Welche Aufgaben hat der Musikchef eines Senders?

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Ich kenne noch eine Aufgabe dieses Musikchefs: Zweimal im Jahr, jeweils am Tag der Bekanntgabe der neuesten Media-Analyse, darf er in einer "Fragestunde" am Nachmittag die Glückwünsche und Huldigungen der Hörer entgegennehmen. Sollte sich auch mal eine kritische Anfrage da reingemogelt haben, wird "Besserung" versprochen und dann geht es weiter im alten Trott. :cool:

Wahrscheinlich hat der Musikchef auch den Slogan "Der beste Musikmix der Stadt" erfunden! :D
 
Was tun, wenn besagter Computer einen großen Crash erfährt und die Playlisten nicht mehr vorhanden sind?

Wie früher: Eine Playlist aus Büchern mit Musiklisten zusammenstellen.(zbs. UK Top 40 Chart Records) :)
Mein Exemplar ist von 1996 und hat zahlreiche Playlists geboren (wie man sieht).
Funktioniert aber wie am ersten Tag. :D

Top_40_Charts.jpg
 
Die vorgeschriebenen Neuerscheinungen ins System einpflegen und die vorgeschriebenen Rotationen überwachen?

Alter!
Zum -zigsten Male: die werden nicht vorgeschrieben. Sie werden vom Musikchef ausgesucht - streng nach den grundsätzlichen Empfehlungen der Programmberater. Oftmals muss auch noch die Genehmigung des Programmchefs eingeholt werden, der ablehnen kann. Nur vorgeschrieben wird nichts. Jetzt?
 
Es gab Zeiten, da haben die Musikchefs noch händisch Musiklisten (ohne Computer, ohne Profiling, aber mit Kompetenz) zusammengestellt, diese auf Schreibmaschine getippt und dann dem zuständigen Direx zur Abnahme vorgelegt, und dann in der Sendung die entsprechenden Schallplatten aufgelegt oder legen lassen. Aber bei einem heutigen Hitradio, wo genormte Statistiken und Algorithmen über die Musik bestimmten, ist der Posten des Musikchefs tatsächlich obsolet geworden.
 
Ich bin erschüttert: ;)

Ich kenne noch eine Aufgabe dieses Musikchefs: Zweimal im Jahr, jeweils am Tag der Bekanntgabe der neuesten Media-Analyse, darf er in einer "Fragestunde" am Nachmittag die Glückwünsche und Huldigungen der Hörer entgegennehmen. Sollte sich auch mal eine kritische Anfrage da reingemogelt haben, wird "Besserung" versprochen und dann geht es weiter im alten Trott. :cool:

Sowas wird sicher nicht live sein bzw. wird der Hörer vorher gefragt was er fragen möchte oder ihm vorgesagt was er zu fragen hat. Man stelle sich vor, von 10 Fragern die Stunde reagieren 3 oder 4 negativ :eek:

Dann outen sich die Hörer hoffentlich als Spaßanrufer eines anderen Senders :wow:
 
Guten Abend, liebe Leute!

Na, dann werde ich mal über meine Aufgabe(n) als sog. "Musik-Chef" oder "Head Of Music" berichten. Die EIGENTLICHE Bezeichnung ist "Leiter der Musikredaktion" - logischerweise, wenn der Musikredakteur in leitender Funktion tätig ist und eine eigene Redaktionsmannschaft hinter bzw. "unter" sich hat. "Musikredakteur" ist er, wenn er zwar in programmgestalterisch verantwortlicher Position ("...die Musik wurde zusammengestellt von XY...") tätig ist, jedoch nicht der Redaktionsleiter ist.

Also, der Musik-Chef ist der Leiter der Musikredaktion. Er ist für das Musikprogramm verantwortlich und organisiert die Einsatzplanung der Mitarbeiter in der Musikredaktion sowie die Planung der Moderatoren- und Autoreneinsätze für die Musiksendungen per Dienstplan. Als Redaktionsleiter ist er allen Mitarbeitern der Musikredaktion gegenüber weisungsberechtigt und kontrolliert und verwaltet den Redaktions-Etat der Musikredaktion.

In der Regel ist ein Musik-Chef Mitglied des Managements des betreffenden Senders. Ihm obliegt die Verantwortung und die Überwachung bzgl. der Einhaltung des Musikformats und der Rotationsregeln sowie - speziell in Musiksendungen - auch der Präsentationsform (Moderation). Dazu führt der "Musik-Chef" mit den Musikmoderatoren regelmäßig Airchecks durch (zumindest SOLLTE es so sein, die Realität sieht manchmal leider etwas anders aus). Der Musik-Chef ist demnach auch allen Moderatoren und freien Mitarbeitern – speziell im Ressort Musik – gegenüber weisungsberechtigt.

