SWR-Mikrofonbroschüre

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Pianist_Berlin

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Guten Tag an alle Mitlesenden!

Heute habe ich per Zufall beim Googeln eine zehn Jahre alte Broschüre des Südwestrundfunks gefunden, die sich primär an deren Reporter und Autoren richtet, aber wohl für so gut befunden wurde, dass sie der interessierten Allgemeinheit bereitgelegt wurde.

Da ich öfter mal gefragt werde, warum Hörfunkleute so gerne Kugeln und Fernsehleute so gerne Richtrohre benutzen, und das dort alles erklärt wird, kann ich wärmstens empfehlen, sich das mal durchzulesen. Trotz der zehn Jahre ist die Broschüre übrigens total aktuell, von einigen wenigen Einzelaussagen ("DAT ist das beste Aufnahmemedium"/"DAT ist ein sehr sicheres Aufnahmemedium") mal abgesehen. Also die Passage über Aufnahmegeräte einfach überspringen, es soll ja primär um Mikrofone gehen. Für die Aufnahmegeräte gibt es hier ja einen Thread mit derzeit 1.487 Beiträgen.

Alle tontechnisch vorgebildeten Leute erfahren dort sicher nichts Neues, aber für diejenigen, die eher aus der journalistischen Ecke kommen, ist das eine sehr schöne Zusammenfassung, die vom aktuellen Nachrichtenbeitrag bis zum gestalteten Feature alles abdeckt.

Matthias
 
Das ist doch mal eine Lektüre für die kalte Jahreszeit! Vielen Dank für den Link, gerade für Hobbyisten wie mich, die eben *keine* journalistische Ausbildung genießen durften, ist das ein sehr schöner Leitfaden.

LG

McCavity
 
Noch eine kleine Ergänzung nach ein bißchen Lesen (vielleicht können die Forengötter das ja an den oberen Beitrag antackern...? ;)):

Hätte ich diese Broschüre doch mal früher gehabt! Ich habe vor einigen Jahren[TM] Heiligabend kurz vor Mitternacht auf der Domplatte zu Köln (genauer gesagt, etwas darunter, ungefähr Ecke Unter Fettenhennen / Burgmauer) gebibbert, weil ich den "Dicken Pitter" aufnehmen wollte - leider ist die Aufnahme völlig übersteuert, was ich zwar schon während dieser am Kopfhörer bemerkte, aber nicht korrigieren konnte - hätte ich die Seiten 56/57 der Broschüre gelesen, wäre die Aufnahme vielleicht eher gelungen ;)

Aber jetzt habe ich zumindest einen Hinweis darauf, was damals schiefgegangen sein könnte und wenn ich Weihnachten mal wieder bei meinen Eltern feiere, kann ich die Aufnahme ja vielleicht nochmal wiederholen.

LG

McCavity
 
Das, was dort steht, ist im Ergebnis richtig, hat aber zwei verschiedene Ursachen. Erstens: Das K6-Modul in der Ursprungsversion hat einen ziemlich hohen Ausgangspegel, mit dem viele Aufnahmegeräte nicht gut klargekommen sind. Für einen Mikrofoneingang zu viel, für einen Line-Eingang zu wenig. Daher hat Sennheiser reagiert und damals recht schnell die Variante K6 CL mit reduziertem Pegel auf den Markt gebracht, die dann keine Probleme an Mikrofoneingängen mehr verursacht hat. Betroffen waren vor allem Videokameras.

Dann steht noch was Zweites auf Seite 56, und zwar über das (ja, es heißt tatsächlich "das" Filter, wenn immaterielle Dinge gefiltert werden) Low-Cut-Filter und es wird sogar das Stichwort "Aufnahmen im Zug" gebracht. Dazu ergänze ich noch: Betroffen sind vor allem Kugeln, weil die auch extrem tiefe Frequenzen übertragen. Wer also nicht mit der Kombination K6/ME 62 arbeitet, sondern zum Beispiel mit Neumann KM 83 oder 183, und nirgendwo die Möglichkeit hat, einen Bassabschwächer einzuschalten, der kann damit in motorgetriebenen Fahrzeugen praktisch keine Aufnahmen machen. Dort werden tieffrequente Anteile so stark aufgenommen, dass sie den Eingangsverstärker des Recorders total überfahren, so dass die Aufnahme absolut unbrauchbar wird.

Bei Deiner Glocke wird es eher der insgesamt zu hohe Pegel gewesen sein, aber ich weise gerne mal auf das Phänomen in Fahrzeugen (vor allem Schienenfahrzeugen) bei Kugeln hin, weil mir das auch mal passiert ist. Also immer auf die Möglichkeit achten, direkt am Mikrofon oder am Aufnahmegerät oder einem zwischengeschalteten Kleinmischpult (SQN, eher fernseh- als hörfunktypisch) einen Bassabschwächer schalten zu können.

Matthias
 
Ich habe jetzt nur mal kurz reingeschaut... Gefällt mir!


Schon dieser eine Satz aus der Einleitung traf voll meinen Nerv und sollte in Stein gemeißelt (oder auf das Vorspannband gedruckt) werden:

Wer mit Aufnahmegerät und Mikrofon unterwegs ist, ist vor allem der Qualität verpflichtet, auf die die Hörerinnen und Hörer [...] Anspruch haben...

Dieser Satz erinnerte mich sofort an völlig unfruchtbare Dispute hier im Forum, weil halt jemand - wider besseren Wissens - seine Aufnahmen im MP3-Format macht und damit Qualität schon während der Produktion verschenkt... Furchtbar.
 
Da ich öfter mal gefragt werde, warum Hörfunkleute so gerne Kugeln und Fernsehleute so gerne Richtrohre benutzen, und das dort alles erklärt wird (…) Matthias

Das mag beim Fernsehen auch zum Teil historisch bedingt sein, da "früher" (bis 80er Jahre) noch viel auf 16mm-Film aufgenommen wurde und die Kameras entsprechende Laufgeräusche hatte, die man auf diese Weise etwas ausblenden konnte. Wenn man solche Sache heute anschaut/anhört, wo z.B. in ruhiger Umgebung (z.B. Interview in Wohnräumen) aufgenommen wurde, so kann man das oft deutlich hören. Das waren noch Zeiten: Mit schwarzem Staub verzierte Umkehrfilme, deutlich sichtbare Klebestellen und im Ton das Rattern der Filmkamera.
 
Es war aber wohl leider auch nur früher so, dass Rundfunkleute gerne Kugeln benutzen. Viele kennen die Unterschiede gar nicht mehr und seit alle Stereohandhelds benutzen, machen sich so oder so nur noch wenige Gedanken um das Mikro, das sie für die eine oder andere Situation einsetzen könnten.
 
Mal eine blöde Frage: Wie ist denn derzeit der durchschnittliche Ausbildungsstand von Leuten, die Beiträge für das Radio machen? Zumindest der rbb scheint seinen Nachwuchs überwiegend aus der dafür eigens gegründeten ems (Electronic Media School) in Babelsberg zu rekrutieren, und dort wird den Leuten doch hoffentlich sowas auch beigebracht. Wie machen das denn die anderen Anstalten? (irgendwelche privaten Lokalsender interessieren mich ehrlich gesagt nicht die Bohne)

Matthias
 
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