Ab Montag, 1. Dezember das Neue RBB Kulturradio

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muuknus22

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Wie ihr sicherlich schon alle wisst, startet am Montag 1. Dezember 2003 das Neue RBB Kulturradio. Ich möchte mal gerne vor ab von euch wissen, was ihr euch vom neuen Kultrsender versprecht?
 
Tolle Sendetitel haben sie sich jedenfalls überlegt :D:D:D
Mo-FR
6-9 Kulturradio am Morgen
9-12 am Vormittag
12-15 am Mittag
15-18 am Nachmittag
 
Wahrscheinlich gibt es ab Januar auch die Kulturradio-Morningcrew. Der Kultur-Man wird seine Kultour durch Berlin und Brandenburg starten und zum Mitmachen bei der „Eine Million Euro Kulturtasche voll Asche Gewinnchance“ auffordern. Als Trostpreise gibt es Kulturradio-Kultuhren.
 
Zur Zeit gibt es ja 2 Trends bei den Kulturradios:
1. Magazinitis: Kulturhäppchen mit "anspruchsvoller" Musik diverser Genres (MDR Kultur, HR2)
2. Klassikwelle: seichtes Grundrauschen des 17., 18. und 19. Jahrhunderts, unterbrochen durch halb-einstündige Wortsendungen (NDR Kultur, das vernünftigerweise eher NDR Klassik heissen würde)

Das wirkliche Einschaltprogramm scheint auszusterben. Die Hörgewohnheiten scheinen sich zu sehr verändert zu haben.
Mal sehen wann der SWR nachzieht.
SWR2 ist ja noch eine Bastion der Hochkulturprogramme, ganz im Gegensatz zu den völlig durchformatierten anderen Programmen aus selbem Hause.
 
NDR Kultur...

reformiert ja auch 2004 weiter.Reißwolf wird ja eingestellt und in der Woche dauert die Nachmittagsschiene dann auch 5 Stunden von 14-19 Uhr-kein Witz!
 
Gleichzeitig soll das Programm aber -vorsichtig- journalistischer werden. Vorsichtig, um erstens die Hörer und zweitens die Kollegen von NDR Info nicht zu verschrecken.
 
Zum Start des RBB-Kulturradios schreibt die Berliner Morgenpost in ihrer Sonntagsausgabe:
In der Kürze liegt die Würze
Morgen startet das neue Kulturradio des RBB

Von Michael Link

Die Freunde der Oper oder des sinfonischen Konzerts dürften enttäuscht sein: Ihre musikalischen Marathon-Darbietungen werden auf Kurzstreckenformate schrumpfen. In dem neuen Kulturradio, das ab morgen ausgestrahlt wird, setzt der RBB nämlich auf Kultur in Häppchen. "Wir nehmen Abschied vom Rundfunkmuseum", erklärt der alte und neue Programmchef Wilhelm Matejka.

Das heißt: Das neue Radioprogramm, das an die Stelle von Radio 3 und Radio Kultur tritt, wird an den Wochentagen zwischen 6 und 18 Uhr kürzer und knapper werden, ein "Tagesbegleitprogramm" sein. Einstundensendungen wie etwa "Belcanto" oder halbstündige Lesungen und längere Formen wie die "Klassik Galerie" fallen zu Gunsten kurzer Formen weg. Sendungen wie "Notizen zur Literatur" oder "Galerie des Theaters" verschwinden, tauchen nur verkürzt in Kritiken wieder auf.

Das Kulturradio wird "magazinhafter" sein. Dazu ist der Tag in vier Blöcke eingeteilt: Morgen (6-9 Uhr), Vormittag (bis 12 Uhr), Mittag (bis 15 Uhr) und Nachmittag (bis 18 Uhr). Jeden Tag gibt es um 6.15 Uhr ein aktuelles Porträt, um 7.15 Uhr die Frühkritik zu Premieren des Vorabends, um 8.25 Uhr den Kulturkalender, um 8.45 Uhr unter dem Begriff "Lesestoff" eine Buchbesprechung, um 9.15 Uhr einen "Geistesblitz" - ein Gespräch mit einem Wissenschaftler zu einem aktuellen Thema oder um 10.30 Uhr ein 30 Minuten langes, so genanntes Hörstück, eine Mischung aus Feature und Hörspiel.

