Aktuelle Lage der Radiolandschaft (Zeitungsartikel)

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
''ohne den disclaimer wär das jetzt ziemlich knuffig geworden. wollen wir miteinander schlafen?''

Brillenträger, solche Avancen kenne ich eher aus den privaten Nachrichten des Boards, hier ist mir das etwas zu öffentlich, errötet (der!) Grenzwelle. ;)

''Entstand womöglich ein Missverständnis, weil du annahmst, ich würde aktuell als Moderatorin arbeiten (was nicht der Fall ist)? Fragt Dich die Jasemine.''

Nein Jasemine, ich habe immer rein intuitiv spekuliert, dass Du nicht direkt vorm Mikro arbeitest.
 
Im Hamburger Abendblatt ist heute ein weiterer Artikel der umstrittenen Autorin veröffentlicht worden.

Gruß postit




Reservate für deutsche Popmusik
Radio Hamburg: Der Privatsender engagiert sich stärker für Pop made in Germany.

Von Bettina Brinker

Hamburg - "Radio, ich spiel dir vor, was mir gefällt", sang die Band Spliff 1984 selbstbewusst in ihrem "Radio"-Song. Doch so einfach haben es die deutschen Bands heute nicht mehr. Musikindustrie, Politik und nicht zuletzt die Musiker selbst beklagen die Krise deutschsprachiger und in Deutschland produzierter Popmusik.

Besonders die Newcomer - also jene, die maximal zwei Alben veröffentlicht und noch keine goldene Schallplatte bekommen haben - werden nur selten über den Äther geschickt. So ergab eine einjährige Auswertung von Sendelisten, dass die privaten Radios 17,1 Prozent Neuheiten senden, von denen nur marginale 0,6 Prozent deutsch sind. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kamen auf 1,2 Prozent deutschsprachige Titel bei 14,3 Prozent gesendeten Neuheiten.

Schuld daran sei das Formatradio, das die Musikauswahl auf den massentauglichen Geschmack beschränke, meinen all jene, die in das Klagelied über die deutsche Popmusik im Radio eingestimmt haben. So schrieb vor kurzem der ehemalige Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin: "Die Zahl der im Rundfunk gespielten Titel ist von früher über eine Million auf rund tausend geschrumpft. Wir erleben also einen dramatischen Verlust an musikalischer Artenvielfalt, der das Schrumpfen biologischer Arten noch weit übertrifft." Er sprach sich für die von der Phonoindustrie geforderte Quote für einheimische Musik im deutschen Rundfunk aus. Danach sollen zumindest die öffentlich-rechtlichen Radioanbieter dazu verpflichtet werden. 50 Prozent neue Titel - nicht älter als drei Monate - ins Programm aufzunehmen, von denen wiederum 50 Prozent deutschsprachig sein müssten. Die amtierende Kulturstaatsministerin Christina Weiss ist da vorsichtiger. Sie hält diese Quotenregelung für einen regulativen Eingriff in die Programmfreiheit, der sorgfältig bedacht werden müsse.

Einigkeit besteht zurzeit nur darüber, dass der öffentlich-rechtliche Hörfunk seine rund zweieinhalb Milliarden Euro Gebühren nur rechtfertigen könne, wenn er seinem Bildungs- und Kulturauftrag gerecht werde. Und dazu zähle auch die Sicherung kultureller Vielfalt - so sagt Nida-Rümelin.

Als Vorreiter einer solchen Vielfalt will sich das private Radio Hamburg hervortun. "Wir haben einen Anteil an deutschen oder in Deutschland produzierten Titeln von zehn Prozent. Bei der Auswahl von Neuheiten achten wir besonders auf deutsche Produkte", sagt Programmdirektor Marzel Becker. Seit drei Monaten gibt es bei Radio Hamburg alle zwei Wochen von Dienstag auf Mittwoch (null bis fünf Uhr) eine "Deutsche Nacht". Heute sind die "Cultured Pearls" als Co-Moderatoren dabei, gespielt werden u. a. Songs von den "Wohnraumhelden", von "Basta", "Dick Brave and the Backbeats" und die neue Single von Grönemeyer. Diese Nachtsendung, so Becker, sei keine Reaktion auf die Diskussion der Quotenregelung. "Ein Programm lebt davon, dass man Neuheiten spielt." Und die sendet Radio Hamburg nicht nur nachts. Auch in der "Morning Show" gilt für immer mehr deutsche Newcomer, was Spliff sang: "Radio, ich hab den heißen Draht zur Welt."

erschienen am 11. Nov 2003 in Kultur / Medien
 
Huhu... entschuldigt, wenn ich mich kurz in eure Diskussion einklinke und als Radiohörer und Dudelfunkhasser ein paar Sätze dazu abgebe.... bin dann auch gleich wieder weg!!!

1. Ich sehe ein, dass Radio (v.a. privates) in erster Linie ein Wirtschaftsunternehmen ist und gerade in heutiger Zeit sein Möglichstes tut, um überhaupt bzw. natürlich möglichst viel Gewinn einzufahren.
Deshalb wird das möglichste getan, um bei "der breiten Masse" anzukommen, sprich, man hält sich an Researchs, Testergebnisse usw., die mehr oder weniger zweifelhaft aussagen, was diese breite Masse scheinbar hören will.

