Wie alles kam und wo es hingeht – Privatradio, Formate, Musik, Deutschanteil, Zielgruppen

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laser558

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Räumen wir doch einfach mal und abschliessend mit Verschwörungstheorien, falschen Tatsachenbehauptungen, falschen Schuldzuweisungen und unlogischen Schlussfolgerungen auf!

Fangen wir an mit Begriffen wie Zielgruppe, Verträglichkeit, Akzeptanz - insbesondere Deutschanteil und traditioneller heutiger Schlager.Später die generelle Akzeptanzkurve.

Zielgruppe

Es regt sich ja bereits beim Begriff "Zielgruppe" irgendwie Widerstand. Oder es scheint negativ vorbelastet zu sein...

Dabei haben ausgerechnet die ARD-Anstalten zuerst unterschiedliche Zielgruppen entdeckt und entsprechend ihr Sendernetz ausgebaut.

Erinnern wir uns, wenn die meisten von euch es vergessen haben oder sich gar nicht erinnern können:

In den sechziger Jahren gab es Monopolfunk, es gab keinerlei Konkurrenz.
Was es gab, waren die ersten Programme, angefüllt mit einem Mischmasch zwischen BigBand, Tanzorchestermusik, Wort zum Sonntag, Kirchenfunk, Tipps für den Bauern und Heimgärtner, Heimatmelodien, die leichte Abendmusik und ein, zwei oder drei Stunden Pop. Wöchentlich!!!
Meistens in Form einer Hitparade, die sich irgendwie zusammensetzte- meist aus Hörerzuschriften. Dann gab es noch die zweiten Programme, reserviert für Kultur und Klassik.

Was damals schon als drittes Programm genutzt wurde, waren die sogenannten Ausländerprogramme, stundenweise abends und meist auf UKW.
Anfang der siebziger Jahre bekamen die dritten Programme eine vollkommen neue Ausrichtung für eine neue Zielgruppe: Die Jugend und Pop. Es begann mancherorts schamhaft über den Umweg Autofahrer & Servicewelle oder nur stundenweise - aber der Startschuss für Bayern3, hr3 und swf3 war gelegt.

Somit hatte man Beat und Pop, Disco und verträglichen Rock aus den ersten Programmen ausgelagert und eigene Wellen dafür geschaffen.

Mitte der achtziger Jahre schuf man für eine neue Zielgruppe eigene Wellen: Die vierten Programme. Man hatte festgestellt, dass in den ersten Programmen, damals mit hohem Informationsanteil und unbewusst gemässigter AC-Musik, Schlager nicht gut harmonierten. Also wurden zwischen 1984 und 1992 Sender wie wdr4, hr4, swf4 u.a. geboren.

Und JETZT erst kamen die ersten deutschen Privatsender überhaupt in den Äther!

Die nächste Zäsur kam mit der Aufteilung der bisherigen dritten Programme - in eine reine Jugendwelle mit UC in allen Varianten. Nennen wir z.B. youFM und DasDing
Macht fünf unterschiedliche, auf Zielgruppen ausgerichtete Wellen der Landesrundfunkanstalten, wobei die Zählweise der Programme manchenorts abweicht.

Und ein sechster und siebter Schritt wurde fast gleichzeitig vollzogen:
Entzerrung der bisherigen, ältesten ersten Programme, musikbetont und oldiesbased auf Hörer ab 35 Jahren, die man nicht mit Schlagern erreicht bzw. bei der Stange hält, weil intellektueller.
Und Ausgliederung des zu hohen Wortanteils in ein reines Info- und Nachrichtenprogramm, siehe hr-info und b5 aktuell.

Dies sind die generellen Zielgruppenschritte, die die öffentlich-rechtlichen Sender von selbst umgesetzt haben.
Consulting kam dann nur in der Form der Umsetzung, der Rotation, der claims und der corporate identity zum Tragen.

Das bedeutet, dass die ARD-Anstalten auch schon Unverträglichkeiten entdeckt hatten und versuchten, diesen mit jeweils eigenen Wellen Rechnung zu tragen.

Allerdings ist diese Entwicklung nicht in allen Bundesländern gleich verlaufen, entweder in Ermangelung weiterer Frequenzen oder in Hinsicht auf andere Prioritäten. Wie z.B. in Bayern, wo Bayern1 auf das umgestellt wurde, was als "1" auch in Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zu hören ist.
Die Priorität in Bayern liegt auf volkstümlich und Brauchtum, und da gibt es abends und samstags auf Bayern1 sowie tagsüber und abends auf Bayern2 genug. Jugendradio und reines Schlagerradio leider nur digital und nur stundenweise auf UKW bzw. Mittelwelle.

