@Radiocat
Deine Argumentation kann ich nicht teilen. Du argumentierst, dass die Qualität föderal organisierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks schon aufgrund der föderalen Struktur eine deutliche Tendenz habe, schlechter sei als die von vergleichbaren zentralstaatlichen Anstalten. Diese Einordnung ist, wie ich finde, schon aufgrund der Pauschalität nicht haltbar. Die meisten europäischen Länder haben eine Art öffentlich-rechtlichen Rundfunk: meistens eine zentrale Anstalt, in einigen Ländern mit Trennung Radio/Fernsehen und/oder ausgelagerten Sparten. Regionale öffentliche-rechtliche Rundfunkgesellschaften kenne ich neben Deutschland in Spanien, den Niederlanden und der Schweiz. Schon alleine diese vier Länder über einen Kamm zu scheren, muss fehlschlagen - die Niederlande werden hier im Forum gerne gelobt, während die Spanier, sowohl was die inhaltliche Substanz wie de Effizienz wie die Regierungsferne angeht, eher als abschreckend Beispiel herhalten. Noch schwieriger ist es, die ganzen nationalstaatlichen Rundfunkanstalten zu vergleichen: Wenn wir, ich sag mal: RAI, BBC, SR, SRR und WGTRK nebeneinanderstellen, so gibt es sowohl in der Staatsferne wie in der Effizienz wie in der "Öffentlich-Rechtlichkeit" des Programmangebots mannigfaltige Unterschiede. Außer meiner Sicht spielt gerade die politische Kultur in den jeweiligen Ländern eine gewichtige Rolle, und die kann man nicht mal eben per Mehrheitsbeschluss ändern, sondern durch Bessermachen eine anschlussfähige Alternative entwickeln. Und auch der Vergleich der Landesrundfunkanstalten hierzulande zeigt ja auch, dass es vieles gibt, was eben
nicht alle Anstalten machen (es gibt nur
ein radioeins, nur
ein Funkhaus Europa); tatsächlich wird nur weniges neunfach erledigt, umgekehrt aber oft anderes innerhalb der selben Anstalt mehrfach - eine Zentralanstalt wäre hier mehr Gift als Medizin. Neben vielen Doppelstrukturen gibt es auch erhebliche Unterschiede in der grundsätzlichen Ausrichtung der Anstalten: Der BR bespielt drei seiner fünf UKW-Ketten mit E-Programmen, der SWR nur eine; der HR hat seine Programme direkt gegen den privaten Konkurrenten ausgerichtet, der RBB eher komplimentär (nun bitte keine Radio-Berlin-Diskussion). Das zeigt für mich, dass die föderale Struktur nicht für die Verdummfunkung verantwortlich zu machen ist, sondern im Gegenteil Oasen zu dieser geschaffen hat. Abgesehen davon, dass der Rundfunkföderalismus in Deutschland wesentlich älter ist als der Dummfunk.
Was zugegebenermaßen richtig ist, ist, dass die Verflechtung von Landespolitik, ländergetriebener Bundespolitik (Bundesrat, Staatsverträge etc.) und eigentlicher Bundespolitik (sowie, wenn man so will, EU-Vorgaben, wobei die im Rundfunk noch nicht viel ausmachen) die Übersichtlichkeit nimmt, wer im politischen Betrieb nun eigentlich wofür verantwortlich ist. Im Falle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedeutet das dann, dass der konkrete Staatseinfluss auf den Rundfunk im einzelnen leichter zu verstecken und schwerer nachzuzeichnen ist und gerade dadurch gefördert wird. Und umso mehr die Unternehmenspolitik einer Rundfunkanstalt von politischen Wasserträgern geprägt wird statt durch qualifizierte Fachleute mit journalistischem statt politischem Koordinatensystem, desto eher nimmt die Qualität des Rundfunk ab. Da liegt das Problem dann aber eher bei der Politikverflechtung als beim Föderalismus als solchem. In Deutschland gibt es eine ungute politische Kultur, parteipolitisch auf den Rundfunk einzuwirken (längst nicht nur bei Ländern; die Begriffe "Adenauerfernsehen" oder "Rundfunkbeauftragter" werden Dir sicher etwas sagen, ansonsten Google). Dies ist aus meiner Sicht mit der allgemeinen politischen Kultur verbunden, fremden Meinungen im öffentlichen Raum, die der eigenen Meinung widersprechen, nicht die eigene Meinung gegenüberzustellen, sondern den anderen herabzuwürdigen bzw., wenn man die Mittel hat, abzusägen.
Summa summarum: Ich möchte einen besseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und glaube, dass man auch an die Strukturen ran muss. Eine einzelne bundesweite Anstalt kann das, was ich für problematisch halte, aber nicht lösen, sondern würde es eher verschlimmern.