Andere reden von Digitalisierung, Klassik Radio macht's einfach

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Finde ich gut, aber auch etwas scheinheilig:

"Klassik Radio plant - abgesehen von Großstädten - den fast vollständigen Rückzug vom analogen UKW-Band."

Also gerade da, wo DAB+ (und schnelles Internet) besonders gut verfügbar sind, brauchen sie noch UKW. Soll man mal verstehen.
 
In den Großstädten erreicht man ja auch mit einer UKW-Funzel mal eben eine Millionen oder mehr potenzielle Hörer. Klar, dass man die nicht so einfach hergibt.
 
Also gerade da, wo DAB+ (und schnelles Internet) besonders gut verfügbar sind, brauchen sie noch UKW. Soll man mal verstehen.

Bedenke: Dort erreicht man noch die meisten Menschen. Und UKW wird nach dem Rückzug der Media Broadcast zu einem Luxuxgut. Bisher war das eine Mischkalkulation, am teuersten werden nun dagegen die Standorte, bei denen es die wenigsten Mitnutzer der Infrastruktur (Mobilfunk, zahlreiche weitere Rundfunkdienste etc.) gibt. Und die stehen nun mal auf dem Land. Ein Teufelskreis, bei dem bestimmt so manches Funkhaus in den kommenden Jahren genauestens kalkulieren wird. Die Hälfte wird sagen "wir verzichten auf UKW-Standorte", die andere Hälfte "wir verzichten auf digitale Experimente wie DAB, weil es ohne UKW nicht geht". Wird in jedem Fall alles ganz schön spannend.

Die MA HSH will übrigens die Kette in S-H neu ausschreiben. Es gibt da so ein Kinderradio und so einen Berliner Schlagersender, die beide schon im östlichen Nachbarland aktiv sind. :)
 
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Klassische Musik mit einer Datenrate von 72 kbps über DAB+ hören? Das ist ja wohl ein schlechter Witz!

Ich glaube, das hat den typischen Klassik Radio-Hörer auch bei UKW schon nicht interessiert. Echte Klassik-Hörer mögen auch keine Dynamikkompression. Klassik Radio ist für diejenigen, die gerne mal Klassik hören, aber von Natur aus keine Klassik-Liebhaber sind. Die hören CDs oder FLACs, freilich ohne Datenreduktion. Bin mal gespannt, in welchen Datenraten Klassik Radio sein Streaming anbieten wird. Damit könnten sie neue Schichten erreichen, auch bisherige Nicht-Hörer.
 
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Klassische Musik mit einer Datenrate von 72 kbps über DAB+ hören?

Über Sat klingt es auch nicht besser und mit den UKW-Funzeln wirst du auch keinen Hifi-Klang hinbekommen. Im Auto wird das mit UKW schon ganz eng, weil die UKW-Funzeln so eine schwache Leistung haben, dass es an allen Ecken und Kanten rauscht, zischelt oder der Empfang ganz wegbricht. Dann lieber ein stabiles DAB-Signal, wenn auch nur mit 72 kbps. Natürlich wäre hier mehr wünschenswert, ist aber eben auch eine Kostenfrage.
 
Die sind wirklich lustig...

Kubak: "Unsere Hörer haben überall dort auf DAB+ umgestellt, wo wir UKW-Frequenzen zurückgegeben haben. In diesen Regionen haben wir nicht an Reichweiten verloren".

Die UKW-Frequenzen wurden überall dort zurückgegeben, wo die darüber erreichbare Hörerzahl arg bescheiden war. Das dürften die geringen jährlichen Steigerungsraten, die auf Internetradio und DAB zurückzuführen sind, binnen weniger Jahre kompensiert haben - ohne dass irgendwer am Tage der (in Thüringen z.B. nicht vorab angekündigten) UKW-Abschaltung weinend in den nächsten Elektromarkt gerannt wäre, um einen DAB-Empfänger zu kaufen.

Aber nehmen wir doch mal den Marktanteilsbericht zur MA 2013 Radio I und schauen nach Meck-Pomm und nach Thüringen, wo Klassik Radio von 2011 bis 2015 auf einer lustigen "Städtekette" war - nur ausgerechnet in Jena nicht, wo das Programm gewiss als Küchenbeschallung gelangweilter Professorengattinnen getaugt hätte.

