100 Jahre Rundfunk in Deutschland

maetsch

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Mit der Übertragung des Weihnachtskonzertes 1920 vom Funkerberg in Königs Wusterhausen begann auch in Deutschland das Rundfunkzeitalter. Das ist nunmehr 100 Jahre her und Gelegenheit, das Jubiläum zu feiern und vielleicht auch Anlass, über die Zukunft des Rundfunks nachzudenken und sich auszutauschen.

Die erste Ausgabe des rbb RadioEins Medienmagazins nahm sich Samstag dieses Themas an. Und weil nicht jeder im rbb Sendegebiet wohnt, poste ich den Link zum Podcast hier mal. Schließlich ist es ja ein Thema, mit dem jede(r) Radiomacher und jede(r) Radiobegeisterte etwas anfangen kann. Der Bonustrack ist übrigens die Fortsetzung der Sendung in lockerer Runde nach dem gemeinsamen Abendessen, nicht minder spannend.

Viel Spaß. Und herzlichen Glückwunsch zum 100. Geburtstag!

https://www.wwwagner.tv/?p=45082 (mit Bildern)

https://www.radioeins.de/archiv/podcast/medienmagazin.html
 
20200107_162037.jpg1578410214611.f8e299ba-8056-431c-8436-77243c6dd412.jpg1578410119168.14051f06-beb6-4941-bc92-34f2743a6279.jpg Hier Fotos vom Gelände der ehemaligen Rundfunkversuchsanstalt, wie es heute nachmittag kurz nach 16 Uhr aussah. Quelle: ich.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Stimmt schon, dass es dort von Lorenz eine Versuchsanstalt gab. Aber keine öffentlichen Rundfunksendungen vor 1923. Davor nur Versuchsendungen. Die gab es auch anderswo.

Der erste Beleg für eine richtige öffentliche Rundfunksendung stammt vom 22.12.1920 (Weihnachtskonzert aus Königs Wusterhausen). So ist das auch international anerkannt. Die erste staatlich lizensierte öffentliche Rundfunkanstalt begann dann 1923 im Berliner Voxhaus zu senden.

https://www.maz-online.de/Lokales/Dahme-Spreewald/Meilenstein-fuer-den-Funkerberg
 
Zeit für eine kleine Presseschau:

Berliner Tageblatt vom 24.07.1923 schrieb:
Der deutsche Rundfunkdienst.

Ausbreitung der drahtlosen Telephonie.

Nachdem es dem Reichspostministerium gelungen ist, die drahtlose Telegraphie im Verkehr zwischen Deutschland und dem Auslande ebenso wie im innerdeutschen Verkehr durch Einrichtung von Blitzfunkverbindungen zu einem wichtigen Wirtschaftsinstrument zu machen, soll nunmehr auch, wie die Nachrichtenstelle des Reichspostministeriums schreibt, die drahtlose Telephonie in stärkerem Maße als bisher der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Die erste öffentliche Indienststellung des drahtlosen Telephons erfolgte vor etwa einem Jahre mit der Eröffnung des drahtlosen Wirtschaftsrundspruchdienstes, der, von der Reichsfunkstelle Königswusterhausen ausgehend, alle wichtigen Orte Deutschlands ununterbrochen mit wichtigen Wirtschaftsmeldungen aus Deutschland und der ganzen Welt versieht. Dient der bisher von der Reichstelegraphenverwaltung eingerichtete drahtlose Verkehr ausschließlich dem Erwerbsleben, so soll der demnächst beginnende Rundfunk weitesten Kreisen des Volkes Unterhaltung und Belehrungsmöglichkeiten bieten. Eine gemeinnützige Organisation, deren endgültige Form noch nicht feststeht, wird die Zusammensetzung und Verbreitung eines Programms (politische, wissenschaftliche, populäre Vorträge jeder Art, Musik- und Gesangsvorführungen und dergleichen) übernehmen. Der Geschäftsleitung dieser Organisation wird voraussichtlich ein Beirat zur Seite gestellt werden, der die Interessen des Reichs und der Oeffentlichkeit in künstlerischer und wirtschaftlicher Beziehung wahrzunehmen hat.