2. Diese breite Masse scheint das Medium auch in der jetzigen Form, die als Dudelfunk bekannt ist, zu akzeptieren, ja sogar, es dem Zuhörfunk zu bevorzugen. Warum? Weil Radio nun mal Nebenbeimedium geworden ist und hauptsächlich während Arbeit, im Auto oder morgens beim Frühstück gehört wird. Dafür erscheint nun der Dudelfunk am geeignetsten, und das am besten mit dem Musikformat "Mainstream"!! Ob nun AC oder CHR oder Dings oder Bumms, egal...

AAAABER:
Es gibt ja scheinbar einige Leute, die die Radiolandschaft der jetzigen Form kritisieren. Und das scheinen nicht wenige zu sein. Und es scheinen nicht die zu sein, die voll und ganz durch Zuhörprogramme wie Deutschlandfunk, DRadio Berlin, Bayern 2 usw. befriedigt sind, sondern die wohl schon gerne ein populäreres Programm hätten, aber eben nicht so, wie sich der Dudelfunk derzeit darstellt.

Stellt sich mir doch jetzt die Frage: Kann man OHNE die breite Masse zu verlieren, auch diese Leute hinzugewinnen?

Dazu betrachten wir die Hauptkritikpunkte dieser Leute:

- zu enge Rotation
Könnte man durch Hinzufügen weiterer gängiger kommerzieller Titel, also durch Vergrößerung der Rotation, einen neuen Anreiz schaffen, ohne dass man die jetzigen Hörer vergrault => verträgt der "normale Hörer mehr als 50 unterschiedliche Titel am Tag? Ich spreche NICHT von irgendwelchen unbekannten Titeln, sondern lediglich von einer Vergrößerung der Rotation mit weiteren Titeln, die den bereits in der Rotation befindlichen gleichen.

- zu nervige Penetration durch Jingles/Claims
Kann man es dem Nebenbeihörer beibringen, welchen Sender er bei dem MA Anruf zu verkünden hat, auch ohne ihm das ständig (< alle 10 Minuten) vorzukauen? Müssen nichtssagende Claims mit Superlativen wirklich sein? Kann man es dem Hörer nicht selber überlassen, rauszufinden, wer wirklich die meisten Hits hat?

- sich zu sehr gleichende/ähnelnde Stationen
Der ganze Blödsinn nennt sich ja Formatradio, um dens hier geht. Scheinbar hat man in Deutschland vergessen, dass dieser Begriff auch den Plural beinhaltet, also "Formate". Wenn sich in einem Zielgebiet mehrere Sender um die original gleiche Zielgruppe prügeln mit nahezu dem selben Format (oder sich ziemlich gleichenden), kann das denn wirklich der Weisheit letzter Schluß sein? Muss es den unbedingt ein kleiner Anteil von vielen Leuten sein, oder kann es nicht auch ein großer Anteil von wenigeren sein?

Kann man nicht zumindest in der Musikauswahl (und ich denke, darum gehts hier hauptsächlich) nicht minimal variieren? Ich persönlich finde Ansätze, wie sie bei SWR 1 (Musikauswahl, die Verpackung ist wieder was anderes) oder der schon genannten Rockantenne vorhanden sind, sehr gut. Das ist für mich RICHTIGES Formatradio mit guter Musikauswahl. Dass beide im Endeffekt genauso durchgestylet sind, stört mich in diesen Fällen nicht.

Seht ihr, worauf ich hinaus will? Viele Dudelfunk-Kritiker würden sich vermutlich mit wenigen positiven Änderungen zufrieden geben, ohne dass man großartig an Kommerz verliert. Kein Mensch verlangt von Privatsendern, jetzt groß einen auf Kultur und Journalismus zu machen. Es würden schon kleine Eingriffe in die Musikauswahl und die Präsentation des ganzen genügen, um so manches Programm wieder hörbarer zu machen.


Sehr lachen musste ich bei der Aussage:
"Der Hörer kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt einsteigen, ohne das Gefühl zu bekommen, etwas verpasst zu haben."

Muss ich denn dann überhaupt Radio hören, wenn ich sowieso nichts verpasse? Wäre nicht gerade DER Sachverhalt, dass ich Angst haben muss, etwas zu verpassen, ein EINSCHALTGRUND???

SO, und nun bin ich wieder weg und zappe mich im Büro durch meine 6 Formatprogramme, von denen mir keines wirklich gefällt. Bei der nächsten FA sag ich dann aus Trotz "Radio Eriwan" und meine Stimme zählt dann vermutlich für Antenne Bayern.

Friede sei mit euch! Euer Andalus!
 
AndreasW,

Du hast meiner Meinung nach genau die richtigen Fragen gestellt bzw. Verbesserungsvorschläge gemacht.

Vielleicht kann uns jemand aus dem erlauchten Kreis der Radiomacher mal ne Antwort geben.
 
Ein paar Sätze zu dem, was AndreasW in die Diskussion eingebracht hat:

Könnte man durch Hinzufügen weiterer gängiger kommerzieller Titel, also durch Vergrößerung der Rotation, einen neuen Anreiz schaffen, ohne dass man die jetzigen Hörer vergrault => verträgt der "normale Hörer mehr als 50 unterschiedliche Titel am Tag?

Tja, sollte man eigentlich meinen, oder? Die Argumentation ist eben, dass die Hörer (bei einer Durchschnitts-Hördauer pro Tag von um die 30 Minuten, je nach Research) immer dann, wenn sie einschalten genau DIE Titel hören, die am besten testen. Das kann man beklagen, aber es scheint tatsächlich genau in dieser Form zu funktionieren, denn die Sender, die das machen, sind ja nach wie vor ungebrochen erfolgreich.

