Wer erinnert sich noch an Radio Aktuell in Ostdeutschland?

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Ich hatte im Sommer 1990 beruflich in Dresden zu tun. Da gab es einen Radiosender namens Radio Aktuell. Der war eigentlich sehr gut hörbar.

Gibt es diesen Sender noch oder ist das ein Vorläufer vom heutigen MDR?

Wenn es kein Privater war, war es dann ein Programm vom ehemaligen DDR Rundfunk?

Sputnik war ja bekannterweise früher auch schon auf Sendung unter anderem Namen, nämlich DT64. Sicherlich verhält es sich mit Radio Aktuell ganz ähnlich.

Wer kann mich da aufklären?
 
Das war das aus naheliegenden Gründen umbenannte Radio DDR 1 aus Berlin. Wurde am 31. Dezember 1991 eingestellt.
 
AW: Wer erinnert sich noch an Radio Aktuell in Ostdeutschland?

Dazu wäre noch zu sagen, daß "Radio DDR 1" vermutlich der "Küchensender" in der DDR war, zumindest dort, wo DDR-Rundfunk lief. Der Grund: eine gute Mittelwellen-Abdeckung. In der Küche meiner Eltern lief DDR 1 auch - leicht zu finden, da ganz "am Anschlag", 531 kHz aus Wiederau bei Leipzig. Gleich daneben war dann der DLF - für den kleinen Dreh zu den "anderen" Nachrichten.

Unvergessen für mich (damals Kind) die legendären "Wasserstände und Tauchtiefen" (langsam vorgetragene Wasserstandsmeldungen für die Binnenschiffahrt, immer 6:55 Uhr (?) und 11:55 Uhr. Es bleibt "Halle Trotha Oberpegel... Halle Trotha Unterpegel" im Kopf hängen und die Familie pilgerte anläßlich eines Besuches in Halle auch mal dorthin, um die Schleuse zu besichtigen. Daß die so klein war, war selbst für mich als Kind enttäuschend. Und natürlich: "Děčín... nicht gemeldet" und "obere Havelwasserstraße".

"Wasserstände und Tauchtiefen" wurde in der DDR regelrecht zu einem feststehenden Begriff für "interessiert mich nicht".


Ebenfalls unvergessen die Wochenendvormittagssendungen, richtige große öffentliche Veranstaltungen, mit denen man durchs Land tingelte, u.a. "Wir machen eine Landpartie" und "Alte Liebe rostet nicht". Lief bei Muttern immer beim Mittagessenkochen. Ein Mitschnitt findet sich bei den Radiopannen: der Bürgermeister von Bitterfeld verplappert sich und nichts läßt sich rückgängig machen - es war live. (Suchbegriff: "Alte Liebe").

Grueslig am Mittwoch, die "Liveübertragung" des großen Wachaufzuges unter den Linden. Da lief aber natürlich immer die gleiche Aufzeichnung und ich frage mich, wer sich das angehört haben mag.

Auch Radio DDR 1: das Sandmännchen im Radio, also keine Tonübertragung des legendären TV-Sandmännchens, sondern gute-Nacht-Geschichten extra fürs Radio. Kamen immer 18:50 Uhr.

In den Wendewirren war DDR 1, das dann ab Oktober 1990 "Radio aktuell" hieß und als informationsorientiertes Vollprogramm auftrat, eines der Programme, die in Sachsen zugunsten der Eigengewächse ("Sachsenradio") abgeschaltet wurde. Während auf der Kette von einst DDR 2 natürlich Sachsenradio 1 lief und später der Berliner Rundfunk für Sachsenradio 2 dran glauben mußte, war die Kette von DDR 1 immer ab 19 Uhr dran - für Sachsenradio 3. Und Ende 1991 erlosch halt das gesamte Programm, das in der Berliner Nalepastraße produziert wurde. Die letzte Sendung war dann eine lustlos wirkende (wen wunderts) Comedy-Schnipsel-durchsetzte Popmusiksendung bis ran an null Uhr.