Zur drahtlosen Verbreitung dieses Programms innerhalb Deutschlands wird vorläufig die Reichstelegraphenverwaltung eine Anzahl Sendestationen des Reichefunknetzes zu bestimmten Stunden in der Weise zur Verfügung stellen, daß die von der Unterhaltungsgesellschaft gegebenen Darbietungen von den in Frage kommenden Politikern, Wissenschaftlern und Künstlern auf dem gewöhnlichen Drahtwege der nächsten Funkstelle durch besondere Mikrophone übermittelt und von dort automatisch in Form von elektrischen Wellen bestimmter Länge in den verschiedenen Bezirken verbreitet werden. Zur Aufnahme der Darbietungen ist jeder Reichsangehörige befugt, der einen Erlaubnisschein bei seinem Postamt erwirbt.

Die für die verschiedenen Leistungen in Aussicht genommenen Gebühren stehen noch nicht fest. Mit Rücksicht aus die an den vorhandenen Funksendern noch vorzunehmenden Umänderungen kann der Rundfunkdienst in den einzelnen Bezirken erst nach und nach ausgenommen werden, aber die Arbeiten sind so weit fortgeschritten, daß der Betrieb im Berliner Bezirk und vielleicht auch im bayerischen Bezirk, wo unter Umständen eine besondere Regelung in Betracht kommt, sehr bald ausgenommen werden kann.

Hamburgischer Correspondent vom 18.10.1923 schrieb:
Der „Unterhaltungs-Rundfunk“.

Gestern vormittag fand im Hörsaal des Telegraphentechniscben Reichsamtes in Berlin eine amtliche Vorführung des Unterhaltungs-Rundfunks statt. Staatssekretär von Bredow erklärte in seinem einleitenden Vortrage die Zeit nunmehr für gekommen, auch in Deutschland den Unterhaltungs-Rundfunk aufzunehmen, nachdem das drahtlose Telephon in ausgiebigem Masse für Wirtschaftszwecke dienstbar gemacht worden ist. Von Ende des Monats ab werden sämtliche deutschen Postanstalten Erlaubnisscheine für Rundfunkenempfänger ausgeben. Die Gebühr ist vorläufig aus 25 Goldmark pro Jahr festgesetzt. Sobald sich eine genügende Anzahl von Teilnehmern gemeldet hat, soll der Dienst beginnen, und zwar zunächst von der Groß-Station Königswusterhausen aus, die für ganz Deutschland den Unterhaltungs-Rundfunk führen kann. Um jedoch eine Zentralisierung zu vermeiden, ist beabsichtigt, noch etwa sechs Bezirksstationen nach und nach einzurichten. Von Königswusterhausen aus wird dann nur Groß-Berlin in einem Umkreise von etwa 100 bis 150 Kilometern bedient werden. Der nächste Bezirk wird wahrscheinlich München und Umgebung sein. Die Darbietungen der Station Berlin werden im „Voxhause“ erfolgen, von wo aus sie auf dem Drahtwege dem Sender Königswusterhausen zugeleitet und dann drahtlos an die Teilnehmer übermittelt werden.

Die Abgabe an die Teilnehmer ist auf zwei Arten vorgesehen. Einmal in öffentlichen Vorführungen, in denen die mittels einer Empfangsanlage aufgenommenen Nachrichten so verstärkt werden, dass sie einer größeren Zuhörerschaft zu Gehör gebracht werden können; sodann ist für diejenigen, die sich die Vorführungen im eigenen Heime anhören wollen, die Möglichkeit gegeben, sich eine eigene Rundfunk-Empfangsanlage zuzulegen.

Dem Vortrag des Staatssekretärs Bredow schloß sich eine praktische Vorführung des neuen Unterhaltungs-Rundfunks an, dessen Programm neben einem vorgelesenen Text verschiedene Musik- und Gesangsstücke bildeten. Der Unterhaltungs-Rundfunk wurde zunächst den Teilnehmern einzeln durch gewöhnliche Telephonhörer und im zweiten Teile mittels Verstärker der gesamten Zuhörerschaft gemeinsam übermittelt. Die Darbietungen standen auf einer technisch wie künstlerisch durchaus annehmbaren Höhe.

Berliner Tageblatt vom 26.10.1923 schrieb:
Die Eröffnung des „Unterhaltungs-Rundfunks“.

