"ARD-Zukunftsdialog"

Ehh, - ich will nicht dumm sterben: Welche ÖR-Anstalt ist gemeint?
Vermutlich meinen wir dieselbe Anstalt.

Geht's auch in Klartext? - Welcher Sender ist gemeint? - Ganz allgemein bin ich einig mit der Ansage, dass ÖR Reformbedarf hat.

Deutschland: ARD, ZDF und Deutschlandradio
Warum drei? Warum bitte reicht nicht eine Senderfamilie?
Mein Vorschlag für eine ÖR-Struktur:
ZDF und Dradio fusionieren: Deutschlandweit, für alle Bundesländer, TV- und Radio-Grundversorgung.
ARD wird eingedampft: TV nur noch über die regionalen Dritten. Hörfunk? - Regional-Berichte und Zulieferung für ein Mantelprogramm.
 
Ansonsten könnte die Zukunft der ARD auch so aussehen (falls rechtlich möglich):

Das Deutschlandradio wird in die ARD integriert (das ZDF wird falls möglich privatisiert). Die Rundfunkanstalten werden erhalten, aber die Programmstruktur wird in Richtung BBC umgebaut: Bundesweite Programme im Hörfunk (jede Anstalt veranstaltet davon ein Programm) und Regional-Programme.
 
Auf den ö-r Rundfunk wird demnächst eine heftige Debatte wegen der Haushaltsabgabe zukommen. Danach werden wir m.E. andere, durchaus schlankere, Strukturen haben.
 
Es gibt einen nicht unerheblichen Unterschied zur RAI, dem ORF etc. In Deutschland ist die Rundfunkhoheit nicht Bundes-, sondern Ländersache, daher auch die Vielzahl von Medienanstalten. Diese Zahl und damit die Gesamtzahl der ÖR-Programme ließe sich nur verringern, wenn sich alle (!) Sender der ARD einig wären. Und das wird hier keiner erleben, weil unterm Strich natürlich auch überall von Arbeitsplätzen bis zu tiefer Verwurzelung im jeweiligen Land da alles vertreten ist. Man will ja nicht mal Synergien innerhalb der ARD-Sender nutzen. Mir kann zum Beispiel bis heute niemand nachvollziehbar erklären, warum es Phoenix und tagesschau24 gibt. Die Kanäle könnte man beide problemlos zusammenlegen, da sie inhaltlich quasi gleich sind.


Das dürfte sehr schwierig werden aufgrund der radikalen Ablehnung, die zumindest in Ostdeutschland ca. 25% der Menschen elementarsten und international anerkannten Grundregeln guten Zusammenlebens entgegenbringen.
Hier muss ich dann doch mal eine Lanze brechen für die 75% der "Dunkeldeutschen", welche zum allergrößten Teil rechtschaffene Menschen sind. Diese ca. 25%, welche beim genaueren Hinschauen sogar weniger sein dürften, schreien nur recht laut und benehmen sich auffällig oft öffentlichkeitswirksam daneben. Sie sind aber nicht die Mehrheit. Das der Rest vergleichsweise leise ist, hat vielfältige Ursachen. Die hier jetzt aufzudrösseln, würde das Thema sprengen.
Das der Osten nur aus durchgeknallten Querdenkern und Neonazis bestehen würde, ist auf jeden Fall ziemlich weit hergeholt. Andere Ecken der Republik haben auch derartige Probleme. Die Hochburgen der Querdenker sind zum Beispiel in BaWü. Dennoch würde dort niemand auf die Idee kommen, das ganze Land als hoffnungslos moralisch verkommen und sowieso schon verloren darzustellen.

Und damit zurück zum eigentlichen Thema.
 
Stimmt nicht ganz, @Radiotroll. Der Deutschlandfunk resultierte aus zwei Besonderheiten des deutschen Rundfunksystems: Deutschland war damals geteilt und man wollte ein nationales Gegengewicht zum "Deutschlandsender" aus der DDR. Die Kulturhoheit der Länder verbat das aber, also war die ARD als Veranstalter raus. Man behalf sich mit einer geschickten Konstruktion der Zielgruppe – aus dem Wikipedia-Artikel zum Deutschlandfunk:
Offizielle Zielgruppen der Programme waren deutsch(sprachig)e Hörer in der DDR, in Osteuropa sowie in westeuropäischen Nachbarländern wie Italien, Frankreich, Benelux, Großbritannien, Irland, Dänemark, Norwegen und Schweden. Faktisch richtete sich der Deutschlandfunk aber vorwiegend an DDR-Bürger, denen mit dem Programm eine Alternative zum Rundfunk der DDR gegeben werden sollte. Eine per Bundesgesetz errichtete Rundfunkanstalt zur Versorgung der bundesrepublikanischen Bevölkerung wäre aufgrund der Kulturhoheit der Länder nicht zulässig gewesen (vgl. 1. Rundfunk-Urteil). Der Deutschlandfunk wurde somit das Pendant zur Stimme der DDR, vormals Deutschlandsender.

