Digitalradio (DAB+), der heimliche, stille Renner

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Der Radiotor

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Seit dem Neustart als DAB+ spaltet das Digitalradio ja die Radiowelt. Ich rede ja auch viel mit Radiomachern, da gibt es die Begeisterten, die Skeptiker, aber auch diejenigen, die bereits auf DAB+ setzen, aber sich über die mangelhafte Resonanz beschweren und sogar wieder laut über Rückzug nachdenken. Und dann gibt es gestern plötzlich diese Meldung von der GfK:

GfK: Plötzlicher Boom bei Digitalradios verblüfft Marktforscher
Seit August 2011 gibt es das Digitalradio im Modus DAB+ in Deutschland, und der Start verlief eher schleppend. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zeigt sich aber laut einer heutigen Mitteilung überrascht, dass nicht nur Internetradios, sondern "vor allem Digitalradios" inzwischen die Nachfrage nach portablen Geräten offenbar massiv hätten steigen lassen. Die Marktforscher sprechen gar von "einer kleinen Renaissance" bei portablen Radiogeräten, ohne hierbei jedoch konkrete Verkaufszahlen zu nennen.

Jetzt fragt sich der Medienberadiotor, was nun tatsächlich davon zu halten ist. Und er kommt zu interessanten Ergebnissen:

1. Digitalradio ist wesentlich erfolgreicher als viele es annehmen.
2. Dass es Radiosender gibt die sich in der Fachwelt über eine mangelhafte Resonanz beschweren kann auch mit Taktik zusammen hängen: Ihr Kerngeschäft ist UKW, und sie wollen mit solchen offensichtlichen Falschmeldungen gezielt verunsichern.
3. Es gibt Käufer dieser portabler Radios, die gar nicht wissen, dass sie ein Digitalradio gekauft haben. Sie brauchten einfach ein Radio, dass sie zu Hause (etwa in Küche oder Bad) oder am Arbeitsplatz in Betrieb nahmen, es scannte alle Sender durch, fand den gewünschten Dudler (z.B. SWR 1), und der Käufer ist zufrieden. Ob analog oder digital ist ihm egal.
4. Dass es vor allem neue, exklusive Digitalprorgamme schwer haben ist unter dieser Sichtweise verständlich. Beim Radio findet nun mal so gut wie kein Zapping statt. Der Radiokäufer hat seit 20 Jahren seinen Lieblingssender. Dieser findet er dann auch im digitalen wieder, und wenn nicht, dann wechselt er halt auf FM, was ja alle Digitalradios beherrschen. Ein gewisses Risiko für etablierte Sender besteht aber dennoch: Einige neue Sender wie 90elf oder Schagerhölle könnten ja doch neugierig machen, also könnte der ein oder andere Dudler doch Hörer verlieren (da muss man die künftigen MAs genau analysieren).
5. In jedem Fall scheint der Markt der portablen Radios in Bewegung geraten zu sein. In vielen Haushalten sieht es so aus: Im Wohnzimmer der topmoderne High End-Netzwerkplayer mit allem Schnickschnack, in Bad oder Küche dudeln aber die alten 70er-Jahre-Henkelmänner. Offenbar gibt es hier nun ein Bedürfnis, die alten Kisten doch mal zu entsorgen und durch moderne Digitalradios zu ersetzen, obwohl sie theoretisch noch spielen.
 
Ja was denn nun? Auf der einen Seite soll der Verkauf weiter hinter den Erwartugnen zurück sein und Sender bereiten schon den Ausstiieg aus dem BuMu vor und jetzt plötzlich doch alles gar nicht so schlecht?

Meiner persönlichen Einschätzung nach, wird von seiten vieler Sender DAB vorsätzlich schlecht gemacht, weil man die neue Konkurrenz fürchtet. Wenn man sieht wieviel DAB-Radio Geräte nun in den den Märkten vorhanden sind, dann kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstelllen, dass die alle nur zur Zierde da stehen. Die Händler wollen verdienen und wenn Sachen nicht gut zu verkaufen sind, dann baut man nicht die Verkaufsflächen noch aus, sondern reduziert das eher auf ein kleine Nische ganz am Ende des Ladens.

Ich bin sicher die Verkäufe sind auf einem guten Weg. Ende des Jahres wird bestimmt die Millionengrenze erreicht sein. Sollte dann noch ein zweiter bundesweiter Multiplex kommen, dann wird das sicherlich ein Selbstläufer. Jede Wette.
 