Wie schon mitgeteilt, wird vom Montag ab in Deutschland der „Unterhaltungs-Rundfunk“ eröffnet. Der erste Sender wird in Berlin ausgestellt und einen Umkreis bis zu 100 Kilometer versorgen. Später soll der Dienst auf andere Bezirke ausgedehnt werden. Die Anträge auf Erteilung der Genehmigung zur Errichtung und zum Betriebe einer Rundfunk-Empfangsanlage sind an das Fernsprechamt, in dessen Bezirk die Anlage erbaut werden soll, zu richten. Der Antragsteller muß deutscher Reichsangehöriger sein, dem Verkehrsamt zuverlässig bekannt oder sich über seine Person ausweisen können. Genehmigungsurkunden für Minderjährige oder andere nicht voll beschäftigte Personen werden nicht ausgeschrieben. Sie hat eine Gültigkeitsdauer von einem Jahre. Für ihre Erteilung ist vom Rundfunk-Teilnehmer eine Gebühr von 25 Mark Grundwert mal Auslandstelegraphengebühr zu zahlen. In diesem Betrag ist bereits das Geld für die Beschaffung und Uebermittelung der Nachrichten- und Musikvorführung enthalten.

Berliner Tageblatt vom 31.10.1923 schrieb:
Rundfunk zur Unterhaltung.

Die offizielle Eröffnung.

Nach langwierigen Vorbereitungen und Ueberwindung einiger Kompetenzstreitigkeiten ist gestern abend mit dem offiziellen Unterhaltungsrundfunk begonnen worden. Das gestrige Konzert galt zunächst auch nur einigen bevorzugten Deutschen und einer unberechenbaren Zahl ausländischer Hörer. Es gibt, wiewohl seit Monaten daran gearbeitet wird und wiewohl bei der Post die Anträge auf Bewilligung eines Empfangsapparates zahlreich einlaufen, noch keinen Menschen in Berlin mit einem rechtmäßig, das heißt postamtlich erworbenen Apparat. Dagegen wird es, wie auch in England, eine ganze Anzahl sogenannter S ch l e i ch h ö r e r geben. In Deutschland hört man zunächst erst Konzerte, und zwar auf eine Entfernung von etwa hundert Kilometern. Aber man kann, wenn man der Erfindung freien Lauf ließe, auch von Berlin aus den Klängen der Metropolitan-Oper in New-York lauschen. In England werden den kleinen Kindern, wenn sie abends zu Bett gehen, auf drahtlosem Wege Märchen erzählt, damit sie schneller einschlafen können. Und in New-York kann man eine Person, die man dringend zu sprechen wünscht, im größten Gedränge der Straße drahtlos rufen lassen. In Berlin werden bereits seit einer ganzen Weile Versuchskonzerte von den privaten Funkengesellschaftcn gegeben. Welche kulturellen Möglichkeiten die Entwicklung des drahtlosen Telephons bietet, mag aus diesen Beispielen hervorgehen. Es kommen neben den Großstädtern auch die Leute auf dem Lande in Frage, die sich von ihrer Bauernstube aus künftig Belehrungen und Unterhaltungen jeder Art verschaffen können. Dazu ist natürlich nötig, daß die Postbehörde, von deren Spruch Bewilligung oder Nichtbewilligung eines Empfängers abhängt, in rascher und weitherziger Weise die einlaufenden Anträge erledigt. Die Funkengesellschaften in Berlin hatten im Auge, nach und nach an zehn verschiedenen Orten Deutschlands Sendestationen zu errichten, aber behördlicherseits hat man von vornherein auf die Benutzung der schon bestehenden Sendeeinrichtungen in Berlin verzichtet und eine neue Station errichtet. Die Organisation dieses neuen Unternehmens, das den Namen „Deutsche Stunde“ trägt, scheint übrigens noch sehr im argen zu liegen. Wir nehmen an, daß das noch alles Geburtswehen sind, die hoffentlich bald behoben sein werden.

Berliner Tageblatt vom 30.12.1923 schrieb:
Die Zukunft des deutschen Rundfunks.

Eine Einnahmequelle für das Reich.

von

Staatssekretär Dr. Bredow.

