@Dr. Fu Man Chu
Zunächst habe ich nichts zur Reichweitenentwicklung geschrieben. Dies hat Gegenstromanlage. Und den Post halte ich auch - gelinde gesagt - für kompletten Blödsinn.
Bei aller Wertschätzung vieler Deiner Posts bringst Du einige Punkte hier doch durcheinander. Einen "sauberen Antrag" abgeben heisst nur, dass er formale Voraussetzungen erfüllt, vollständig und fristgerecht innerhalb der Ausschlußfrist zugegeangen ist. Selbst das ist für einige offensichtlich schon nicht ganz einfach zu erfüllen. Siehe FFH
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Die Entscheidung darüber, wer eine Zulassung erhält, orientiert sich nach relativ strikten Regeln: Angebots- und Anbietervielfalt. Und die Bewertung erfolgt hier nach juristischen Kriterien, damit letztlich ein Zulassungsbescheid gerichtsfest ist. Denn eine MeKo kann nur innerhalb eines Beurteilungsspielraum eine Entscheidung treffen. Und genau dieser ist juristisch, also von Gerichten - beschränkt, da ein Beurteilungsspielraum - überprüfbar. Angreifbar ist ein solcher Bescheid, wenn z.B. sachfremde Erwägungen oder Willkür der Entscheidung zugrundeliegen. Passiert immer wieder in Zulassungsverfahren, zuletzt bei der NLM (Braunschweig) oder jüngst bei der Ausschreibung der Drittsendelizenzen bei RTL.
Bei der Anbietervielfalt gibt es zwei Aspekte zu unterscheiden. Per se ist jeder Anbieter, der noch nicht in einem Markt vertreten ist eine Vielfaltsbereicherung. Aber auch Zusammensetzung der Anbieter, z.B. in Form einer Anbietergemeinschaft oder eine binnenplurale Ausgestaltung können entscheidend sein. Dies können Programmbeiräte sein, unterschiedliche Gewichtung von Stimmrechts- und Kapitalrechtsanteilen, Redakteursstatute, Zugang Dritter zum Programm u.s.w..
Bei der Angebotsvielfalt wird auch unterschieden. Die Vielfalt bereichert ein Angebot dann, wenn es so in einem Markt noch nicht vertreten ist. Das dürfte in der Regel immer gegeben sein. Neben der Vielfalt auf den gesamten Markt bezogen gibt es noch die Frage der inneren Programmvielfalt. Das von Dir genannte "beste Konzept" erstreckt sich somit i.d.R. hierauf. Welches Programm wird der Vielfalt des jeweiligen LMG am meisten gerecht. Auch hier gibt es gesetzliche Rahmen (Bildung, Unterhaltung, Kultur u.s.w.).
Man mag das Verfahren kritisieren, mal mehr oder weniger berechtigt, da natürlich dieses System Schwächen hat, oder die Medienkommissionen für unfähig halten. In der Regel erarbeiten auch die Verwaltungen die Vorlagen für die MeKos. Natürlich gab und gibt es standortpolitische Entscheidungen - oder besser Erwägungen. Die werden a.E. aber nicht im Bescheid stehen, denn dieser muss gerichtsfest sein. Früher war das einfacher, heute weniger. Aber wie will man es a.E. so regeln, dass es einem in demokratischen Verfahren abläuft?
Wir leben in einem föderativen Länderbund und die Länder haben die Ausgestaltungsfreiheit, was die Regelung des Rundfunks anbelangt. Das Kriterium der Vielfalt ist entwickelt worden. Zu beiden Punkten gibt es eine Vielzahl von Literatur und Urteilen, bis hinauf zum BVerfG. Nochmals, es ist schwierig oder gar unmöglich, dass man eine Alternative zum jetzigen Verfahren findet. Bei allen Nachteilen. Das neue LMG versucht neben der Vielfalt noch ein weiteres Kriterium einzuführen, das der Anreizregulierung. Was das ist, kann aber z.Zt. kein Mensch so genau sagen. Dies kann Innovation sein, aber auch die banale Gleichung, dass der Anbieter etwas leisten muss (z.B. integration von Drittsendezeitem) und im Umkehrschluss entweder die Zulassung bekommt oder Erleichterungen in anderen Bereichen erfährt. Dies zeigt aber, wie schwer es ist, solche Verfahren zu ändern, ergänzen oder generell zu regeln. Wenn man in diesem Forum fragt, wie man es regeln soll, dürfte es witzig werden - eine Lösung wird man nicht finden
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Auch in Sachen NRW würde ich widersprechen wollen. Ob ich dieses Modell gut oder schlecht finde, spielt dabei keine Rolle. Um auch Kritik vorzubeugen: Vielfalt ist "greifbar", und zwar so wie die Gesetze und die Rechtssprechung es vorgeben. Man mag das schlecht finden, merkwürdig oder auch skurril. Anbieterseitig ist in Deutschland allerdings kein Sender so vielfältig aufgestellt wie eine Lokalfunkstation in NRW. Lokale "Rundfunkräte" sichern die Meinungsvielfalt in Monopolstrukturen. Die Verlage haben keinen Zugriff und sind lediglich an radio NRW über eine Poolgesellschaft beteiligt. Darauf muss man erst einmal kommen! Für ein juristisches Seminar schon recht spannend. Dass es Lokalfunk in der Form gibt, ist aber der Historie, der Frequenzsituation in NRW (Stichwort Wellenkonferenz 1984 in Genf) und der Ausgestaltungsfreiheit des Landes NRW geschuldet. Allein, dass so etwas wie offene Kanäle Bestandteil eines Privatradioprogramms sind, mag irre erscheinen, stellt aber juristisch betrachtet, zunächst einmal einen Beitrag zur Vielfaltssicherung dar. Die Frage ist also eher, ob man persönlich etwas o.k. oder nicht o.k. findet. Auch ich finde in der Medienlandschaft viele Dinge merkwürdig, falsch oder fehlgeleitet. Ist aber nicht justiziabel, sondern mein persönliches Empfinden.