöns dazubestellen. Die ärgern sich, dass das gebotene die teuer bezahlte Anlage nicht ausreizt und schalten angewiedert ab.

Im Internet geht man bei über 100.000 Sendern unter, über DAB+ hätte man ein Alleinstellungsmerkmal und die Garantie mal tatsächlich auch mobil und mit einfachen Mitteln gehört zu werden.
Ein einfaches Mittel würde ich DAB / DAB+ noch nicht nennen. Ein "Taschenradio" dafür müsste extra angeschafft werden - während eins für UKW meist noch irgendwo vorhanden ist. Kein Mobiltelefon kann's. Die wenigsten vorhandenen Küchenradios können's. Kaum ein Autoradio empfängt's. Und niemand mit HiFi-Komponenten kauft sich extra einen DAB / DAB+ -Tuner, um schlechteren Klang und weniger Auswahl zu bekommen als über SAT, Digitalkabel oder Internet.

K 6 schrieb:
Ich habe ja nach wie vor die Befürchtung, es könnten neue Qualitätsstandards damit gesetzt werden, wie interessierte Kreise gerade mit brachialer Gewalt versuchen, dieses gerechnete SBR-Blech als hochwertige Übertragung hinzustellen. Befürchtung deshalb, weil ich z.B. einem Hörfunkbetriebsleiter, der noch den übelsten Gleichstrom mit Zähnen und Klauen gegen Kritik verteidigt, durchaus zutraue, sowas dann auch als UKW-Zuführung zu verwenden. Sollte so etwas kommen, ist das Medium Hörfunk für mich gestorben.
Ich denke und hoffe nicht das das passiert - zumindest nicht bei den für anspruchsvolle Hörer verbliebenden Wellen. Wie irgendein Hitdudler zugeführt wird ist mir ehrlich gesagt recht egal...
Eine Herabsetzung der Qualitätsstandards von Musikwiedergabe allgemein ist aber leider sowieso zu beobachten. Sparte man früher auf die erste eigene Anlage, die dann präsent ins Zimmer gestellt wurde reichen vielen heute Laptoplautsprecher, um Musik zu hören, verklirrt von Youtube kommend. Und ins Wohnzimmer wird dann statt solider Technik mit zwei anständig dimensionierten Lautsprechern lieber so ein gehörverachtender Wunderbrüllwürfel von Doktor Amar aus Massachusetts gestellt, den man sich dann mit der Aussage aus dem Werbeprosepkt und dem teuren Kaufpreis schönhört. Dass das Dingen so klingt wie ein Küchenradio mit voll aufgerissenen Klangregelern nehmen doch viele gar nicht mehr war, dementsprechend könnte sich leider die tolle AAC-HE-Qualität schon durchsetzen.

Konträr dazu, welcher Aufwand bei Rockkonzerten mittlerweile getrieben wird. Als ich so Mitte der 90er zu meinen ersten ging stand da meist eine wohldiemnsionierte, nicht übertriebene Beschallung der üblichen Premiumhersteller. Heute hingegen ist unter mindestens zwei Linearrays pro Seite, etlichen Fills und einer ganzen Armada von Subwoofern und Infrabässen nichts drin. Anständig bedient klingt sowas wunderbar. Dito auf der Bühne: früher nahm man gute, dynamische Mikros an Gitarrenamp und Schlagzeug (außer für die Overheadabnahme), heute stehen vor'm Amp da mindestens noch ein Kondensatormikro und das Schlagzeug wird mit dem feinsten vom feinsten abgenommen, gesungen wird auch mindestens in ein Beta 58 (statt dem immer etwas topfigen SM 58), gerne auch in ein Neumann. Hier hat sich also durchaus ein neues Qualitätsbewusstsein entwickelt.
 
Dieses Auseinanderdriften fällt zunehmend auf: Auf der einen Seite wird tontechnisch ein immer höherer, teils schon in Voodoo-Bereiche gehender Aufwand getrieben, auf der anderen Seite wird das Geplärre immer erbärmlicher. Man denkt immer, diese Streichholzschachteln namens Kosmos wären wiederauferstanden, wenn stolze Besitzer eines Hendie ihren bevorzugten Gangstarappa mit einem Frequenzgang von vielleicht 300 bis 2500 Hertz erschallen lassen.

