Hallo Gutz!
Ich hatte gehofft, daß ich dich falsch verstehe, aber du bestätigst gerade meine schlimmsten Befürchtungen:
Dieses "Papyrus" finde ich zumeist nur bei verschmutzten Platten, sind sie gut gereinigt und noch ein zwei mal nass gelaufen, tritt dies nicht mehr auf.
Du "ziehst" die Nadel also ganz bewußt gut 600 Meter weit durch diesen "Schmodder" einer LP-Seite. Was soll das denn? Ich verstehe dich nicht, auch wenn du laut eigener Aussage etwas jünger bist und die Hochzeit der analogen Schallplatte nur als Kind miterlebt hast.
Hallo?! Das ist eine Schallplatte aus PVC ("Fleisch & Blut" hätte ich zur Steigerung der Tragik meiner Aussage auch verwenden können) mit einer überaus empfindlichen Oberfläche, keine "virtuelle" MP3-Datei! Schau doch einfach mal auf die Rillen einer Schallplatte mit einer Klassikaufnahme: An den ganz leisen Stellen sind die Rillen so fein und eng, da bricht sich sogar schon das Licht! Fast wie bei einer CD. Und dort reitet die Nadel ohne Gnade "drüber". Kleinste Kalkkristalle sind dann in der Relation gesehen halt so groß wie "Felsbrocken"...
Warum brichst du die Abtastung nicht sofort ab und reinigst die Platte "richtig", wenn du schon siehst, daß die Nadel jede Menge Dreck aus der Rille kratzt? Du machst doch damit die Rille kaputt, drückst "Felsbrocken" in die Rillenwand. Selbst wenn du die Platte danach richtig säuberst, bleiben diese "Dellen" für immer und ewig in der Rillenwand. Die Platte knistert wie ein Lagerfeuer und ist eigentlich "im Arsch". Da hilft dann auch keine Nassabtastung mehr.
Um es ganz klar zu sagen: Es gibt kein "Freispielen" verkeimter Schallplatten!
Wenn eine Schallplatte "knistert", dann hat das Gründe.
Ein Grund ist (und das betrifft ganz besonders neue Scheiben) eine fehlerhafte Pressung. Das ist leider so. Die Pressqualität hat meiner bescheidenen Meinung nach mächtig nachgelassen. Wenn ich beispielsweise an das Reissue von "DSOTM" aus dem Jahr 2003 denke, wird mir schlecht. Das Ding knistert wie Sau. Da knistert selbst die alte AMIGA-Ausgabe weniger, wenn man sie nass abspielt. Und nein, ich gebe 2013 nicht nochmal Geld für diese Scheibe aus! Ich bin "geheilt", auch wenn ich die Musik von Pink Floyd mag.
Der nächste Grund für "knistern" sind elektrostatische Aufladungen. Hierzu muß ich keinen Roman schreiben, denn diese Ursache kann man ganz einfach bekämpfen:
1.) Man sorge für eine Luftfeuchtigkeit von über 40% rel. im Raum. Ab dieser Feuchtigkeit ist die Luft so leitfähig, daß es nicht mehr zu Aufladungen kommt. Jede Menge "echte" Pflanzen - so wie bei Mutti in der Stube - sorgen für das entsprechende "Mikroklima". Leider muß man für den gewünschten Effekt schon reichlich Pflanzen (Blumenbank) aufstellen und obendrein auch regelmäßig gießen. Das ist also nix für "harte Kerle".
2.) Eher etwas für "technikbegeisterte Kerle" ist dann schon das Spielen mit Hochspannung: Ionisation der Luft. Ozon und so. Kann man machen. Ganz nebenbei kann man damit auch die Luft "reinigen" - so wie man die Gase der Verbrennung in einem Kraftwerk reinigt. Alles nur eine Frage der Spannung. Ob der Wellensittich diese Nummer bei einem "Freiflug" in der Stube übersteht, kann ich wirklich nicht einschätzen. (Man erinnere sich jetzt bitte an das "Wattebällchen" zwischen den Platten eines Kondensators im Physikunterricht... *Ping-Pong*) Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, daß diese Methode im Normalfall nicht von der "besseren Hälfte" genehmigt wird. Schade eigentlich.
3.) Die einfachste Methode: Man spiele die Platten gleich nass ab. Keine Aufladung. Mit Sicherheit nicht.
Mit Methode 3 haben wir gleichzeitig die Chance, feinste Partikel in der Rille vor der Abtastung in der Flüssigkeit zu lösen! Ich rede wirklich von "Auflösen" im physikalisch/chemischen Sinne, denn gelöste Stoffe (Kalk, Salze) stören die Abtastung nicht! Dazu ist es aber notwendig, vor dem Nassabtasten so viel wie möglich "Dreck" aus der Rille zu putzen! Die paar Milliliter sind schnell "gesättigt". Spätestens wenn die Flüssigkeit etwas verdampftist, fallen die bisher gelösten Stoffe wieder aus der Lösung aus und setzen sich als "harter Belag" am Rillengrund und den Rillenflanken ab. Bei einer trockenen Abtastung knistert es dann "wie Hölle". Damit mache ich die Platte kaputt. Siehe oben.
Ich will euch etwas zeigen, damit ihr mich besser versteht. Glas ist bekanntlich sehr hart. Wirklich? Bitte lesen und dabei immer an unsere weichen Vinylscheiben denken. Die vor der eigentlichen Reinigung nicht entfernten "Kalkbrocken" wirken wie Schleifpaste, wenn die weichen Ziegenhaare der Knosti durch die Rillen fegen. Also muß das Zeug vorher - möglichst ohne mechanische Arbeit - weg: Der Badreiniger + Wasser.
http://www.intercon-spacetec.com/ratgeber/reinigung-optik.html
PS: Ich werde dieses Zeugs allerdings nicht vom Papier sondern "vom Blech" rauchen, um das Ergebnis nicht zu verfälschen.
He, he, he - nicht schlecht! Gewöhn' dich aber nicht dran, alter Schnüffler!
Grüßle Zwerg#8