Der DAB+ "Verkaufshit" steht und fällt:

1. mit dem Programmangebot (und das ist in NRW doch recht mager - zumindest der WDR sollte KOMPLETT über DAB+ abgebildet sein. Warum kann nicht wie mit DVB-T verfahren werden und auch noch z.B. das Bourquet des hr, ndr oder swr in NRW damit hörbar werden? Das wäre ein gaaaaaaanz dickes Kaufargument. Endlich ungetrübter Genuss von z.B. dem genialen Schlagerradio hr4 mitten im Ruhrpott oder dem coolen Elchsender SWR 3)

2. mit der Tonqualität (die ist leider wegen der Vielzahl der Programme pro Bourquet nicht immer optimal und liegt oft deutlich unter einem MP3-File mit 128 kbps Auflösung - fällt aber nur an einer hochwertigen Stereoanlage bzw. mit guten Boxen bzw. über Kopfhörer negativ auf)

3. mit dem Design / Funktionalität (viele Geärte sehen oft nach billigen Plastikbrüllern aus - Dab+ sollte auch in hochwertige Kombigeräte im altbewährtem Design (Henkelmänner mit CD/MP3-Player, Hifi-Receiver, Tuner, Autoradios) standarisiert als "Triple-Tuner" (DAB/WEB/FM-AM) Einzug halten und evtl. auch noch eine WEB-Option via W-Lan mitbringen)

4. mit dem Gerätepreis (der ist für die "Plastiktüten" sogar akzeptabel)

Also muss noch an einigen Stellen nachgebessert werden. Nur das alles ist wohl - gerade in NRW - politisch überhaupt nicht gewünscht. Denn was sollen nur die vielen Beschäftigten vom Lokaldudler-UKW-Monopol beruflich machen, wenn man sie irgendwann nicht mehr braucht, weil keiner mehr UKW hört? Obwohl: Wie man schnell und erfolgreich viele Lokalredaktionen einstampft hat doch erst kürzlich ein SPD-nahes Verlagshaus bewiesen. Sollte also dann auch mit dem "eigenen" Lokalfunkstätten so funktionieren.
 
Der DAB+ "Verkaufshit" steht und fällt:

2. mit der Tonqualität (die ist leider wegen der Vielzahl der Programme pro Bourquet nicht immer optimal und liegt oft deutlich unter einem MP3-File mit 128 kbps Auflösung - fällt aber nur an einer hochwertigen Stereoanlage bzw. mit guten Boxen bzw. über Kopfhörer negativ auf)

Wie schon oft bemerkt, wird dieser Aspekt total überbewertet. Für Leute die sich einen 48 kbit/S Stream übers Handy anhören, müssen die DAB Programme geradezu audiophil klingen. Natürlich ist das nichts für die heimische Stereonanlage, aber da hat man dann auch andere Möglichkeiten.
 
Es ist doch gar nicht gewollt, dass bestimmte Programme über ihre Grenzen hinaus gehört werden können. Bloß keine Ausweichmöglichkeiten, denn das würde ja die MA-Ergebnisse ruinieren.
 
Wie schon oft bemerkt, wird dieser Aspekt total überbewertet. Für Leute die sich einen 48 kbit/S Stream übers Handy anhören, müssen die DAB Programme geradezu audiophil klingen. Natürlich ist das nichts für die heimische Stereonanlage, aber da hat man dann auch andere Möglichkeiten.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass DAB+ Radio wenigstens so klingen sollte, wie UKW. Das ist technisch möglich, wird aber leider nicht erfüllt. Genau so wie bei DVB-T. Auch hier wäre eine bessere Qualität möglich, wenn man nur auf einen TV-Sender pro 4er- Bourquet verzichten würde.
Es ist doch gar nicht gewollt, dass bestimmte Programme über ihre Grenzen hinaus gehört werden können. Bloß keine Ausweichmöglichkeiten, denn das würde ja die MA-Ergebnisse ruinieren.
Und genau durch diese "Bevormundung" wird das System scheitern. Somit wird wohl WEB-Radio seinen Siegeszug antreten.
 
Wie schon oft bemerkt, wird dieser Aspekt total überbewertet. Für Leute die sich einen 48 kbit/S Stream übers Handy anhören, müssen die DAB Programme geradezu audiophil klingen. Natürlich ist das nichts für die heimische Stereonanlage, aber da hat man dann auch andere Möglichkeiten.
Für Dich ist das total überbewertet... für andere nicht. Wenn alle Leute keinen Qualitätsanspruch auf den verschiedensten Gebieten hätten und nur noch billig-billig gälte, gäbe es nur noch Fastfood-Buden und alle führen im Hyundai Getz durch die Gegend. Und niemand kaufte mehr einen HD-Fernseher und eine Heimkinoanlage (sowas ist ja in den Elektronikmärkten deit einigen Jahren der Verkaufsrenner), weil der Orion vom Sperrmüll mit Breitbandlautsprecher auch reichte.
 