Was HR 4 angeht, so sind die mir als hart komprimiert mit aufgerissenen Höhen und sicher auch Sterobasisverbreiterung und dem ganzen Gedöhns in Erinnerung (ich höre jetzt nicht extra nochmal da rein). Da ist dann auch der Zusammenhang, der zu beobachtende Qualitätsanspruch der Rundfunkanstalten.

Was nun das Stichwort Spartenanbieter angeht, so war für mich bezeichnend, wie der erste Eindruck von Elf99 aussah: Es lief in dem Moment gerade Radio Orchid von der Musikbande aus dem Schlachthaus. Alles klar: Da können die Regiocastler, die sonst ein seit kurzem vom US-Guru nun wirklich sorgfältig desinfiziertes und mit neuer Kicherschlampen-Morgensendung auf Kurs gebrachtes, trotzdem in der MA abgekacktes Programm als Dukatenesel auf eine gewisse UKW-Kette rausblasen, sich mal selbst verwirklichen. Radiofreaks senden für Radiofreaks.

Eine völlig verkorkste Hitdudler-Zuführung wäre übrigens nichtmal was neues, so etwas konnte man schon vor knapp zehn Jahren bei der damaligen Antenne Sachsen (heute Hitradio RTL) bewundern. Würde einen geschichtsschreiberisch schon interessieren, wie sie dieses Gescherble und Geschwurbel hingekriegt hatten. Eine 256er Leitung ist so ziemlich das letzte, das man da vermutet hätte. Und aktuell gibt es so etwas bei einigen (nicht allen) Sendern des Qualitätsprogramms Power-Radio aus dem geschichtsträchtigen, äh, Funkhaus kann man das ja nun kaum nennen..., in der Potsdamer Straße zu Berlin.
 
Was ist den mit den Hörern im Auto? Schon ab der aktuellen automobilen Mittelklasse bekommt man serienmäßig doch immer bessere Soundsysteme, während die Fahrzeuge immer besser gedämmt werden.
Nichts, aber auch wirklich gar nichts. Denn:
Da fällt das schon auf wenn der Sender schlecht klingt, schlimmer noch, es geht ordentlich auf die Ohren und ermüdet beim Hören. Von denen gar nicht zu sprechen, die sich für tausende Euro irgendwelche Multimedia-Pakete mit "Surround" im Auto und sonstigem Gedöns dazubestellen. Die ärgern sich, dass das gebotene die teuer bezahlte Anlage nicht ausreizt und schalten angewiedert ab.
Nein, tun sie nicht, denn schon heute bedienen sich viele ihrer MP3-Sticks, die sie anhand von Youtube oder (wenn's noch sehr gut läuft) (re)-remasterten CDs gefüttert haben, die meist so dermaßen totkomprimiert, dass sie sich oftmals nicht vom schlechten Klang mancher UKW-Stationen abheben.
Und nur den allerwenigsten fällt es auf! Denn nur sehr wenige derjenigen, die sich ein wirklich gutes Soundsystem für ihr Auto zulegen, haben ein so gut geschultes Gehör. Außerdem fallen beim Auto generell Störgeräusche durch Motor, Wind, Fahrbahn und dergleichen an, die den Klang unterhalb einer kontinuierlichen Lautstärke generell beeinflussen.
 
Ich habe gestern nochmal Antenne 50 Plus (48 kbit) mit hr 4 (112 kbit, beides HE-AAC) vergleichen und muss sagen, die Unterschiede sind marginal. Beides klingt relativ gekünstelt und hat z.B. mit einer CD nichts gemeinsam.
Ich weiß nicht, wie der HR auf DAB+ klingt, aber in BaWü liegen zwischen den SWR-Programme (120 kbps/AAC) und den diversen 72-kbps-Programmen Welten.

DWissen klingt dagegen trotz 56 kbps erstaunlich gut, wenngleich natürlich nicht so wie Programme vom SWR.
 
Die letzte Fraunhofer Encoder-Library, mit der ich gearbeitet habe, hat fuer Datenraten kleiner gleich 48 kbit/s HE-AACv2 erlaubt. Das bedeutet, das neben dem oben beschriebenen Spectral Band Replication (SBR) auch Parametric Stereo (PS) verwendet wird, was zu einer effizienteren Codierung des Stereosignals fuehrt. Wenn die DAB+ Empfaenger HE-AACv2 koennen und das Feature auf Senderseite eingesetzt wird, waere das fuer mich eine gute Erklaerung fuer die aehnliche Qualitaet bei den unterschiedlichen Datenraten.
 