Kann man es dem Nebenbeihörer beibringen, welchen Sender er bei dem MA Anruf zu verkünden hat, auch ohne ihm das ständig (< alle 10 Minuten) vorzukauen?

Offensichtlich nicht. Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich Leute bei einem Sender melden wegen irgend einer Aktion eines völlig anderen Senders. Sie sind überzeugt, dass sie Radio A hören, rufen aber wegen der Aktion von Radio B an. Das heißt: selbst WENN man ihm das ständig eintrichtert, kann man dem Nebenbeihörer anscheinend nicht wirklich beibringen, welchen Sender er hört. Klingt komisch, is aber so.

Müssen nichtssagende Claims mit Superlativen wirklich sein? Kann man es dem Hörer nicht selber überlassen, rauszufinden, wer wirklich die meisten Hits hat?

Darüber lässt sich streiten. Natürlich nervt das auf Dauer, keine Frage. Vor allem wenn man in einem solchen Sender arbeitet und das Geclaime den ganzen Tag um die Ohren hat. Aber: WILL man dem Hörer selbst überlassen, rauszufinden, wer die meisten Hits hat? Privatradio ist eben (leider) auch eine Dauer-Werbesendung für sich selbst. Und überlassen Henkel und Procter & Gamble es dem Kunden, rauszufinden, welches Waschmittel am weißesten wäscht? Klar muss der Kunde das am Ende, aber das hindert die Hersteller trotzdem nicht, Millionen für die Werbung auszugeben. Die Claims sind im Prinzip dasselbe in Grün.

- sich zu sehr gleichende/ähnelnde Stationen
Der ganze Blödsinn nennt sich ja Formatradio, um dens hier geht. Scheinbar hat man in Deutschland vergessen, dass dieser Begriff auch den Plural beinhaltet, also "Formate". Wenn sich in einem Zielgebiet mehrere Sender um die original gleiche Zielgruppe prügeln mit nahezu dem selben Format (oder sich ziemlich gleichenden), kann das denn wirklich der Weisheit letzter Schluß sein? Muss es den unbedingt ein kleiner Anteil von vielen Leuten sein, oder kann es nicht auch ein großer Anteil von wenigeren sein? Kann man nicht zumindest in der Musikauswahl (und ich denke, darum gehts hier hauptsächlich) nicht minimal variieren?

Tja, auch hier: warum sollte Sender A sagen "Ich variiere mal, damit ich nicht so kling wie Sender B", wenn Sender B eben erfolgreicher ist? Das wäre schlicht nicht logisch.

Traurige Wahrheiten, aber eben doch Wahrheiten...
 
Hi Newsman,

ein paar Nachfragen...

"Durchschnitts-Hördauer pro Tag von um die 30 Minuten, je nach Research"

Ich dachte, es seien vier Stunden???

"warum sollte Sender A sagen "Ich variiere mal, damit ich nicht so kling wie Sender B", wenn Sender B eben erfolgreicher ist? Das wäre schlicht nicht logisch"

Im Ausland bilden sich aber die ganzen anderen Formate, warum hier nicht???
 
Tja, da hat der Newsman ja schon die wesentlichsten Dinge gesagt. Hinzuzufügen meinerseits wäre:

Zu 1.: Es gibt gewisse Dinge, die man womöglich subjektiv logisch nicht nachvollziehen kann, die aber so sind. Für die Beobachtungen meines Vorredners lassen sich auch Beispiele aus der Praxis nennen. So haben in den vergangenen zwei Jahren mehrere Sender in Deutschland mit dem Slogan geworben "Wir spielen täglich keinen Hit doppelt" oder so. Tja, diese Aktionen wurden ebenso schnell wieder abgeschafft, wie Sender, die den Subclaim mit der Positionierung (Die größten Hits der 20er, 70er und aus dem Automaten etc.) weg ließen, ihn wieder mit dazu nahmen. Was in der Theorie wünschenswert ist, muss in der Praxis eben nicht immer funktionieren. Sonst wäre die Welt auch eine viel bessere. Ansonsten gilt, was Newsman schon sagte: Klappern gehört zum Handwerk.

Zu 2.: Das war vor zwei, drei Jahren noch viel schlimmer. Da funktionierte das sogenannte "Me-too" noch: Ein Sender - der ewig zweite oder dritte - passte sich dem Marktführer derart an, dass er durch das Zapping der Hörer noch immer genügend Kontakte und damit genügend Geld bekam. Es gab also eine Weile, da war es strategisch gesehen beinahe günstiger, sich nicht daran aufzureiben, den Marktführer zwingend ablösen zu müssen (es wäre aber auch keiner traurig gewesen...). Das gilt jetzt nicht mehr, da die Werbeindustrie weniger freizügig ist. Um dem Marktführer, der - sollte denn einer im Radio Werbung schalten - die besseren Karten hat, noch Geld wegzunehmen, musst Du Deinen Vorteil herauskehren: billiger sein, regionaler sein, oder eine wenig versorgte, aber dennoch massenkompatible Zielgruppe anbieten. Folglich gibt es diese winzigen Abstufungen bereits, die durch das "Ewig-Gleich"-Image aber nicht wahrgenommen werden (und wir eben ein Nebenbeimedium sind). Die Sender haben schon seit längerem idR nicht mehr die selbe Kernzielgruppe. Das sieht wie folgt aus (und wir reden nur über Musik): Es gibt bei den Titeln eine gewisse Schnittmenge mit der Konkurrenz, der Ausschlag in eine spezielle Richtung unterscheidet sich aber. Rock? Dance? Du musst mal ganz genau hinhören. Dann fällt es Dir vielleicht auf. Das wird sich über kurz oder lang weiter ausprägen, aber nicht die Massenkompatibilität verlassen. In dem Punkt kann ich Dir, lieber Andreas, also Hoffnung machen.
Zudem steht auch noch die Frage im Raum, wie es denn weitergeht. Bleiben nur wenige Ketten übrig, die aber über parallele Frequenzen verfügen, dann werden die einzelnen Programme schon nebeneinander aufgestellt werden, was automatisch für eine Abstufung sorgt. (Vermute ich.) Da ist das Geschrei bei den Journalisten unter uns aber wieder groß, da in Sachen Wort Synergieeffekte sich förmlich aufdrängen. So ist die Welt: Niemand wird jemals ganz zufrieden sein.
Viele Grüße
Die Hexe