Vereinigtes Königreich: BBC
Österreich: ORF
Schweiz: SRG
Italien: RAI
Wobei Österreich und die Schweiz einen Bruchteil der Einwohner Deutschlands haben und insofern nicht vergleichbar sind.
 
Oh, noch ein Freund von Taleb. Ich hab das Folgewerk über Antifragilität gelesen. Sehr interessant.
 
Dieser Tage bläst auch die FDP mal wieder die Backen auf und zum Sturm auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Bei Zeit-Online meldet sich eine Ria Schröder, Parteinachwuchs und Juristin, zu Wort. Leider verschwand der Beitrag, nachdem ich eine von drei Seiten gelesen hatte, hinter der Bezahlschranke.

Ich habe dann mal im Netz nach der Dame und ihren Aussagen zu ARD und ZDF gesucht.

Die Forderungen lauten:

Gebühren weitgehend abschaffen.
Mehr Geld für investigativen Journalismus oder Auslandsberichterstattung.
Keine Unterhaltung, keine Helene Fischer, kein Fernsehgarten.
ZDF privatisieren.

Zwei Dinge gehen mir durch den Kopf:

Addiert man die Prozente, die Union, AFD und FDP derzeit in Umfragen bekommen, zusammen, erreichen die Parteien, in denen sich viele Gegner von ARD und ZDF tummeln, im Bund wie in manchen Bundesländern locker 50% oder mehr.

Im Ausland sieht man, wohin das führt, wenn rechte Kräfte Hand an das Mediensystem legen. Der Spiegel titelt derzeit zur BBC: Boris Johnson ließe die BBC durch Boykott, Geldentzug und politischen Boykott ausbluten. Der BBC ginge es so dreckig wie selten zuvor. Die Regierung wolle den Sender zu Fall bringen.

Schließlich denke ich, es sollte nicht darum gehen, ob ARD und ZDF überhaupt Unterhaltung senden, sondern welche Art der Unterhaltung sie ausstrahlen. Gegen beispielsweise einen gehaltvollen Fernsehfilm, der ein geschichtliches Ereignis zum Hintergrund hat, ist nichts einzuwenden. Als Beispiel kommt mir "Freistatt" in den Sinn, ein packender Film über übergriffige und entwürdigende Methoden in kirchlichen Erziehungsheimen der späten 1960er Jahre.

Wie die ARD-Dudelwellen zu reformieren sind, hatte ich bereits ausgeführt: Weniger "Hits, Hits, Hits", stattdessen alle wesentlichen Musikstile und diese in ihrer gesamten Breite dargestellt, die Musiktitel von Musikredakteuren ausgesucht. Wertige Inhalte, von journalistischen Beiträgen bis hin zu Kabarett.

Solange ARD und ZDF minderwertige Programme und Sendungen abliefern, versorgen sie automatisch ihre Gegner mit Argumenten.
 
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Was immer wieder untergeht oder in der Diskussion ignoriert wird, ist, dass der öffentlich-rechtlich Rundfunk den von der Politik (!) vorgegebenen Auftrag umsetzt. Wenn Unzufriedenheit mit diesem Auftrag herrscht, ist es vorrangig Aufgabe der Politik diesen zu schärfen oder anders zu definieren. Der ÖRR hat hier schlussendlich überhaupt nicht so viel Handlungsspielraum, wie oftmals unterstellt wird.
 
Du meinst, die Politik ist schuld, daß der (laut Wikipedia) "langweilige und verwechselbare" Jörg Pilawa jährlich bis zu 280 Sendungen in der ARD moderiert (hat?)?
 
