Ich erinnere mich sehr gut an die Welle Nord in den Achtzigerjahren – vor allem an den schlechten Empfang, den ich etwa Mitte jenes Jahrzehnts hatte. Ich wohnte etwa 30 Kilometer von Hamburg entfernt und empfing das Programm über den Sender Hamburg-Moorfleet auf 89,5 Megahertz. Meines Wissens nach hat dieser Umsetzer eine Leistung von zehn Kilowatt, was bei mir nur für „Genuss“ in Mono reichte, und dennoch rauschte es. Andererseits war das logisch, weil ich keine vernünftige Verbindung zur Dachantenne hatte. Erst viel später kam die 106,4 Megahertz aus Neumünster hinzu, die den Süden Schleswig-Holsteins seitdem wunderbar versorgt und auch mir endlich nahezu störungsfreien Stereoempfang bescherte – aber dies nur am Rande.
Die Welle Nord war bereits in den Achtzigerjahren ein sehr populäres Programm, in dem es zumeist deutsche und internationale Schlager aus mehreren Jahrzehnten zu hören gab. Ich erinnere mich an eine Frühsendung, die „unter der Woche“ lief, unter anderem von Jörg Draeger moderiert wurde und in der ein Hörer für jeweils eine Stunde das Musikprogramm zusammenstellen durfte. Ich zählte zu den Auserwählten, und so spielte die Welle Nord eine Auswahl aus meiner 30 Titelvorschläge umfassenden Liste. Sonnabends war der legendäre Willem von 9 bis 11 Uhr mit seinen „Norddeutschen Top 15“ zu hören – aber nicht immer zu verstehen. Darin stellte er aktuelle Poptitel vor, und er telefonierte mit Hörern und verloste Langspielplatten. Jede Woche sprach er von verärgerten Hörern, die sich beschwert hätten, weil sie die Musik mitschneiden wollten, er aber immer in die Stücke rede.
Später lief auf dem Sendeplatz „Kiel Royal“, eine von Jean André moderierte bunte Sendung mit Klatsch und Tratsch, in der ich in den frühen Neunzigerjahren einmal Studiogast war. Von 11 bis 12 Uhr spielte er mit den Hörern „Notenlotto“, das dem „Schiffe versenken“ sehr ähnlich war. Es gab Spielfelder von A bis H und von eins bis acht. Und irgendwo waren Kreuze versteckt, die ein Bild ergaben, beispielsweise eine Schlange. War beispielsweise auf Feld B6 ein Kreuz versteckt, und nannte ein Hörer dieses Feld, gewann er eine Langspielplatte. Die Hörer waren aufgerufen, Spielmuster für jede Sendung einzuschicken. Ich meine, mich zu erinnern, dass auch Wolf-Dieter Stubel die Sendung moderiert hätte, weil ich einmal als Telefonkandidat in seiner Sendung war und eine Quizfrage beantworten sollte – aber ganz sicher bin ich mir nicht.
In den Sommermonaten war das „Sommerradio unterwegs“ von 9 bis 12 Uhr zu hören – unter anderem von Stubel moderiert. Vorspann waren die ersten etwa 15 Sekunden aus „G'Olé“ von Rick Wakemann. Das Team meldete sich jeden Tag aus einer anderen Stadt oder Gemeinde in Schleswig-Holstein, in der eine Showbühne aufgebaut war. Ich war 1985 in St. Peter-Ording dabei, wo auch Bernd Clüver auftrat. Jedes Mal drängelten sich zahlreiche Zuschauer vor Bühne und Ü-Wagen.
Eine der populärsten Sendungen war das „Wunschkonzert“ mit Fritz Köhler, das von 12 bis 13 Uhr lief. Köhler war ein älterer Moderator, der sehr ruhig sprach und eine sonore Stimme hatte. Er las meistens eine Postkarte nach der anderen vor und spielte zwischendurch Wunschtitel. Köhler moderierte auch den „Tanztee“, eine Sendung, die sonnabends von 15 bis 17 Uhr zu hören war und aus verschiedenen Städten kam. Ich habe noch ein Veranstaltungsposter von 1986, als die Sendung im „Casino Royal“ in Elmshorn zu Gast war. Zu den Schlagerstars des Nachmittags zählte unter anderem Manuela („Schuld war nur der Bossa Nova“).
In den Neunzigerjahren führte Schlagersängerin Dorthe Kollo („Sind Sie der Graf von Luxemburg“) sonntags von 16 bis 17 Uhr durch die „Deutsche Schlagerparade“. Ich war zweimal Studiogast, weil ich mich als Hörer an der Sendung beteiligt hatte, was die Redaktion aber nicht erkannt hatte, und moderierte die gute Dorthe in einer Ausgabe gegen die Wand. Ich weiß noch, wie der Toningenieur sie über die Interkom fragte, ob das heute ihre letzte Sendung sei – das fand sie nicht witzig.
Ich habe noch viel Material aus den Achtziger- und Neunzigerjahren von der Welle Nord – unter anderem Programmfahnen, Aufkleber, Fotos und einen Bericht aus dem „Schleswig-Holstein-Magazin“. Darin geht es um Fritz Köhler, der eine Leidenschaft für Grammophone hatte und sich mit einem Sammler austauscht. Mal sehen, ob sich davon in nächster Zeit etwas in diesen Faden stellen lässt.