Was haltet ihr von diesem Satz...?

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Der Radiotor

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...den ich zuletzt von einem renommierten Radiomacher vernahm:

Sobald deine Hörer anfangen dir mitzuteilen dass sie die von dir gespielte Musik großartig finden und sich nicht mehr über Titelwiederholungen aufregen, sobald sie dir mitteilen, dass sie bei deinen Wortbeiträgen aufmerksam zuhören und dass sie sich freuen, dass dein Programm nicht so oft von Werbung unterbrochen wird, genau dann bist du auf dem besten Weg in die Erfolglosigkeit.

Gibt doch zu denken, oder?
 
@Der Radiotor: In der Tat.

Wobei ich mir die Frage stelle, ob er diese Aussage als einen Ansporn an sich selber sieht, in qualitativer Hinsicht nicht nachzulassen.
Man kann den Satz natürlich auch komplett anders interpretieren, indem man davon ausgeht, dass die Anerkennung als Radio-Personality durch eine Gemeinde aus Fan-Hörern im Widerspruch zu einem kommerziellen Erfolg steht. Bezogen auf die Radiolandschaft in Deutschland halte ich Letzteres nicht für abwegig.
 
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Ich habe das so interpretiert: Radio ist dann am erfolgsreichsten wenn es am belanglosesten ist. Es soll dich nicht animieren darüber nachzudenken, sondern nur im Hintergrund dudeln, ohne dass es dir groß auffällt. Es soll dir keine Musiktitel präsentieren die du außergewöhnlich findest. Und es soll freilich voller Werbung stecken. Nur dann hast du Erfolg.
 
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Kommt drauf an, wie man "Erfolg" jetzt definiert...
Ist es ein Erfolg, wenn man wenige (oder ein paar mehr) Hörer mitreißen kann oder ist es ein Erfolg, wenn man ganz viele so einschläfert, daß sie gar nicht bemerken, daß das Radio läuft und sogar vergessen, daß das Gerät auch einen Knopf zum Ausschalten hat...
Für einen kommerziellen Sender ist das zweite wohl der Erfolg, da eingeschlafene Hörer in der MA nicht extra ausgewiesen werden...
 
Naja, ohne Moos nichts los und selbst der WDR hat mittelfristig nicht genug Knete.

Ansonsten eine echte Binse, denn niemals wird ein großer Anteil der Hörer wirklich ein Feedback über einen Sender, Programm oder Host abgeben. Hörerreaktionen werden je nach Standunkt gern überschätzt. In Summe schon, weil im Endeffekt geht die Reichweite rauf oder runter. Es gibt einen alten Grundsatz im Marketing: Die erfolglosesten Produkte haben zumeist den härtesten Käufer-/Fan-Kern. In sofern, wenn die Reichweite in den Keller geht und dir ständig gesagt wird, dein Programm ist riesig, dann würde ich nachdenken empfehlen.

Ich finde dieser Merksatz ist besser:
Spiel die richtigen Songs in der richtigen Reihenfolge und nerv nicht mit Deiner Moderation. Denk immer daran, Du bist zu Gast beim Hörer und benehme Dich wie Gast und nicht wie ein Eindringling.

Tja und jetzt überlegen wir alle mal gegen wie viele Sender wir eine Anzeige werden Haus- (Hör-) friedensbruch wir stellen könnten.
 
Meines Erachtens einer der grössten Denkfehler unter Radiomanagern. Mit dem Anteil der Werbung hat er freilich recht. ;) Aber die Meinungen der Hörer zu ignorieren und selbstgefällig irgendwelche 0815-Konzepte durchzudrücken, genau daran krankt das deutsche Radio! Diese Arroganz hat allerdings Tradition. Das war so, als früher in der öffentlich-rechtlichen Monokultur studierte Musiker dem Publikum schräge Kost zur besten Sendezeit aufdrängten, die ist noch heute so, wenn sie anhand von empirischer Marktforschung herausgefunden haben wollen, welcher Wurm den Piranhas da draussen angeblich schmeckt.
 
Meines Erachtens einer der grössten Denkfehler unter Radiomanagern. Mit dem Anteil der Werbung hat er freilich recht. ;) Aber die Meinungen der Hörer zu ignorieren und selbstgefällig irgendwelche 0815-Konzepte durchzudrücken, genau daran krankt das deutsche Radio! Diese Arroganz hat allerdings Tradition. Das war so, als früher in der öffentlich-rechtlichen Monokultur studierte Musiker dem Publikum schräge Kost zur besten Sendezeit aufdrängten, die ist noch heute so, wenn sie anhand von empirischer Marktforschung herausgefunden haben wollen, welcher Wurm den Piranhas da draussen angeblich schmeckt.