"Wir müssen uns dringend den Hörgewohnheiten der Menschen anpassen. Und die sind so, dass sie tagsüber keine Zeit haben, sich eine 55-Minuten-Wortsendung anzuhören", begründet RBB-Intendantin Dagmar Reim das neue "Häppchen"-Programm. Sinfonien, Opern, lange Features und Hörspiele fallen jedoch nicht ganz durch den Rost: sie werden auf das Wochenende oder nach 22 Uhr verschoben. Auf zwei Ausstrahlungen verdoppelt wurde gar die Ausstrahlung aktueller Konzerte. Verbindende Klammer der Blöcke soll ein Moderator sein, der - auch das ist neu - die drei Stunden durchmoderiert. "Die Zuhörer erwartet eine moderne Moderation in frischem Ton, kein getragener akademischer Duktus", sagt Matejka. Die Musikfarbe zwischen 6 und 18 Uhr wird die Klassik sein.

Ziel des Neustarts ist es, vor allem jüngere Hörer für das Kulturprogramm des RBB-Radios zu gewinnen. Dazu zählt in dieser Sparte die Altersgruppe "40 plus". Damit soll der geschrumpfte Marktanteil von zuletzt 0,9 Prozent, den jeweils Radio 3 und Radio Kultur haben (das entspricht etwa 30 000 Hörern pro Tag und Welle), erweitert werden. "Wir sind nicht auf Quotenjagd. Aber wir wollen auch nicht hörerfrei sein", sagt RBB-Intendantin Dagmar Reim. 45 Redakteure und ein Etat von rund 3,7 Millionen Euro sind dem RBB diese Anstrengung wert.

Der Inhalt des Programms ist eine Art "offenes" Feuilleton: "Kultur ist nicht sakral oder ehrwürdig. Dazu gehört die klassische Hochkultur - Theater, Literatur, Oper - genauso wie die Alltags- und Szenekultur. Wir werden dem politischen Leben, der Wissenschaft oder weltanschaulichen Fragen ebenso Platz einräumen wie etwa der Bildenden Kunst", sagt Hörfunkdirektor Hannelore Steer. So kann es in der täglichen Rubrik "Geschmackssache" über "Trends wie allein sitzende Personen in Cafés gehen, die ihren Palm mit Daten füttern", erklärt Wortchefin Claudia Ingenhoven. Diese Idee hat sie sicher in ihrem Palm notiert.

Das Kulturradio sendet auf den Frequenzen 92,4 und 96,3 MHz. Bei der Medienanstalt liegt der Antrag, auf die Frequenz von Radio Multikulti zu wechseln.
 
Kulturradiotrends

Die zweite Variante der Kulturradiotypen, die Fokussierung auf Klassik halte ich für eine ärgerliche Unsitte. Allerdings: Zu Bayern 4 gibts Bayern 2 und zu WDR3 WDR 5 als Gegenstück. Und zu NDR "Kultur" gibt's abends mit NDR Info das bessere Kulturradio als Alternative.

Die Magazinitis bei den Kulturprogrammen finde ich (werk-)tagsüber gar nicht so verkehrt. Für längeres intensives Zuhören hat da fast niemand mehr wirklich Zeit. Insofern finde ich das Konzept vom RBB-Kulturradio konsequent und richtig. Aber den Fokus auf Klassik finde ich doch etwas schmalspurig. Andererseits: Die Variante mit dem breiten Musikspektrum gibt es mit dem Deutschlandradio Berlin bereits in der Region...
 
Original geschrieben von Berliner Morgenpost-Autor Michael Link
Das Kulturradio sendet auf den Frequenzen 92,4 und 96,3 MHz. Bei der Medienanstalt liegt der Antrag, auf die Frequenz von Radio Multikulti zu wechseln.

Ich glaube, da hat er was verwechselt!? Ich glaube nicht, dass der RBB wirklich mit dem Kulturradio auf die 106,8 MHz wechseln will. Eher soll Multikulti auf die stärkere 96,3 MHz und 106,8 MHz geht zurück zur MABB.
 
96.3 MHz soll 2004 neu ausgeschrieben werden

An NOBerliner:
Im Medienmagazin von Radio Eins sagte Moderator Jörg Wagner, dass die Doppelausstrahlung vom Kulturradio bis Jahresende aufrechterhalten werden soll und dann wird die 96.3 MHz neu ausgeschrieben.
Es war meines Wissens mal im Gespräch bei der MABB den Antrag zu stellen Multikulti auf die 92.4 MHz oder die 96.3 MHz zu verlegen. Von dieser Idee hat man sich aber wohl inzwischen verabschiedet. Warum ist mir schleicherhaft, gab es doch gute Gründe dafür.
 
Auf der Website wird auf jeden Fall für Berlin nur die 92,4 als Frequenz abgegeben, was auf einen Verbleib auf dieser Frequenz hindeutet. Die 96,3 wird überhaupt nicht erwähnt.

Tja, und über Astra-Digital wird das Programm ja scheinbar nicht verbreitet.
 