Soweit zum Thema ZIELGRUPPE.
-Teil 1-

Zu den anderen Punkten demnächst mehr!
 
Sehr interessanter Beitrag.

Man hatte festgestellt, dass in den ersten Programmen, damals mit hohem Informationsanteil und unbewusst gemässigter AC-Musik, Schlager nicht gut harmonierten. Also wurden zwischen 1984 und 1992 Sender wie wdr4, hr4, swf4 u.a. geboren.

Obwohl das vorher jahrzehntelang gut geklappt hat... Es kommt wohl auch immer auf die Mischung an. Im Bereich Schlager gab es Mitte der 80er-Jahre Sachen, die einem die Haare zu Berge stehen ließen, aber auch sehr interessante Titel.
 
Kommen wir zu part -2-



Wo anfangen, wo aufhören?
Nehmen wir mal die hier oft geforderte Toleranz gegenüber Musikgenres unter die Lupe.
Als sich eigene Popprogramme auf den 3er-Wellen durchsetzte, lief das nicht überall glatt.


Nur bei swf3 konnte man damals von einem die Jugend ansprechenden flotten Programm reden.
Südfunk3, die neue Dauerwelle kam erst viel später, 1979, und kann dazugezählt werden.


Was aber bei hr3 abging, habe ich am Rande auch mitgehört. Aber von vielen so bestätigt bekommen. Und bei wdr1 weiss ich aus eigener Erfahrung.


WDR1, 1991:
4.05 ARD-Radiowecker
5.55 Stationsansage, Choral
6.05 WDR regional
Grenzlandradio (Aachen), Radio Bergisch Land, Guten Morgen aus Düsseldorf, Guten Morgen aus Köln, Radio Ruhrgebiet, Radio für Südwestfalen u. a.
6.55 Morgenandacht
8.05 Deutsche Pressestimmen
9.05 Schulfunk
10.05 Echo West
Radio für Nordrhein-Westfalen
10.45 NRW-Wetter
11.30 Das Land um halb zwölf
11.45 Landreport
12.05 Musikszene West
13.05 Kommentar
13.10 Hit Chips
15.05 Riff
Wellenbrecher auf WDR 1
16.00 Flipp-Zeit
18.05 Pop Session
20.00
Mo: Land und Leute
Di: Funkhaus Wallrafplatz
Mi: WDR Big Band
Do: Spielraum
Fr: Wissenschaft und Technik
21.00
Mo: Chor- und Volksmusik aus NRW
Di: Soundfabrik
Mi/Fr: Sport und Musik
Do: Jazz
22.05
Mo: Blues at Night
Di: Scream
Mi: Jazz
Do: Schwingungen
Fr: 22.30 Folklore
0.05 ARD-Popnacht


Beide Sender hatten Musikchefs, die die Charts schwer vernachlässigten. wdr1 musste zudem mit solchen Relikten wie dem Morgenchoral oder dem Landreport kämpfen. 1991!


Sowohl bei hr1 als auch wdr1 suchte man Donna Summer, Sylvester, Patrick Cowley vergeblich.
Auch Gary Numan, Human League, Heaven17 blieben aussen vor.
Und ndw wie Joachim Witt, Nena, Ideal oder DAF wurde als Kindermusik abgetan.


Zu hören waren stattdessen die Eagles, Tom Petty, Led Zeppelin, Styx, Huey Lewis, Marianne Faithful, Pink Floyd: Alles, was irgendwie softrock und intellektuell war.
Aber keine Goombay Dance Band, kein Peter Kent, kaum Boney M. oder Eruption oder ähnliches.
Ausnahmen bestätigten damals die Regel.
Allenfalls in der Mittagsdiskotheke verirrten sich vereinzelt solche Titel, und in Wunschsendungen der Hörer. Die dort geäusserten Musikwünsche klafften vom sonstigen Musikprogramm gesehen weit auseinander...

KOMMT EUCH ALLEN IRGENDWIE BEKANNT VOR, ODER?



Als wdr1damals gegenüber dem aufkommenden radio-nrw-Mantelprogramm an Boden verlor, entschloss man sich zu einer Reform – einem gemeinsamen Musikpool, aus dem sich alle Moderatoren bedienen mussten. Plus einigen eigenen Titeln beigemischt.
Dieser „Topf“ wurde Mitte der achtziger Jahre bei hr3 eingeführt, Ende 1991 auch bei wdr1.
Es gab natürlich auch Moderatoren, die dagegen opponierten und das einfach nicht einsahen.





