hr2 wird zur Klassikwelle

Mit der Ausrichtung von hr2 auf klassische Musik fallen beim hr Musikrichtungen wie Jazz, Musicals, Weltmusik, Chansons wahrscheinlich komplett weg. Gerade da sieht es bei anderen öffentlich-rechtlichen Sendern auch eher mau aus.
Meine Rede. Das kam alles mal ursprünglich von hr1 nach hr2, wurde dort ausgebaut und gepflegt. Jetzt ist Karin Wirschem in den Ruhestand gegangen, ihre „Hörbar“ wird zwar fortgeführt, derzeit sind noch von ihr vorproduzierte Sendungen im ARD Radiofestival am späten Abend zu hören, aber, wie man sieht, wird auch diese Sendung bald ganz wegfallen. :cry:
 
Lasst den Älteren doch eine Nische.
Nicht nur den Älteren. Auch bei den "Älteren" ist simple Unterhaltung mehrheitlich gewünscht und anspruchsvolleres nur von Minderheiten.

Um wen geht es dann? Meiner Ansicht nach um die, die schon von der "Darreichungsform" her beim hr nur noch ein Programm zu mehr als nur zu den Nachrichten einschalten können (für Nachrichten wechselt man ja seit den O-Tönen besser zum DLF). Das sind die hr2-Hörer - unabhängig vom Alter. Da gibt es immer noch was sogar für Kinder. Und Klassik ist nichts, was zwingend nur für "Alte" wäre. Dafür reicht ein Blick in ein x-beliebiges Orchester oder Einrichtungen wie https://www.jugend-musiziert.org bzw. https://www.young-euro-classic.de/ .

In manchen ARD-Anstalten weiß man sogar, wie man Kinder und Jugendliche für Klassik begeistern kann: https://www.br.de/kinder/hoeren/doremikro/index.html . Der hr weiß das prinzipiell auch: https://www.hr-sinfonieorchester.de/education/index.html - was wird künftig daraus? Man plant zumindest noch: https://www.hr-sinfonieorchester.de/education/angebote/super-x-orchester,super-x-concert-100.html .

Es wäre schlimm, wenn auch das dem "Streichkonzert" zum Opfer fallen würde. Und es wäre gut, wenn es davon was im "richtigen" Radio geben könnte.
 
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... Mit der Ausrichtung von hr2 auf klassische Musik fallen beim hr Musikrichtungen wie Jazz, Musicals, Weltmusik, Chansons wahrscheinlich komplett weg. Gerade da sieht es bei anderen öffentlich-rechtlichen Sendern auch eher mau aus...

Na, da freuen sich doch verschiedene mir bekannte NKLs im Rhein-Main-Gebiet, die gerade diese Musikrichtungen sehr pflegen und dort auch alle auf DAB+ zwischen Giessen - Ludwigshafen / Bingen - Aschaffenburg rauschfrei zu empfangen sind :thumbsup: (..und für die hr-Bigband würden sich theoretisch dort übergangsweise auch noch Plätzchen finden, auch wenn der hr dem nicht zustimmen wird - nicht nur wegen seiner Abneigung gegen die NKLs, anders als der swr Mainz) / K.
 
Bei vielen NKL-Sendungen (bin gelegentlich begeisterter Radio-X-Hörer) ist mir allerdings die Darreichungsform zu lässig, vulgo: zu runtergerotzt. Einerseits hab' ich dort schon Musik aufgeschnappt und genossen, die mir mein Stammsender kaum spielen würde (und dies in Zukunft wohl gar nicht mehr tut) , andererseits hadere ich mit der Präsentation. Deswegen war mir - wie auch Schneeschmelze - die Hörbar mit meiner Kollegin Karin Wirschem immer ein solches Vergnügen. Interessante Musik - und zudem kulinarisch präsentiert. Futsch...
 
Bei vielen NKL-Sendungen (bin gelegentlich begeisterter Radio-X-Hörer) ist mir allerdings die Darreichungsform zu lässig, vulgo: zu runtergerotzt.
Ich glaube, ich hatte es an anderer Stelle schon mal geschrieben: Wenn die Parole gilt „Wir wollen gar nicht so perfekt sein wie die großen“, dann sind die halt nicht zu retten. Arrogante Selbstdarstellung zu Lasten des Hörers. Der Fisch stinkt vom Kopf.

Ich schweife ab.
 
