Diese UKW-Monster-Antennen stammen aus einer Zeit, in der man nur bis 100 MHz, maximal bis 104 MHz optimierte. Und so verhalten sich diese Monsterantennen auch. Die DDR-Version der 14-Element-Antenne (wohl aus dem Antennenwerk Bad Blankenburg) ist da nicht wirklich anders als eine West-Stolle US14. Letztere hat Peter Körner mal durchgerechnet, das sieht oberhalb 104 MHz arg betrüblich aus, da kippt dann auch noch die Richtwirkung, bei 108 MHz ist die Antenne von hinten empfindlicher als von vorne. Man kann das aber mit heutigen Methoden bis ins Letzte simulieren und auch diese Monster begradigen, indem man die Elemente von vorn her stufenweise kürzt:
http://www.dxradio.cz/jidxc/antenne_de.htm (oben, beim Vergleichen der Gewinnverläufe bitte die unterschiedliche Achsenskalierung beachten!). Die Rückdämpfung steigt immerhin auf 15 bis 25 dB, ist aber sehr frequenzanbhängig. Diesen Mangel, die Baugröße und die fiese Windlast tauscht man sehr gerne gegen 2-3 dB weniger Gewinn ein, wenn man dafür einen weitgehend glatten Gewinnverlauf und eine durchgehend hohe Rückdämpfung bekommt. Dazu später mehr.
Die DDR-Antennen, die an meinem Heimatort noch auf der Kopfstelle im Einsatz sind, zeigen auch klar den Abfall bei hohen Frequenzen. Hier ein Scan Richtung Südost, die Antenne ist nach Ronneburg ("Rückersdorf / Schreinar") gerichtet (MDR Thüringen, Jump, Kultur, Antenne Thüringen, Landeswelle Thüringen). Unter einem Fehlwinkel von 8° kommt Geyer mit rein, der hohe, in diese Richtung super exponierte Standort, den
@Hendrik bereits erwähnte (DT64 / 100 MHz). Inzwischen laufen von Geyer 6 formal gleichstarke Frequenzen, die schon zu DDR-Zeiten (wofür?) koordinierte 105,4 MHz kam dann irgendwann in den 90er Jahren für das heutige RTL Sachsen dazu. Eine Antenne mit linearem Gewinnverlauf sollte also alle Frequenzen mit gleicher Signalstärke einfangen. Die DDR-14er tut es nicht:
Alle grün benannten Frequenzen sind 100 kW ERP. Der Gewinnverlauf der Antenne ist gut zu sehen. Oberhalb 105,4 MHz würde es noch übler werden.
Die "Nordantenne" (auf Wiederau gerichtet) hat auf der 106,9 MHz (das dortige Pendant zur 105,4 MHz von Geyer) satte 12 dB Verlust gegenüber den Empfängen der anderen 100-kW-Frequenzen unter 105 MHz.
Was im Jahre 1987 kaum ein Problem war, ist heute übel. Richtet man am Standort der Kopfstelle bei meinen Eltern ein UKW-Monster Richtung Torfhaus (NDR), so wie man es 1987 natürlich tat, hat man von hinten voll den in den 90er Jahren neu entstandenen Standort Ronneburg drin. Ich habe an der Antennenableitung im Herbst 2015 gemessen:
Torfhaus 92,1 (NDR 2) / 100 kW / 146 km / optimal ausgerichtet: 56 dBµV
Brocken 97,4 (DLF Kultur) / 100 kW / 142 km / optimal ausgerichtet: 57 dBµV
Ronneburg 102,5 (Antenne Thüringen) 30 KW / 15 km / Empfang rückwärtig: 93 dBµV
Ronneburg 103,9 (MDR Kultur) 19 KW / 15 km / Empfang rückwärtig: 91 dBµV
Das macht keinen Spaß, so kann man UKW-Kabelumsetzer kaum anständig betreiben. Mehr als etwa 105 dBµV wollen unsere Umsetzer nicht (sie haben satt dämpfende Richtkoppler drin, deshalb überhaupt so viel Pegel), also kann man das Signal nicht wirklich weiter verstärken, weil die Ortssender von hinten so reinknallen. Damit leidet das S/N bei den Fernempfängen (Torfhaus), weil deren Signalstärke zu niedrig ist. Ich habe deshalb 2015 die Antennen auf nahe Standorte drehen lassen und hole die "Fernempfänge" seitdem via DVB-S -> UKW-Umsetzung.
Ideal wären moderne, vollständig optimierte Antennen, und zwar z.B. diese:
http://ham-radio.com/k6sti/korn92.htm - wenn man die mechanisch stabil genug für eine Kopfstelle baut, hat man wirklich das Optimum aus UKW rausgeholt. Sowas wäre in den späten 80er Jahren der Traum für so manche Ossis gewesen: DDR-Sender, so sie von hinten kommen, mit 25-30 dB ausblenden und dafür auch über 100 MHz volle Empfindlichkeit für Antenne Bayern, FFN und Konsorten.
In Grenznähe zu Polen und Tschechien wäre sowas heute noch angemessen, seitdem dort auch im CCIR-Band gesendet wird.
Ich muss aber anhand alter Aufnahmen immer wieder staunen, wie sauber wir damals an dieser Anlage RIAS und BR (immerhin knapp 100 km) bekamen. Da ist keine Verklärung dabei, die Sauberkeit ist auch heute noch in Kassettenaufnahmen zu hören, wenn gutes Bandmaterial und ggf. auch Dolby (oder DDR-Nachbau) verwendet wurde.