@ Tom 30 Minuten am Stück! Das kann mehrmals am Tag passieren. Die vier Stunden beziehen sich auf die gesamte Hördauer täglich. Für Deine andere Frage habe ich hier bereits mehrfach interessante Ansätze an Antworten gelesen. Du hast dort auch fleißig mitdiskutiert. Also bemühe bitte die Suchfunktion, falls Dein Gedächtnis nachlässt und sieh bitte ein, dass gebetsmühlenartig vorgetragene Frage nichts ändern.
 
´nabend allerseits,

das Radio ist also Begleitmedium - aha! Wissen das die Werbekunden ? Ist das für die Werbewirtschaft ein Einbuchungsgrund ?

Wenn Radio nur Begleitmedium ist, dann ..........


Mich würde mal interessieren, welche 2. Satzhälften Euch einfallen.

Seit es Autoradios gibt, hören Menschen im Auto Radio.
Seit es Radiowecker gibt, lassen sich Menschen durch das Radio wecken
Seit es Fernseher gibt, nimmt die Radionutzung abends ab. Tagsüber bleibt das Radio die Nummer 1. Das ist seit über 30 Jahren so und das wird auch so bleiben.

Vielen Programmverantwortlichen sind Mut und eigener Sachverstand aus dem Kopf beraten worden, so kennen sie als Handlungsmaxime nur den Satz: "Radio ist Begleitmedium."

Zu erst ist Radio mal ein Medium - schön, wenn es mich begleitet. Kann das Begleiten aus Sicht der Radiomacher alles sein ?

Also: Wenn Radio nur Begleitmedium ist, dann......

......fordert Dudelmoser zum Mitmachen auf.
 
@radiohexe:
Ich finde es nicht gut, wenn hier ständig die gleichen Argumente nahezu gebetsmühlenartig runtergebetet werden. Insofern unterscheiden sich Deine Antworten nicht unbedingt von den Fragen des Tom2000...

Christoph Lemmer bringt es ja in seiner Kolummne auf den Punkt:
Es fehlt einfach der Mut, mal aus dem Schema F auszubrechen. Und jetzt bitte nicht wieder das Argument "Es hat doch bei der Masse Erfolg".

Und das es geht, zeigen die Beispiele aus dem Ausland:
RTL Radio Letzeburg (www.rtl.lu)
RTL Frankreich (www.rtl.fr)

und nicht zuletzt das schon mehrfach von mir zitierte
Radio Veronica (www.radioveronica.nl)

Senden die konkurrenzlos ???

Dort sind aber genau die Punkte positiv zu bewerten, die an deutschen Stationen kritisiert werden:

- große Rotation
- halbwegs anspruchsvolle Moderationen ohne ständiges Claimen
- sinnvoller Einsatz von Teasern und Trailern

Und wegen des Kosten-Arguments - das ist kurzfristig gedacht. Auf Dauer setzt sich nur ein Mindestmaß an Qualität durch. Das ist in der auch oft zitierten "Marktwirtschaft" immer wieder zu beobachten.

Durch "Schönreden" wirds auch nicht besser, auch wenn man es noch so oft wiederholt, liebe Privatfunker !
 
Zitat von Andres W:

„Viele Dudelfunk-Kritiker würden sich vermutlich mit wenigen positiven Änderungen zufrieden geben, ohne dass man großartig an Kommerz verliert. Kein Mensch verlangt von Privatsendern, jetzt groß einen auf Kultur und Journalismus zu machen. Es würden schon kleine Eingriffe in die Musikauswahl und die Präsentation des ganzen genügen, um so manches Programm wieder hörbarer zu machen.“

Genau so sehe ich das auch. Leider wird hier oft etwas überreagiert, wenn man nur etwas mehr Qualität verlangt oder Sender an ihren eigenen Claims messen will.

@ Dudelmoser

Geneau das Wort „Begleitmedium“ ist mir in dem obigen Beitrag der Radiohexe auch wieder aufgestoßen. So wird es natürlich nie etwas, wann man immer nur von sich ausgeht und sagt: Ich bin eben nur eine Randerscheinung im Leben der anderen, und wenn ich nicht da wäre, würde es auch niemanden jucken. Deshalb als Satzergänzung für Dich:



Wenn Radio nur ein Begleitmedium ist, dann kann ich darauf verzichten.



Ein schönes Wort ist ja auch das „Abschaltverhinderungsradio“.

@ radiohexe

Ja, ich erinnere mich auch noch an diese Wiederholung-ausgeschlossen-Aktionen gewisser Sender. Heute müsste es fairer Weise heißen: Abwechslung ausgeschlossen. Ich habe aber das Gefühl, die Rotation wurde wieder geändert (extrem verkleinert) und die Slogans sind fast gleich geblieben (Abwechslung!).