Waren eben damals lustige Monopolzeiten für einige. Was vielleicht wenige wissen, die Hördauer war bis in die 80er Jahre wesentlich geringer als heute. Marketingorientierte erfolgreiche Firmen haben i.d.R. ein sehr großes Marktforschungbudget. Warum? Ganz einfach, sie wollen alles über ihre Kunden wissen und so noch besser die Bedürfnisse befriedigen.

Marktforschung ist eine Wissenschaft und die Interpretation der Ergebnisse ist oft nicht simpel. Hier liegt das Problem, aus eigener Erfahrung weiss ich, die Mehrzahl der Sender hat gerade einmal das Niveau der vier Grundrechenarten. Mehr als simple Auswertung und Analysefähigkeit gepaart mit Programm-Guidelines aus den 80ern und einer Holzhammerumsetzung. Das funktioniert im regulierten Deutschen Radiomarkt wunderbar, da es ja keinen wirklich echten Wettbewerb gibt. Interessant würde es werden, wenn einmal "richtige" Programme ausgestrahlt werden würden. Zum Glück gibt es immer noch den Ausknopf...
 
Bevor wir zu dieser leicht provokanten These objektiv Stellung nehmen könnten, müßten wir uns dazu in die breite Hörermasse hineinversetzen können. Als Anhänger des kultivierten Qualitätsradios, die wir hier vereinigt sind, sehe ich dies aber als ein Ding der Unmöglichkeit an.
Ein analoges Beispiel hierzu aus dem TV-Bereich: Angenommen, wir müßten ein Programm aus dem Privatfernsehen bewerten, beispielsweise eine vorgetäuschte Realitydoku über übergewichtige Leute die abnehmen möchten. Was dabei herauskäme kann sich jeder vorstellen, nämlich eine vernichtende Kritik. Wir können uns nicht in die sogenannten "bildungsfernen Schichten" hineinversetzen, was jetzt nicht als arrogant und abgehoben herüberkommen soll. Ich wage mal die Behauptung aufzustellen, daß die Mehrheit der Radiohörer verblödet werden wollen. Das ist bequem und erspart einem, über die Ereignisse des Alltags nachdenken zu müssen. Man hat ja selbst hinreichend genung Probleme am Hals. Der WDR richtet sich nicht ohne Grund nach seinen fiktiven Modellhörern.
Damit wären wir aber zwangsläufig bei der Radiobinsenweisheit des Jahres 2013 angelangt, die unser geschätzter Dr. Fu so treffend auf den Punkt bringt:

Zitat Dr. Fu:
"Spiel die richtigen Songs in der richtigen Reihenfolge und nerv nicht mit Deiner Moderation. Denk immer daran, Du bist zu Gast beim Hörer und benehme Dich wie Gast und nicht wie ein Eindringling."
 
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Ich habe das so interpretiert: Radio ist dann am erfolgsreichsten wenn es am belanglosesten ist. Es soll dich nicht animieren darüber nachzudenken, sondern nur im Hintergrund dudeln, ohne dass es dir groß auffällt. Es soll dir keine Musiktitel präsentieren die du außergewöhnlich findest. Und es soll freilich voller Werbung stecken. Nur dann hast du Erfolg.

Dann fehlt Absolut Relax ja nur noch die Werbung.
 
Vorausgesetzt, daß der Adressat der Botschaft ein Moderator ist, verstehe ich den Satz so, daß Du aufhörst, Dich zu verbessern und weiterzukommen, wenn die Hörer sich zufrieden zeigen und nicht mehr kritisieren. Es fehlt der Ansporn. Der Moderator bekommt schnell den Eindruck, daß er alles richtig macht. Wozu anstrengen, wenn's doch läuft?

Was ich sonst noch von dem Satz halte? Grausames Deutsch.
 
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Irgendwie hatte ich bei diesem Satz auch ein Deja-Vu. Ich musste lange überlegen wann und wo. Und jetzt fand ich es wieder. Genau den Inhalt des Satzes flößte ein bekanntes Berater-Duo (von denen einer unzwischen verstorben ist und der andere Furore als Krimniautor macht) bereits in den späten 1990ern den Senderchefs ein.

"Zu viele Titelwiederholungen, zu viel Gequatsche und zu viel Werbung - diese drei Problemzonen sollte ein Radiosender unbedingt haben. Beschweren sich die Hörer über diese drei Bereiche, ist der Sender auf dem besten Weg erfolgreich zu werden. KREKLAU+FITZEK beweist in der aktuellen Ausgabe ihrer HardMail, warum diese drei Probleme für erfolgreiche Radiosender geradezu lebensnotwendig sind.".
 