Darüber hinaus pflegt der Musik-Chef mit seinen Musikredakteuren den Kontakt zur Musikindustrie (Plattenfirmen) und ist deren Ansprechpartner. Er bestückt, verwaltet und pflegt den "Musikrotations-Pool" (also das Musikrotations-Archiv) und entscheidet über die Aufnahme neuer A-Titel (Songs) in die Rotation. Ferner organisiert der Musik-Chef mit seinen Musikredakteuren für das Programm Künstler und Interviews im Bereich Musik und ist die personelle Schnittstelle zwischen den Verwertungsgesellschaften GEMA, GVL und seinem Sender.

Gemeinsam mit dem Programmdirektor repräsentiert er den Sender in der Öffentlichkeit und erfüllt als leitender Mitarbeiter eine Vorbildfunktion.

Soweit zu den Kernaufgaben eines "Musik-Chefs".

Dann möchte ich noch kurz das Wort an den User "ricochet" richten:

"JA", die User Roger Kirk (+) und "count down" haben mit ihren Aussagen in Bezug auf "vorgeschriebene" Rotation(en) ABSOLUT recht! Es gibt seitens der Musikindustrie KEINE "vorgeschriebenen" Rotationen für deren neues Musikmaterial. Denn DAS (die Rotationen) entscheiden Menschen wie beispielsweise meine Wenigkeit.

Ich weiss aber auch, dass in der Vergangenheit sowas seitens bestimmter Major Companies bei einigen deutschen Campus-Sendern ANGEBLICH schon einmal versucht worden sein soll. Ob DAS allerdings TATSÄCHLICH "so" abgelaufen ist, wage ich aufgrund meiner jahrzehntelangen Erfahrung in diesem Beruf stark zu bezweifeln. Ich könnte mir HÖCHSTENS vorstellen, dass vereinzelte Radio-Promoter mal "zu dealen" versucht haben (Beispiel: "Wenn Du mir die neue Single von XY in der A-Liste ("Hot Rotation") spielst, dann bekommst Du Künstler XY live zum Interview in Deinen Sender). Mehr wird da mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht "gedealt" worden sein, denn die Zeiten von sog. "Payola" sind schon seit mehr als 50 Jahren vorbei und waren primär ein US-amerikanisches Problem. Wobei es auch im Europa der 1970er, 1980er und 1990er Jahre "lustige Abende" (mit allem drum und dran) auf Kosten der jeweiligen Plattenfirmen gegeben hat. Dies ist jedoch ein ganz anderes Thema und hat nichts mit dem VORSCHREIBEN von Rotationen zu tun. Während oder am Ende solcher "lustigen Abende" sagte KEIN Radio-Promoter: "Die Single von XY musst Du aber jetzt auf der A-Liste spielen...". SOWAS hätte KEIN Promoter gewagt! Das wäre als Bestechungsversuch gewertet worden und hätte einen massiven Eingriff in die Programmhoheit dargestellt.

Also, nochmal: ES GIBT SEITENS DER MUSIKINDUSTRIE FÜR DEN RUNDFUNK KEINE "VORGESCHRIEBENEN" ROTATIONEN! Wenn sich DAS ein Radio-Promoter bei mir erdreisten würde, würde er hochkantig aus meinem Büro fliegen! Und als Konsequenz dessen KÖNNTE es dann durchaus AUCH passieren, dass ich SÄMTLICHE Produkte jener Plattenfirma, für die der Radio-Promoter tätig ist, bis auf Weiteres boykottiere und nicht mehr spiele/spielen lasse. Im Jahr 1989 hatten wir mal so einen ÄHNLICHEN Fall mit der WEA (WARNER MUSIC) im WDR. Damals ging es aber nicht um "vorgeschriebene Rotationen", sondern um das "auf-die-Spitze-treiben" der WARNER-üblichen Geizigkeit in Sachen Bemusterungspolitik seitens jener Plattenfirma. Bei den Treffen mit den damals für Westdeutschland zuständigen Radio-Promotern von WEA und TELDEC (die zwei Jahre zuvor von WARNER gekauft und 1990 in EASTWEST RECORDS umbenannt wurde) fielen von deren Seite dann Sätze wie z.B.: "Es gibt ein neues Album von Simply Red und ich habe ein Exemplar auch hier, darf Dir DAS aber nicht geben! Ich habe Dir das Album hiermit gezeigt und jetzt weisst Du, dass es DAS gibt!" Konsequenterweise fanden danach wochenlang KEINE WARNER-Titel mehr in den Hörfunksendungen des WDR statt. Darauf hin überdachte WARNER seine Vorgehensweise in Sachen Bemusterungspolitik - zumindest, was den WDR betraf.

