Atmo: interne Rekorder-Mikros vs. externe Stereo-Mikros

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Hank H

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Hallo,

ich mache Atmo-Aufnahmen auch für längere ARD-Features mit dem Olympus LS-10 in Stereo, Interviews mit dynamischer Niere in Mono, meist lege ich die Atmo hinterher am Rechner drunter. Ich frage mich, ob ein externes Stereo-Mikro manchmal besser wäre, zum Beispiel, wenn man auch mal bei einem Interview im Hintergrund die Atmo gut hören möchte und sie NICHT separat aufnehmen kann/will. Nach allem, was ich bisher gelesen habe, wäre dazu x/y-Stereo nicht verkehrt. Für solche Interviews ist das Olympus nicht so toll (obwohl ich es für Atmo schon ziemlich gut finde).

Deshalb die Frage an Leute, die hochwertige Features produzieren: Nehmt ihr für Atmo externe Mikros? Sind die kleinen Rekorder wie Olympus LS-10 nicht fast ebenbürtig? Ab welcher Preisklasse werden sie von externen Stereo-Mikros überboten? Welche Mikros nehmt ihr? Hat jemand vielleicht sogar Hörbeispiele?

Hier zur Info ein Atmo-Test mit Hörbeispielen aus dem Jahr 2010 mit 16 Aufnahmegeräten, darunter auch das LS-10:
http://www.audiotranskription.de/vergleichstest-atmo
 
Ich habe vor einiger Zeit (Anfang des Jahres) mal Gelegenheit gehabt, mit einem Tontechniker vom HR zu fachsimpeln und der hatte bei der Veranstaltung ein Sennheiser MKH 418-S dabei. Das besondere an diesem Microphon ist, daß es M/S Stereo aufnimmt, d.h. auf M hat es eine Hypernieren/Keulencharakteristik und auf S eine Acht. Ich habe selbst keine Erfahrung mit so etwas, könnte mir auch vorstellen, daß es einiger Erfahrung bedarf, um damit sauber zu arbeiten (aufgrund der starken Richtcharakteristik des M-Kanals muß man vermutlich sehr gut "zielen"), aber spannend fand ich die Lösung allemal. Von der Preisklasse (Ein bekannter Versandhandel ruft für das Microphon €1905,- auf...) sind sie natürlich deutlich einige ganz andere Liga als ein Aufnahmegerät mit eingebauten Micros und ob das Ergebnis den hohen Anschaffungspreis rechtfertigt, kann ich nicht beurteilen.

Die Arbeitsweise ist hier natürlich etwas anders, da man i.d.R. Atmo und Gespräch gleichzeitig aufnimmt - hat natürlich Vor-und Nachteile, man kann in der Nachbearbeitung zum Beispiel nur das M-Signal verwenden und eine "andere", Atmo druntermischen, oder man nimmt beide Signale (man muß natürlich von M/S auf L/R umkodieren). Wenn man die Atmo eh "extern" aufnimmt, dann ist das Microphon sicherlich mit Kanonen auf Spatzen geschossen - aber wie schon erwähnt, ich finde die Möglichkeit, Atmo und Gespräch gleichzeitig aufzunehmen, durchaus spannend und wenn einem irgendwas die Atmo verhaut, kann mann ja immer noch nachbearbeiten.

LG

McCavity
 
Die MS-Technik ist in der Tat sehr interessant: Man kann auch ein dekodiertes MS-Signal als normale Links-Rechts-Information aufzeichnen und dann bei Bedarf in der Nachbearbeitung links und rechts wieder phasengleich zusammenmischen, um mehr Mittenpräsenz zu haben. Das kodierte S (Seitensignal) löscht sich dann nämlich aus. So kannst du in der Tat auch interessante Interviews aufzeichnen und im Nachhinen das Verhältnis zu den Umgebungsgeräuschen verbessern.
Aaaaaaber: Falls empfängerseitig ein reines Monosignal empfangen wird, passiert das gleiche ungewollt und du hast im Extremfall gar keine Atmo mehr. Monoempfänger gibt es ja im Hörfunkbereich durchaus noch, Stichwort Küchenradio, Radiowecker etc.