Christoph Lemmer hat natürlich Recht (kein Kunststück, wenn man mit offenen Ohren durch die Welt geht!). Es wird einfach zu wenig gewagt. Ich finde auch, das derzeitige deutsche Formatradio passt wunderbar zur deutschen Wehleidigkeit: Bloß nix wagen! Die Zeiten, in denen auch mal etwas neues entwickelt wurde (gerade in Deutschland; hier wurden so viele wegweisende Produkte entwickelt) sind scheinbar vorbei. Das ist der Weg in den Untergang des Radios.
 
@ newsman:
Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich Leute bei einem Sender melden wegen irgend einer Aktion eines völlig anderen Senders. Sie sind überzeugt, dass sie Radio A hören, rufen aber wegen der Aktion von Radio B an. Das heißt: selbst WENN man ihm das ständig eintrichtert, kann man dem Nebenbeihörer anscheinend nicht wirklich beibringen, welchen Sender er hört.
Prima, wenn's der Hörer eh nicht schnallt, dann kann man die ganze Claimerei ja lassen. Als Argument für's Claimen ist diese Einlassung jedenfalls wenig geeignet.
Privatradio ist eben (leider) auch eine Dauer-Werbesendung für sich selbst. Und überlassen Henkel und Procter & Gamble es dem Kunden, rauszufinden, welches Waschmittel am weißesten wäscht?
Wenn Ariel, Weißer Riese und wie sie alle heißen, Werbung auf diese Weise machten, würden sie keine einzige Megaperle mehr verkaufen. Die Eigenwerbung der meisten Radiosender ist so plump, plumper geht's nicht.
Tja, auch hier: warum sollte Sender A sagen "Ich variiere mal, damit ich nicht so kling wie Sender B", wenn Sender B eben erfolgreicher ist?
Zum Beispiel, damit die Leute WISSEN, daß sie Sender A und nicht B hören.

Weiter oben hast Du beklagt, daß den Hörern nicht mal mit Claimerei klarzumachen ist, welchen Sender sie hören - aber wenn einer vorschlägt, es zur Abwechslung mal mit inhaltlicher und qualitativer Abgrenzung zur Konkurrenz zu versuchen, greift bei den Flachfunkbefürwortern (ich weiß, gut findet Ihr es auch nicht, aber es geht eben nicht anders, zumal es ja soooo erfolgreich ist ...) immer die heilige Dreifaltigkeit der Deutschen: 1) "Das haben wir noch nie gemacht", 2) "Das haben wir schon immer so gemacht" und 3) "Da könnte ja jeder kommen".

Schön fänd' ich's übrigens, wenn Ihr, die Ihr Euch mit der Funktion als "Begleitmedium" abgefunden habt, dann auch ehrlich genug wäret, das den Werbekunden zu sagen. Wäre interessant zu sehen, welcher Unternehmer nach dann fälligen Aussagen, wie "Bei uns hört eh keiner mehr mehr hin und wir wollen das auch gar nicht" oder "Wir schaffen es nicht mal, den Hörern klarzumachen, welchen Sender sie eingeschaltet haben" noch dazu zu bewegen ist, sein sauer verdientes Geld bei Euch zu investieren.
 
Wie ist das, wenn die Radiosender ihre Werbezeiten vermarkten? Schwärmen sie ihren potenziellen Kunden dann auch was vor von einer durchschnittlichen Mediennutzungsdauer von 30 Minuten? :D

Als Marketingprofi würden da bei mir die Alarmglocken angehen. 30 Minuten, davon 15 beim hektischen Frühstück oder im Auto-Morgenstau, 15 nochmal abends in der Rush-Hour... Keine besonders gute Trefferquote für meinen Spot und auch kein schönes Wahrnehmungsumfeld.
 
Liebe Grenzwelle,

das scheinst Du zu verwechseln.
30 Minuten heißt Verweildauer "am Stück". Über den Tag verteilt sind es laut der letzten MA 4 Stunden.
Außerdem dürfen wir davon ausgehen, dass die Partner der Werbeindustrie nicht allesamt aus dem Mustopf geklettert kommen. In den kleinsten Unternehmen mag das anders sein, idR kennt sich ein Geschäftsführer aber mit Marketing bestens aus. In mittleren Unternehmen hat er für die Werbeplanung sogar einen Marketingmitarbeiter. Der Stellenwert des Radios ist den Damen und Herren folglich bekannt. Sie planen ihren Werbeeinsatz ja nicht nach dem Bauch oder nach dem Lieblingsmedium, sondern nach dem Ziel, welches das Unternehmen verfolgt.
Werbung geht dabei 1. immer davon aus, mehr oder minder nebenbei aufgenommen zu werden, selbst im Programm mit den aufmerksamsten Hörern, guckt 2. auf die Zahl und Beschaffenheit der Kontakte und weiß 3. um die Vor- und Nachteile, die das Medium Radio allgemein mit sich bringt. Folglich erzählen wir den Werbepartnern nichts neues, wenn wir ihn auf die "Nebenbeifunktion" hinweisen.