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Naja, ein paar Thesen kann jeder in den Raum stellen. Dadurch werden sie aber noch lange nicht richtig.
 
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Also, mir stockt das Herzblut. Jemand, der das Medium liebt, der seine Hörer achtet, alles im Sinne seines Publikums zu erstellen sich bemüht... Ist der so völlig fehl am Platze? Haben tatsächlich so viele Radio-Recken, die nichts anderes im Sinn hatten als Qualität zu liefern, über Jahrzehnte das Ganze falsch angepackt? Kann der Gradmesser für "erfolgreiches Radio" die Menge der Beschwerde-Mails sein? Was ist denn das für eine perverse Denke?? Sorry, wenn der Alte mal wieder polemisch wird - aber dafür braucht es keine ausgebildeten Sprecher, Moderatoren, Journalisten, Musikfachleute. Da reicht ein fiepsender Sinuston 24/7 mit rhythmischer Werbeunterbrechung... Und, für die redlichen Macher, die jetzt still in ihre Kissen weinen, noch eine Hölderlin-Erkenntnis: "Und ist er in ein Fach gedrückt, wo gar der Geist nicht leben darf, so stoß er's mit Verachtung weg und lerne pflügen!"
 
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Wenn das wirklich das Erfolgsrezept des Radio sein soll, dann gute Nacht Radio. Es ist echt zum :wall: was aus den am Anfang innovativen Privatradios geworden ist und die öffentlich-rechtlichen eifern es brav nach.
Noch gibt es die "Inseln der Glückseligkeit" wenn z.B. Werner Reinke bei hr1 moderiert (oder sogar zusammen mit seinem Ex-Kollegen und Freund Thomas Koschwitz, wie bei "lass knacken"), doch die Guten kommen auch langsam aber sicher ins Rentenalter, da wird mir Angst und Bange....
 
Das Dumme ist nur dass die MA-Zahlen den Radiomachern in ihrer Haltung auch noch recht geben. Irgendwas ist am Eingangsszenario also dran: Warum sind ausgerechnet die Radios mit den Standard-Playlists, Standard-Grewinnspielen, Standard-wasauchimmer die erfolgreichsten? Warum sind alle Experimente in Deutschland z.B. musikalisch einmal etwas jenseits des Mainstreams anzubieten (auch von etablierten Stationen) kläglich gescheitert? Warum stellen Radiomacher tatsächlich fest, dass bei Internetstreams die Hörer wegschalten sobald mal etwas unbekannteres, nicht getestetes läuft (alles schon erprobt)?

Ich denke wir haben in Deutschland zwei Problemzonen (um bei diesem schönen Begriff zu bleiben): a) die Untoleranz der Hörer, die offenbar nur das konsumieren wollen was sie kennnen und was sie nicht anstrengt und b) die Engstirnigkeit der werbetreibenden Industrie, die mit allem ein Problem hat was "anders" ist. Bei ersterem Punkt frage ich mich: Wie kommt das und woran liegt das? Warum kann etwa ein niederländisches Radio Veronica einen Song wie "Manhattan Skyline" von A-Ha im Tagesprogramm spielen, während in Deutschland von besagter Band nur drei Songs einsetzbar sind ("Take on me", "The sun always shines on TV" und "Summer moved on").
 
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Die älteren Jahrgänge sind von 40 Jahren Monopolfunk versaut und haben mieserable Repertoirekenntnisse, weil der Staatsfunk die Popmusik der 60er und 70er, von einigen Inseln der Glückseligkeit abgesehen, schlichtweg ignoriert hat. Die heutige Generation erwartet vom Radio keine Innovation mehr, denn es gibt ja YouTube, Spotify & Co. In den USA war die Repertoirebreite- und Tiefe sowieso stets größer und im befreundeten eruropäischen Ausland gab es schon früher private Stationen und Seesender, was Deutschland nie erlebt hat. Ich wage mal die These, daß es ohne die Offshorestationen vor GB in den Roaring Sixties um die Popmusik noch viel finsterer bestellt wäre. Vielleicht würden wir hier gerade anfangen, die Beatles zu entdecken? (Spaßfahne!!)
 
Vielleicht würde wir auch noch bei Märschen und Volksliedern herumhängen und hätten von UKW noch nichts gehört?
Ich frage mich, was einen "renommierten Radiomacher" zu so einem Statement bewegt?
Ist er es leid? Ist ihm etwas zugestoßen? Ist er gescheitert?
 
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