Cameron wiedergewählt - was wird aus der BBC?

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Nachdem David Cameron letzte Woche überaschend, aber deutlich als Premierminister wiedergewählt worden ist, hat er heute seinen neuen Kultur- und Medienminister benannt, John Whittingdale. Der ist als scharfer Kritiker der BBC und der Rundfunkgebühren und als Intimus recher Verleger bekannt. Die Spekulationen, was das für die BBC bedeutet, sind widersprüchlich, aber vermutlich wird in wenigen Jahren die Rundfunkgebühr durch eine allgemeine Abgabe, sei es eine Haushaltsgebühr nach deutschem Vorbild oder eine Steuer ersetzt werden, und der BBC ein weiterer scharfer Sparkurs aufgebürdet werden.

Und dann steht der BBC ja noch ein Sturm aus dem entgegengesetzen Lager, dem anderen Wahlsieger, der SNP, bevor. Die Schottische Nationalpartei hat auch nur wenig Sympathien für die bei ihr als pro-englisch und londonzentrisch verschriene BBC, und möchte die Beeb nicht nur im Falle einer irgendwann doch noch anstehenden schottischen Unabhängigkeit aus Schottland vertreiben (dann sowieso), sondern schon im Rahmen der nun anstehenden Verhandlungen um den künftigen Selbstverwaltungsstatus Schottlands die Zuständigkeit für den Medienbereich erhalten, welche Tony Blair der schottischen Regierung 1999, entgegen den ursprünglichen Plänen, versagt hatte.
 
Die Schottische Nationalpartei hat auch nur wenig Sympathien für die bei ihr als pro-englisch und londonzentrisch verschriene BBC, und möchte die Beeb nicht nur im Falle einer irgendwann doch noch anstehenden schottischen Unabhängigkeit aus Schottland vertreiben (dann sowieso), sondern schon im Rahmen der nun anstehenden Verhandlungen um den künftigen Selbstverwaltungsstatus Schottlands die Zuständigkeit für den Medienbereich erhalten, welche Tony Blair der schottischen Regierung 1999, entgegen den ursprünglichen Plänen, versagt hatte.
Naja... die SNP hat ihr Unabhängigkeitsvotum (zu einem ganz kleinen Teil) verloren, weil der schottische Zuschauer darum bangte, ob er nach der Unabhängigkeit noch "Eastenders" sehen werden könnte. Da war dann das Vertrauen in eine SBC nicht ganz so doll.
Und das sind doch mal wirklich wichtige Gründe, nach denen der Wähler seine Entscheidungen fällen kann.
 
Was ich oben verlinkt habe, war der BBC-eigene Plan. Der Plan der britischen Regierung geht ungleich weiter, und fordert, zusätzlich zu den bereits umgesetzten und geplante Sparmaßnahmen nochmal 20% Einsparungen. Das kommt daher, dass Labour die Rundfunkgebühren für über 75jährige abgeschafft hatte und dies durch Regierungszuschüsse ersetzte, und die jetzige konservative Regierung diese Zuschüsse nicht mehr zahlen möchte.
 
Die Einsparpflicht liegt schon seit Monaten vor - im Theaterstück folgt "nur" der nächste Akt. News soll übrigens nicht eingestampft (was für ein Wort!),
sondern zum Onlinekanal degradiert werden. Das steht sogar bei DWDL - nach viel Geschwafel endlich ganz am Schluss. Deren Artikel ist nun wirklich sehr unprofessionell formuliert!
 
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Was heißt denn "Onlinekanal"? Sicherlich nicht, dass sich inhaltlich nicht ändert und lediglich die linearen Verbreitungswege abgeschaltet werden - das sind laut Guardian nur etwa 13% der Kosten, und diese auch nur nominell, weil er als Teil der BBC-Muxe verbreitet wird. Ein linearer, aber nur über das Internet verbreiteter Nachrichtensender macht auch inhaltlich keinen Sinn. Ein "Online-News-Kanal" sähe wohl so aus, dass man auf bbc.co.uk/news als Ersatz verstärkt auf Videos setzt und diese ggf. auch nur für online produziert, aber die ganzen Moderationsstrecken und viele Live-Schalten wegfallen. Das heißt, de fakto läuft das wohl schon auf eine Einstellung hinaus, auch wenn man es offiziell Migration nennen wird. Spannend wird auch, welche Folgen das für BBC World News hätte. Dieser Sender ist zwar nominell eigenständig, weil er als Auslandssender nur über Werbung, BBC News Channel als Inlandssender nur über Rundfunkgebühren finanziert werden darf. Aber de fakto arbeiten diverse Abteilungen für beide Sender - fällt der BBC News Channel weg, so wird sich auch BBC World News vieles nicht mehr leisten können.