Das Vorschreiben von Rotationen wagt kein mir bekannter Radio-Promoter, denn seine Aufgabe ist es schließlich, die Produkte der Plattenfirma für die er tätig ist, Leuten wie mir "wärmstens zu EMPFEHLEN".

Alles klar, "ricochet"...? ;)

Ich wünsche allen RADIOFOREN-Nutzern einen schönen Abend.

Cheers,
- DV -
 
@HIGHLYTRAINED-RDJ

Kleine Nachfrage meinerseits: Wie sieht Deine Musikrecherche aus? Bist Du selbst "Scout" und "entdeckst" Du Titel und Interpreten, die bisher kaum jemand oder nur kleine Fankreise kennen, - und wenn ja, wie machst Du das? - oder bezieht sich Dein Scan lediglich auf die Chart-Titel längst etablierter Interpreten.
Finden sich in Deinem Team von Musikredakteuren (ein solches gibt es ja wohl nach Deiner Schilderung) auch Musikwissenschaftler, bzw. Akademiker mit einem musischen Hintergrund, selbst aktive Musiker, oder führt die Rekrutierungslinie eher in die Fan- und DJ-Szene?
 
Ich habe Musikchefs erlebt, die standen permanent auf der Bremse und sorgten mit ihrem pädagogisierenden "Geschmack" (lateinamerikanische Gitarrenmusik unentdeckter Genies, die sonst auch keiner entdecken wollte) dafür, dass das Programm nicht in Fahrt kam und Lichtjahre weit der Konkurrenz hinterhersendete. Es gab und gibt aber auch welche, die den Laden musikalisch erst in Schwung bringen. Es kommt drauf an, was man aus seinem Job macht. (Binsenweisheiten, linke Schublade, ganz unten)
 
Guten Tag, liebe Leute!

@Mannis Fan:

Nun, dann werde ich mal verraten, wie ich das Recherchieren bzgl. neuer Künstler/neuer Musik handhabe. Grundsätzlich gilt (für mich - und das erwarte ich auch von meinen Leuten), dass ich auch noch nach mehreren Jahrzehnten in diesem Beruf "heiß" bin. "Heiß" auf neue, für das Programm "verwertbare" Künstler und auf deren Platten - und somit letztendlich "heiß" auf ein gutes und vor allen Dingen niveauvolles Pop-Radio. "Dudelfunk" ist nicht, obwohl wir AUCH bestimmte Hits einsetzen, die zu uns "passen" - aber eben NICHT NUR Hits, sondern darüber hinaus noch viel mehr.

Ich bin jemand, der in den sehr späten 1970er/ganz frühen 1980er Jahren musikalisch sozialisiert worden ist und aufgrund der Tatsache, dass ich als Kind multinationaler Eltern mit zwei Kulturen aufgewachsen bin, als "Wanderer zwischen den Welten" (in diesem Fall muss ich dann wohl eher "Kulturen" bzw. in musikalischer Hinsicht "Pop-Kulturen" sagen) bezeichnet werden kann. Du darfst mich also ruhig "den Raben" nennen, denn der Rabe gilt ja als "Wanderer" zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Wobei ich - glücklicherweise - nicht zwischen Diesseits und Jenseits "wandern" muss (DAS wäre für einen Menschen aus Fleisch und Blut vermutlich auch höchst kompliziert), sondern sich meine "Wandertage" - ganz profan und demnach nicht "sakral" - lediglich auf zwei europäische Länder bezieht.