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Auch mich ärgert die geplante Änderung von HR2 enorm. Herr Sommer, seines Zeichens "Hörfunkdirektor" ist noch bis zum April 2020 im Dienst und sein Ziel bis dahin ist ofensichtlich die komplette Zerstörung des Rundfunks. Mit dem alten HR1 hat er das ja schon 2004 geschaft.
Am Freitag dem 23.08.2019 ist die nächste Sitzung des Rundfunkrates. Nancy Faeser, ein Mitglied dieses Rates hat sich bereits öffentlich kritisch zu den Plänen geäußert. Unter hr-Rundfunkrat@hr.de kann man seine Beschwerden über die geplante Programmreform loswerden.
 
Danke für den Hinweis. möglicherweise empfiehlt es sich, nicht die Instituts-E-Mail-Adresse des Rundfunkrats zu verwenden, sondern einzelne Mitglieder direkt anzuschreiben.
 
Heute morgen wurde im DLF Kultur in der Kulturpresseschau über den Niedergang von hr2 Kultur berichtet.
Und zwar hier:
Der Hessische Rundfunk „reformiert“ seine Radiokulturwelle hr2. Was zunächst wie eine Aktion von regionaler Bedeutung aussieht, entfaltet weit größere Wirkung und wirft ernst zu nehmende Fragen auf. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hat sich bei Kulturschaffenden gerkundigt, was sie von der Absicht halten, dass aus dem kulturellen Vollprogramm eine Abspielstation klassischer Musik wird. Wort- und Informationsbeiträge zur Kultur entfallen oder werden ausgelagert. So der Plan. Die Empörung unter den ersten Befragten ist einhellig und groß.
Im Perlentaucher gibt es ein ZItat aus dem Beitrag von Pit Knorr:
In der FAZ ist der Schriftsteller Pit Knorr stinksauer, dass der Intendant des Hessischen Rundfunks ausgerechnet hr2 Kultur (statt den "Dudelfunk" auf hr 1,3 und 4) dicht machen und dafür einen Klassiksender einrichten will. "Es scheint, sie wollen diesen ganzen Kulturkram, diese nicht wirklich kontrollierbaren, häufig frechen, nicht immer stromlinienförmigen, ja um Gottes willen auch immer mal wieder politisch unbotmäßigen Sendungen endlich einfach raus haben aus dem Programm. Machen wir uns nichts vor: 'Kultur' gilt im populistischen Umfeld als Elitenquatsch, Begriffe wie 'Literatur' oder 'Kunst' werden als Schimpfworte benutzt, und dass hr 2 im Vergleich die geringeren Einschaltquoten hat, wird triumphal als Totschlagargument benutzt, Bildungsauftrag hin oder her. So ein politischer Chefposten, bei dem man es den Regierenden dauernd recht zu machen hat, lässt sich ja auch deutlich leichter ertragen, wenn man sich nicht mehr mit den anstrengenden Programmmachern beschäftigen und nur noch die Gema bezahlen muss."

Entsetzt über die Entscheidung des HR sind auch der Literaturwissenschaftler Heinz Drügh, Bodo Kirchhoff, Eva Demski und Klaus Schöffling.
Es sieht so aus, als ginge die Aktion nicht so glatt über die Bühne, wie erhofft. Die Aufmerksamkeit ist zu groß, und es sind zu viele davon betroffen, die Zugang zu Medien haben und damit Reichweite.

Vielleicht ist aber auch bei den Hörern mittlerweile eine Grenze erreicht, was den Abbau beim Programm angeht, und sie tolerieren es einfach nicht mehr?
 
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Ich denke, hoffe, vermute, dass sich die Hörer auch genau daran erinnern, was um 2004 im HR passiert ist, und daher wissen, dass "das können die doch nicht machen" bei diesem HR kein Argument mehr ist. Für einen besseren HR muss man kämpfen, dann kann man vielleicht tatsächlich etwas retten. Aber klar, mit Petitionen unterschreiben alleine ist es nicht getan.
 
Konnte vor kurzem mit jemandem vom hr reden. hr2 soll keine reine Klassikwelle werden. Im Tagesprogramm soll es einen schönen Mix aus Klassik, Jazz, Weltmusik und anspruchsvollem Pop geben. Wichtig sei die Durchhörbarkeit zwischen 6 und 18 Uhr.
 
hr2 soll keine reine Klassikwelle werden. Im Tagesprogramm soll es einen schönen Mix aus Klassik, Jazz, Weltmusik und anspruchsvollem Pop geben.

Im FR-Interview mit Hörfunkdirektor Sommer, das @schneeschmelze in #95 verlinkt hat, erklärt dieser, ich zitiere:

Wir wissen überhaupt noch nicht, wie wir hr2 genau formatieren werden. hr2 wird jedenfalls keine reine Abspielstation klassischer Musik, wie es der von uns vielleicht ein bisschen unbedacht benutzte Begriff „Klassikwelle“ suggeriert. Der Begriff heißt für uns, dass wir das gegenwärtige Mischangebot musikalischer Art aufgeben zugunsten eines primär klassisch ausgerichteten Musikformats. [...] Die vielen Zuschriften sind für uns Ausdruck einer hohen Identifikation und Zustimmung von Menschen zu unserem Programm. Das ist eine großartige Anerkennung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es ist interessant zu sehen, welche Formate immer wieder genannt werden. Dazu gehören „Doppelkopf“ und „Der Tag“. Musikfarben werden deutlich weniger genannt.

Er nennt es also nicht mehr "Klassikwelle", gespielt wird aber nur noch Klassik, auf jeden Fall tagsüber, vielleicht auch abends. Dem von Dir erwähnten Mix von "Klassik, Jazz, Weltmusik und anspruchsvollem Pop" erteilt er eine klare Absage.
 
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Nachtrag: Der oben erwähnte Beitrag in der FAZ ist nun auch auf deren Website nachzulesen:
  • Zerschlagung von hr2: Ist das Kulturfunk, oder kann das weg? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. August 2019. „Der Hessische Rundfunk ‚reformiert‘ seine Radiokulturwelle hr2. Aus einem kulturellen Vollprogramm wird eine Abspielstation für klassische Musik. Informationsbeiträge entfallen weitgehend. Was halten Kulturschaffende davon? Wir haben nachgefragt.“
  • Auch in den heutigen Kulturnachrichten von DLF Kultur noch einmal erwähnt.
Wobei man bedenken sollte, dass gerade die FAZ schon seit vielen Jahren eine Kampagne gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk fährt und insbesondere gegen dessen Beitragsfinanzierung wettert…
 
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Es ist schier unglaublich, mit welcher Zerstörungswut die Landessender der ARD in ganz Deutschland ihr Programmangebot kastrieren oder zerstören: Die populären Musikwellen auf Gaga-Inhalte und kommerzieller Hitgrütze (mit ausschließlichem Fokus auf ein paar hundert Besttester) nach amerikanischem Formatradio-Vorbild getrimmt, parallel dazu die Entfernung von Albumtracks sowie Jazz-, Singer-/Songwriter und weiterer Musiksparten aus dem Programm oder deren Verbannung in die Rand- und Nachtzeiten (Bsp. NDR-Info). Schließlich die Entwortung der Kulturwellen, wie jetzt hr2.

Die ARD verhält sich dabei wie "Antenne Albern", d.h. wie ein kommerzieller Anbieter bzw. sogar noch schlimmer. Es gibt nämlich in Europa kommerzielle Märkte, die musikalisch und im Wortbereich ein reichhaltigeres Angebot vorhalten, als die ARD das tut. Wer das nicht glaubt, möge sich mit den italienischen Radio-Verhältnissen vertraut machen. In Frankreich wiederum zeigen RTL und Europe 1, wie ein modernes und unterhaltsam-informatives, populäres Wortprogramm aussieht.

Vielleicht sollte man der ARD den allgemeinen Versorgungsauftrag entziehen und stattdessen kommerzielle Anbieter unter besonderen inhaltlichen Auflagen lizensieren, die der ARD den ihr lästig geworden Versorgungsauftrag abnehmen. Ich sehe schon heute nur graduelle Unterschiede zwischen den "ARD-Tagesthemen" und dem "RTL-Nachtjournal". Freitags hat die ARD die TT sogar auf 15 Minuten Länge halbiert, an diesem Tag bietet RTL ein reichhaltigeres Nachrichtenangebot. Offizielle Begründung der ARD für die Kürzungswut des Nachrichtenmagazins: Vor und nach den TT laufen Filme, der Zuschauer soll am Umschalten gehindert werden.

Der größte Witz in Sachen "ARD" sind die von den Verantwortlichen angeführten Finanzengpässe. Glaubt irgendjemand, wenn man dem mit jährlich 9 Mrd. € reichsten öffentlich-rechtlichen Rundfunk-System der Welt noch mehr Geld hinterherwirft, wird das Programm wieder besser? Wieso werden die redundanten Programme im Fernsehbereich nicht endlich abgeschafft. Hier ließe sich unendlich viel sparen.

Allein im fiktionalen Bereich, der im internationalen Vergleich mit seinen Nonnen- und unzähligen Krimiserien nur Mittelmaß produziert, ließe sich ein Vermögen einsparen. In welchem Überfluss TV-Programm produziert wird, beweist allein die zweistellige Anzahl an politischen Talkshows ohne Erkenntnisgewinn. Das sinnbefreite Gequatsche in Will, Plasberg, Maischberger, Illner, den täglichen Labersendungen bei Phoenix etc. ist unerträglich. Von den ganzen Boulevardmagazinen, Kochsendungen und Soaps ganz zu schweigen.
 
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Wobei man bedenken sollte, dass gerade die FAZ schon seit vielen Jahren eine Kampagne gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk fährt und insbesondere gegen dessen Beitragsfinanzierung wettert…
Kein Wunder: Sommer und Konsorten liefern der FAZ eine Steilvorlage nach der anderen, die Beitragsfinanzierung zu kritisieren.

Ich hatte mal größte Achtung vor dem relativ kleinen HR, der im Rahmen seiner Möglichkeiten über viele Jahre ein überragendes Programm gemacht hat. Übriggeblieben ist nur noch ein Scherbenhaufen.
 
Das Idealbild ist das betreute Hintergrundrauschen von morgens bis abends, dessen Hauptfunktion es ist, nicht zu stören. In der Studentenbude You FM, im Büro hr3 oder hr1, in Omas Häuschen hr4, beim Taxifahrer und bei Multiplikatoren hr-info, und in Museen und Ausstellungen an der Kasse hr2. Bin gespannt, welche "kulturelle Welle als erstes das klavierklimpernde Musikbett bei den Nachrichten einführt.
 
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Bin gespannt, welche "kulturelle Welle als erstes das klavierklimpernde Musikbett bei den Nachrichten einführt.
Beim "Service" hat man es doch schon, bei diesem Annett-Louisan-Dudler aus Halle/Saale. Bemerkenswert ist da auch, wie man dort die Verkehrsmeldungen in voller Länge durchstellt, statt sie via EON zu übernehmen. Ist halt ein "erweiterter Kulturbegriff". Oder will man den Hörern dieses Geplätschers nicht zumuten, den reingestanzten Service von MDR Junk anhören zu müssen?
 

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  • MDR Kultur - Service 20190821 - 11-30.mp3
    4,6 MB · Aufrufe: 24
Annett-Louisan-Dudler aus Halle/Saale

Wenn Herr Sommer zwischen 06:00 und 18:00 die Durchhörbarkeit möchte, die Musik ähnlich dem erwähnten Annett-Louisan-Dudler aus Halle, werbefrei, mit Wortbeiträgen wie Frühkritik, Kulturpresseschau, Buchbesprechung, Kulturgespräch, ab 18:00 dann „Der Tag“, um 19:00 Uhr „Doppelkopf“ und ab 20:00 Uhr Konzert, hätte ich persönlich nichts dagegen.

Wäre interessanter als eine Welle mit rein klassischer Musik.

Der Annette-Louisan-Dudler aus Halle kommt auf 300.000 Hörer, das wäre doch ein Quantensprung, wenn es Herrn Sommer um Quote geht. Ob er das mit einem Klassikdudler schafft?
 
Ich hatte mal größte Achtung vor dem relativ kleinen HR, der im Rahmen seiner Möglichkeiten über viele Jahre ein überragendes Programm gemacht hat. Übriggeblieben ist nur noch ein Scherbenhaufen.
Wohlgemerkt: Was wir derzeit verteidigen, ist ja schon nur noch ein Bruchteil dessen, was es beim hr in den 1990er Jahren mal gegeben hatte. Und jetzt soll sogar das noch wegfallen. Es strebt also nun wirklich gegen null.
 
Der Annette-Louisan-Dudler aus Halle kommt auf 300.000 Hörer,
...was nichts daran ändert, dass mich dieses Programm fast immer, wenn ich da mal aus irgendwelchen Gründen hineingerate, innerhalb kürzester Zeit regelrecht wütend macht und ich dann ausschalten muss. Ich fühle mich dort schon durch die banal-dudelige Ansprechhaltung und Darreichungsform regelrecht beleidigt. Das ist Zeitdiebstahl, den ich bei Bayern 2 beispielsweise normalerweise nicht empfinde. Da sind Minuten der aufmerksamen Anteilnahme normalerweise nicht vergeudete Zeit. Da fühle ich auch nicht dieses erdrückende Korsett, das einem das Atmen so schwer macht.

Und da helfen auch keine soundsoviel hunderttausend "Hörer", die dieses Geblubber tagtäglich dudeln haben, dass bei mir mehr Achtung vor diesem Programm entstünde.

Vgl. auch https://www.morawa.at/annotstream/2...riette/Vom-Zuhörradio-zum-Begleitprogramm.pdf
 
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