Als Radiomacher nach Schweden auswandern

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Seit langem schon trage ich mich mit dem Gedanken, Deutschland zu verlassen und mir in Schweden eine neue Existenz aufzubauen. Mir gefällt das Land, ich spreche die Sprache einigermaßen und könnte mir gut vorstellen, dorthin auszuwandern.

Das Problem, das wir Medienleute haben, ist in erster Linie sicher unsere Muttersprache. Was soll jemand mit Deutsch als Muttersprache im nicht-deutschsprachigen Ausland? Genau das ist die Frage. Ich halte es für illusorisch, zu glauben, einem Deutschen Radiomoderator/Sprecher/Produzenten würden in Schweden die Aufträge nur so zufliegen. Ich habe ein eigenes Studio, das ich selbstverständlich mitnehmen würde und auch von dort aus z.B. Sendungen für deutsche Sender produzieren und per Internet oder Musiktaxi oder meinetwegen auch per Post nach Deutschland schicken könnte. Nur habe ich in den letzten Jahren in erster Linie als Moderator, Schauspieler und Sprecher gelebt und glaube nicht, daß ich mit diesen Fähigkeiten sofort in Schweden was kriegen würde, wovon man leben kann - von der Möglichkeit, eine Familie zu ernähren, mal ganz abgesehen.

Daher die Frage in die Runde: hat jemand von Euch Erfahrungen mit Auswanderung (speziell nach Skandinavien) gemacht und kann davon berichten? Über einen intensiven Erfahrungsaustausch würde ich mich sehr freuen.
 
AW: Als Radiomacher nach Schweden auswandern

Vielleicht kann ich ein wenig dazu beitragen, auch wennich zu Skandinavien so gut wie nichts weiß. Zuallererst, ich bin in einem völlig anderen Metier tätig (hier in den Radioforen bin ich nur (des)interessierter Hörer mit Piratenvergangenheit). Seit ca. 6 Jahren wohne ich in Polen und arbeite per Internet, weitgehend unabhängig vom hiesigen Arbeitsmarkt. Die betreffenden Kunden hatte ich teilweise schon vor meinem Umzug, andere sind seither hinzugekommen. Ich weiß nicht, wie gut Du im Geschäft bist und kenne die Branche auch zu wenig, aber die Arbeitsweise an sich kann ich - aufgrund der Lebensqualität - nur empfehlen.

Ich kann mir vorstellen, dass englische Muttersprachler es in Schweden leichter haben, da Deutsch und Deutsche wohl doch eine untergeordnete Rolle spielen. Das dürfte es schwer machen, sich als "Kultfigur" in irgendeiner Nische zu etablieren. Hier in Polen ist das einem Deutschen und einem Afrikaner gelungen. Der Deutsche kam über Kabarett zur TV-Serie, der Afrikaner war in den 90ern im Radio bei einem inzwischen landesweiten Privatsender tätig.
 
AW: Als Radiomacher nach Schweden auswandern

Ich glaube nicht, als Deutscher eine Chance im schwedischen Radio zu haben. Das halte ich für utopisch und strebe dieses Ziel daher auch gar nicht an. Jedenfalls nicht vor dem Mikrofon. Aber es gibt ja auch immer wieder Projekte, die nicht unmittelbar mit Radio zu tun haben, wie z. B. Tätigkeiten im Hintergrund oder Aufträge als (Synchron-)Sprecher oder als Dienstleister. An meinem Studio baue ich nicht nur zum Spaß, das ist nicht nur Hobby, sondern nach Möglichkeit auch ein Teil des Broterwerbs.

Nur ist es inzwischen leider so, daß die Arbeitsmarktsituation hier in Deutschland ziemlich schlecht aussieht. Die Diskussion über die Honorare hatten wir gerade erst. Von den Formatverrenkungen, die einem als Moderator inzwischen fast überall abverlangt werden, ganz zu schweigen. Schweden habe ich schon lange im Auge, war natürlich auch schon da und kann mir gut vorstellen, dort weiterzuleben und vielleicht sogar auch eine Famlilie zu gründen.

Hinzu kommt natürlich das Problem, mit dem sicherlich alle Deutschen im Ausland mehr oder weniger konfrontiert sind: die Tatsache, daß sie Deutsche sind. Leider ist es ja egal, wo man hinfährt, als Deutscher hat man es nirgendwo leicht. In Polen vermutlich ebensowenig wie in Frankreich oder England. Die andauernden Ermahnungen einiger Politiker, man dürfe die NS-Zeit nie vergessen, gießen dabei Öl ins Feuer. Aber das nur am Rande.
Es stellt sich neben der existenziellen Frage also auch die nach der Toleranz der Deutschen im Ausland und den damit verbundenen grundsätzlichen Chancen auf eine Existenzgründung.
 
AW: Als Radiomacher nach Schweden auswandern

Na ganz so schlecht lebt es sich als Deutscher im Ausland ja nun auch wieder nicht. Ich bin seit 1989 aus Deutschland weg und bin noch nie wegen meiner Nationalität irgendwie diskriminiert worden. Allerdings kehre ich auch nicht so sehr den Deutschen raus. Und inzwischen haben wir 2007 und nicht 1947. Wobei ich hier aber keineswegs eine Schlussstrich-Debatte führen will, im Gegenteil.

Das Problem ist eher die Uncoolness der deutschen Sprache im Ausland. Allenfalls in Holland oder England kann man damit noch Comedy-Erfolge landen, die aber auch schon recht abgelutscht sind ("Allo allo" läuft auch schon in der zigtausendsten Wiederholung).

Aber als Freiberufler mit eigenem Studio für Kunden in Deutschland arbeiten - warum nicht? Mit Billigflügen ist man ja auch schnell in D, wenn man mal persönlich erscheinen muss. Aber ein solider Kundenstamm sollte schon vorhanden sein, bevor man den Schritt wagt.
 
AW: Als Radiomacher nach Schweden auswandern

Das mit dem Kundenstamm ist sicher richtig. Nur beißt sich da die Katze irgendwo in den Schwanz: um den soliden Kundenstamm zu haben, muß man ja schon ein paar Jahrzehnte im Geschäft sein. Demzufolge wäre man dann auch nicht mehr sooo jung. Andererseits würde ich diesen Schritt, sollte ich denn jemals tun, ungern lange hinauszögern. Ich denke mir oft, daß wenn ich 50 bin, sowas auch nicht mehr mache. Jetzt bin ich in einem Alter, in dem man sowas noch machen kann. Noch habe ich hier nichts, was mich hier hält und bin flexibel. Wenn dann erstmal Kinder da sind, sieht die Sache schon ganz anders aus.
Das bedeutet aber auch, daß ich hier momentan keinen Kundenstamm habe, der mich sicher ernähren kann. Jedenfalls keiner, dem ich standortunabhängig zuarbeiten kann. Natürlich wäre es auch interessant zu erfahren, ob vor Ort Leute mit den Kenntnissen gebraucht werden, die man selber mitbringt. Das sind in meinem Fall nicht nur sprachliche Kenntnisse, sondern natürlich auch alles, was im Hintergrund stattfindet. Leider kommen mir beim näheren Nachdenken auch immer wieder Zweifel: warum sollten die ausgerechnet mich für irgendwas brauchen? Ich kann mir doch nicht anmaßen, zu glauben, daß die ausgerechnet auf einen Radiomoderator aus Deutschland warten.
 
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