In der DDR waren die UKW-Frequenzen ähnlich wie in Großbritannien nach Programmen gruppiert. Links auf der Skala ging es mit DDR 1 los, dann folgten Berliner Rundfunk, DDR 2 und Stimme der DDR, rechts dann später DT64 ab 100 MHz. Eine weitere bereits koordinierte, aber nie aufgebaute UKW-Kette folgte ab 104 MHz. Heute laufen diese Frequenzen. Da, wo DDR 1 drauf war, ist heute im MDR-Gebiet meist Figaro drauf (Ausnahme: die legendäre 89.0 auf dem Brocken, die 1992 dem Privatfunk zugeschlagen wurde). Auf DDR 2 laufen die Landeswellen von MDR 1, auf dem Berliner Rundfunk läuft Jump und auf Stimme der DDR halt D-Kultur bzw. in Sachsen der DLF. Und die DT64-Frequenzen hat der Privatfunk im MDR-Gebiet. In Brandenburg ist Fritz drauf.


Hier noch eine Programmübersicht von 1975, zusammengetragen von Jürgen Trinkus.
 
AW: Wer erinnert sich noch an Radio Aktuell in Ostdeutschland?

In den Wendewirren war DDR 1, das dann ab Oktober 1990 "Radio aktuell"

Da musst Du Dich ein wenig irren. Ich war Anfang August in Dresden, und da lief bereits Radio Aktuell.

Mir gefiel das Programm überaus gut, besser als der WDR zu dieser Zeit noch war, und hatte nichts mehr mit dem Programm von DDR1 zu tun. Dann wurde aus Radio Aktuell also später der ORB und MDR. Wieder was dazu gelernt.:cool:
 
AW: Wer erinnert sich noch an Radio Aktuell in Ostdeutschland?

Da musst Du Dich ein wenig irren. Ich war Anfang August in Dresden, und da lief bereits Radio Aktuell.
Oh, dann hatte man es also doch schon vorher umbenannt. Was definitiv noch war: auch kurz nach dem 3.10.1990 tönte die Ansageschleife der Telefonanlage in der Nalepastraße "Rundfunk der DDR, alle ...". Später hieß das dann "Funkhaus Berlin" oder so.

Gerade mal geschaut: Wikipedia meldet den April 1990, das DRA den 1. August 1990 als Zeitpunkt der Umbenennung.

Und eine Personalie war mir vorhin entgangen: Alfred Eichhorn.


Dann wurde aus Radio Aktuell also später der ORB und MDR. Wieder was dazu gelernt.:cool:
So würde ich das nicht beschreiben. In beiden ARD-Anstalten gab es nichts vergleichbares mehr, das Programm verschwand einfach.
 
AW: Wer erinnert sich noch an Radio Aktuell in Ostdeutschland?

Hallo allerseits,

an Radio Aktuell erinnere ich mich auch noch gut, da ich den Sender gern auf Mittelwelle 783 ("das Megawatt") gehört habe. Bis Anfang 1991 (glaube ich) lief hier "DX aktuell" mit Wolfram Heß, dieses Programm habe ich geradezu verschlungen. Im Mai 1991 fiel die Mittelwelle weg, da sich Radio Aktuell dann ganz auf UKW zurückzog - das heißt nicht ganz, denn später gab es noch auf der 693 via Berliner Rundfunk die Übernahme der HGW-Nacht (Hörergruß- und Wunsch...). Die muß es noch im Herbst 1991 gegeben haben, denn ich erinnere mich gut, daß zwischen Ende September und Ende Oktober der Empfang schon ab 23.05 Uhr LT störungsfrei, d.h. unbehelligt von der BBC, möglich war. Grund war die Tatsache, daß damals in GB die Sommerzeit schon bis Ende Oktober ging, in DL aber bereits Ende September auf Normalzeit zurückgestellt wurde (wodurch dann Zeitgleichheit herrschte). Vom letzten Sonntag im Oktober an belegte die BBC die Frequenz dann wieder bis 0.05 LT, wodurch für mich im Westen NRWs dann nur noch die letzte Stunde der HDW zu verfolgen war. Ich habe auch noch einen alten Cassettenmitschnitt, muß ich wohl mal raussuchen - damals habe ich mich als einer von ganz wenigen Hörern aus West-DL an den Call In-Sendungen von Radio Aktuell beteiligt (und sogar mal eine LP von Rio Reiser gewonnen - Zeiten waren das!)