Noch was: Nebenbeimedium heißt nicht, dass wir nicht wollen, dass uns einer zu hört. Das bezieht sich auf die Haupttätigkeiten (Autofahren, Arbeiten...), die der Hörer idR parallel zum Radiohören betreibt. Das können wir nicht ändern, denn wir werden zwischen dem Büro-PC und dem Telefon niemals die volle Aufmerksamkeit haben. Nicht mal mit packenden Reportagen. Wenn wir den Gedanken zu Ende führen, könnten wir auf die Idee kommen, dass die Chefs ihren Mitarbeitern das Radio im Büro sogar verbieten werden, wenn es zu sehr ablenkt. Man kann das Wort "Nebenbeimedium" aber natürlich auch wider besseren Wissens polemisieren (und der Seitenhieb ging nicht an Dich).
Viele Grüße
Die Hexe
 
radiohexe,

okay dann sind es 30 min am Stück und vier Stunden am Tag. Macht auch Sinn, denn unter meinen vermuteten Randbedingungen wäre es besser, das Geld zu verbrennen, als einen Radiospot zu buchen.

Wenn der Durchschnittshörer täglich 4 Stunden am Stück dabei ist, fällt das Argument für die Engrotationen flach. In vier Stunden bekommt man ne Menge Titel unter, so an die 40? Sollen das jeden Tag fast dieselben sein?

Keine weiteren Fragen, Euer Ehren. :)
 
Gut, dann werde ich Dir die Nicht-Frage beantworten:

Vier Stunden sind nicht soo dolle viel. Rechnen wir vom Tag 8 Stunden Schlaf ab, dann bleiben noch 16. Und es verteilt sich ja über den Tag. Mit einem gut ausgeklügelten Selector ist es möglich, die Zusammensetzung der Musik so zu gewichten, dass dadurch der Eindruck einer Riesen-Musikpalette entsteht. Natürlich nicht nach unserer Definition, aber darum geht es ja auch nicht. Selbst wenn Du also zweimal den gleichen Sing hörst, sind die drei Lieder jeweils darum herum andere. Außerdem nudelt sich die Musik für uns viel schneller ab, da wir ihr ständig ausgesetzt sind. Nicht vergessen: Der Hörer freut sich evtl. wirklich über 2x Robbie am Tag.
 
@ radiohexe

Na, jedenfalls ob „Nebenbei“- oder „Begleit“medium. So überzeugend klingt das nicht. Übrigens kenne ich aus meinem persönlichen Umfeld Menschen, die sich ganz bewusst gegen Werbung im Radio entschieden haben (jawohl, aus dem Bauch heraus). Meiner Meinung nach eine sehr richtige Entscheidung. Die lassen sich lieber ihre Autos für teures Geld von oben bis unten mit Reklame bekleben, als auch nur 1 Sekunde im Radio Werbung zu schalten.

Ich glaube auch nicht, dass Werbekunden mit dem Argument „Nebenbeimedium“ behelligt werden. Und außerdem ging es ja hier auch schön öfter um Fragen wie:

Warum sollte einer in einem Programm werben, dass seinen Namen zig mal pro Stunde nennen muss, damit sich der Hörer auf Nachfrage hoffentlich dran erinnert? Also, wenn das schon so schwierig ist, den Hörern den Namen des Programms einzuhämmern, warum sollten die dann freiwillig bei mir im Laden erscheinen (auf Grund einer Radiowerbeaktion)? Ich glaube, hier lügen sich in der Tat einige Leute mächtig was in die Taschen.

Wenn auch Werte, wie Glaubwürdigkeit, beim Radio gar nicht mehr groß erwartet werden, ja was soll denn dann noch von der Werbung innerhalb eines wenig glaubwürdigen Mediums gehalten werden?

Ich denke mal, auf Dauer geht die Rechnung der Flachfunker nicht auf, und das wissen sie.
 
Radiohexe;

''Mit einem gut ausgeklügelten Selector ist es möglich, die Zusammensetzung der Musik so zu gewichten, dass dadurch der Eindruck einer Riesen-Musikpalette entsteht. ''

Warum nimmt man nicht einfach ausreichend viele Titel???

''Selbst wenn Du also zweimal den gleichen Sing hörst, sind die drei Lieder jeweils darum herum andere.''

Welchen Sender meinst Du? Den örtlichen Bürgerfunk?

''Der Hörer freut sich evtl. wirklich über 2x Robbie am Tag.''

Ich nicht! Dabei mag ich Robbie wirklich sehr - einer der wenigen guten Stars der Gegenwart. Das Radio ist fleißig dabei, ihn mir recht effektiv zu vermiesen.
 
Dutzendfach wird von Nichtmachern im Forum gefragt, warum ist dieses und jenes so. Und dann werden die Antworten der Macher nicht akzeptiert. Natürlich sind viele Dinge für den privat-Geschmack nicht nachzuvollziehen. Dann versucht's doch mal mit den Gedankengängen der Profis, die sich nicht am Privatgeschmack orientieren. Anders sind die fürs "Machen" geltenden Regeln nämlich nicht nachzuvollziehen. Oder warum werden hier Fragen gestellt? Damit man seine eigenen Vorurteile bestätigt oder damit man Wissenslücken füllt und "Rätsel" löst?

Titel laufen nicht deshalb, weil ich sie gut finde oder Radiohexe oder Grenzewelle. Ist doch auch völlig egal, was wir privat gut finden. Soll ich Euch mit meinem Privat(musik)geschmack langweilen?

Einige Macher geben sich Mühe ihre (zwar subjektive) aber professionelle Sicht darzulegen. Man kann nicht mehr Titel spielen, weil zumeist nur wenige hundert von einer Zielgruppe in einem Sendegebiet akzeptiert werden. Danach kommen nur noch polarisierende Titel, die zwar einige super, aber viel mehr Personen schlecht finden oder die zuviele Menschen gar nicht kennen.