Alan Bangs/wdr1 kennt man vielleicht noch von den unzähligen ARD-Rocknächten. Genau diese Musik spielte er auch vorzugsweise – von The Who bis Grateful Dead. Charts/Pop war bei ihm verpönt.
Rückblickend würde ich heute von alternative music sprechen, die er bevorzugte. Vergleichbar mit John Peel.
Alan ist ein sehr netter, freundlicher und angenehmer Mensch, ich bin ihm einige Male begegnet. Und er gehört zu denen, die locker 10Tsd Titel vor- und rückwärts auswendig kennen. Leider hat er die Neuausrichtung nicht akzeptiert und nicht mitgetragen.


Dies zur Verdeutlichung, dass gewisse Formatierungen, Zielgruppen und Justierungen schon VOR dem Privatradiozeitalter angefangen haben. Und dass es schon VOR dem Privatradiozeitalter Ausgrenzungen von Musikgenres gab. Gerade bei den öffentlich-rechtlichen Sendern!


Als Privatradio dann startete, waren einige Ecksteine vorgegeben: Flotte Präsentation, bevorzugt lokal/regionale Berichterstattung und irgendwo zwischen Hot- und Soft-AC.
Die meisten Stationen hatten weder Ahnung noch ein Musikarchiv. Da waren dann wirklich die alten Kämpen aus der vorangegangenen Free-Radio-Szene gefragt, die von München bis Ludwigshafen Archive zusammenkauften, zur Verfügung stellten und/oder aus dem Nichts aus dem Boden stampften. Diese Pionierleistung kann man gar nicht hoch genug bewerten. Besonders dann, wenn sich der Musikpool später als richtig und erfolgreich herausstellte...


Andere Stationen wiederum hatten Probleme, und gerade bei der Musik. Viele Moderatoren oder Möchtegern-Musikchefs, die sich einbildeten, eine vorgegebene Zielgruppe mit ihrer Musik anzusprechen, versagten darin kläglich.


Und genau aus diesem Grund wurden die auditions, tests und researches geboren!


Und wie es weitergeht, darüber mehr in part -3-
 
Und ndw wie Joachim Witt, Nena, Ideal oder DAF wurde als Kindermusik abgetan.
Zu hören waren stattdessen die Eagles, Tom Petty, Led Zeppelin, Styx, Huey Lewis, Marianne Faithful, Pink Floyd: Alles, was irgendwie softrock und intellektuell war.
Aber keine Goombay Dance Band, kein Peter Kent, kaum Boney M. oder Eruption oder ähnliches.
Ausnahmen bestätigten damals die Regel.

Möchte gern wissen was die "intelektuellen" Plattenaufleger von damals durchfährt, wenn sie heute eine stinknormale deutsche Servicewelle einschalten. Die müssen doch Schreikrämpfe kriegen... naja, entscheidungsbefugte DJs sind bei den Radiostationen von heute auch eine Rarität geworden; so was mag es bei SWR1 geben oder beim Schlagerradio, natürlich auch beim Plattenkistenkramer-Eldorado "Bayern 1".
 
part -2-einhalb:

Dies drückt vielleicht das Gefühl vieler Jugendlicher um 1980 herum aus (bis zum Schluss ansehen!):


P.S. Biolek war es, der dieser Band und dieser Musik damals Aufmerksamkeit verschaffte.
look out for part -3-
 
Dieser „Topf“ wurde Mitte der achtziger Jahre bei hr3 eingeführt
Interessant, denn ich war in den achtzigern bis in etwa Mitte der neunziger mit regelmäßiger Regelmäßigkeit in Frankfurt, hörte generell hr3 und besorgte mir damals noch zuvor extra einen ganzen Stapel Leercassetten, die innerhalb meines Aufenthaltes mit "neuer" Musik bespielt werden mussten.
Der Grund dafür war recht simpel:
hr3 und auch AFN spielten Musik, die langezeit im Radio hören war, bevor sie je in Süddeutschland, wo ich mich zu dem Zeitpunkt bevorzugt aufhielt, bekannt wurde bzw. zum ersten Mal gespielt wurde. Und an Empfangsmöglichkeiten mangelte es nun wirklich nicht! br3, oe3, swf3, drs3 und nach dem Start der Privaten, die auch noch dazu.
Mit dem Start der Privaten änderte sich das, im Übrigen, allerdings ein wenig. Die Zeit, die zwischen zuerst bei hr3 oder AFN gehört und dann erst in Süddeutschland wurde immer kürzer, bis es sie irgendwann gar nicht mehr gab. Der Prozess dauerte allerdings länger als nur einige Wochen oder Monate, er dauerte Jahre! Genauer gesagt, bis fast gut Ende der neunziger. Was dann kam wissen wir alle.
 