Wir befinden uns am Anfang einer neuen Entwicklung des öffentlichen Nachrichtenwesens. Die drahtlose Telephonie gibt die Möglichkeit, durch „Rundfunk“ gleichzeitig von einer Stelle aus zu vielen Tausenden zu sprechen. Schon seit einem Jahre werden in Deutschland auf diesem Wege wichtige Wirtschaftsmeldungen an Tausende von Beziehern übermittelt. Seit kurzem verbreitet der deutsche Rundfunk auch Musik, Pressemeldungen und Vorträge unterhaltender und belehrender Art. Der Gedanke, sich an eine unbegrenzte Zuhörerschaft bis weit über die Grenzen hinaus wenden zu können, hat etwas Ueberwältigendes an sich, und tatsächlich bereitet sich in aller Stille eine Entwicklung vor, deren Umfang und Auswirkung nicht zu übersehen ist.

Die Aufgabe des Rundfunks sind kultureller, wirtschaftlicher und politischer Art. Deutschland wird an dieser Entwicklung teilhaben und nicht zurückstehen, aber ihm sind infolge der unglücklichen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorläufig Wege für die Ausnutzung dieses neuen Nachrichtenmittels vorgezeichnet, die in Einzelheiten von dem abweichen, was in anderen Ländern geschieht. Deutschlands Reichsbetriebe arbeiten mit Verlust, Mittel zum Ausbau werterer Nachrichtenverbindungen sind nicht mehr vorhanden; da gilt es, jede sich zeigende Einnahmequelle restlos auszuschöpfen und technische Neuerungen nur unter dem Gesichtspunkt höchster Wirtschaftlichkeit anzuwenden.

Diese harte Notwendigkeit wird auch für die nächste Zeit für die Entwicklung des Rundfunks bestimmend sein müssen. Reiche Länder können es sich erlauben, die kulturelle Seite voranzustellen und die drahtlose Telephonie ganz allgemein für Zwecke der Unterhaltung und technischen Belehrung unter weitgehendem Verzicht auf wirtschaftliche Ausbeutung für ernsthafte Verkehrszwecke anzuwenden.

Millionen von Menschen in Amerika können sich deshalb unbehindert durch staatliche Interessen lediglich zum Vergnügen oder aus technischer Liebhaberei mit dem Abfangen drahtloser Nachrichten, gleichviel für wen sie bestimmt sind, beschäftigen. Jeder kann sich Sende- und Empfangsstationen bauen und darauflos arbeiten, ohne daß man sich vorläufig den Kopf darüber zerbricht, wie sich das immer stärker werdende Durcheinander der Wellen einst entwirren wird. Man hofft, daß mit der Zeit ganz von selbst die Auswüchse verschwinden und einer auf diesem Gebiete unentbehrlichen Ordnung weichen werden. Die amerikanische Regierung besaß keine gesetzliche Handhabe, um diese Entwicklung in bestimmte ihr genehme Bahnen zu lenken, der öffentliche Verkehr war auf die drahtlose Telephonie wegen des vorzüglichen Leitungsnetzes nicht angewiesen, die Fabrikanten taten alles, diesen Sport durch kostenfreie Aussendung unterhaltender Nachrichten zu unterstützen. So konnten, gefördert durch ein kaufkräftiges, besonders auf dem Lande nachrichtenhungriges Publikum, auf diesem Gebiet Zustände entstehen, die das Auge vieler blenden. Auch in Europa hat eine derartige Entwicklung eingesetzt. Aber schon England erkannte die Schattenseiten eines hemmungslos sich austobenden Wellendurcheinanders und erließ eine straffe Verkehrsregelung. Nur sechs Sendestationen wurden zugelassen, und die Benutzung von Empfangsanlagen wurde von der Genehmigung der Telegraphenverwaltung und Zahlung einer Jahresgebühr abhängig gemacht. Dies ist der Weg, den auch Deutschland vorläufig gehen muß. Sechs oder acht Sendestationen werden die Oeffentlichkeit mit Nachrichten und Unterhaltungsstoff versehen und jedermann kann Bezieher dieses Unterhaltungsrundfunks werden, der eine Jahresgebühr bei seinem Fernsprechamt zahlt und einen Empfangsapparat benutzt, der mit dem für Unterhaltungszwecke bestimmten Wellenbereich ausgestattet ist. Während der Unterhaltungsdienst sich an die Allgemeinheit wendet und deshalb so billig wie möglich gestaltet werden muß, sollen die nicht vom Unterhaltungsrundfunk benutzten Wellen Sonderzwecken Vorbehalten bleiben und wirtschaftlich ausgebeutet werden.