Schön, daß noch jemand positive Erinnerungen an dieses Relikt des DDR-Rundfunks bewahrt hat!

Übrigens: Die 783 wurde ab 1992 vom MDR beschallt (heute MDR Info), die 693 ging an den ORB mit "Antenne Brandenburg", verschwand aber schon Ende 1993 ganz von der MW. Damals hieß es in den einschlägigen Frequenzlisten, der ORB sei die einzige ARD-Anstalt ohne Mittelwellenverbreitung.
 
Dazu wäre noch zu sagen, daß "Radio DDR 1" vermutlich der "Küchensender" in der DDR war, zumindest dort, wo DDR-Rundfunk lief. Der Grund: eine gute Mittelwellen-Abdeckung.

Wie schon Georg Thieß wußte... :D http://www.jans-radioseiten.de/ra/radioddr.m3u

Ich saß als Kind mal wartend in einem Weh fuffzich. Da drehte ich dem Kollegen dann die 1044 raus und die 95,4 rein. Ich habe nie erfahren, ob ihm etwas aufgefallen ist.


Unvergessen für mich (damals Kind) die legendären "Wasserstände und Tauchtiefen" (langsam vorgetragene Wasserstandsmeldungen für die Binnenschiffahrt, immer 6:55 Uhr (?) und 11:55 Uhr.

Die erste Kurzfassung lief um 7.58 Uhr, nach „Radio DDR gratuliert“ (Siegfried Loyda) ab 7.45 Uhr. Und montags wurde von 8.00 bis eben 11.55 Uhr immer der ganze Mittelwellenzoo abgeschaltet, da durfte dann der Lehrling die Apparaturen putzen.

Es geht das Wort, Sprecher seien immer stolz darauf gewesen, sich ihre allerersten Sporen mit den Wasserständen und Tauchtiefen verdient zu haben. Ich entsinne mich allerdings, daß die schlicht vom diensthabenden Nachrichtensprecher zum Vortrag gebracht wurden, so wie es bei den mindestens genauso schönen Seewetterberichten des Schlandfunks (so etwas hatte Stimme der DDR auf Langwelle auch) heute noch ist.


Es bleibt "Halle Trotha Oberpegel... Halle Trotha Unterpegel" im Kopf hängen und die Familie pilgerte anläßlich eines Besuches in Halle auch mal dorthin, um die Schleuse zu besichtigen. Daß die so klein war, war selbst für mich als Kind enttäuschend. Und natürlich: "Děčín... nicht gemeldet"

Gab es zu Halle-Trotha, wo sich das Radio im Kopf immer sonstwas ausgemalt hatte, wirklich noch eine gesonderte Oberpegel-Nennung? Und die Strolche mit der fehlenden Meldedisziplin saßen in Ustí.

Die Pilgertour nach Trotha scheint übrigens kein Einzelfall gewesen zu sein.


"Alte Liebe rostet nicht". Lief bei Muttern immer beim Mittagessenkochen.

Um '88 eierte ein Mitschöler mal halb beschämt drumherum, als er versehentlich anfing, davon zu erzählen, wie er sich die Wiederholung im Nachtprogramm reingepfiffen hatte. Zu der Zeit ignorierte der coole DDR-Jugendliche ja die einheimischen Medien, nicht nur auch, sondern eher sogar gerade als Bonzenkind.


Grueslig am Mittwoch, die "Liveübertragung" des großen Wachaufzuges unter den Linden. Da lief aber natürlich immer die gleiche Aufzeichnung und ich frage mich, wer sich das angehört haben mag.