@Der Ex-RADIOSPION

Von der Idee hat man sich nicht verabschiedet. Die 96,3 muß zuerst formal zurück gegeben werden, um sie dann für Multikulti wieder zurück zu bekommen, was nicht automatisch heißt, daß sie Multikulti bekommt, aber sehr wahrscheinlich ist. Ein Antrag soll bereits bei der MABB vorliegen.

@berlinreporter

Kulturradio sendet auf dem ADR-Träger von Radio 3. Ist sicher zunächst verwirrend, aber da es sich ja offiziell um eine Neugründung handelt, ist es ja Wurscht, ob via UKW auf Radio Kultur und über ADR auf dem Tonunterträger von Radio3 gesendet wird.
 
Ja, sorry, mit digtal meinte ich DVB - und da gibt es weder Radio 3 noch Kulturradio. Analog geht über Astra wohl auch nix. :(
Damit sind die beiden mit Abstand am weitesten verbreiteten Sat-Möglichkeiten außen vor.

(Ich hatte zwar woanders mal geschrieben, dass ich mir mal einen ADR-Empfänger zugelegt hatte - das war ein Irrtum, es handelte sich um einen DSR-Empfänger, der jetzt zum Staub-Empfänger mutiert ist.)
 
Habe gestern Abend bei SWR2 einen Kommentar zum neuen RBB-Kulturprogramm gehört.
War ein recht böser Verriss mit dem Kerngedanken, das sei seichte Anspruchslosigkeit, die weder dem Hörerinteresse noch dem Inhalt gerecht würde. Denn wer sich tatsächlich für diese Inhalte interessiere, der nehme sich die Zeit dazu und werde jetzt maßlos enttäuscht und schließlich vergrault. Wer nicht, höre das auch nicht nebenbei.
db
 
Das sage ich schon immer. WENN die Inhalte interessant sind, dann hört man doch auch längeren Wortstrecken zu. Die Programmphilosophie von SDR1 mit seinen langen Wortstrecken ist doch nicht an Erfolglosigkeit, sondern an den Ideen des Ex-SWF-Intendanten zugrunde gegangen.
 
So - dann möchte ich hier mal einige erste Höreindrücke wiedergeben. Die sind nur punktuell am Morgen gesammelt.

Erstens die Musik: Tatsächlich ist sie das Problem. Ich hoffe, das lesen jetzt auch Leute, die nicht gleich rote Pikel kriegen vor lauter Kulturanspruch, aber es ist wirklich sehr schwierig, die Musik für ein Tagesbegleitprogramm im Bereich Klassik zu programmieren. Also: Chopin Klavierkonzert am Morgen geht einfach nicht. Klavier ist ohnehin ein problematisches Instrument für ein Begleitprogramm, Chopin ohnehin. Wenn das also gespielt wird, ist es morgens auf jeden Fall zu anstrengend. Auffallend auch: Wenig Barock, obwohl das ja sehr gut morgens funktionieren würde. Positiv bei meinen ersten Eindrücken: Wenig Vokalmusik, weil die extrem polarisiert.

Zweitens die Verpackung: Sehr minimalisitisch. Eine kurze Tonfolge, aber nur mit einem Instrument (Spinett?, ich muss es noch mal hören!) Das ist natürlich schade, weil es die Klangfülle der Klassik so reduziert und dann auch noch auf einem historischen Instrument, dass in einem Begleitprogramm ohnehin problematisch ist. Wie toll wäre es, die gleiche Tonfolge zuerst von einer Violine zu hören (erste Geige), die den Ton vorgibt, dann fallen die anderen Insturmente eines ganzen Orchesters ein - Wow - das könnte Gänsehaut geben!) So ein Minimalismus ist ja auch typisch für verkopfte Interlektuelle. Die sagen dann: Minimalismus ist stilisch und edel. Normal Menschen sagen: Hört sich irgendwie sehr arm an. Es fehlen alle Elemente, die Radio schön und anspruchsvoll machen. Da hört man richtig: Die trauen es sich nicht, mehr zu machen. Ich hoffe, das da noch ein richiges Verpackungspaket produziert wird, dass sich dann wirklich edel anhört.

Drittens die Moderation: Ebenfalls minimalistisch. Keine Persönlichkeit, sehr verhalten. Auch da trauen sie sich noch sehr wenig. Vieleicht kommt das ja. Aber wenn man etwas neu anfängt, dann sollte man doch gleich zu Anfang auch neue Akzente setzen.

Viertens: Die Beiträge. Ja, ganz ok, die ersten Eindrücke. Recht verständlich getextet, O-töne eingesetzt, nix aufregendes, aber manchmal interessant und bisher keinmal den Obacht!Anspruch!Zeigefinger gehört.