Für Dich ist das total überbewertet... für andere nicht.

Der breiten Masse ist das aber egal. Hauptsache nicht zu teuer, laut und sieht trendy aus. Alles andere interessiert nur nebensächlich. Im übrigen gibt es durchaus DAB-Radios die gut klingen. Da muss man dann aber schon in der Preisklasse ab 80 EUR aufwärts suchen. Ausserdem wird es immer so hingestellt, dass DAB immer total schlecht klingt und UKW immer Hifi-Qualität bietet. Stimmt ja so nicht. Es gibt genügend Beispiele, dass DAB besser als UKW klingen kann.
 
Aber die Zahlen zeigen doch, wo die Chancen von DAB+ liegen: eben nicht im stationären High End- sondern im portablen und mobilen Bereich. Daher sind diese ganzen Klangdiskussionen in meinen Augen Fehl am Platz. Gerne poste ich auch hier nochmal das Bild eines Saturn-Marktes, der so richtig verdeutlicht, warum heute bei den kompakten Geräten in erster Linie DAB+ Radios gekauft werden. Es gibt ja fast gar nix anderes mehr. In Supermärkten mit 10 Euro-Radios sieht das freilich noch anders aus, hier gibt es oft maximal nur ein bis drei Geräte mit DAB/DAB+ zur Auswahl.

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Es gibt genügend Beispiele, dass DAB besser als UKW klingen kann.
Die wären? Von den nackten Daten her kann es das nämlich nicht, setzt man nicht endlich die Datenrate rauf.
Und einen Lokaldudler mit total verkurbeltem Optimod oder extremen DX-Empfang lasse ich als Referenz nicht gelten, da kann der Übertragungsweg nichts für. Auf welchem Empfangsweg klingt z. B. WDR 3 als ortsüblicher Sender besser?
 
WDR 3 klingt m.e. am Besten über DVB-S mit vollen 320 kbps! Direkt danach kommt auch schon UKW, danach Web-Radio und dann käme DAB+ - doch da wird WDR 3 wie WDR 4 auch - vom WDR erst gar nicht angeboten. Tipp: Einfach mal Klassik Radio über DAB+ (Frechheit!!!) mit DVB-S (Hifi-Genuss) vergleichen.
 
Seltsam, dass man (vermeintlich) u.a. beim HR dennoch DAB+ als "Klotz am Bein" empfindet, oder? -> hr schiebt hr2 weitgehend auf DAB+ ab

Ja, der hr ist so einer, der DAB+ gerne schlecht redet und keinen Hehl daraus macht dass man von der Technik nun mal gar nix hält und nur mitmacht weil es eine konzertierte Vorgabe der ARD-Anstalten war. Hier spielt freilich auch die Angst vor neuen Konkurrenten auch eine Rolle, die am Dornbusch schon immer besonders stark ausgeprägt war.
 
Gerade WDR 3 wegen Klassik und WDR 4 wegen Studio Brüssel (101,3 gegen 101,4 ist gerade in Grenznähe kein Genuss) wären wünschenswert auf DAB+
 
Aber die Zahlen zeigen doch, wo die Chancen von DAB+ liegen: eben nicht im stationären High End- sondern im portablen und mobilen Bereich
Ich kann hier Radiotor nur zustimmen. Wenn dann noch die Autoradios dazu kommen könnte es was werden. Die Meisten Radios für die werberelevante Zielgruppe, in der Zeit von 06:00 bis 18:00 Uhr, stehen als Henkelgerät im Büro oder auf der Baustelle und Werkstatt. Im HIFI Bereich habe ich zum Beispiel dem Verstärker ein SAT - Receiver vorgeschaltet und seit diesem Tag brauche ich UKW nur noch für die örtlichen HIT - Dudeler. Bei Neugeräten musste hier aber DAB mit verbaut werden. Nur gibt es dann noch Problem in der Antennendose. DAB wird im FS - Band 3 abgestrahlt und kommt damit an der Fernsehbuchse und nicht bei UKW raus und dann sind da noch die Buchsen vertauscht. Die eine männlich die andere weiblich. Also 2 Buchsen und 2 Kabel ? ;)
 
Je nach Hersteller wurde aber auch oft für UKW ein Bandpass verbaut um das dicke Fernsehsignal von Band1 und dem Sonder - und Fernsehbändern vom Radio fernzuhalten.
 