Laut dem BBC-Generaldirektor haben die bisherigen Einsparungen vor allem die Effizienz erhöht, aber künftige Einsparungen gingen wohl direkt auf Kosten des Programms. Und 20% sind da schon gewaltig. Ich möchte mal spekulieren, dass nach BBC Three und BBC News Channel wohl auch BBC Two, BBC Four, CBBC und CBeebies durch einen einzigen Kanal ersetzt werden könnten (tagsüber Kinderprogramm, abends "anspruchsvolleres" Fernsehen; das Prinzip kennt man ja auch in genug anderen Ländern). Die Landesfenster auf BBC Two für Schottland, Wales und Nordirland stehen ja ohnehin seit langem auf der Kippe. Und vielleicht werden auch einige BBC-Regionen (die die Regionalnachrichten auf BBC One und die BBC-Lokalradios betreiben) zusammengelegt, ITV hats ja vor wenigen Jahren vorgemacht. Die Digitalradios der BBC (5live, 6music, 4extra, Asian Networks usw.) werden wohl auch unter Druck geraten. Am Ende könnte die BBC dann wieder im wesentlichen auf den Stand der 80er-Jahre zurückgeschrumpft worden sein (plus Internet, dafür mit weniger Regionen): Zwei nationale Fernsehsender und vier nationale Radios, dazu die Regionalradios (aber weniger als heute).
 
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Dieser Sender ist zwar nominell eigenständig, weil er als Auslandssender nur über Werbung, BBC News Channel als Inlandssender nur über Rundfunkgebühren finanziert werden darf. Aber de fakto arbeiten diverse Abteilungen für beide Sender - fällt der BBC News Channel weg, so wird sich auch BBC World News vieles nicht mehr leisten können.
In den letzten Wochen wurden neben den teilweise bereits gemeinsamen Sendungen in der Nacht noch weitere Sendungen gestartet, die sowohl auf World News als auch auf dem Inlandskanal gesendet werden: eine Wirtschaftssendung am Morgen und "Outside Source" abends um 21:00, die aber beide immer etwas seltsam daher kommen, weil sie mittendrin Ersatzbeiträge mit UK-Fokus senden müssen, während auf World News Werbung gesendet wird.