Zunächst gucke ich mal, was sich in "Land A", welches als Mutterland der Pop-Musik gilt, musikalisch so tut. Und da gibt es eine Menge Neues zu entdecken, bin ich in jenem Land doch (auch) fest verwurzelt und nahezu "immer am Ball". Bemusterungen seitens der dortigen Industrie helfen mir selbstverständlich, den Überblick zu behalten und in Bezug auf "Land B", welches Du höchstwahrscheinlich bestens kennst, da Du vermutlich in diesem lebst, einen gewissen zeitlichen Vorsprung zu halten, da in "Land B" (in dem auch ich lebe) in Bezug auf populäre Musik die Uhren wesentlich langsamer ticken und die Entscheidungsfreudigkeit seitens der dort ansässigen Musikindustrie oftmals leider sehr zu wünschen übrig lässt. Bemusterungen der Industrie in "Land B" helfen mir allerdings sehr, einen Überblick über die dortige nationale Musikszene zu erhalten (und "zu halten"). Aus internationaler "Pop-Perspektive" ist "Land B" jedoch nicht mehr wirklich relevant. Das war vor über 30 Jahren einmal anders. Aber das ist leider Geschichte. Meine Hoffnung bzgl. einer Veränderung in Richtung einer wieder progressiveren Veröffentlichungspolitik seitens der Industrie in "Land B" (wie es früher AUCH DORT einmal üblich war) sind dennoch nicht "gestorben". Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt! Jedoch sehe ich auch, dass die Entwicklungen in jenem "Land B" immer konservativer werden - AUCH (und vor allem) in Bezug auf die dort tätige Musikindustrie.

Was beabsichtige ich damit zu sagen? Nun, ICH HÖRE NAHEZU ALLES, was sowohl über die Bemusterung aus "Land A", als auch über die Bemusterung aus "Land B" kommt! Und aus beiden Bemusterungen stelle ich dann Woche für Woche ein "Paket" zusammen, welches ich mit meinen Musikredakteuren dann - in Form einer Abhörsitzung, in der per Abstimmung DEMOKRATISCH entschieden wird, welche Songs letztendlich in Rotation gehen, diskutiere. Obwohl auch ich trotz jahrzehntelanger Tätigkeit nicht unfehlbar bin und Wert auf die Meinung meiner Redakteure lege, habe ich vor langer Zeit bereits entschieden, wöchentliche Abhörsitzungen durchzuführen, denn meine Leute bezeichne ich liebevoll als "musikalische Trüffelschweine" - d.h. sie schleppen zusätzlich oftmals AUCH Musikmaterial an, von dem ich im Leben noch nichts gehört habe und dass möglicherweise an mir vorbei gezogen wäre, hätten meine Redakteure es nicht "angeschleppt" und in der Abhörsitzung zur Diskussion gestellt.

Ja, es mag sein, dass diese liberale Vorgehensweise heutzutage bei vielen Hörfunkwellen (leider) nicht mehr üblich ist, für uns ist sie jedoch Standard - ermöglicht sie uns doch, musikalisch "immer SEHR NAH am Ball" zu sein. Und ja, manchmal werde auch ich in den Abhörsitzungen von meinen Leuten überstimmt und sie jagen dann ein meiner Meinung nach tolles neues Plattenprodukt zum Teufel, aber DAS ist der Preis, den ich dann (bei jener liberalen Vorgehensweise) dafür "zahlen" muss. Und ich zahle ihn gerne, habe ich dafür doch fachlich hochkompetente Musikredakteure hinter mir, die mit mir GEMEINSAM nach nahezu bestmöglichen Voraussetzungen am gemeinsamen Produkt arbeiten. Und in der Abhörsitzung abgelehnte Songs (Stichwort: "zum Teufel gejagte tolle neue Plattenproduktionen") können bei uns u.a. immer noch als sog. "Freepicks" im Programm stattfinden. Sie laufen dann eben nur nicht in Rotation, sondern kommen "per Hand" in bestimmten Sendungen zum Einsatz. Von daher ist letztendlich nichts verloren.

Meine Redakteure setzen sich in der Tat aus einer Mischung von Akademikern und aktiven Musikern zusammen. Und zwei DJs haben wir auch mit an Bord. Die "Rekrutierungslinie" ist bei uns nicht explizit festgelegt, jedoch müssen Bewerber - zusätzlich zu ihrer fachlichen Qualifikation - in Bezug auf Musik und Rundfunk "heiß" sein (siehe oben) und demnach dafür richtig "brennen". Betrachten sie diese berufliche Tätigkeit "nur als Job zum Geldverdienen" :wall: und nicht als "Berufung", dann passen sie nicht zu uns und sind die falschen Bewerbungskandidaten für uns.

@OnkelOtto:

Ja, SOLCHE Musik-Chefs habe ich auch schon erlebt - und noch viel schlimmer - in meinen beruflichen Anfangsjahren unter solchen Herren "dienen" müssen. In dieser Zeit habe ich eine Menge gelernt! Ich habe damals nämlich u.a. gelernt, wie ich es später NIEMALS machen werde!