Für Atmos reichen die eingebauten Mikros der kleinen Solid-State-Recorder (wie auch der LS-10 einer ist), meist aus. Du hast hier eine optimale werksseitige Abstimmung zwischen Mikro und Vorverstärker, welche externe Mikros, gerade die günstigeren, kaum erreichen werden. Außerdem ist bei einem Anschluss an den unsymmetrischen Mikrofoneingang (wenn kein XLR zur Verfüngung steht) die Möglichkeit da, dass sich Störungen in den Ton einschleichen: Handys, Dimmer, Hochspannungsleitungen, Lichtmaschinen ... Gerade bei den niedrigen Pegeln, die Atmos oft haben, wird das schnell zum hörbaren und störenden Problem.

Wichtiger ist ein guter Windschutz für Außenaufnahmen, z.B. Fellpuschel. Auch wichtig ist die Vermeidung von Körpergeräuschen. Die beste Lösung ist ein Stativ. Falls das nicht möglich sein sollte, helfen auch Stoffhandschuhe. Eine Tonangel erlaubt zudem Atmos aus erhöhter Position, was gerade bei der Aufnahme von vielen Menschen (z.B. Gesang in der Kirche, Demonstrationen, Volksfest mit Rumtata) "voller" klingt.
 
Habe das LS-10 auch, verwende es aber nur für Notfälle und ganz unproblematische Aufnahmen. Ich verwende für Interviews für wunderschöne Featurestrecken auch gerne das Beyerdynamic MCE 82, deutlich besser als das stark höhenbetonte LS-10. Auch das erfordert ein wenig Übung, damit der Gesprächspartner nicht ständig die Seiten wechselt in der Aufnahme. Aber wer in der CL der journalistischen Radioformate spielt, dürfte damit keine Probleme haben. Viel Spaß weiterhin!
 
Ich habe vor einiger Zeit (Anfang des Jahres) mal Gelegenheit gehabt, mit einem Tontechniker vom HR zu fachsimpeln und der hatte bei der Veranstaltung ein Sennheiser MKH 418-S dabei. Das besondere an diesem Microphon ist, daß es M/S Stereo aufnimmt, d.h. auf M hat es eine Hypernieren/Keulencharakteristik und auf S eine Acht.
Für meinen Geschmack rauscht die Acht aber zu stark. Da fällt dann hinterher Entrauschungsarbeit an. Und sobald man dieses Mikrofon im Einsatz hat, muss man neben dreipoligen XLR-Kabeln auch fünfpolige Kabel griffbereit haben. Man muss sich also bewusst sein, dass man mit einem Exoten arbeitet. Ich hatte jahrelang eins, habe die MS-Funktionalität aber kaum benutzt, so dass ich es dann irgendwann verkauft und ein MKH 8060 angeschafft habe. Meine Angel hat ein innenliegendes Wendelkabel, da wurden die Verbinder dann auch von fünf- auf dreipol zurückgebaut.

Es gibt übrigens noch ein MS-Mikrofon, und zwar das Shure VP 88. Ich hatte hier vor Monaten mal gefragt, ob damit jemand Erfahrung hat, aber da kam keine Antwort.

Matthias
 
Den fünfpoligen Anschluss hast Du auf der Mikroseite aber bei allen Stereomikros, die ich so kenne. Daraus werden dann am anderen Ende zwei normale XLR-Anschlüsse. Was ist daran exotisch?
 
Naja, die Alternative wären eben zwei getrennte Mikrofone, ob nun für MS, AB, XY oder was auch immer. Und exotisch heißt, dass man sich nicht mal eben bei einem Veranstaltungstechniker ein Kabel ausleihen kann, wenn man seins vergessen hat oder es nicht lang genug ist. Oder dass man an eine Angel mit innenliegendem Wendelkabel nicht mal eben ein "normales" Mikrofon anschließen kann, wenn man sich für fünfpolige Steckverbindungen entschieden hat. Wobei die Angel nun wieder nicht hörfunktypisch ist, aber ich bin nun mal Filmmensch...