part -3-

Nicht nur die Aufsplittung in Zielgruppen, sondern auch Umfragen gab es schon lange vor dem Privatfunk:

Beispiel
1975 : Im Frühjahr zeigen Meinungsumfragen, dass die Volksmusik sich steigender Beliebtheit erfreut. Radio Luxemburg reagiert prompt. Am 5. Juli 1975 ist Edy Hildebrandt erstmals mit der Sendung »Heimatmelodie« zu hören, die sich speziell an die Freunde volkstümlicher Musik wendet. Diese können sich ihre Lieblingsmelodien wünschen, die er jeden Samstag zwischen 11.00 und 12.00 Uhr präsentiert. 16 volkstümliche Melodien beliebter Interpreten wurden auf eine LP gepresst, die unter dem Titel "Edys Heimatmelodie" erschien

Oder die Gallup / National Opinion Polls in Grossbritannien. Das in einem anderen Thread gerade behandelte two-O-eight hatte ab 1969 über 8 Millionen Hörer, nur in England! Das sind Zahlen, von denen wir heute alle nur träumen, diese Zeit kommt auch nicht mehr zurück. Ein Grund dafür ist die beschränkte Reichweite von UKW-Sendern.

Das Beispiel des deutschsprachigen RTL aus 1975 zeigt so nebenbei, dass damals die Akzeptanz für Schlager und Volkstümliches eine ganz andere war!

Also der Beginn des Privatfunkzeitalters. Es war so, als würde man das Rad neu erfinden. Bei den Privatsendern war nichts da, ausser einem vagen Konzept Unausgesprochen war AC als allgemeines Radioformat in allen Köpfen, auch wenn die wenigsten wussten, was das ist. Fachleute waren gefragt, für Musik, Archivaufbau, Programmkonzept, Moderationsschulung.
Über diesen Punkt im nächsten Teil mehr.

Dass sich alle nur auf AC stürzten, stimmt so auch nicht. Radio Salü startete mit Top40 und Hörer schrieben Postkarten: Man würde Salü gerne mit ein paar Platten aus dem eigenen Archiv aushelfen... Das war allerengste Rotation und 1992!
Es gab Sender, die nicht genug Musik hatten... Diese spielten Rückseiten. Sachen, die keiner kennt, heute vollkommen undenkbar. Es gab Sender, die testeten ein richtiges Seniorenformat: Freddy Quinn, der frühe Frank Sinatra, Dean Martin. 1992, Radio Ton aus Bad Mergentheim.
Es gab Sender, die gerade mal sieben, acht Monate existierten. Und nach Aufgabe sich dann die Studioeinrichtung klauen liessen: Radio Hall, Schwäbisch-Hall.

Und in den südlichen Bundesländern war Frequenzsplitting angesagt. Ging es bei einigen Sendern noch mit einer Stunde wöchentlichen religiösen Verkündungsfunk glimpflich ab, so teilten sich mancherorts zwei oder drei Anbieter den Sendetag. Ich erinnere an Welle Fidelitas/Radio Badenia. Ganz besonders schlimm war es in Bayern und da besonders in München. Nicht alle aus dem Kabelpilotprojekt beteiligten Stationen bekamen ausreichend Sendezeit bzw. ihre eigene Frequenz.
Und natürlich Rheinland-Pfalz, da gab es nach dem Kabel dann Radio4, bestehend aus RPR,LR,Pro Radio4 und Radio 85...

Die Musik machte allen Stationen die meiste Sorge. Es waren eben auch viele Nichtfachleute am Werk, von den öffentlich-rechtlichen liess sich keiner blicken und irgendwie wollte man die auch nicht. Es sollte ja anders klingen!

Anfangs gab es auch einen deutlichen Anteil an deutschsprachigen Titeln. Zwei, manchmal drei pro Sendestunde waren eigentlich normal. Antenne Bayern unter Viktor Worms verkündete damals stolz „Ja, wir spielen deutsche Titel“! Das war 91/94.