Aber eine Frage: Ab wann tolerierten die DDR-Verantwortlichen diese deutlich erkennbar auf Westfunk ausgerichteten Antennen?
Das ging in den frühen 70er Jahren los mit der Entspannung. Ab Ende der 70er Jahre entstanden dann ganz offiziell die "Gemeinschaftsantennen", vorrangig natürlich deklariert zum besseren Empfang von DDR 1 (TV) und oft überhaupt erst mal DDR 2 (TV). Gerne wurde auch noch das Argument "die einzelnen Hausantennen können abgebaut werden, volkswirtschaftlich wichtiges Material wird eingespart" ins Feld geführt und die Tatsache verschwiegen, dass man stattdessen kilometerweise
Kupferkabel verbuddeln muß (was auch erstmal aufgetrieben werden muss, zudem lag das Kabelwerk Vacha noch im Grenzgebiet zu Westdeutschland und einfach so mal dorthinfahren scheiterte am fehlenden Passierschein).
Hier Seite 1 des Statutes der Antennengemeinschaft:
und hier die Schlussbestimmungen mit dem wichtigen Absatz 7.2.:
Dieses
Gesetz hatte es in sich und war nach dem 2. Weltkrieg in seinem Grundanliegen aus meiner heutigen Sicht durchaus folgerichtig und zwingend. Die Tatbestände waren natürlich beliebig dehnbar, letztlich wäre da alles als Verstoß denkbar gewesen. In frühen DDR-Zeiten reichten da teils lächerliche Dinge, aber um 1980 hatte sich das weitgehend entspannt, wenn nicht irgendein regionaler Parteikarrierist "positiv" auf sich aufmerksam machen wollte.
1983 jedenfalls war es offenbar kein Problem, auf die Westkanäle sogar schriftlich hinzuweisen:
In den 80er Jahren wurde es dann teils skurril: so eskortierte die Volkspolizei der DDR einen Schwerlasttransport mit zwei 5-Meter-Parabolspiegeln für den terr. Empfang des ZDF (!), der in der Kabelanlage Burgstädt zum Einsatz kommen sollte. Diese und weitere Köstlichkeiten bitte direkt dort abbeißen:
http://www.gag-burgstaedt.de/history.htm - die Burgstädter haben meines Wissens nach bis heute die 14-Element-UKW-Antennen im Einsatz und holen sich dort nach eigener Aussage problemlos 89,0RTL vom Brocken. Hätte ich nie erwartet, dass das da einspeisewürdig geht.
Auffällig wird natürlich bei manchen Schilderungen, die man aus dieser Zeit im Netz findet, auch der abgrundtiefe Hass auf die DDR, der sich heute in den gleichen Landesteilen in abgrundtiefen Hass auf das einst so sehnlich gewünschte "Westsystem" gewandelt hat, nachdem auch die letzten erkennen mussten, dass ein Leben wie im West-Werbefernsehen der 1980er Jahre in real bei fast niemandem existiert, auch in Westdeutschland nicht. Und das überschattet zumindest für mich dann die Freude an den einstigen technischen und organisatorischen Köstlichkeiten sehr.
Und Du hast kaum / kein Verlangen nach Musik mehr? Über Deine Satellitenanlage solltest Du doch für Dich adäquate Sender finden. Im Zweifelsfall nimm ne 90er Schüssel und erweitere Dein LNB um LNB für 28.2° (UK), 23.5° (diverse) und Hot Bird 13° (diverse).
Ich habe seit 2002 eine 85er auf dem Balkon. Und seit meinem Umzug 2005 da dran 4 LNBs: 19,2 / 23,5 / 13 / 4,8. Astra 28,2 ist uninteressant seit dem UK-Spotbeam, der geht im Osten nicht. Aber das ist gar nicht das Thema. Es hat in den vergangenen 5 Jahren massive Veränderungen in meinem Leben gegeben, die es mit sich brachten, dass ich mich absolut nicht mehr bedudeln lassen will. Das betrifft auch meine eigene CD-Sammlung (nie gezählt, dürften etwa 1000 sein). Ich nutze letztlich fast nur noch ARD-Kulturwellen und das auch nur zu ausgesuchten Sendungen (oder zu Zufallsfunden, wenn ich mal bei meinen Eltern bin und Qualitätprüfung im Kabelnetz mache, da bleibe ich dann oft bei Bayern 2 hängen). Es kommt in Summe weitaus mehr für meinen Geschmack, als ich überhaupt zeitlich anhören könnte.
Am besten geht es mir an meinem "Fluchtort" in den Schweizer Bergen, da habe ich dann auch mal 1-2 Monate am Stück weder Radio noch TV und vermisse nichts, da ich dafür andere Dinge habe, die mir viel mehr bedeuten. Ich hätte in der Schweiz evtl. die Chance gehabt, Sendetechniker bei einem regional sehr verankerten und durchaus hochwertigen Privatradio zu werden, habe dann aber doch von einer Bewerbung Abstand genommen, weil es "nur" Popradio ist. Es mag bitte Technik-Hobby bleiben, taugt aber nicht als Lebensinhalt. Dass ich mich um die Kabelanlage an meinem Heimatort kümmere, hat zwei Gründe: "attraktive Anlage = vergleichsweise gute Überlebenschancen der Anlage = meine Eltern müssen nichts umbauen" und "ich hatte die Chance, bei der UKW-Neuplanung ein hochwertiges Kulturradioangebot zu schaffen, vielleicht hilft es ja, paar neue Hörer anzufüttern".