Gesamt 0,7%
Hamburg 3,0%
Ballungsraum München 1,5%
Berlin West 4,5%
Berlin Ost 4,5%
Thüringen 0,3%
Meck-Pomm 0,7%


Zum Erhebungszeitraum war Klassik Radio in Thüringen auf den Frequenzen Altenburg 107,5 MHz, Eisenach 90,9 MHz, Gera 104,5 MHz, Gotha 99,3 MHz und Weimar 88,7 MHz aktiv, nicht jedoch in Erfurt (Start erst im Sommer 2013). In Meck-Pomm waren es damals nur Frequenzen in Schwerin (Sendestart 1.8.2008), Wismar (Sendestart 1.12.2011) und Stralsund (Sendestart 1.4.2012).

Schauen wir mal in den Marktanteilsbericht MA 2017 Radio II, 2 Jahre nach UKW-Abschaltung in Thüringen und Meck-Pomm:

Gesamt 1,0%
Hamburg 3,8%
Ballungsraum München 4,2%
Berlin West 5,7%
Berlin Ost 3,5%
Thüringen 0,3%
Meck-Pomm 0,4%


Bitte beachten: zwischenzeitlich geänderte Grundgesamtheiten (2013 ab 10 Jahre, 2017 ab 14 Jahre).

Das bestätigt die Vermutung: wo ohnehin keine Hörer zu verzeichnen waren, egal ob mit UKW-Dorfbeschallungsanlagen oder ohne, kann man mit dem statistischen Rauschen alles begründen. Und weder in Thüringen noch in Meck-Pomm konnten die jährlichen Steigerungsraten bei DAB und Internetradio bislang die Zahlen heben.

Die haben einfach erkannt, dass sie in diesen Regionen nicht relevant sind.
 
Ich glaube, das hat den typischen Klassik Radio-Hörer auch bei UKW schon nicht interessiert. Echte Klassik-Hörer mögen auch keine Dynamikkompression. Klassik Radio ist für diejenigen, die gerne mal Klassik hören, aber von Natur aus keine Klassik-Liebhaber sind. Die hören CDs oder FLACs, freilich ohne Datenreduktion. Bin mal gespannt, in welchen Datenraten Klassik Radio sein Streaming anbieten wird. Damit könnten sie neue Schichten erreichen, auch bisherige Nicht-Hörer.


Klassik Radio betreibt derzeit einen 192kbps MP3 Stream der auch recht ordentlich klingt im gegensatz zu SAT/UKW und DAB+.
 
Bis Jahresende fast vollständiger Rückzug von UKW

Keineswegs.

Der Waver hats mal wieder schön auf den Punkt gebracht: Aufgegeben werden nur die Low-Power Frequenzen in der Provinz, dort hat KR ohnehin kaum messbare Hörerzahlen. In den Ballungsräumen ändert sich nichts.

So ist auch das Statement von Kubak zu verstehen: Wo keine Hörer sind, gehen durch die UKW-Abschaltung auch keine verloren.
Kubak hats nur schöner formuliert; dass KR in weiten Teilen der Republik trotz UKW-Verbreitung keine Resonanz findet, hören die Aktionäre halt nicht so gern. :D

Die KR-Frequenzen in der Provinz sind übrigens nicht per se schlecht. Nach der ersten Abschaltwelle 2015 in Thüringen, Meck-Pomm und Hessen haben sich mit Teddy, Radio B2 und planet radio/harmony.fm umgehend neue Nutzer für die aufgegebenen UKW-Frequenzen gefunden. Selbiges ist auch für Schleswig-Holstein zu erwarten, laut MA HSH werden sämtliche KR-Frequenzen in SH neu ausgeschrieben.
 
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Vielleicht bekommt ja dann Antenne Lübeck endlich seine heißersehnte Frequenz... Wobei der Bungsberg glaube ich zu weit weg ist...
 