Ich stimme Dir zu, dass es in der Tat darauf ankommt, was man als "Head of Music" aus seiner beruflichen Tätigkeit macht. Oder - um es mit Eric Clapton auszudrücken: "It's in the way that you use it" (aus dem Album "August", 11/86, 00392 Warner Bros. Records 925476-2 bzw. daraus ausgekoppelt als Single in 4/87 unter 00392 Warner Bros. Records 928397-7)... ;)

Einen schönen und vor allen Dingen erfolgreichen Tag wünsche ich Euch.

Cheers,
- DV -
 
Vielen Dank für die Einblicke. Noch eine letzte Frage: Bei deiner methode des Musicscoutings - gibt es ein Beispiel für Titzel, die es bei Dir in die Rotation geschafft haben, die aber sonst in keinem anderen Sender gelaufen sind? Bzw. Titel, die andere Sender bei Dir abgekupfert und übernommen haben?
 
Hmmmm.....man nimmt die Top 40 und dudelt die jeden Tag mindestens 3 mal runter......:D auch wenn sich die Hörer etwas wünschen:censored: so wird das gespielt, was die Musikredaktion haben will.:mad: Der Hörer zählt nicht. :mad: Ab und an nimmt man dann eine Neuerscheinung rein. :wow: Könnte ja sonst langweilig sein. :D Und wenn dann die Zahlen der MA da sind, dann jubelt man sich selber in die Höhe,:rolleyes: lobt sich bis zum Gehtnichtmehr :wall: und freut sich über den angeblich hohen Hörerzusprucho_O . Und dann beginnt die ganze Grütze von vorne.:wall::wall::wall:
 
Ich habe Musikchefs erlebt, die standen permanent auf der Bremse und sorgten mit ihrem pädagogisierenden "Geschmack" (lateinamerikanische Gitarrenmusik unentdeckter Genies, die sonst auch keiner entdecken wollte) dafür, dass das Programm nicht in Fahrt kam und Lichtjahre weit der Konkurrenz hinterhersendete. Es gab und gibt aber auch welche, die den Laden musikalisch erst in Schwung bringen. Es kommt drauf an, was man aus seinem Job macht. (Binsenweisheiten, linke Schublade, ganz unten)

Der Onkel bringts mal wieder exact auf den Punkt.
 
Hello again...!

@ Mannis Fan:

Die von Dir gewünschten Beispiele gibt es zuhauf. Ich könnte jetzt eine kilometerlange Liste veröffentlichen, von Songs die nur wir spielen bzw. die teilweise von anderen Sendern übernommen worden sind. Wenn ich DAS aber jetzt täte, dann wäre dem sog. "Abkupfern" ja Tür und Tor geöffnet, nicht wahr? ;) Und schließlich sollen "die Anderen" doch selbst genug Kreativität haben bzw. entwickeln, um für ihr jeweiliges Programm entsprechendes Musikmaterial zu entdecken - und letztendlich hoffentlich auch einzusetzen.

Von daher beschränke ich mich auf ein paar musikalische Beispiele, die wir entdeckt haben und entsprechend in Rotation spielen. Es handelt sich hierbei um Songs, die in einem European Hot AC-Format eingesetzt werden - wir sprechen hier also von einem Radio für ERWACHSENE Hörer. Es mag sein, dass Ihr den einen oder anderen Titel nicht kennt bzw. noch nicht gehört habt und ich werde mir jetzt die Mühe sparen, entsprechende Links zu den Künstlern, Gruppen und Songs herauszusuchen. Wer aber wissen möchte, wie jene von mir benannten Tracks tatsächlich "klingen", wird sicherlich auch bereit dazu sein, die entsprechenden Links selbst zu finden. Das ist von mir nicht böse gemeint, aber ich muss heute noch ein bischen arbeiten... ;)

Hier nun also ein paar Beispiele für Titel, die EIGENTLICH absolut "formatkompatibel" sind, jedoch nur bei uns laufen. UK-Themen habe ich extra gekennzeichnet, denn oftmals gibt es die Platte in Deutschland gar nicht bzw. ist dort nicht bemustert worden. Beginnen wir mit einer meiner "Leib- und Magen-Bands", nämlich mit der Gruppe Toto...