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dass der öffentlich-rechtlich Rundfunk den von der Politik (!) vorgegebenen Auftrag umsetzt. Wenn Unzufriedenheit mit diesem Auftrag herrscht, ist es vorrangig Aufgabe der Politik diesen zu schärfen
Ich kann nur für mich sprechen: Es herrscht bei mir keine Unzufriedenheit über den Auftrag, den finde ich nach wie vor richtig, sondern es herrscht bei mir Unzufriedenheit über seine (mangelhafte) Umsetzung, bzw. darüber, dass nach meinem Empfinden der Auftrag nur noch als Alibi dient und stattdessen vogelwild Medienallerlei verfolgt wird.
 
Die Sender wissen allesamt, daß es so, wie bisher, nicht weitergeht.

Der lineare Ausspielweg ist eine Sackgasse. Das ist bei ihnen schon mal angekommen. UKW und DAB+ sind beide kein Weg in die Zukunft.

Die Anzahl der Menschen, die automatisch auf einen Knopf drückt und der egal ist, was sie danach hört, schrumpft.

Jetzt wäre es an der Zeit, Angebote zu machen. Die gibt es aber noch nicht. Wie will man denn die permanente Versorgung mit Nachrichten sicherstellen? Über YouTube und Spotify wird's nicht gehen!

Deswegen gibt es hier und da Experimente. Und man darf gespannt auf die Ergebnisse sein. Sind ja keine Dummköpfe, die dahinterstecken.

Der ÖRR war nie dafür gedacht, irgendwelche Musik abzunudeln. Warum kann man eigentlich auf so eine Idee kommen?
 
Die Diskussion bleibt spannend....

Wie schon von über 10 Jahren Thomas Gottschalk erklärt hat, ist es tatächlich so, dass das Publikum tatsächlich überwiegend einschaltet, wenn Stumpfsinn kommt, und abschaltet, wenn es anspruchsvoller wird:

In der bekannten Radiosendung "Sunshine Live Classics" las DJ Falk mal ein Hörer-Mail vor: "Warum spielt Ihr eigentlich nur Mainstream?" DJ Falks schlichte, aber durchaus richtige Antwort: "Ich würde ja gerne mehr Sachen abseits des Mainstreams spielen, aber dann schalten von Euch einfach zu viele Leute ab!"
Und somit scheint es auch gesellschaftlich nicht konsensfähig zu sein, wenn sich das Radio und Fernsehen nicht mehr so stark dem Quotendruck beugen würde. Denn es würden ja ALLE weiterhin gezwungen, die Rundfunkgebühren zu bezahlen, während das Programm am Mainstream (also das, was die meisten Leute interessiert) vorbei sendet.

Selbst wenn man diese Probleme gesellschaftlich und rechtlich lösen würde, wäre sofort ein neues Problem da: Staatsfunk kann niemals so schnell auf "hippe" Trends aufspringen, um den Zeitgeist der schnelllebigen Jugend zu treffen. Aber auch bei privaten Anbietern wird die Konzentration auf wenige Großanbieter ("The winner takes it all") kritisch beäugt (keiner schafft es, eine echte Konkurrenz zu RTL, Sat 1, Radio NRW oder Radio R.SH auf die Beine zu stellen).
Diese Anbieter sind allerdings alle zu einer Zeit auf den Markt gekommen, wo es das Internet und vor allem das "Web 2.0" noch nicht gab. In der heutigen Zeit hat JEDER die Möglichkeit, aus dem eigenen Wohnzimmer heraus Inhalte in die Welt zu pusten (Youtube, Facebook, Instagram, Tiktok....), aber wirklich erfolgreich wird eine Sache immer erst dann, wenn ein "klassischer" Radio-/Fernsehsender, Zeitung etc. drüber berichtet.
Heute kann JEDER mit ein wenig technischem Verständnis einen Shoutcast-Stream und damit ein eigenes Webradio auf die Beine stellen, das abwechslungsreicher und vielfältiger als die großen Sender ist. Aber es gibt keine Beispiele für derartige "Do it yourself"-Sender, deren Hörerkreis über den eigenen Freundes- und Verwandtenkreis hinaus geht. Der gemeine Hörer ignoriert solche Sender entweder von vornherein, oder er schaltet doch wieder sehr schnell auf die bekannten privaten oder öffentlich-rechtlichen Mainstream-Sender um.