Ich habe im Dezember letzten Jahres mal die Studies in meinem Anorganikum gefragt, wer alles ein DAB oder DAB+ Gerät sein Eigen nennt. Ergebnis: 0! Auch kannte von den 22 Kids niemanden, der solch ein Gerät besitzen würde. In meinem erweiterten Bekanntenkreis kenne ich nur eine Person, die sich vor einigen Jahren ein DAB-Gerät (ohne "+") zulegte, um die beiden Dradios besser empfangen zu können. Er ist mit seinem Gerät allerdings äußerst zufrieden. Dies ist aber kein Kunststück, bei dem saumäßigen UKW-Empfang in Düsseldorf (Stichwort: „Wesel-Nordhelle-Problem“), der nur mit Hilfe der Mittelwelle Nordkirchen und abends mit der Mittelwelle Heusweiler (ehemals SR I) überbrückt werden kann. (Dies ist natürlich irgendwo ein Anachronismus, aber als mit Radio Luxembourg 208 sozialisiertes Wesen, das seinerzeit nur über Mittelwelle [ab 1:00 Uhr morgens dann auch über UKW in Mono] zu empfangen war, kann ich mich damit gut arrangieren.)
Die Meldung der GfK erscheint mir nicht zuletzt aus diesen Erfahrungen heraus etwas suspekt. Vielleicht erhofft sich die GfK ja neue Marktanteile bei der Quotenerfassung, sollte DAB+ mal ein Erfolg werden. Im Bereich TV-Quotenerfassung sind sie ja bereits Marktführer, wenn ich richtig informiert bin.
Ich habe letztes Jahr, als DAB+ auch bei uns in Düsseldorf an den Start ging, gleich zwei DAB+ Geräte ausprobiert: Ein Sangean für rund € 350.- und ein Mini-Sangean für € 79.-. Der Indoor Empfang beim großen Gerät war miserabel, obwohl der Rheinturm, der mit 10kW senden soll, keine 1000m von mir weg steht. Der Empfang des kleinen Sangean war da außen schon viel besser. Sobald man jedoch in den Zug einstieg, war die DAB+Freunde auch schon vorbei. Nur die alten, umgebauten Silberlinge ließen einen halbwegs brauchbaren Empfang auf der Zugstrecke Düsseldorf - Emmerich zu. Bei allen andern Waggons gab’s nur Geblubber und Aussetzer, so daß man das Gerät am liebsten gegen die Wand geknallt hätte. Da funktioniert sogar der Radiostream via Handy (Netz: D2 Vodafone) im Zug (ebenfalls Düsseldorf - Emmerich) um Welten besser. Der Batterieverbrauch des Mini-Sangean war im Übrigen sehr hoch.
Kurios bei teuren Apparat: Der UKW-Empfang war unter aller Sau. Normalerweise ist Sangean ein Spezialist bei hochwertigen Radiogeräten.
Wie dem auch gewesen ward; ich habe beide Geräte nach knapp 14 Tage Testbetrieb wieder zurück gesendet.
Ich habe mir übrigens gerade erneut ein kleines DAB+ Gerät bestellt; diesmal ein Sangean DRP-32. Bin gespannt, ob DAB+ in 2013 am Niederrhein nun besser funktioniert.
 
Ich werde mittlerweile sehr oft nach DAB gefragt, allerdings eher von der Altersgruppe 30 aufwärts. Momentan habe ich wenig mit Jugendlichen zu tun, allerdings scheint bei denen Radio nichts zu sein, über das man sich gross Gedanken macht. Wenn es irgendwie im Handy mit drin ist, nutzt man es. Aber auch da könnte man DAB-Module einbauen. ;)
 
SWR 1 BW und die auch die Programme des SR klingen über DAB verdammt gut. Da kann UKW einpacken. Allerdings fährt man dort auch die entsprechenden Datenraten.
Naja, 160 kbps MP2 bei starrem Stereo. Da hört man schon noch Artefakte, die waren ja selbst bei ADR noch deutlich wahrnehmbar. Für mobilen Empfang fängt's da aber schon an Spaß zu machen. Einen guten UKW-Empfang kann's trotzdem nicht schlagen, zumal das zugeführte Signal sicherlich auch auf 15 kHz Bandbegrenzt ist (was mobil sicher keine Rolle spielt).

Immer wieder wird die datenreduzierte Deutschlandfunk-UKW-Zuführung bemängelt, die da den Flaschenhals darstellt, und selbst die fahren mehr als 160 kbps.
 
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