1. Toto-Last night 5/98
>>> Stammt ursprünglich aus den Aufnahmesessions zum 1988er Album "The seventh one" 2/88 (00149 CBS 460645-2), hat es damals aber leider nicht mit auf das Album geschafft und hätte EIGENTLICH auch eine Single sein können bzw. meiner Meinung nach sogar sein MÜSSEN! Starker Song (mindestens auch so stark wie "Stop loving you", der meiner Meinung nach nahezu der perfekte Pop-Song überhaupt ist) und ein toller Opener-Titel (mache mit dieser Nummer mal eine Sendung auf und lasse den musikalischen Eindruck auf Dich wirken! Du wirst wahrscheinlich das Gefühl haben, Deine Show könnte "fliegen"...!). "Last night" wurde dann erst in 5/98 auf dem Album "XX (Twenty), 1977 - 1997 - Unreleased tunes" (00162 COLUMBIA 489965-2) veröffentlicht und war KEINE Single! Statt dessen koppelte COLUMBIA den Song "Goin' home" in 5/98 als Single aus (00162 COLUMBIA 665793-2). Ist zwar AUCH ein schöner Toto-Song, aber "Last night" ist um Längen stärker! Schande über die Plattenfirma (CBS bzw. SONY MUSIC ENTERTAINMENT), die "Last night" damals (sowohl in 2/88 als auch in 5/98) schlichtweg verschlafen und meine freundlich gemeinten Hinweise auf die Stärke des Songs in Bezug auf eine mögliche Single einfach ignoriert hat.

2. Sherena Dugani-Accidental angel 6/00
>>> UK-Single (10218 RIVERHORSE (RHV) RIVHCD6). Aus dem Film "Saving Grace" (Deutscher Filmtitel: "Grasgeflüster"). Starker Song, gerade für einen AC-Sender! Ist in Deutschland NIE als Single veröffentlicht worden. Auch trotz meiner MEHRMALIGEN Hinweise gegenüber der Plattenfirma nicht. Wurde dort leider auch konsequent ignoriert und ist in Deutschland nur auf dem Soundtrack "Saving grace (Grasgeflüster) - A refreshing blend of music and dialogue from the film" 7/00 zu finden (in Deutschland bei meinen "Freunden" von WARNER auf 04281 WEA International 383095-2 erschienen). Und damit hatte das Label einen weiteren (Radio-)Hit "versenkt"...! Nun, wer nicht "will", der "hat" schon! ;)

3. Antony Costa-Do you ever think of me 1/06
>>> UK-Single (Z0000 Flying Sparks Records TDBCDS201). Noch ein nahezu perfekter Pop-Song! Erster Solo-Versuch vom Mitglied der Boy-Band "Blue". Wir spielen diese Single in Rotation und bekommen regelmäßig Höreranfragen, wenn dieser Song läuft ("Wer singt das und wo kann ich das kaufen?"). Die Single ist in Deutschland NIEMALS auch nur im Ansatz veröffentlicht worden! Schande über die deutsche Industrie, die dadurch - mal wieder - einen RICHTIGEN Hit verschlafen hat.

...und noch einer meiner "Leib- und Magen"-Musiker, der genau an meinem Geburtstag im Jahre 2005 diese Welt leider verlassen hat: Luther Vandross. DAS war quasi ein 'tolles' "Geburtstagsgeschenk" für mich! Aber so ist das Leben, nicht wahr? Luther's Balladen mag ich nicht so sehr, denn diese sind zwar schön, aber ich empfinde sie oftmals als "zu süß und zu klebrig" - ich stehe da eher auf seine souligen Uptempo-Titel,
wie z.B. ...

4. Luther Vandross-You really started something 7/01
>>> Hidden Track auf der EUROPÄISCHEN Version des Albums "Luther Vandross" 7/01 (11063 J Records 80813200072). Sehr geile Opener-Nummer! Hat AUCH den musikalischen "Flug-Effekt" (ähnlich wie bei "Last night" von Toto, obwohl es sich hier um ein ganz anderes musikalisches Genre handelt) und wird offensichtlich nur von uns gespielt. Der Song war leider auch keine Single, obwohl es zumindest eine Promo-Single hätte werden müssen. Statt dessen hat die ARIOLA die Songs "Take you out" 10/01(11063 J RECORDS 189553-2) und "Bring you heart to mine" 1/02 (11063 J RECORDS 191725-2) ausgekoppelt. Kein Wunder, dass das Album "Luther Vandross" verkaufsmäßig "abgestürzt" ist. Aber: wer nicht "will", der "hat" schon...! Und wer "You really started something" nicht mag, sollte es entweder mit "Shine" 6/06 (11063 J RECORDS 687238-2; basiert musikalisch auf "My forbidden lover" von Chic) oder mit "She won't talk to me" versuchen. Gerade letzteren Song, der in 1/89 als Single (00199 Epic 654517-7) veröffentlicht wurde und aus dem Album "Any love" 9/88 (00199 Epic 462908-2) stammt, spielt außer uns IN DEUTSCHLAND keiner mehr! Falls sie diesen Luther Vandross-Klassiker damals, als er neu war, überhaupt jemals gespielt haben...