Matthias
 
Logo. Allerdings sind halt selbst in der Featureproduktion die Zeiten vorbei, als die Leute mit Stereoschienen losgezogen sind. Das waren dann meist Toningenieure, die zusätzlich dabei waren. Schon die Frage nach einem ordentlichen Stereomikro wie hier ist selten, überhaupt machen sich die Leute nur noch wenig Gedanken um Mikros.

Du siehst ja an so vielen thread hier, ein Handheld reicht vielen Leuten aus. Leider werfen es ihnen die Tonmeister bei der Produktion dann auch nicht in den Mülleimer.
 
Und: Wenn der Sender was Besseres will, soll er mir bei den Aufnahmen einen Techniker an die Seite stellen.

Nicht jammern!

Natürlich kann sich ein Reporter nicht "zerteilen". Wir sind jetzt aber auch direkt bei der grundsätzlichen Frage: "Was sollte ein Reporter von heute tonteschnisch können?" Dabei geht es nicht um "ich will jetzt Kunst in 5.1 machen", sondern um grundlegende Dinge wie die Vor-Nachteile von XY, AB-Mikrofonierung, die (noch sehr?) wichtige Monokompatibilität, "Rauschfragen", Windschutz usw...

Und wenn ich mir die ganzen Posts der letzten Jahre in diesem Unterforum so ansehe, dann bin ich eigentlich "guter Dinge", denn der tontechnische Anspruch an die eigene Arbeit ist wirklich sehr hoch!
 
Wir sind jetzt aber auch direkt bei der grundsätzlichen Frage: "Was sollte ein Reporter von heute tonteschnisch können?"


Wenig, meine ich. Denn ein Reporter soll vor allem eines können: das Material so schnell wie möglich in die Redaktion übermitteln. Ich wundere mich nicht, daß viele Reporter mittlerweile auf ein Smartphone setzen.
 
In diesem Faden ging es aber ursprünglich um Featureproduktionen, nicht um irgendwelche O-Ton-Schnipsel aus einer PK für Infodudler. Da sind die Prioritäten eben andere.
 
In diesem Faden ging es aber ursprünglich um Featureproduktionen, nicht um irgendwelche O-Ton-Schnipsel aus einer PK für Infodudler. Da sind die Prioritäten eben andere.
E b e n. Gute Stereoaufnahmen für ein Feature entstehen nicht unter Zeitdruck. Wer anspruchsvolle Aufnahmen haben will, der sollte sich sehr wohl Gedanken über Mikros machen und sich auch nicht scheuen eine Stereoschiene im Gepäck zu haben. Ich würde jedenfalls nicht darauf verzichten wollen und nutze sie meist mit zwei guten alten Beyerdynamic M 100N in AB-Anordnung für Atmos. Unverzichtbar auch ein gutes Stereomikrofon( Atmos, O-Ton), wie besagtes MCE 82. Rekorder sind Geschmackssache. Bei mir ist es ein Marantz PMD 671. Hin und wieder greife ich auch noch gerne wieder auf meinem analogen Rekorder zurück: Sony Walkman Professional WM-D6C, auch wenn das viele sicher nicht mehr nachvollziehen können...

Grüße an alle
 
Wer anspruchsvolle Aufnahmen haben will, der sollte sich sehr wohl Gedanken über Mikros machen und sich auch nicht scheuen eine Stereoschiene im Gepäck zu haben. Ich würde jedenfalls nicht darauf verzichten wollen und nutze sie meist mit zwei guten alten Beyerdynamic M 100N in AB-Anordnung für Atmos. Unverzichtbar auch ein gutes Stereomikrofon( Atmos, O-Ton), wie besagtes MCE 82.