Soweit die Erinnerung besagt, wurde da zu Beginn gaaaaaaaaaaaanz langsam der Regler aufgezogen. Man konnte da immer die lustige Beobachtung machen, wie das irgendwo bei -40 dB oder so einsetzende Getröte aus dem Rauschen und Brummen auftauchte, wenn man den Kasten ganz weit aufdrehte.

Ansonsten besagt die Erinnerung noch, daß es insgesamt keinerlei Straßengeräusche gegeben und das Kind die Show deshalb als Studiofake angesehen habe, der tutti kompletti, beginnend mit der mit dröhnender Stimme deklamierten Ansage („Radio DDR übertragt aus Berlin Unter den Linden!! Den großen Wachaufzug vor dem Maaahnmaaahl für die Opfer des Faschismus und Militarismus!!“), vom Teller lief. Blieb der Karton mit diesem Politstuß eigentlich gleich im K-Raum liegen...?


In den Wendewirren war DDR 1, das dann ab Oktober 1990 "Radio aktuell" hieß

Vorher „DDR 1 – Radio Aktuell“, wobei der zweite Teil etwas für die Freunde der gesungenen Jingles war. Ich glaube, so einen hatten sie da auch für die 5778.


Und Ende 1991 erlosch halt das gesamte Programm, das in der Berliner Nalepastraße produziert wurde. Die letzte Sendung war dann eine lustlos wirkende (wen wunderts) Comedy-Schnipsel-durchsetzte Popmusiksendung bis ran an null Uhr.

Zuvor gab es allerdings noch eine sehr beachtliche Abschiedsansprache. Wie groß können eigentlich inzwischen Dateien sein, um sie hier eingestellt zu bekommen? Sind reichlich 9 MB, wenn das nicht geht, fällt das hier eben flach ...


In der DDR waren die UKW-Frequenzen ähnlich wie in Großbritannien nach Programmen gruppiert.

Nicht wirklich. Da gibt es zu viele Abweichungen, um das mit dem BBC-System vergleichen zu können. In Berlin z.B. lief Radio DDR 1 / Radio Aktuell auf der... na? Na?!


Und hier kann man nun ganz genau erfahren, wie das 1991 war: http://www.jans-radioseiten.de/ra/aktuell.m3u

Zu der erwähnten Gruß- und Wunschsendung ist dann wieder die Person von Hans-Georg Knörich zu nennen.

Vielleicht sollte man wirklich mal wieder etwas intensiver in den Annalen stöbern. Könnte immer noch interessanter sein, als im Detail zu verfolgen, wie der „Zwerg Rundfunk“ (Alfred Eichhorn) oft nur noch lallt und herumgröhlt. Muß man halt aufpassen, nicht auch so wie die Anoraks zu werden ...
 
Hallo und guten Morgen allerseits,

bei ZDF-Kultur wird momentan die ZDF-Hitparade von Anfang der 1990er Jahre mit Uwe Hübner wiederholt. Damals habe ich die ZDF-Hitparade so gut wie nie gesehen. Ich wusste gar nicht dass zur jener Zeit Radio Aktuell Partner der Hitparade war. Im Osten Deutschlands konnten so die Zuschauer über Radio Aktuell abstimmen.

Gruß
SWF3 & WDR1-Fan
 
Jaaa, selbstverständlich. Hatte ich anno Oktober 1990 bei einem Urlaub in Pfronten/Ostallgäu empfangen. Ich wusste damit gar nichts anzufangen, dachte zunächst, das sei ein neuer Lokalsender in Bayern oder gar was aus Österreich. Der stark schwankende Empfang im Tagesverlauf liess dann schon auf Überreichweiten tippen...ich vermutete in jedem Fall einen Privatsender. Bis ich dann irgendwann rausfand, dass das aus der "Ehemaligen" kam, per Herbst-Tropo klar und deutlich ins Kofferradio am Alpenrand! Das Programm war noch nichtmal übel, so weit ich es in Erinnerung hatte.
 
Ja, an Radio Aktuell kann ich mich auch noch erinnern da alle Programme der DDR bei uns im Kabel eingespeist worden sind. Radio Aktuell habe ich aber nur selten angehört da ich eher der DT64 Hörer war.
 
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