Die letzte Fraunhofer Encoder-Library, mit der ich gearbeitet habe, hat fuer Datenraten kleiner gleich 48 kbit/s HE-AACv2 erlaubt. Das bedeutet, das neben dem oben beschriebenen Spectral Band Replication (SBR) auch Parametric Stereo (PS) verwendet wird, was zu einer effizienteren Codierung des Stereosignals fuehrt. Wenn die DAB+ Empfaenger HE-AACv2 koennen und das Feature auf Senderseite eingesetzt wird, waere das fuer mich eine gute Erklaerung fuer die aehnliche Qualitaet bei den unterschiedlichen Datenraten.

Genau so hat es mir ein Techniker auch erklärt, Quote: "Es ist bei ordentlichem Soundprocessing völlig egal, ob man mit 48 oder mit 72 kbit sendet. Die Güte des Quellsignals ist entscheidend. Mit 72 kbit bläßt man lediglich unnötig Gelder in den Rachen der Sendernetzbetreiber. PS: Die Schweizer setzen in der Regel 64, in Ausnahmefällen sogar noch weniger kbit ein".
 
@Inselkobi: Der war gut...und trifft total den Nagel auf den Kopf! :D

Wenn die meisten kleinen Webradios, die mit 128 kbit/s im MP3-Format streamen, besser klingen als die bundesweit im nationalen Multiplex verbreiteten Programme, dann ist am System in seiner derzeitigen Form schlichtweg etwas faul. Das kann man m.E. auch nicht dadurch schönreden, indem man sagt: "Dann hätten noch weniger Stationen via DAB+ verbreitet werden können."

Eines sollte man sich bei der ganzen Diskussion vor Augen führen: Als in den frühen achtziger Jahren die CD eingeführt wurde, war dies gegenüber der analogen Schallplatte oder Musikkassette ein gewaltiger Fortschritt: Endlich gab es kein Kratzen und Rauschen mehr!
DAB+ hingegen ist gegenüber UKW in klanglicher Hinsicht ein Rückschritt. Auch wenn es da ebenfalls nicht kratzt und rauscht: Die Kompressionsartefakte sind einfach zu deutlich vernehmbar!
Ich empfinde es als unangenehm, so etwas über einen längeren Zeitraum zu hören. So schalte ich auch keine AAC+-Webstreams ein.

Was Not tut, sind eine größere Anzahl von Multiplexen, in denen dann weniger Programme mit einer höheren Nettobitrate, bspw. 128 kbit/s AAC, ausgestrahlt werden: Das wäre ein Gewinn!
Was wir jetzt haben, ist dagegen eher ein Murx.
Mag sein, dass dadurch höhere Kosten entstehen. Besser jedoch etwas Vernünftiges, als irgendein minderwertiges Produkt. Unter den Radiohörern gibt es noch Leute, die wirklich zuhören und sich nicht einfach nur mit einem "Brüllwürfelsound" berieseln lassen wollen.

Es sollte einem auch zu denken geben, dass die via DVB-S europaweit im MP2-Format verbreiteten Programme fast alle die größtmögliche (!) Bitrate von 320 kbit/s aufweisen...man hatte eben aus den Fehlern beim Astra Digital Radio (ADR) gelernt: Dort betrug die Datenrate standardmäßig nur 192 kbit/s.
 
Als in den frühen achtziger Jahren die CD eingeführt wurde, war dies gegenüber der analogen Schallplatte oder Musikkassette ein gewaltiger Fortschritt: Endlich gab es kein Kratzen und Rauschen mehr!
Hmmm, ich weiß nicht. Ich habe immer Vinyl bevorzugt, da war rein vom Gefühl her mehr Wärme und Tiefe vorhanden. In meinen Ohren klang und klingt es so.
Die ersten CDs waren entweder grausam blechern. Oder heute sowas von komprimiert, daß ich bei den Titeln nur mit einem Equalizer drangehe.
 
@empire1970: Dennoch war die Erfindung der CD m.E. ein Meilenstein.
Bei DAB+ stelle ich dies bisher zumindest in Abrede: Klanglich und vielfaltsmäßig muss sich da noch einiges tun.
 