Man konnte eines damals nicht: US-amerikanische Formate hier 1:1 umsetzen. Also wurde ein Euro-AC mit deutschsprachigen Titeln entworfen.

Ganz typische Interpreten dieses europäisierten AC-Formats waren damals Peter Cornelius, Stephan Sulke, Juliane Werding, Stefan Waggershausen, Münchner Freiheit, Klaus Lage, Purple Schulz, Heinz Rudolf Kunze...





Und weil viele Sender unter wirklich unfähigen Musikchefs litten, kam „man“ auf die Idee, mehrheitlich neue Titel zu testen. Zusammen mit einem gewissen Prozentsatz alter Produktionen. Die Musikchefs vor Ort waren oftmals private Plattensammler mit einem sehr eigenen Geschmack oder Musiker aus einer lokalen Band. Das war alles an Qualifikation bei 70-75% aller neugestarteten Privatsender. Keine gute Voraussetzung.

Fortsetzung in part -4-


Interessiert es überhaupt jemanden?
 
Mich interessiert es, denn jetzt müsste der Teil kommen wo die Sender anfingen, auf eine Minimalrotation zu setzen und auch sonst sämtliche Inhalte aus ihren Programmen zu verbannen.;)
 
Noch nicht, es gibt noch zuviel zu dokumentieren. Wahrscheinlich part 5 oder 6. part 4 in drei, vier Tagen.
Danke für das Zwischenlob.

Aber noch ein Beispiel von einer Sängerin, die ein Kollege damals immer gern eingesetzt hat....
 
@laser558

Interessante History, die meisten Fakten stimmen (wenngleich auch ein bisschen selektiv präsentiert). Bin gespannt, was am Ende die Schlussfolgerung für das gegenwärtige und zukünftige Radio ist.

Nachtrag: Ich weiß nicht, wieviele Parts es noch geben wird, aber die Mühe, die da drin steckt, wäre eigentlich einen eigenen Faden wert. In diesem komischen Berliner Umfragethread ist der Aufwand verschenkt und geht auch ein bisschen unter.
 
part -3-

two-O-eight hatte ab 1969 über 8 Millionen Hörer, nur in England! Das sind Zahlen, von denen wir heute alle nur träumen, diese Zeit kommt auch nicht mehr zurück. Ein Grund dafür ist die beschränkte Reichweite von UKW-Sendern.

Die UKW-Reichweite war damals genauso begrenzt wie heute. Und dem möglichen Einwand, dass heute kaum jemand noch auf Mittelwelle Radio hört, begegne ich damit, dass es über Satellit oder Internet qualitativ hochwertige Möglichkeiten gibt, die die MW-Reichweite sogar noch übertrumpfen.

Ich glaube allerdings auch nicht an ein Comeback solch gigantischer Hörerquoten. Radio hat, speziell am Abend, den hohen gesellschaftlichen Stellenwert eingebüßt. Wie spannend und frech müsste ein Programm sein, dass sich Millionen interessiert diesem Medium wieder zuwenden, sagen wir mal gegen 22.00 Uhr?

Früher ging irgendwie mehr. Das WDR 1 Programm von 1991 (was für mich eher wie aus den 70ern anmutet), hatte tatsächlich Hörer, die neben Morgenandacht auch Schulfunk, Informationen und Nachrichten diverse leichte Musik und Jazz hörten, so ganz nebenbei mal auf WDR2 umschalteten zu Daheim und Unterwegs, Hallo Ü-Wagen, Schlagerrallye oder Diskothek im WDR. Ich war einer dieser Hörer und hatte schon als Schulkind mit der Bandbreite kein Problem.

Und RTL kam über Mittelwelle mit dazu. Zuerst über meine Oma, die immer gerne Jochen Pützenbacher hörte. Dann hat mich irgendwann Superklub am Abend mehr interessiert und so gegen 1980 two-O-eight Radio Luxembourg auf gleicher Frequenz. Echtes Drei-Generationen-Radio.
 
Es ist nicht weiter verwunderlich, dass deutsche Musik und echte AC-Wellen im deutschen Radio nie eine Chance hatten, sich nach Ausleseprinzipien zu entwickeln oder kommerziell erfolgreich präsentiert zu werden.

Die Hauptzielgruppen deutschsprachiger Musikkanäle und klassischer AC-Wellen decken sich großteils mit den Abonnenten der Tagespresse, die bekanntlich das größte Anzeigenvolumen innerhalb der deutschen Medienlandschaft auf sich vereinigt. Würden die selben Konzerne attraktive Radioangebote für ihr Printklientel bereitstellen, gingen sie eines gewissen Prozentsatzes an Werbeschaltungen verlustig, sie würden also im Idealfall von der linken in die rechte Jackentasche wirtschaften.