Klassik Radio hat doch in Lübeck die 93.6...Die wäre doch dann verfügbar,sofern man das "Kettchen" auseinander pflücken möchte und KR die Frequenz auch aufgibt.
 
Nach der ersten Abschaltwelle 2015 in Thüringen, Meck-Pomm und Hessen haben sich mit Teddy, Radio B2 und planet radio/harmony.fm umgehend neue Nutzer für die aufgegebenen UKW-Frequenzen gefunden.
In Ostthüringen wäre noch das Vogtlandradio aus Plauen zu nennen. Die haben sich die ex-KR-Frequenzen in Gera, Altenburg und Schleiz gegriffen und ihr Sendegebiet als einstiger formal sächsischer Programmanbieter nach Thüringen hinein erweitert. In Gera haben sie sogar ein Regionalbüro mit zumindest irgendwelchen Einsprechplätzen für Beiträge aufgebaut, zu Beginn stand auch mal etwas von geplanten Regionalisierungen (!) im Raum. Was daraus geworden ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Senderbetriebs-Dienstleister war zumindest anfangs sogar die Media Broadcast. Wer es heute macht, weiß ich auch nicht.

In Thüringen sind Antenne Thüringen und Schwesterprogramm Top 40 mit Zuführung und Senderbetrieb bereits bei der Divicon, im Falle der Landeswelle ist angeblich die Zuführung bei Uplink/Derutec und der Senderbetrieb wohl noch bei der Media Broadcast. Der MDR hat die Zuführung bei Media Broadcast (das neue DisNet, UKW-Hauptstandorte werden in PCM zugeführt, also ohne jegliche Datenreduktion!), der Senderbetrieb geht von der Media Broadcast auf Divicon über. Die Zuführung der D-Radios obliegt der Media Broadcast (künftig beide Programme in je 384 kbps MP2 via Astra 23,5° Ost), der Senderbetrieb geht auf die Uplink über. Das gibt hübsches Kuddelmuddel auf den Senderstandorten, zumal es zumindest an einem Standort in Gera noch Frickellösungen gibt (Empfang/Zuführung mehrerer Programme an anderem Standort, von dort mit steinalten Capella-Codecs der Media Broadcast via DSL-Leitung zum eigentlichen Senderstandort, DLF und DLF Kultur haben in Gera zusätzliches Delay gegenüber Hauptsenderstandorten). Und ich warte gespannt darauf, wer welche Antennen und Weichen weiternutzen wird / kann und wer neu bauen will / wird / muss. Dann werden wir sehen, ob UKW ein "Luxusgut" werden wird.
 
Das sollte man einmal differenziert betrachten. Einmal ist Klassikradio ein reines Nischenprogramm, welches gezielt Hörer anspricht und die sehr gezielt die Verbreitungswege suchen, um dieses Programm zu empfangen. Einen großen Teil der Nutzung zieht Klassikradio übrigens aus der nach wie vor genutzten Kabelverbreitung.

Der zweite Punkt ist, dass es bei Klassikradio auch wirtschaftliche Überlegungen sind. Denn Klassikradio ist wirtschaftlich, wenn ich mir die Geschäftsberichte anschaue, doch etwas auf "Kante gestrickt". Da stellt sich irgendwann die Frage, ob es Sinn macht noch alle Verbreitungswege zu bedienen.

Die Eingangsthese ist natürlich irreführend. DAB+ ist nicht die Digitalisierung des Mediums - geschweige denn die Abbildung des Geschäftsmodells in der digitalen Welt - sondern "nur" die Digitalisierung des Verbreitungsweges. Nutzung und Geschäftsmodell (=Vermarktung) folgen bei DAB+ ausschließlich dem analogen Vermarktungsmodell, nämlich der Reichweitenvermarktung. "Neue" Geschäftsmodelle wie Online-Audio sind über DAB+ nicht möglich, was nicht nur individualisierte und personalisierte Ansprache bedeutet inklusive Datengenerierung.

Auf die kostenpflichtigen Dienste bin ich ja mal gespannt. Auf die großspurig von ffn angekündigten Dienste vor ca. 2 Jahren warte ich immer noch. Aber etwas Prosa muss halt dabei sein ;).
 
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