@Inselkobi: Der war gut...und trifft total den Nagel auf den Kopf! :D
Mag sein, dass dadurch höhere Kosten entstehen. Besser jedoch etwas Vernünftiges, als irgendein minderwertiges Produkt. Unter den Radiohörern gibt es noch Leute, die wirklich zuhören und sich nicht einfach nur mit einem "Brüllwürfelsound" berieseln lassen wollen.
Klanglich und vielfaltsmäßig muss sich da noch einiges tun

Und genau diese Kosten für die Sender werden zunächst über einen Erfolg-, Misserfolg entscheiden. Es ist schon zu spüren, dass ein langsames Umdenken bei den bisher aufzuweisenden Erfolgen unter den Verantwortlichen einsetzt, aber es gibt immer noch zu viele Zweifler unter den Programmverantwortlichen was das Engagement für DAB+ betrifft. Einen GF kann man aber immer mit niedrigen Kosten locken.
Was die Klangqualität betrifft: Genau daran ist doch das alte DAB u.a. gescheitert, es hat schlicht niemand interessiert, ob das Programm deutlich besser klingt als per UKW. Offensichtlich schätzt die Masse mehr den Content, also warum die Fehler wiederholen? Mehr Klangqualität UND mehr Programme wird man auf mittlere Sicht nicht hinbekommen, dazu wäre ein 3. Muxx notwendig. Man muss sich schon entscheiden. Bisher hat man meiner Meinung nach richtig entschieden, die bisher erreichen Erfolge geben dem aktuellen Geschäftsplan jedenfalls Recht!
 
@KabelWeb: Hey, ich finde es echt lustig, wie intensiv Du für DAB+ Partei ergreifst. :D

Ich habe noch nie ein negatives Wort von Dir über die besagte Übertragungstechnik gelesen. Das wirkt tatsächlich so, als würdest Du hier Lobbyarbeit leisten...

Die einzige Gelegenheit, bei der ich DAB+ nutze, ist, wenn ich in NRW unterwegs bin: Dort ist das Angebot auf UKW bekanntlich dermaßen bescheiden, dass der Bundesmux mit einem störungsfreien Empfang des DLF und Lounge FM eine gewisse Abwechslung bietet.
Nichtsdestotrotz verwende ich aber auch dann lieber meinen MP3-Player, denn:
  1. Ist Lounge FM ist letztlich auch nichts anderes als eine Musikabspielmaschine
  2. läuft im MP3-Player läuft genau jene Musik, die mir zusagt
  3. ist der Klang besser
Wenn wir wenigstens in NRW so ein Programmangebot wie auf Malta hätten, dann würde mich DAB+ sicher mehr ansprechen, siehe: http://radioforum.foren.mysnip.de/read.php?8773,1037040,1037040#msg-1037040
Dort beträgt die Bitrate zwar auch nur 40 kbit/s, aber so etwas würde wenigstens halbwegs der Forderung nach Vielfalt entsprechen.

Im Übrigen meine ich, dass es nach fast einem Jahr Regelbetrieb des Bundesmuxes endlich an der Zeit ist, dass der Handel Zahlen auf den Tisch legt, wie viele DAB+-taugliche Empfänger bisher in Deutschland verkauft wurden.
Die ganze Geheimniskrämerei über die Verkaufszahlen hat schon ein Geschmäckle.
 
Was die Klangqualität betrifft: Genau daran ist doch das alte DAB u.a. gescheitert, es hat schlicht niemand interessiert, ob das Programm deutlich besser klingt als per UKW. Offensichtlich schätzt die Masse mehr den Content, also warum die Fehler wiederholen?
Nö, stimmt nicht. Auch DAB klingt deutlich schlecher als UKW - die Kompressionsartefakte des doch arg verlustbehfteten MPEG 1 Layer 2 nimmt man wesentlich deutlicher wahr als die Defizite in Audiobandbreite, Geräuschspannungsabstand und Übersprechdämpfung bei UKW. Dazu kommt noch das dünne Angebot, das ich auch derzeit bei DAB+ sehe. Häufig nichts interessantes im Bouquet außer DWissen, was man nicht auch konventionell mit dem vorhandenen Gerät mit besserem Klang bekäme. Die privaten und auch öffentlich-rechtlichen Festplattendudler braucht nämlich kein Mensch, da dudelt - wie Inselkobi schon richtig bemerkte - eher die eigene Festplatte. Die anderen verbliebenen wirklich interessanten Wellen weren indes einen Teufel tun, ihre Hören mit dem Klirrsound abzuspeisen. Obwohl, dem RBB wärs trotz des von mir sehr geschätzten Inhalts mittlwerweile leider zuzutrauen, so wie die bei radioeins schon die Summe mit dem Multibandkompressor vergewaltigen.
 
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