5. Oasis-Some might say 4/95
>>> zunächst UK-Single (06306 Creation Records (SCR) CRESCD204P), dann später in Deutschland erschienen. Habe ich damals in meiner Sendung auf WDR 2 rauf und runter gespielt (die Freepick-Regelung erlaubte mir dies). Ja, "Some might say" ist ein musikalisch "brutalerer" Song, der aber trotzdem ziemlich melodiös ist und deshalb erwachsenen Hörern nicht vorenthalten werden sollte. Auch wenn "Brat-Gitarren" den Song deutlich dominieren. Der damalige Musik-Chef von WDR 2 bekam bei der Nummer "die Krätze" und lehnte gegenüber der Radio-Promoterin die Band Oasis komplett ab, in dem er diese als - Zitat: "...britischen Hype...", Zitat Ende - bezeichnete. Als dann Anfang November '95 die Single "Wonderwall" (04897 HELTER SKELTER RECORDS SAMPCD3017) bemustert wurde, nahm er den "...britischen Hype..." sogar in Rotation und dieser wurde zum festen Bestandteil von WDR 2. Wie das Leben so spielt...! ;)

6. The Fatback Band-I found lovin' 6/84
>>> UK-Single (05504 Ace Records Master Mix CME8401). Gab es diese Single jemals in Deutschland? Einer DER Funk-Klassiker schlechthin! Ich LIEBE diese Nummer und spiele sie AUCH HEUTE NOCH rauf und runter. Wahrscheinlich bin ich in Deutschland damit weit und breit der Einzige. Ist mir aber egal, denn AUCH DIESER Song gehört in ein European Hot AC-Format und wer das Ding nicht spielt (oder sich von irgendwelchen selbsternannten "Beratern" aufschwatzen lässt, der Song würde in Sachen "Music Research" schlechte Ergebnisse "einfahren"), der soll es eben bleiben lassen! Umso besser für uns! :p

...und zum Schluß noch ein ganz heißes musikalisches Thema für das AC-Radio! Es wurde von einem meiner "musikalischen Trüffelschweine" entdeckt und wäre sonst womöglich an mir vorbei gezogen. Was war ich happy, als "Herr XXX" mit dieser Nummer "um die Ecke" kam (Danke, Manu!):

7. Tegan and Sara-I was a fool 1/13
>>> Kanadische "Indie"-Band, bestehend aus zwei Schwestern aus Calgary. Album-Cut aus dem Album "Heartthrob" (00392 Warner Bros. Records 93624948179), inzwischen (8.2.2013) AUCH in Deutschland veröffentlicht (ja, bei meinen "Freunden" von WARNER...). Den Track "I was a fool" kennt hierzulande aber wahrscheinlich keine Sau! GREAT, GREAT Pop-Song! Sollte UNBEDINGT eine Single sein, denn diese Nummer könnte ein RIESENHIT werden und ist wie für das AC-Radio gemacht!!! Mal gucken, ob die Plattenfirma das Thema mal wieder verpennt, denn die Promo für Tegan and Sara fiel bislang mehr als dürftig aus. Kein Wunder, sind sie doch kein Produkt aus irgendeiner ("bohligen") Casting-Show...!

Ich könnte diese Titel-Liste jetzt nahezu endlos fortsetzen, aber leider fehlt mir dazu a) die Zeit und b) sollten Mitbewerber besser selbst kreativ werden und nicht nur von anderen Anbietern "abkupfern". Denn - vor allem auf weltweiter Basis - gibt es sooo viel tolle neue Musik zu entdecken, die durchaus AUCH in einem deutschen Sender eingesetzt werden KÖNNTE. Wird sie aber in der Regel leider nicht. :wall: Schade, schade und nochmals SCHADE - "beraubt" Ihr Euch doch dadurch selbst Eurer kreativen Möglichkeiten, gerade im Hinblick auf die Gestaltung eines niveauvollen Hörfunkprogramms.

Fazit: gerade im deutschen Hörfunk arbeiten an den "Schaltstellen der Macht" viel zu viele "Schisser", die lieber "auf Nummer sicher" gehen, anstelle selbst Kreativität zu entwickeln und "etwas" zu wagen! LEIDER ist DAS so! Und die DEUTSCHEN Plattenfirmen REAGIEREN in der Regel dann auf solch' eine "Politik" (O-Ton: "Das ist zwar eine tolle Nummer, aber das können wir nicht veröffentlichen, denn DAS spielt uns im Rundfunk mal wieder kein Mensch! Und wir können es uns leider nicht mehr erlauben, noch mehr Kohle in den Sand zu setzen...").