Interessant. Ich habe auch vor einiger Zeit alte Beyer M101 N-Kugelmikros bei Ebay gekauft. Das müsste der Nachfolger vom M100N sein. Aber ehrlich gesagt bin ich noch nicht dazu gekommen, sie mal richtig ausführlich zu testen und mit dem Olympus zu vergleichen, der Sound kommt mir irgendwie etwas dünn vor (an einem PMD661). Entweder, sie sind doch schon etwas altersschwach, oder meine Ohren sind (zumindest bei Sprache) vom dicken Nahbesprechungs-Sound der Sennheiser-Niere verdorben.
Und wenn ich Atmo brauche, bleibt meist keine Zeit (oder kein Platz), um da erst zwei einzelne Mikros zu verkabeln und irgendwo aufzubauen.
Wo bekommt man überhaupt noch eine halbwegs tragbare Stereoschiene? Beim großen T ist nur eine bis 26 Zentimeter oder so, das ist ja nicht besonders flexibel. Schleppst du dann auch noch ein großes Stativ für die Schiene mit? Oder steht die immer auf der Erde? Lohnt sich der Aufwand im Vergleich zum MCE 82?
 
Dein Eindruck täuscht Dich vermutlich nicht, den Kugeln geht jeder Nahbesprechungseffekt ab, der ist einfach nicht da. Unsere Ingenieure hier im Forum springen angesichts der Begriffe "dünn" und "druckvoll" jetzt wohl im Dreieck, aber jeder weiß, was gemeint ist. Vielleicht kannst Du ja aus der Geräteauslgabe mal eine Sennheiser- oder Beyerkugel ausleihen und zum Test vergleichen. Die werden ähnlich klingen, und auch da wirst Du den Regler ordentlich aufreißen müssen, um einen akzeptablen Pegel zu bekommen. Ist normal. Ich tippe daher darauf, dass Du Dir die Ohren tatsächlich etwas "verdorben" hast. Zu den Schienen ist soundbites ganz sicher der bessere Ansprechpartner.
 
@Hank H
Die bei ebay angebotenen M101 N (c) sind meines Wissens ausgemusterte SWR-Geräte und brauchen so gut wie alle komplett neue Systeme. Wegen der unterschiedlichen Qualität also ungetestet für AB-Aufnahmen unbrauchbar Am besten mal richtig durchmessen lassen. Da die Mikros nicht mehr gebaut werden, hat Beyerdynamic nicht mehr allzu viele Ersatzteile, wenn überhaupt noch. Kostenpunkt: rund €100.
Stereoschienen für AB-Aufnahmen sind erst ab einer Basis von 80 cm interessant. Im Netz findet man hier allerdings hautsächlich hochpreisige Spitzenmodelle mit allem möglichen Schnickschnack zu horrenden Preisen (Schoeps, etc). Schau mal nach bei Adebar Acoustics in Wiesbaden (Vertrieb Deutschland): http://www.adebar-acoustics.de/vertrieb/v_tools.html#schienego
Bessere Infos dazu auf der Hersteller-Homepage in der Schweiz: http://www.stereoschiene.ch/index.php?section=01_00

Kostet um die €230. Das ist ne Menge Holz aber m. E. OK für die Qualität (Lasergravur).

Schleppst du dann auch noch ein großes Stativ für die Schiene mit? Oder steht die immer auf der Erde? Lohnt sich der Aufwand im Vergleich zum MCE 82?

Ich benutze mein altes Fotostativ beispielsweise für Naturatmos. Hier sind Kugeln einfach ideal (Aufnahmewinkel 360°). Bei größerer Stereobasis enthält die Aufnahme eben mehr Breite und so mehr stereofone Wirkung. Das muß man mal ausprobieren. Ist der Sound zu dünn, ist meist der Mikrofonabstand zur Schallquelle zu groß.

Hat man, wie Du wenig Zeit, ist man mit dem MCE 82 gut bedient. Ich benutze es gerne auch mit meinem LS11, den ich manchmal dabei habe (braucht ein Extrakabel, XLR5 auf Stereominiklinke).


Grüße
 
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