Laut dem BBC-Generaldirektor haben die bisherigen Einsparungen vor allem die Effizienz erhöht, aber künftige Einsparungen gingen wohl direkt auf Kosten des Programms. Und 20% sind da schon gewaltig. Ich möchte mal spekulieren, dass nach BBC Three und BBC News Channel wohl auch BBC Two, BBC Four, CBBC und CBeebies durch einen einzigen Kanal ersetzt werden könnten (tagsüber Kinderprogramm, abends "anspruchsvolleres" Fernsehen; das Prinzip kennt man ja auch in genug anderen Ländern). Die Landesfenster auf BBC Two für Schottland, Wales und Nordirland stehen ja ohnehin seit langem auf der Kippe. Und vielleicht werden auch einige BBC-Regionen (die die Regionalnachrichten auf BBC One und die BBC-Lokalradios betreiben) zusammengelegt, ITV hats ja vor wenigen Jahren vorgemacht. Die Digitalradios der BBC (5live, 6music, 4extra, Asian Networks usw.) werden wohl auch unter Druck geraten. Am Ende könnte die BBC dann wieder im wesentlichen auf den Stand der 80er-Jahre zurückgeschrumpft worden sein (plus Internet, dafür mit weniger Regionen): Zwei nationale Fernsehsender und vier nationale Radios, dazu die Regionalradios (aber weniger als heute).
Die Einstellung von BBC Three wurde vom Trust nur mit der Vorgabe genehmigt, dass One und Two verstärkt Programme für jüngere Zielgruppen ausstrahlen müssen. Der Abbau des Programms von Three läuft seit Beginn des Jahres schon kräftig. Es wird deutlich weniger als zuvor produziert und es laufen wesentlich mehr Wiederholungen aus den Vorjahren. Die Flagschiffe haben schon zu Two gewechselt ("Russel Howards Good News" und die Erstaustrahlungen des sehr beliebten "Family Guy", den man mit dem nächsten Jahr auch schon komplett an ITV verloren hat) und "Don't Tell The Bride" wird jetzt im Auftrag von One produziert.
Two ist auf der anderen Seite schon seit Jahren eine Müllhalde für alles, was auf One zeitlich keinen Platz findet. Das Tagesprogramm besteht über Stunden nur noch aus Wiederholungen. Besonders deutlich war der Verfall von Two zu sehen, als im Vorjahr zum 50jährigen Jubiläum einfach die Feiersendungen von 10 Jahren zuvor wiederholt werden konnte, die die Programm-Highlights der Anfangsjahre und den Mut zeigten, mit dem gerade dieser Sender mal ans Werk ging. Dafür war in den 10 Jahren dazwischen schon kein Geld mehr da und der Sender hatte kaum noch Gelegenheit diese alte Tradition fortzusetzen.

Auch wenn beim Radio nicht viel Geld einzusparen ist, fürchte ich auch, dass man die Digitalsender der Reihe nach wieder einstampfen wird, außer dem Asian Network. Das braucht man (noch nötiger als der WDR sein Funkhaus Europa), um die entsprechende Zielgruppe zu bedienen. In der Beziehung wird sowieso ständig von allen Seiten Nachbedarf angemeldet, ebenso wie Quoten für Frauen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund in allen Positionen des Hauses.
 
Das mit den durchgeknallten Torys ist schon richtig - bloß sitzen diese tatsächlich in der Kommission, die auf Regierungsauftrag hin die BBC-Charta überarbeiten soll.
 
Auch wenn beim Radio nicht viel Geld einzusparen ist, fürchte ich auch, dass man die Digitalsender der Reihe nach wieder einstampfen wird, außer dem Asian Network. Das braucht man (noch nötiger als der WDR sein Funkhaus Europa), um die entsprechende Zielgruppe zu bedienen. In der Beziehung wird sowieso ständig von allen Seiten Nachbedarf angemeldet, ebenso wie Quoten für Frauen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund in allen Positionen des Hauses.
Wie lässt sich dann aber erklären, dass 2010/2011 BBC 6 Music von der BBC Trust rasch als "unverzichtbar" deklariert wurde, während die Zukunft des Asian Networks lange Zeit ungewiss war und erst nach zähen Verhandlungen und vielen Einsparungen die Einstellung abgewendet werden konnte? Damals hieß es, dass gerade die Asian-Network-Zielgruppe tatsächlich besser von der privaten Konkurrenz angesprochen würde.
 
BBC-Generaldirektor Hall hat nun seine jüngsten Pläne für die Zukunft der BBC vorgestellt. Neu ist vor allem, dass bei der Lokalberichterstattung mit den lokalen Zeitungen zusammengearbeitet werden soll. Daneben möchte die BBC ihre Internetplattform für externe Anbieter öffnen. Nicht ausgesprochen, aber deutlicher diskutiert wird außerdem, dass nach BBC Three und BBC News auch BBC Four auf der Kippe steht, wie schon oben von mir spekuliert.

Sehr zu empfehlen sind im Bericht übrigens die Grafiken zum BBC-Radio (ab Seite 30). Demnach laufen innerhalb eines Monats auf BBC Radio 1 3868 verschiedene Titel, auf BBC Radio 2 4423 verschiedene Titel. Nur 232 Titel laufen sowohl auf Radio 1 als auch auf Radio 2. Hallo WDR? Hallo, Frau Weber? Im Vergleich zwischen BBC Radio 3 und Classic FM besteht 90% des Musikangebots von Radio 3 aus Musikstücken, die innerhalb des Monats nur ein einziges Mal gespielt wurden; bei Classic FM ist es nur etwa die Hälfte.
 