Ein bisschen sehr gute Lektüre zum Schluss:
 
Wie schon von über 10 Jahren Thomas Gottschalk erklärt hat, ist es tatächlich so, dass das Publikum tatsächlich überwiegend einschaltet, wenn Stumpfsinn kommt, und abschaltet, wenn es anspruchsvoller wird:
Für die Erkenntnis brauchts aber keinen Zukunftstalk. Da reicht es sich die Quoten von arte und 3sat bzw. im Hörfunk die der Kulturwellen anzuschauen. Anspruchsvoll ist meist auch anstrengend, weil man halt hin- und zuhören bzw. auch wirklich zuschauen muss. Da die meisten insbesondere Radio aber nur zur Ablenkung brauchen, um die berühmten 5 min mal kurz geistig abzuschalten, sind die Quoten der Dudelprogramme halt so wie sie sind. Den Spagat den die ÖRs vollbringen müssen, ist die richtige Balance finden zwischen relativ seichter und anspruchsvoller Unterhaltung. Und dabei hilft ein Zukunftstalk eigentlich nicht wirklich. 1000 Teinehmer gleich 1000 Meinungen, das war schon immer so. Und selbst wenn von den 1000 Meinungen 900 gleich sind, macht es die ARD am Ende dann trotzdem anders als es diese "repräsentativen" 900 wollten. Das hat sie in den letzten Monaten und Jahren insbesondere beim Kahlschlag des Rundfunks, trotz Kritiken und Protest, immer wieder unter Beweis gestellt. Zynisches, aber leider wahrscheinlich zutreffendes Fazit: Selbst wenn der Zukunftstalk am Ende sehr eindeutig damit endet, dass die ARD ihren ganzen Boulevard-Mist aus dem Programm kippen und stattdessen anspruchsvolleres Programm senden soll, kommt hundertprozentig am Ende die berühmt-berüchtigte Finanzierungskeule, weil man dafür überhaupt kein Geld übrig hat. Kurzum: der Zukunftstalk ist ein ganzes Stück weit eine Scheindebatte und weiter nichts. Ende September sind Bundestagswahlen. Ein Schelm wer glaubt, dass die Debatte gerade zum jetzigen Zeitpunkt nichts damit zu tun habe.
 
Die Anstalten brauchen keine "seichte Unterhaltung" zu bringen. Der Auftrag ist nicht, die Leute einzulullen, sondern sie klüger zu machen.

Auch wehre ich mich gegen die Darstellung im vom UKW 100 verlinkten Artikel, wonach die Zielgruppe des sogenannten Formatradios für keine anderen Radioformen zu gewinnen wäre. Formatradio ist billig zu produzieren und bedient den Massengeschmack auf seinem niedrigsten Niveau - wirft im Gegenzug die meiste Kohle ab. Nur darum geht es.

Auch die Darstellung, es gäbe nur zwei Radioformen, Format- und Kulturradio, ist falsch. Es gibt eine Menge dazwischen auf dieser Welt, nur kaum noch in Deutschland.
 
Der Auftrag ist nicht, die Leute einzulullen, sondern sie klüger zu machen.
Auch die Darstellung, es gäbe nur zwei Radioformen, Format- und Kulturradio, ist falsch. Es gibt eine Menge dazwischen auf dieser Welt, nur kaum noch in Deutschland.
Seit es dieses Forum gibt, sind das regelmäßige Kritikpunkte. Geändert hat sich weniger als Null. Kritiker werden oft als ahnungslose Phantasten und Nörgler abgetan. Ob daran ein "Zukunftsdialog" etwas ändert? Ich habe da wenig Hoffnung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Anstalten brauchen keine "seichte Unterhaltung" zu bringen. Der Auftrag ist nicht, die Leute einzulullen, sondern sie klüger zu machen.
Der Auftrag ist ein möglichst breites Abbild der Gesellschaft darzustellen. Und dazu gehört nunmal auch "seichte" Unterhaltung. Entscheidend wäre dann, wie man die definiert.

Formatradio ist billig zu produzieren und bedient den Massengeschmack auf seinem niedrigsten Niveau - wirft im Gegenzug die meiste Kohle ab. Nur darum geht es.
Da könnte man sich jetzt aber vortrefflich drüber streiten. Wenn Formatradio gut gemacht ist, kann es durchaus eine Bereicherung sein. Übrigens sind auch Klassiksender und Kulturwellen letztlich eine Form von Formatradio. Selbst Werner Reinkes Sendungen bedienen letzten Endes ein Format.
 
Im Zukunftsdialog wollen fast alle eigentlich nur noch Bildungsfernsehen gucken. Zumindest die, die nicht die Abschaffung der "GEZ-Zwangsgebühren" fordern. Naja, läuft ja noch ne Weile. Vielleicht wird es noch repräsentativer...
 
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