So, bin mal gespannt, was ihr dazu sagt. Ich höre weiter rein und werde diese ersten Eindrücke ergänzen

Gruß Dudelhuber
 
Original geschrieben von dudelhuber
Zweitens die Verpackung: Sehr minimalisitisch. Eine kurze Tonfolge, aber nur mit einem Instrument (Spinett?, ich muss es noch mal hören!)

Stimmt, hier könnte es mehrere Varianten geben. So wie es ja auch bei Fritz der Fall ist. Die typische Melodie ist in in versch. Varianten zu hören.
 
Weil hier in Sachen Jingles gerade auch Fritz erwähnt wurde, mal etwas von Fritz, was nicht als Fritz-Jingle eingesetzt wird.

Das Orchester ist vielleicht etwas übertrieben, aber aus einer solchen Melodie kann man viel machen:
 
Der Hörsturz

Passend zum Thema hier ein Artikel aus der ZEIT vom 04.12.2003:


Der Hörsturz

Fünfzig Jahre lang waren die Kultursendungen Flaggschiffe auf den Wellen des ARD-Hörfunks, jetzt ist die Weltreise vorbei. Viele Sendungen werden nassforsch verschrottet, andere in ihre Einzelteile zersägt oder zu einem Schnelldampfer umgerüstet. Doch was als Reform verkauft wird, ist ein Umsturz. Die Anstalten verabschieden sich vom alten Einschaltradio und suchen ihr Heil beim Kulturbegleitmagazin mit „Durchhörcharakter“. Auf Hochdeutsch: Die ARD konzentriert sich auf Hörer, die sich beim Zuhören nicht konzentrieren. Das sind Menschen bei ihren Nebentätigkeiten, beim Kochen und Bügeln, Waschen und Naschen, also Menschen, die eine Kultursendung nicht gezielt einschalten, sondern auf einer Welle „hängen bleiben“ und so lange „durchhören“, bis diese im Schlick einer „Spezialsendung für Minderheiten“ versickert.

Kurzum, wem künftig eine öffentlich-rechtliche Kultursendung zu Ohren kommt, soll auf keinen Fall den Eindruck bekommen, sie habe etwas mit Kultur zu tun. Sollte aus der Oberfläche einer Kulturwelle dennoch ein anstößiges Wortelement auftauchen, darf es niemanden stören. So ist von einem norddeutschen Reformkommissar die Sentenz überliefert: „Das Wort darf nicht zum Hinhören zwingen.“

Ein Witz? Nein, auch der MDR, der noch nie im Verdacht stand, seine Gebühren für die geistige Überforderung des Publikums zu verschwenden, frisiert seine Kultursendungen und startet zeitgleich mit dem WDR ab Januar ein schadstoffarmes Tagesbegleitmagazin mit Grundversorgungsanteilen. Wer es fassen kann, der fasse es: Die neue Kultur-Dauerwelle, die „elitäre“ Zöpfe abschneiden will, trägt den Namen Figaro. Schon jetzt lässt die ondulierte Anstaltsprosa, mit der MDR-Frisöre ihre Taten anpreisen, das Schlimmste befürchten. Es duftet nach Event-Radio mit Wellness-Komponente. „Einmal föhnen und legen.“

Noch allerdings schrecken einige Sender vor ihrer finalen Selbstverdünnung zurück. Der Bayerische Hörfunk stellt einige „Einschalt-Inseln“ unter Naturschutz, auch SWR 2 leistet Widerstand gegen das „Durchhör-Radio“. Und der Hessische Rundfunk, der gerade sein berühmtes Abendstudio im Main versenkt hat, bietet neben einer leicht verplätscherten Kulturwelle lange Gespräche und zuweilen großartige Sendungen, wie in alten Zeiten. Schließlich war man gewarnt, hat doch der reformierte NDR sein Ansehen im Kulturmilieu unlängst steil nach unten reguliert.

Und warum glaubt die ARD, naturtrübe Tagesbegleitkultur sei erfolgreicher als intelligente? Weil die Hörer angeblich zu alt und die Einschaltquoten zu niedrig sind. Zwei Prozent pro Sendegebiet, das sind zwar bis zu zweihunderttausend Hörer, aber den Anstaltskommissionen reicht es nicht. Dafür gräbt sich der Hörfunk nun das eigene Grab. Wenn bundesweit nur noch Kulturmagazine zu hören sind, die einander gleichen wie ein Ei dem anderen, kann man den Föderalismus gleich ganz abschaffen. Dann genügt eine nationale Kulturwelle. Eine für alle. In diesem Sinne: Weiter so.
Thomas Assheuer
 
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