So ist es kein Wunder, dass die Verlagshäuser seit Jahr und Tag dem jugendlichen Publikum zu Füßen lagen und im Verein mit handzahmen Agenturen die Werbetarife für erwachsene Zielgruppen künstlich niedrig hielten. Welche Rolle in diesem Kontext die auf Außenwirkung bedachte Mediaanalyse spielt, kann man sich leicht zusammenklamüsern. So darf es niemanden wundern, dass vor dem Hintergrund dieses Szenarios deutschsprachige Künstler, die vor allem die breite Mitte der Gesellschaft im Visier hatten, nie eine Chance auf angemessene Promotion erhielten und die Entwicklung reichweitenstarker, elaborierter Erwachsenenformate oft schon im Keim erstickt wurde. Dass deutsche Musik gesamtgesellschaftlich immense Resonanz erfährt haben die 70er- und 80er-Jahre hinreichend bewiesen; doch mit dem großflächigen Radioaengagement der Printkonzerne kam alles anders.

Die öffentlich-rechtlichen Wellen, die mit dieser Zielgruppenkompensationspolitik ("wer mein Blatt nicht liest, den hol' ich mir übers Radio") nie was am Hut hatten, haben sich dem tückischen Tarifmodell der printfreundlichen Mediaagenturen erst dann mit Haut und Haaren ausgeliefert, als der kollektive Sparzwang um sich griff, kleine Anstalten um den Erhalt ihrer Dudelwellen kämpften und größere Sender den leicht überzüchteten Kulturbetrieb querfinanzieren mussten. Dass es den Schlagerwellen nie gelang, einen gesunden Altersschnitt auszuweisen, hängt einerseits mit der gezielten Positionierung im reiferen Publikumssegment, andererseits mit der fehlenden oder missglückten, weil marktfremden Nachwuchsförderung und natürlich auch mit den Abgründen einer Mediaanalyse zusammen, die es mit der wirklichkeitsgetreuen Erfassung des Hörerverhaltens nie so genau nahm; schließlich mussten die Interessen der Trägerschaft weitgehend gewahrt bleiben.

Ich glaube immer noch ganz fest daran, dass RPR2 nur deswegen eingestellt wurde, weil es sich zu wenig vom Landessender SWF4 unterschied und sein Werbepotential nicht ausschöpfen konnte, ohne den Publikationen aus eigenem Hause Einnahmeentgänge zu bescheren. Natürlich wurde die Einstellung anders kommuniziert, aber wer hängt solche Beweggründe schon an die große Glocke?

Was den Außenstehenden am meisten erstaunt ist der Umstand, dass es es die Zeitungshäuser nie vermocht haben, ihr junges Zielpublikum mit exakt ausgerichteten Spezialangeboten bei Laune zu halten, sondern einen gleich gearteten Gemischtwarenladen ("Hot AC" ??) neben den anderen stellten. Liegt das wirklich nur an der vorgeblichen Frequenzknappheit? Die Situation in Städten wie Berlin oder München straft diesen Vorwand Lügen.
 
Kurzer Zwischenruf:
Ich wäre sehr dafür, wenn einzelne User nicht der Zeit vorauseilen! Bei dem Thema bin ich noch gar nicht. Und ich wäre sehr dafür, dass der betreffende User nicht schon wieder seine Vermutungen hier kundtut, die amateurhaft, unbelegt und falsch sind. Insbesondere bei RPR2 weiss ich es aus erster Hand... also bitte kein Wort mehr über das, was Du glaubst oder nicht glaubst !!! Ja??
Schon allein
Dass es den Schlagerwellen nie gelang, einen gesunden Altersschnitt auszuweisen,
und das nachfolgende Geschreibsel treibt mir die Zornadern auf die Stirn.

Ich kann das hier auch bleiben lassen!

Sollte die Forengemeinde daran Interesse haben, würde ich es gern mit wesentlich mehr erklärenden Details weiterführen. 1992, 1996 und 2004/6 waren einschneidende Jahre in der Entwicklung des Rundfunks allgemein, dass ich da weiter ausholen muss und möchte.
Gestern abend hatten wir in kleiner Runde ein Kolloquium und uns über dieses Thema ausgetauscht und die Köpfe heiss geredet. Einiges davon möchte ich gern einfliessen lassen, wenn die Forenleitung nichts dagegen hat.
 