Das das so ist, finden weder Radiohexe noch ich toll. Wir lieben auch nicht jeden einzelnen der 100 bis 500 Titel, die kommerzielle Massenprogramme mit einem zumeist riesigen, sehr teuren Marktforschungsaufwand für sendbar befinden, lässt die Jasemine wissen.

PS: natürlich posten hier auch Macher, die keine Ahnung haben. Der aufmerksame Leser, der dieses Forum über eine ländere Zeit hinaus verfolgt, ist aber (da bin ich mir sicher) in der Lage, die wissenden von den halbwissenden zu unterscheiden.
 
Da drehen wir uns wohl im Kreis. Jeder aus meinem Bekanntenkreis ist genervt von den ewig gleichen Titeln seines örtlichen AC-Dudlers und schätzt sich glücklich, einen CD-Wechsler im Auto zu haben.

Mag sein, dass mein Bekanntenkreis nicht repräsentativ ist. Es gibt aber auch Profis, die meinen, dass man durchaus mehr Titel im Radio spielen kann, wenn man denn will.

Fakt ist auch, dass das Medium mit den derzeit propagierten Konzepten nicht so recht weiterkommt. Irgendwas kann ja da doch nicht stimmen mit den Weisheiten der 200-Titel-Rotation und dem Hörer-das-Gehirn-rausclaimen.

Und wenn, wenn ihr doch Recht habt, Jasemine und Radiohexe....

Irgendwann werde zumindest ich aufhören mit den nervigen Fragen. Dann ist aber auch der Zeitpunkt erreicht, an dem meine Durchschnittshördauer auf 30 Minuten gefallen sein wird. Pro WOCHE!!!
 
Gut. Nenn mir mal die Profis, die aktuell Programmchef/Geschäftsführer/Wellenchef bei einem beliebigen deutschen Radioprogramm sind und ihre "alternativen" Forderungen nicht nur fordern, sondern auch jetzt erfolgreich umsetzen.

Kleine Bedingungen: Nenne nur Personen, die einen Sender leiten, der versorgungstechnisch ebenbürtige Konkurrenz in seinem Sendegebiet besitzt und der gerade Marktführer oder Zweiter in seiner Zielgruppe 14-49 Jahre in seinem Sendegebiet ist.

Es dankt im Voraus gespannt die Jasemine, die sich darauf freut die Standpunkte der gefundenen Profis ausführlichst zu diskutieren.
 
Die Frage von Jasemine muss ich an die Community delegieren, in der Hoffnung, hier in den letzten Monaten nicht nur Geschwätz gelesen zu haben.

Wenn die Antwort ausbleibt, besteht weiterhin mein Vorwurf, dass das Radio mit den derzeitigen Konzepten auf der Stelle tritt.

Ich kenne jedenfalls KEINE Branche, die mit der Strategie 'Kopf in den Sand' und 'Ham wa immer schon so gemacht' auf Dauer erfolgreich war.
 
@ Jasemine:
Dutzendfach wird von Nichtmachern im Forum gefragt, warum ist dieses und jenes so. Und dann werden die Antworten der Macher nicht akzeptiert.
Doch, werden sie. Nicht akzeptiert wird die Aussage der Macher, dieses und jenen MÜSSE so sein und könne unter gar keinen Umständen geändert werden, während die Macher gleichzeitig darüber klagen, daß sie verwechselbar sind, ihre Hörer nicht mal kapieren, welchen Sender sie hören und ihnen die Werbekunden weglaufen.

Da hilft es dann auch wenig, diejenigen, die sich erlauben, das anders zu sehen und die für mehr Bereitschaft plädieren, mal neben den ausgetretenen Pfaden zu laufen, pauschal als "Nichtmacher" oder "Macher, die keine Ahnung haben" abzuqualifizieren.

Überhaupt ist die Jasemine, die doch sonst so sachlich und fundiert antwortet, in diesem Thread ziemlich gereizt und aggressiv,

wundert sich Makeitso und fragt sich, woran das liegen könnte.
 
Also liebe Jasemine,

gleich werde ich wieder der Wh. beschuldigt, aber ABY ist musikalisch (und inhaltlich) wesentlich abwechslungsreicher als andere Private und claimt kaum und dürfte auch Deine Kriterien treffen.
Wie sich die Abwechslung von ABY genau darstellt, habe ich mehrfach beschrieben. Suchfunktion!

Der Selector kann aus wenigen hundert Titeln auch durch geschicktes Plazieren keine Abwechlsung zaubern. Testfall ist für mich RPR 1. Das Programm höre ich über Monate nicht und schalte dann an zwei aufeinanderfolgenden Tagen jweils morgens und abends für 1-2 h ein. Erst einmal merke ich, es laufen die gleichen Recurrents und Klassiker wie immer, und spätenstens am Abend des zweiten Tages ziehen auch die "Neuen" nicht mehr, da deren Anzahl minimal klein ist. Wobei diese "Neuen" oftmals nicht wirklich neu sind, werden sie doch erst nach ausführlichen Tests in die Rotation aufgenommen, was ich aber noch nachvollziehen kann.
 
Eine Frage ist ebenfalls unbeantwortet, Jasemine.

Was passiert, wenn das Repertoire der Hörer der deutschen "Hitradios" über längere Zeit so kleingezüchtet wurde, dass die Anzahl der im Research mehrheitlich positiv bewerteten Titeln winzig kleingeworden ist???

Das ist doch eine Spirale nach unten!
 
Hallo Makeitso,

sollte ich jemals geäußert haben, dieses oder jenes
MÜSSE so sein und könne unter gar keinen Umständen geändert werden,
dann entschuldige ich mich für dieses Missverständnis.