Da eröffnet sich ein weites Feld. Zeitungen, Nachrichtenbureaus, Banken, Industriegesellschaften, Großhandelsfirmen, Organisationen jeder Art können auf diesem Wege schnell, billig und zuverlässig ihre Bezieher, Zweiggeschäfte, Mitglieder mit ihren eigenen, nur für einen besonderen Kreis Empfangsberechtigter bestimmten Nachrichten versehen. Wenn das organisatorisch nnd technisch so gelöst wird, daß tatsächlich nur diejenigen die Nachrichten erhalten, für die sie bestimmt sind, wird dieser Nachrichtenzweig besonders für das Zeitungsgewerbe einmal von großer Bedeutung werden. Dann wird es möglich fein, den „Rundfunk“ weit über die Bedeutung einer allgemeinen Unterhaltung herauszuheben und für das Reich neue Einnahmen zu erschließen.

Rundfunk der Radiostunde.

In den nächsten Tagen wird die Aufstellung eines zweiten Telephonie-Senders im Vox-Hause beendet sein, so daß dann dauernd ein Reservesender zur Verfügung steht. Damit entfallen verschiedene Schwierigkeiten, die bisher vorhanden waren. Zunächst sind für diesen Sender Gleichstrom-Hochspannungsmaschinen beschafft worden, so daß der Maschinenton selbst da, wo er bisher noch störend empfunden wurde, nunmehr vollkommen fortfallen wird. Ferner sind die Batterien jetzt doppelt vorhanden. Auch kann der Sender jetzt voll ausgenutzt werden, was bisher gewagt erschien, weil noch gewisse Reserveteile zu dem bisherigen Sender fehlten, die im Falle eines Defektes nicht hätten ersetzt werden können, so daß dann der Betrieb hätte eingestellt werden müssen; dazu dürfte es nun nicht mehr kommen können, falls nicht etwa an der Antenne ein Fehler auftritt.

Wie wir hören, wird die Frankfurter Frühjahrsmesse, die vom 6. bis 12. April stattfindet, einen Tag arrangieren, der voll und ganz unter dem Zeichen der Radioerrungenschaft steht. Eine Reihe technischer Organisationen, darunter die „Südwestdeutsche Rundfunkdienst-Gesellschaft“ und die „Gesellschaft von Freunden der Radiotelephonie“ sehen für diesen Radiotag wissenschaftliche Vorträge führender Gelehrter und praktische Vorführungen vor. Eine eigene Sendestation der Südwestdeutschen Rundfunkdienst-Gesellschaft wird an diesem Tage ihre Weihe erhalten, und die Aussteller der deutschen Radioindustrie werden Gelegenheit haben, ihre Apparate in den Messestunden praktisch vorzuführen.

Gelegentlich seltsam anmutende Schreibweisen befinden sich so im Original.
Quelle: Zeitungsarchiv von europeana.eu
 
Hallo zusammen,
nun noch einmal Anmerkungen vom Funkerberg :)

Wir feiern in diesem Jahr 100 Jahre Rundfunk aus Königs Wusterhausen. Anlass ist das Weihnachtskonzert vom 22.12.1920. In diesem Weihnachtskonzert wurde ein Programm für den Hörer zusammengestellt. Gesendet wurde Sprache und Musik und es wurde moderiert. Damit wurde Königs Wusterhausen zum Ort der ersten Rundfunksendung in der Definition von Hörfunk, wie wir ihn auch heute noch kennen.

Zu Eberswalde:
Eberswalde war die Versuchsstation der Firma Lorenz. Hier wurde alles mögliche getestet, unter andem eben auch die Telephonie über Lichtbogensender. In diesem Zusammenhang wurde der Lichtbogensender mit Sprache und auch Musik bespielt. Das Musik von der Platte kam hatte den Vorteil, ein vergleichbares Singal zu erzeugen. Mit diesem Signal wurden dann Qualitäts- und Reichweitenversuche gemacht.
In diesen Versuchen wurde die berühmte Pungs Drossel erfunden - die sowohl in Eberswalde als auch in Königs Wusterhausen als auch 1923 im Vox Haus zum Einsatz kamen. Ebenfalls arbeitete man an der Verbesserung der Mikrofone - eigentlich modifizierte Sprachkapseln aus Telefonen.