Kurzer Zwischenruf:
Ich wäre sehr dafür, wenn einzelne User nicht der Zeit vorauseilen! Bei dem Thema bin ich noch gar nicht. Und ich wäre sehr dafür, dass der betreffende User nicht schon wieder seine Vermutungen hier kundtut, die amateurhaft, unbelegt und falsch sind.

1. Ich haber das Wort "Berater" kein einziges Mal in den Mund genommen, der Empörungsreflex ist also fehl am Platz.

2. Bitte keine Pauschalkritik mehr ohne inhaltliche Richtigstellung, Rundumschläge wirken eher wie eine Bestätigung meiner Ausführungen.

3. Warum klingt das deutsche Radio wie es klingt, wenn das alles so falsch ist? Im Prinzip habe ich ja nur ein paar Binsenweisheiten ausgesprochen, sie sogar ein Blinder mit dem Krückstock sieht.

Insbesondere bei RPR2 weiss ich es aus erster Hand...

Na wie war's denn?

Nein, bitte auf keinen Fall.

Der konventionelle Schlager hat ein paar ernsthafte Probleme auch wenn dir das nicht gefällt. Anspruchslose Massenprodukte aus dem Computer sind für die meisten keine Alternative zum nervigen Dudelfunk oder zum "kreischenden" Top-40-Teenieradio.
 
Das sollte man bei den meisten Ihrer Beiträge tun. Diese sind in dem krampfhaften Versuch, da eine Antischlagerfront-Verschwörung zu beschreiben unübertroffen.

Ich habe das Wort "Berater" kein einziges Mal in den Mund genommen, der Empörungsreflex ist also fehl am Platz.
Darum ging es auch gar nicht. Sie können nur eindimensional denken, mit einem Tunnelblick, ja?

Ich glaube immer noch ganz fest daran, dass RPR2 nur deswegen eingestellt wurde, weil es sich zu wenig vom Landessender SWF4 unterschied und sein Werbepotential nicht ausschöpfen konnte, ohne den Publikationen aus eigenem Hause Einnahmeentgänge zu bescheren. Natürlich wurde die Einstellung anders kommuniziert, aber wer hängt solche Beweggründe schon an die große Glocke?

Nehmen wir nur dieses Beispiel. Um dem Kollegen nicht vorzugreifen, nur soviel: RPR2 existierte 10 Jahre. Glauben Sie oder irgendeiner hier im Forum ernsthaft, daß man den Sender nach einer solchen langen Zeit nur deshalb einstellte, um den Schlager zu verhindern und absichtlich Werbung nicht zu akquirieren? 10 Jahre Geld verbrannt?
Ehrlich, bei so einem MIST fehlen mir die Worte. Wie kann ein einzelner Mensch so unlogisch denken, ohne zu recherchieren wilde Behauptungen aufstellen? Das ist eine phänomenale Leistung.

Bitte keine Pauschalkritik mehr ohne inhaltliche Richtigstellung,
Das sagt der richtige Mann..., ausgerechnet! Warum warten Sie es nicht einfach ab, bis das Thema dran ist? Aber nein, Sie müssen wieder dunkle Vermutungen anstellen.
Und ich persönlich erwarte eigentlich, daß Sie mal zu dem #197 endlich endlich endlich endlich Stellung nehmen, bevor Sie hier weiter herumphantasieren!

Ebenso falsch und unlogisch und das berühmte Pferd von hinten aufgezäumt ist die Bemerkung hinsichtlich der Frequenzen. Diese Frequenzsituation ist für Ballungsräume vor mehr als 10 Jahren entstanden. Heute gibt es eben keine mehr. Zudem ist das nicht Schuld der Sender, dafür sind andere Instanzen zuständig.
 
Glauben Sie oder irgendeiner hier im Forum ernsthaft, daß man den Sender nach einer solchen langen Zeit nur deshalb einstellte, um den Schlager zu verhindern und absichtlich Werbung nicht zu akquirieren?

1. So ein Sender wäre überall besser aufgehoben gewesen als in Rheinland-Pfalz, wo es schon einen reichweitenstarken Schlagersender gab.

2. Sie wissen doch um die vielbeschworene Neudefinition der Werbezielgruppe durch die Print-Radio-Connection, die beinahe aus heiterem Himmel kam und irrationalen Ansätzen folgte (weg mit den Älteren, die kaufen eh brav ihre Zeitung). Zu dieser Zeit wurde ja besonders viel Wert auf eine superschlaue externe "Expertise" gelegt, die nach und nach das ganze System unterwanderte. Und was hat sie uns eingebracht? Ein einziges Dudelfunk-Fiasko, die die Verleger eher Geld gekostet hat als dass es ihnen welches eingebracht hätte.