Steve Hewlett von der Radio 4 Media Show wurde gestern im Nachrichtenkanal zu den Sparplänen als Experte befragt. Der wusste zu berichten, dass die BBC in den kommenden Jahren 20 Mal den Jahresetat von BBC Four sparen muss. Also wird es dort unumgänglich sein, dass auch dieser Sender eingestellt wird. Und wie bereits von mir zuvor spekuliert, wird wohl eine ganze Reihe der digitalen Radiosender dran glauben müssen, auch wenn man z.B. bei 4 extra bereits den ehemals bestehenden sehr kleinen Jahresetat für eigene Produktionen komplett eingespart hat. Und auch wenn im ganzen Haus momentan besonderer Wert auf Musik im Programm gelegt wird, ist ein Sender wie 6music eigentlich nicht zu rechtfertigen. Warum finden dessen Inhalte nicht auf 1 und 2 statt, auch wenn 2 mit der Erfüllung aller möglicher Musikansprüche natürlich jetzt schon vollkommen überfordert ist.

Im Fernsehbereich will die Regierung den Sender wohl offensichtlich richtig kaputtsparen. Übrig bleiben darf wohl nur noch eine BBC, die für werbefreie Kinderbespaßung zuständig ist. Sehr traurig, was da mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk erster Güte gemacht wird.
 
Der BBC News Channel darf doch bleiben, schreibt DWDL. Die Einstellung würde kaum Einsparungen bringen, weil das Gros der Kosten auf die allgemeine Infrastruktur von BBC News zurückgeht. Für den Rest der BBC heißt das aber nichts gutes, denn das finanzielle Oberziel steht ja weiter.
 
Bei dieser ganzen politisch gewollten Kaputtsanierung der BBC darf man auch einen anderen Punkt der Medienpolitik der aktuellen Regierung nicht aus dem Auge lassen.
Es gibt auch Pläne den öffentlich-rechtlichen aber rein werbefinanzierten Channel 4 komplett zu privatisieren. Dafür wurde in den letzten Wochen scheinbar auch schon das entsprechende Personal auf die entscheidenden Stellen gesetzt.
Man weiß nicht, was sich die Politiker bei diesen Plänen so denken. Die Programmqualität wird auf jeden Fall darunter leider, weil sich ein reiner Privatsender z. B. nie im Leben die stundenlangen Liveübertragungen der Paralympics leisten wollen wird.
 
Pläne, Channel 4 zu privatisieren gibt es doch, seit es diesen Sender gibt. Und der ist ausgerechnet unter der Erzkonservativen Margaret Thatcher gegründet worden.

Wobei mich mal interessieren würde, wie man eine Privatisierung von Channel 4 ideologisch begründen sollte. Der Sender finanziert sich ausschließlich am Markt (also weder auf Kosten der Gebührenzahler noch des Staatshaushaltes) und schafft sowohl intellektuellen als auch wirtschaftlichen Wert (durch die zahlreichen Programmaufträge an unabhängige Produktionsfirmen). Etwas besseres kann sich doch auch ein Konservativer kaum wünschen! :rolleyes:
 
(Zur Begriffserklärung in der Meldung: Mit Ceefax ist der Teletextnachfolger gemeint, der hierzulande HBBTV heißt.)
Nein, Ceefax ist der Vorgänger des Red-Button-Dienstes - also der Teletext. Der erste Satz im Artikel ist wie folgt zu übersetzen: "Als Nachfolger von BBC Ceefax bietet er [der Red-Button-Dienst] Nachrichten und..."
 
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Im Ergebnis bleibt es gleich: Red Button = Textbasierter Informationsdienst einerseits und ein zusätzlicher Fernsehkanal mit wechselnden Inhalten (meist in längerer Dauerschliefe) andererseits.
Wobei man da auch gerne mal flexibel ist. In der Woche von Glastonbury und der anschließenden ersten Woche von Wimledon wird auch einfach mal ein zusätzlicher Transponder mit weiteren Live-Kanälen aufgeschaltet.
 
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