Die ersten Hinweise auf Hörfunk im Sinne eines Programms für Hörer gibt es für Eberswalde aus dem Jahr 1922. Das erste nachweisliche Konzert aus Eberswalde wurde im Januar 1923 veranstaltet - im übrigen genauso Schwarzfunk wie die Sendung 1920 aus Königs Wusterhausen und noch vor dem offiziellen Beginn des Rundfunks am 29.10.1923.

Zusammenfassend würde ich sagen, das Eberswalde eine wichtige Rolle bei der Rundfunkentwicklung gespielt hat. Eine Hörfunksendung im Sinne eines Programms für Hörer waren die Versuche vor 1922/23 allerdings nicht.

Zu den eingestellten Zeitungsartikeln von Grasdackel, diese beziehen sich ja alle auf den Beginn des offiziellen Rundfunks 1923. Auch die Reichweite von 100 Kilometern ist mit dem Sender aus dem VOX Haus kaum zu erreichen - bei 250 Watt Sendeleistung konnte noch nicht mal ganz Berlin versorgt werden.

Ich hänge hier mal einen Artikel zum 22.12.1920 dran - Quelle Escher Tageblatt.

Viele Grüße Rainer
 

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Das Video wird bei mir leider nicht abgespielt, es kommt gleich "Weitere Videos", anstatt dass das eigentliche Video abgespielt wird.
 
Ich habe den Fehler gefunden warum das Video bei mir nicht abgespielt wurde. Ich muß vorher den eingebauten VPN im Opera Browser abschalten, erst dann läuft das Video...
 
100 Jahre Rundfunk in Deutchland. Wenn das kein Grund zum Feiern ist.:thumbsup::cool:
Allerdings wage ich mal die kühne Behauptung, dass der Rundfunk nicht noch weitere 100 Jahr überleben wird. Wenn man das mal mit einem Menschenleben vergleicht, dann kann man nicht umhin kommen festzustellen, dass das Radio in den letzten Jahren / Jahrzehnten leider massiv abgebaut hat. Unzweifelhaft hat das Radio seinen Zenit lange überschritten und mittlerweile kommt es mir, und nicht nur mir, so vor, wie ein Sterben auf Raten. Das Radio liegt schon lange auf der Intensivstation, aber außer vielen lebenserhaltenden Maßnahmen kommt da leider nicht mehr viel. Eine Aussicht auf Besserung oder gar Heilung besteht derzeit nicht mehr. Somit ist es nur noch eine Frage der Zeit bis der Patient das Zeitliche segnet.
 
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Seit seiner Erfindung hat sich Radio verändert und gewandelt. Langweiligen Dudel wünsche ich einen schnellen Tod. Und Anspruchsvolles, Spezielles wird weiterhin den Weg zu den Hörern finden. Wer Ausgefalleneres hören wollte, hat doch schon in den 70ern gezielt eingeschaltet. So groß ist der Unterschied zum Hören eines Podcasts doch gar nicht....
 
Heute hatte ich Gelegenheit, den Funkerberg in Königs Wusterhausen zu besuchen. Die technische Seite des Rundfunks werde ich nie zu 100% durchdringen. Viele Schaltpulte, die so aussehen, als könnten die auch im Atomkraftwerk oder einer Chemiefabrik stehen - kalt, technisch, nicht lebendig. Und doch ist damals im Zusammenspiel mit Sprechern und Musikern etwas entstanden, das die Menschen nicht nur fasziniert hat. Es hat sie berührt. "Diesel"-Uwe aus dem Video von @Philclock in #8 habe ich heute persönlich kennengelernt. Sehr engagiert und ein toller Radiogeschichtenerzähler.20200906_141714.jpg
 
Eine alte Festplatte ist mir mal wieder "in die Hände gefallen" und dabei habe ich eine Sendereihe von SR2 Kulturradio zum Thema 90 Jahre Rundfunk wiederentdeckt. @DigiAndi vielleicht ist das auch etwas für Dich. 10 Teile á ca. 30 Minuten mit vielen Ausschnitten aus historischen Radioprogrammen. Da ich diese damals auch als CD verschenkt habe, hier mein Cover-Entwurf als Appetitanreger. Unter https://we.tl/t-QR4z5J2QZs stehen alle 10 Folgen als Download bis zum 18.09.2020 bereit. Bernd Primus ist nmE einer der besten Sprecher, die ich kenne. Front Cover 3.jpg
 
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