Ich wundere mich nur, dass RPR2 so lange durchgehalten hat, obwohl die Einflüsterer schon Mitte der 90er-Jahre durch die Lande zogen, um den Schlager "madig" zu machen. Da muss es unter den Betreibern lange Zeit ein paar wahrhafte Mäzene gegeben haben.

3. Um die deutsche (und österreichische) Radiolandschaft wird uns im Ausland niemand beneiden.

10 Jahre Geld verbrannt?

Genau das hat man den Gesellschaftern damals eingeredet.
 
Genau das hat man den Gesellschaftern damals eingeredet.
Sie haben es immer noch nicht verstanden, oder? Und waren Sie dabei???
So ein Sender wäre überall besser aufgehoben gewesen als in Rheinland-Pfalz, wo es schon einen reichweitenstarken Schlagersender gab.
RPR2 und swr4 starteten am selben Tag !!!! Korrektur: swf4 war gemeint... Tippfehler war Macht der Gewohnheit.

Sie haben von nichts, nichts, nichts, nichts, nichts, absolut NICHTS
aber auch gar nichts eine Ahnung!

Ich habe keine Lust mehr.
 
Sie haben es immer noch nicht verstanden, oder?

Sie wollten es ja ganz genau wissen.

RPR2 und swr4 starteten am selben Tag !!!!

Sie meinen wohl SWF4. Na und? Wie gesagt, es gab ja schon einen gebührenfinanzierten Schlagersender uns keiner zwang die RPR-Gruppe zur Fortsetzung des Sendebetriebs; aber scheinbar gab es in Rheinland-Pfalz lange Zeit tatsächlich einen lukrativen Werbemarkt für zwei Schlagerformate. Und das, obwohl die Berater landauf, landab die dem Schlager den Krieg erklärt hatten und die Agenturen den Schlagersendern pflichtschuldig den Stuhl vor die Tür setzten!

Das lässt tief blicken!
 
Ich arbeitete am Anfang der 1990er bei einem landesweiten Privatradio. Was ich jetzt aufzähle wäre heute alles bei einem Kommerzsender undenkbar:

1. Wir brachten für die Morgen-Sendung unsere Vinyl-Platten und CDs selbst mit. Die musikalische Bandbreite reichte von Nick Cave über Abba bis hin zu Kinks live-Stücken.

2. Das Tagesmusikprogramm war schon etwas mehr marktorieniert, wurde jedoch in mühsamer Kleinarbeit von zwei Musikredakteuren zusammen gestellt, die akribisch Wert darauf legten, dass außer den aktuellen Top 20-Songs kein Titel in der Woche doppelt lief. Von einer Band wie Queen lief daher fast täglich ein anderer Song (auch unbekanntere Album-Titel, etwa aus dem damals aktuellen Album).

3. Es gab halbstündige Wortsendungen zur Mittagszeit und zur Rush Hour

4. Es gab ansonsten über den Tag verteilt immer wieder Beiträge von bis zu 4 Minuten.

5. Die Hörerwunschsendung war tatsächlich eine. Was nicht im Musikarchiv war brachten sich die Mitarbeiter aus der eigenen Musiksammlung mit, sofern vorhanden.

6. Sonntag früh lief eine Kirchensendung nur mit geistlicher Musik.

7. Die Nachrichten wurden nicht zugeliefert sondern vom Nachrichtenredakteur selbst geschrieben und gesprochen. Lediglich O-Töne wurden per Netzwerk eingespielt.
 
Ich bin erstaunt, diesen Faden hier wiederzufinden. Mit ricochet gab es gestern einen Schlagabtausch und eine seiner vielen, vielen, vielen falschen Behauptungen war:
"Es gab bereits einen gebührenfinanzierten Schlagersender in Rheinland-Pfalz"

Ich stelle dazu ganz sachlich fest:
Der Herr hat keine Ahnung
Der Herr behauptet wieder etwas
Der Herr räumt keine Fehler ein
denn

RPR2 und swf4 starteten am selben Tag!
Und damit ist eine ganz andere Ausgangslage gegeben.

Also ist seine voreilige Einschätzung der Lage hinfällig.

Und die Schilderung von radiotor ist richtig. Ich habe es exakt so auch erlebt!
 
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