Und das "Ergebnis" dieses "Pop-Kultur"-feindlichen Verhaltens seitens des Rundfunks wird ja gerade in einem Forum wie RADIOFOREN.de nahezu bis zur Unkenntlichkeit diskutiert. Stichworte: "Dudelfunk", "Phil Collins" und "Rotationen". Aber (leider noch!) viel zu wenige Menschen, die im Hörfunk tätig sind, unternehmen etwas Positives in die entgegengesetzte Richtung. Ich hoffe, dass sich DAS in absehbarer Zeit ändert, jedoch ist meine Hoffnung diesbezüglich eher gering - obwohl die Hoffnung ja bekanntlich zuletzt stirbt. Tot ist sie jedenfalls noch nicht, denn es gibt - trotz politisch oftmals proklamierter "Alternativlosigkeit" - IMMER eine Alternative! ;)

@equalizer:

Auch wenn ich Deine Polemik sehr gut verstehen kann, beziehe ich diese NICHT auf meine Mannschaft, denn WIR "ticken" da etwas anders. Falls Du ein "heißer" Hörfunkprofi bist und ebenso "brennen" solltest, erwarte ich hiermit Deine Bewerbung! Denn gute Leute kann ich immer gebrauchen. Die Kontaktaufnahme diesbezüglich soll zunächst bitte via "private message" hier erfolgen. Und dann sehen wir ggf. weiter. Danke für Deine Aufmerksamkeit.

Und jetzt will ich noch ein bischen "ackern", denn hier wartet noch ein ganzer Stapel Tonträger auf die Aufmerksamkeit meiner Ohren und auf meine entsprechende Bearbeitung. Es gibt sooo viele tolle neue Platten zu entdecken... :)

Ich wünsche Euch einen schönen Feierabend.

Cheers,
- DV -
 
Alter!
Zum -zigsten Male: die werden nicht vorgeschrieben. Sie werden vom Musikchef ausgesucht - streng nach den grundsätzlichen Empfehlungen der Programmberater. Oftmals muss auch noch die Genehmigung des Programmchefs eingeholt werden, der ablehnen kann. Nur vorgeschrieben wird nichts. Jetzt?

Sie sollen nicht immer von sich auf andere schließen, Herr Musikredakteur. Ich bestreite ja gar nicht, dass es noch Sender gibt, bei denen sich Euereins einbringen kann. Aber was glaubst du was bei den meisten Privatsendern abgeht?

Übrigens - ich bin nicht dein Alter.

Dann möchte ich noch kurz das Wort an den User "ricochet" richten:

"JA", die User Roger Kirk (+) und "count down" haben mit ihren Aussagen in Bezug auf "vorgeschriebene" Rotation(en) ABSOLUT recht! Es gibt seitens der Musikindustrie KEINE "vorgeschriebenen" Rotationen für deren neues Musikmaterial. Denn DAS (die Rotationen) entscheiden Menschen wie beispielsweise meine Wenigkeit.

Der Durchschnittsleser weiß zum Glück nicht bei welchem Sender du arbeitest, aber wenn du beispielsweise für das Programm eines dieser Dudelsender verantwortlich wärst, hättest du unter den externen Foristen vermutlich einen ganz schweren Stand (oder bist du immer noch bei WDR2 beschäftigt?). Es ist jedenfalls sehr mutig im Namen anderer Musikredakteure die Verantwortung für das Elend zu übernehmen, das die deutschen Mainstreamsender über ihre Frequenzen verbreiten. Ob das den betreffenden Herrschaften recht sein wird, die mittlerweile ganz froh sein werden, dass sie für diese Dröhnung im Prinzip keine Verantwortung mehr tragen?

Fast überall läuft in engster Rotation der selbe aufdringliche Aufguß von unausgewogenster Promo-Ware und dann gehst du hin und machst die Musikredakteure persönlich dafür verantwortlich? Ob sie dir das danken werden?

Das Vorschreiben von Rotationen wagt kein mir bekannter Radio-Promoter, denn seine Aufgabe ist es schließlich, die Produkte der Plattenfirma für die er tätig ist, Leuten wie mir "wärmstens zu EMPFEHLEN".

Alles klar, "ricochet"...? ;)
Ihr wisst schon was ihr aufzulegen habt, da greift ein Rädchen ins andere. Berater, MDs und nicht zuletzt die Eigentümerriege sind ein eingespieltes Team. Kein Plattenagent wird es sich mit euch verscherzen.

Es läuft ja nicht umsonst überall dasselbe.
 
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