Ich versuche Mechanismen und Wirkungszusammenhänge aufzuzeigen, die nach meiner Ansicht dafür sorgen, dass das kommerzielle Mainstreamradio in Deutschland ist wie es ist. Selbstverständlich kann theoretisch alles geändert werden, (vielleicht wäre es mir sogar sehr recht), wenn man im Wirkungsablauf an der richtigen Stelle ansetzt. Dazu ein kurzes Frageantwort-Spiel:

- Will man, dass Sender nicht auf 14-49-jährige oder eine Teilmenge daraus fokussieren, sondern auch auf jüngere oder ältere Zielgruppen, an welche Adresse geht dann die Kritik, weil sie es ändern könnte? Antwort: Die Werbetreibenden. Sie geben mit der von Ihnen gewünschten und bezahlten Zielgruppe die Ausrichtung kommerzieller Programme vor. Sie haben bislang Angst davor gehabt die Zielgruppe beispielsweise auf 14-55 auszudehnen, da auf einen Schlag fast alle Sender mehr Hörer hätten, was die Werbung ohne echte Steigerung der Kommunikationskraft teurer machen würde.

- Will man, dass Programme so anspruchsvoll sind, dass sie dazu anregen besonders aufmerksam zuzuhören, dann bräuchte man dafür einen qualitativen Faktor der bei den Hörerzahlen miterhoben wird, damit Sender den entsprechenden Mehraufwand auch beim Werbekunden in entsprechende Vergütung ummünzen könnten. Bislang wertet die MA nur quantitativ Hörerzahl und Hördauer, nicht aber qualitative Kriterien. Die Werbetreibenden haben einen derartigen Faktor bisher weder bei Fernsehquoten, noch bei Printreichweiten und auch nicht im Radio gewünscht. Würden Werbetreibende nach einer zu definierenden Qualität fragen, würden Medien sie anbieten. Da Qualität aber sehr subjektiv definiert werden kann, ist das ein zweischneidiges Schwert.

- Will man Spartensender mit einer Musikauswahl abseits vom Mainstream, dann braucht es Werbekunden, die die spezielle Zielgruppe, die Spartensender anziehen, haben will. Die Werbetreibenden wollen aber fast nur die breite Hörermasse und fragen (leider!) nicht in gleichem Maße beispielsweise das Publikum einer Classik-Rock-Station (männlich, besserverdienend, lifestyle-kritisch) nach. Wohin also mit der entsprechenden Kritik? Richtig: zu den Werbetreibenden.

- Will man Spezialsendungen am Abend, die in Mainstreamsendern mehr Musik abseits der Rotation und Musikredaktionelle Information liefern, dann braucht es mehr Werbekunden, die gerade diese Sendungen bezahlen. Ich rede dabei nicht nur von Metzgerei Kuddel um die Ecke (das funktioniert bei Lokal/Regionalkunden halbwegs gut), sondern von den CocaColas und McDonalds dieser Welt. Solange die Werbetreibenden aber 6-18 Uhr als wichtige Werbezeit erachten, fällt in Kommerzprogrammen danach der Hammer. Wenn muss man dafür kritisieren? Richtig: die Werbetreibenden.


Jetzt zum zweiten Teil deiner Aussage Makeitso:
...während die Macher gleichzeitig darüber klagen, daß sie verwechselbar sind, ihre Hörer nicht mal kapieren, welchen Sender sie hören und ihnen die Werbekunden weglaufen.

Wo klag ich denn über Verwechselbarkeit? Wo klage ich über meine Hörer? Wo klage ich über weglaufende Werbekunden? Oder ging das nicht gegen mich? Dann wirf es mir auch nicht vor. Ich schildere lediglich, was die Werbetreibenden nachfragen und wie die Sender diese Nachfrage befriedigen.

Dass der Anteil des Werbemediums Radio an den Gesamtwerbeausgaben rückläufig ist, ist in der Tat eine Entwicklung, die man nicht aus den Augen verlieren darf. Aufgehalten werden kann sie meiner Ansicht nach aber nicht durch ein bisschen mehr Musiktitel hier, ein bisschen intelligentere Moderation da. Es sind Veränderungen am System (Zielgruppendefinition, MA-Modus) und Gattungsmarketing (wie von Honk schon mehrfach hier beschrieben) nötig, denn die Rahmenbedingungen des Systems haben dazu geführt, dass die Teilnehmer des Systems so sind, wie sie sind. Will man Teilnehmer des Systems ändern, braucht es Veränderungen am System. Bis das Risiko einer Gesamtsystemänderung aber von einer tragfähigen Mehrheit aus Werbetreibenden und Werbemedienveranstaltern in Kauf genommen wird, wird der "Leidensdruck" (so glaube ich) noch steigen. Solange die Mehrheit der Marktführer noch gute Renditen erwirtschaft, wird sich nichts ändern. Und das nicht, weil ich es gut finde, sondern weil oben beschriebenes in meiner Wahrnehmung die systemimmanenten Wirkungsmechanismen sind.

Es steht jedem offen, sich eine andere Medientheorie zusammenzubasteln oder dieses Statement als "typisch Jasemine" zu brandmarken. Ich biete meine Gedankengänge nur deswegen hier feil, weil ich glaube, dass man damit die aktuelle Lage erklären kann (ohne sie grundsätzlich gut oder schlecht finden zu müssen). Hier geht's nicht um meinen Privatgeschmack, betont die Jasemine.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben