hr2 wird zur Klassikwelle

Bin gespannt, welche "kulturelle Welle als erstes das klavierklimpernde Musikbett bei den Nachrichten einführt.
Bei den Nachrichten noch nicht, aber bei SR2 ist es seit einigen Monaten so, dass wie bei den Popwellen der Stundenmoderator und nicht mehr der Nachrichtensprecher das Wetter ansagen muss. Natürlich mit schönem Gedudel aus dem neuen Soundpaket.
 
You FM plakatiert wieder mit der allseits bekannten Sex-Werbung ("Drei von Vier träumen von youfm am Strand", "Wann hattet ihr euren ersten youfm?", "Jungs denken alle drei Sekunden an youfm" usw.). Gestern abend zufällig gesehen. Dafür ist also Geld da... ;)
 
You FM plakatiert wieder mit der allseits bekannten Sex-Werbung (...)

Ach nee, oder? Wer ist denn der Wellenchef? Jan Vorderwülbecke, wenn ich das richtig sehe?

Ich werde dem ’mal eine E-Mail senden. Der soll mir bitte mal den Zusammenhang zwischen „You FM“ und „Sex“ erklären. Ich sehe da nämlich keinen. Wenn You FM jetzt Audiopornos spielen würde, oder live Telefonsex auf dem Äther inklusive Happy End, wie es in den 80er Jahren schon bei Radio FG in Paris am Abend gesendet wurde, oder ebenfalls Paris Skyrock 3615 code Géraldine, wo frivole Kontaktanzeigen mit eindeutig pornographischem Inhalt verlesen wurden - dann würde ich die Werbung ja verstehen. Aber so etwas traut man sich in Deutschland ja nicht. Das wäre ja Einschaltradio. Von daher... sehe ich da keinen Zusammenhang.
 
You FM ist halt sexy, Mann! ;)

Am Ende der letzten Kampagne habe ich mal ein Plaket gesehen, das das Ganze irgendwie aufgelöst hat. Da stand so ungefähr: "Wie man sieht: youfm sells!". Nur einmal gesehen und leider keine Kamera zur Hand gehabt.

Gibt es da eigentlich noch Musikjournalismus? Seit der Einstellung von "Sounds" und "Lateline" habe ich da nicht mehr reingehört.
 
kulturelle Welle als erstes das klavierklimpernde Musikbett bei den Nachrichten einführt.
Bei Klassik Radio ist sowas schon längst Standard, allerdings nicht bei den Nachrichten. Hör dir mal die "Klassik News", "Deutschland in 60sek." oder "Carpe Diem" an da findest du soetwas zu Hauf. Bei den "Klassik News" sogar mit orchestralen Trennern dazwischen.
 
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Rudert Heinz-Dieter Sommer zurück? Hier ein Zitat aus Bertramstraße 8, dem ver.di-Gerwekschaftsorgan im hr:

Bertramstraße 8 (Hervorhebung von mir) schrieb:
Als der Hörfunkdirektor am 11. Juli im Foyer die Entscheidungen der Geschäftsleitung zum hr-Produktportfolio erläuterte, war die Stimmung unter den hr2-Mitarbeiter*innen auf dem Tiefpunkt. Er verkündete, hr2-Kultur werde zu einer Klassikwelle und solle „durch hörbar“ sein. Was nichts anderes heißt als entwortet. Also eine weitgehend inhaltsfreie Klassikwelle. So kam die Ansage bei den Mitarbeiter*innen an. Die Freien, die das Tagesprogramm mit Inhalt füllen, sahen sich damit vor dem Aus.

Diese Aussagen hat Heinz Sommer nun zurückgenommen und sich offiziell bei den hr2-Mitarbeiter*innen entschuldigt.

Gut so, denn eine hr2-Entwortung ist das letzte, was die Kulturberichterstattung des hr braucht.

„hr2 ins digitale Zeittalter mitzunehmen und so auch jüngeren Zuhörer*innen schmackhaft zu machen, das ist eine ganz andere Sache“, so hört man aus dem Kreis der Kolleg*innen, die für hr2-Kultur arbeiten. Nach den Einlassungen des Hörfunkdirektors in der hr2-Teamsitzung bleibt es aber dabei, dass hr2 zu einer deutlich klassiklastigeren Welle werden soll, die die anderen Musikfarben – vor allem den Jazz – aber nicht ausblenden soll.

Die hr2-Mitarbeiter*innen haben in der Versammlung klargemacht, dass sie diejenigen sein wollen, die die zukünftigen digitalen Kulturformate des hr erarbeiten wollen: „Wer denn sonst!“

Und es klingt zuversichtlich selbstbewusst, wenn Florian Schwinn die Parole ausgibt: „Wo wir sind, ist vorne!“ Soll heißen, wir, also die hr2-Mitarbeiter*innen, wollen den Umwandlungsprozess selbst bestimmen und gestalten. „Wir holen uns Hilfe, wenn wir sie brauchen. Externe Beraterfirmen gehören aber mit Sicherheit nicht dazu.“ Und auf keinen Fall sollen Programmteile in andere Wellen verschoben werden. Auch diese Ansage ist klar: „Wir wollen Teil der zukünftigen crossmedialen Kultur Unit werden!“
 
Wenn Herr Sommer zwischen 06:00 und 18:00 die Durchhörbarkeit möchte, die Musik ähnlich dem erwähnten Annett-Louisan-Dudler aus Halle, werbefrei, mit Wortbeiträgen wie Frühkritik, Kulturpresseschau, Buchbesprechung, Kulturgespräch, ab 18:00 dann „Der Tag“, um 19:00 Uhr „Doppelkopf“ und ab 20:00 Uhr Konzert, hätte ich persönlich nichts dagegen.
Nur das die Wortbeiträge maximal 1-1.30 sein dürfen. Durchhör.....🤐
 
Rudert Heinz-Dieter Sommer zurück? Hier ein Zitat aus Bertramstraße 8, dem ver.di-Gerwekschaftsorgan im hr:
Klingt nach der bewährten Strategie, mit einer Maximalforderung loszustarten, um sich dann auf einen "Kompromiss" einzulassen, der, nüchtern betrachtet, natürlich keiner ist. Statt "nur noch Klassik" nun nur noch "überwiegend" Klassik, statt keinem Wort nur noch weniger Wort. Am Ende hat man doch sein Ziel erreicht, und wenn die gewünschten Strukturen einmal geschaffen sind, kann man den Rest nach musikalischer Vielfalt und inhaltlicher Tiefe später on the fly viel unauffälliger loswerden.
 
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Wow! Das freut mich jetzt wirklich! Ich wähnte Florian Schwinn bereits im Ruhestand. Jetzt lese ich, dass er mit dafür kämpft, hr2 zu retten. Ein Radiomann und Mitarbeitervertreter mit Mut, Verstand und Herzblut. Viel Fortune, Florian!
 
Wäre doch hübsch, sich das Nachrichtenstudio zu teilen mit einem Pianisten, der themenbezogen, aber GEMA-frei (Sparen!) zu den Meldungen klimpert.
So hier genehm?

(20.12.1991, kurz vor dem Ende der "Einrichtung", Prominente machen Programm, die Moderatoren haben frei. Also alles schonmal dagewesen. Auch damals existierte das Programm kurz darauf nicht mehr.)
 

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Ich frage mich nur: Warum macht man sowas? Was geht in den kleinen Geistern der Leute um, die sich so etwas ausdenken.
 
Der HR erwähnt in der PM nicht weniger als neunmal (siehe Screenshot) das Ziel, mit der Reform mehr Menschen zu erreichen. Ist der Hörfunkdirektor folgerichtig bereit, verbindlich zu erklären, dass, falls dieses Ziel nicht erreicht wird, a) die Reform zurückgenommen wird und b) er seinen Posten aufgibt?

Überhaupt klingt das für mich sehr nach orwellschem Neusprech. Die (weitgehende) Beschränkung auf Klassik steht also für eine
breitere Aufstellung der Kulturberichterstattung
und einen
breiter definierten Kulturbegriff

Man verwahrt sich explizit gegen den Vorwurf, jüngere und ältere gegeneinander auszuspielen, um gleich im nächsten Satz genau dies zu tun. @lg74 hat ja schon zurecht erwähnt, dass es ja gerade die Reform von Herrn Sommer von 2004 war, die genau diese (pop)kulturellen Angebote auf hr1, hr3 und hr-xxl weggestrichen hat.

Übrigens erwähnt die PM auch, dass man den Kulturveranstaltern in Hessen auch weiterhin ein verlässlicher Partner sein möchte. Wäre ich ein solcher Kulturveranstalter - spätestens jetzt würde ich mir Sorgen machen.
 

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Aus HR3 und You FM könnte man bei der jetzigen Programmausrichtung ein Pop Radio machen, da würde der HR auch Geld sparen und dem normalen Hörer würde es wahrscheinlich noch nicht mal auffallen.
 
...und danach könnte man die Frequenzumwidmung von 2013 rückgängig machen: https://archive.fo/ISTlr

Beim Lesen der PM wurde mir abwechselnd kotzübel und zornig. Mir solchem Neusprech sollten mir schon genug Vernichtungen schmackhaft gemacht werden, nicht nur in den Medien. Inzwischen reagiere ich schon mit Entsetzen, wenn mir jemand eine "verbesserte Nutzererfahrung" in Aussicht stellt. Dann wird irgendwas nämlich i.d.R. durch Entwertung unbenutzbar.

Es wäre oft viel geholfen, wenn Fachleute (im vorliegenden Fall also leidenschaftliche Kulturmenschen) und nicht Verwalter, BWLer, Volljuristen und andere zumindest potentiell herzlose und kulturfremde Zeitgenossen mit Kulturgütern umgehen dürften und die Gesellschaft ihnen dafür finanziell den Rücken frei hielte. All das ist aber nicht mehr der Fall. Eine verrohte Konsumgesellschaft hat es offenbar wirklich nicht besser verdient.
 
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Die SZ heute dazu: https://www.sueddeutsche.de/medien/radio-forte-fortissimo-1.4572008

...und danach könnte man die Frequenzumwidmung von 2013 rückgängig machen: https://archive.fo/ISTlr
Warum? Inzwischen hat man bei DAB einen Versorgungsgrad erreicht der solche Überlegungen eher überflüssig machen. Als Anpassung wäre vielleicht noch die 91,9 von hr4 an hr2 zu verschieben.
Und ganz selbst: Ich erinnere mich noch gut an hr3 ohne 87,6 und 92,7 am Abend. Da wo die interessanten Sendungen kamen. Da haben nicht wenige gekotzt (sic!), vor allem die Zaungäste in NRW und Baden-Württemberg. Für mich zuhause wenig schmerzhaft, es lief immer die 89,3 :) .
 
Ein Auszug:
In der Sender-Rhetorik werden „die strategische Weichenstellung“ und „der Transformationsprozess“ unter dem Zauberwort „digital first“ als „gute, mutige Entscheidungen“ im Rahmen des „Entwicklungsauftrags“ gepriesen. Von Protesten wie der Online-Petition „Für den Erhalt von hr2-kultur“ mit inzwischen um die fünftausend Unterzeichnern oder von den Stellungnahmen renommierter Vertreter der hessischen Kunst-, Wissenschafts-, Theater-, Verlags- und Literaturszene zeigen sich die Verantwortlichen unbeeindruckt – vorläufig noch. Sie haben ihre „grundsätzliche Richtungsentscheidung“ getroffen. Ins Detail zu gehen, weigern sie sich: „Die Geschäftsleitung muss die großen Linien vorgeben“, sagte der Intendant in der Zeitung (19. Juli), „aber die Ausgestaltung ist Sache der Programmmacher.“ Bei einer Mitarbeiterversammlung im Frankfurter Funkhaus hieß es in der vergangenen Woche allerdings klipp und klar: „Es gibt keinen Plan B.“

Die Online-Petition hat nunmehr schon 5.553 Unterzeichner.
 
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Inzwischen hat man bei DAB einen Versorgungsgrad erreicht der solche Überlegungen eher überflüssig machen.
Sie haben einen Abdeckungsgrad erreicht (technische Reichweite"), aber keinen Versorgungsgrad im Sinne von "können die Interessenten mit vorhandener Technik empfangen". Haushaltsausstattung DAB+ in Hessen 14,4% laut Digitalisierungsbericht Audio 2018 mit abnehmender Wachstumsgeschwindigkeit.

Immerhin wäre im Falle von hr2 die erreichbare Audioqualität auf DAB+ auf einem Niveau, das in wohl allen realistischen Fällen eine Diskussion verbietet. Sie wäre eindeutig besser als auf UKW. Das hat Seltenheitswert in Deutschland.
 
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Mal so nebenbei: Was sagt eigentlich die Wellenleitung hr2 zur geplanten Veränderung? Angelika Bierbaum ist doch seit Jahrzehnten eine engagierte Kulturradiomacherin. Hat sie sich positioniert? Trägt sie das alles mit? Hat sie resigniert? Geht sie? - fragt der Onkel aus dem Pensionisten-Schaukelstuhl
 
Angelika Bierbaums Pensionierung war – neben dem altersbedingten Ausscheiden anderer Mitarbeiter/innen – m.W. ein Hauptgrund für die Reform zu diesem Zeitpunkt. Früher wurden Mitarbeiter noch bei vollen Bezügen von der weiteren Arbeit freigestellt, wenn ihre Sendungen wegen einer Programmreform wegfielen. Es gibt so Anekdoten. Heute wartet man, bis eine ganze Generation etwa zur gleichen Zeit ausscheidet. Das ist umso bitterer, wenn man sich vergegenwärtigt, wie die Redaktion in den letzten Jahren aus dem viel zu knappen Budget ein Programm wie dieses gemacht hat. Und jetzt der Kahlschlag. Deshalb wird es auch schwer sein, sich dagegen zu wehren – was wollt ihr eigentlich, ihr geht doch alle bald oder seid schon so gut wie weg? Nein, ich habe leider noch nichts von der Wellenleiterin gehört. Aber der Satz: Der Sonntag ist der teuerste Tag der Woche, der fiel schon vor mehr als sechs oder sieben Jahren.
 
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