Aufmerksames Zuhören

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GOETHE

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Immer wieder hoert man von den heutigen Radiomachern, dass das Radio sich so entwickelt hat, daß man es nur nebenbei nutzt und man deshalb ein flaches Formatradio mit Sekunden-Wort und Wiederholungen und einheitlichen Sound machen muss.
Ich pendle oft zwischen meiner alten Heimat Muenchen und Toronto hin und her und habe Vergleiche.
Bei uns in Canada wird durchaus auch Wert auf den Aufmerksamkeitsgrad gelegt und ein aufmerksamer Hoerer ist das zehnfache eines Nebenbeihoerers wert.
Weiters beobachte ich bei meinen Eltern in Bayern: Frueher hatten sie viel mehr Radio gehoert, weil sie eine menschliche, natuerliche Ansprache brauchen. Seit es im Radio nur noch Minimal-Wort gibt, schalten sie den Fernseher ein und hoeren Talkshows an ohne hinzuschauen.
Meine Mutter hoert waehrend des Kochens und sonstiger Arbeiten im Hause dem Fernseher zu, weil es im Radio nichts mehr zum wirklichen Zuhoeren fuer sie gibt.
Es stimmt also so nicht ganz, dass niemand mehr echt zuhoeren wuerde beim Radio. Es gibt einfach nichts mehr Interessantes zum wirklichen Zuhoeren und deshalb hat sich das Radio selbst in die Bedeutungslosigkeit in Deutschland begeben.
Es ist nur noch Gerauschkulisse und die Radiomacher sind noch stolz darauf, dass sie diesem Trend Rechnung getragen haben.
Sie haetten im Gegenteil dafuer kaempfen muessen, dass trotz der Entwicklung moeglichst viele das Radio weiterhin als primaeres Zuhoermedium nutzen.
Denn die Hintergrundkulisse ist viel leichter durch was anderes ersetzbar.

Bei uns messen viele Werbe-Sponsoren daher nicht nur an den Einschaltquoten, sondern wieviele Leute haben davon aufmerksam das Programm verfolgt und reagieren daher auch.
Von deutschen Werbekunden habe ich gehoert, dass man zwar im Radio angeblich eine hohe Einschaltquote habe, aber die Reaktion dieser vielen Hoerer ist fast null, sie haben eingeschaltet, aber hoeren nichts !

Wann kommt bei Euch das Umdenken, daß nicht die Massen-Hintergrundhoerer wichtig sind, sondern es kann eine kleinere aufmerksame Hoerergruppe sogar wichtiger sein fuer einen Erfolg.

Mark Bergman, Oakville bei Toronto, Ont.
 
AW: Aufmerksames Zuhören

Entschuldigt, dass ich meistens die oe ue usw. geschrieben habe. Auf der englischen Tastatur kann man zwar schon mit Kunstgriffen ein ö oder ß darstellen wie jetzt gerade, aber das ist umstaendlich !

Und ich muss noch was dazufuegen, bevor ich folgende Antwort erhalte:

Es gibt doch genug Wortprogramme wie Bayern 5 und DLF und so.
Das sind alles schwerverdauliche Wortstrecken und meistens intellektuell und mit schwierigen Themen. Was meine Eltern vermissen im Radio sind die Unterhaltungswortprogramme, die menschlichen und durchaus niveauvollen Plaudereien. So wie halt Menschen miteinander sich unterhalten und so wie es im Fernsehen auch ist: Geschichten, Diskussionen im Alltag - eben Talkshows, Gerichtsshows, Wunschkonzerte und Talks mit Musikern usw.
Die elitaeren Wortstrecken von DLF z.B. sind zwar sehr gut aber sind kein Ersatz fuer fruehere gern gehoerte Unterhaltungssendungen im Radio.
 
AW: Aufmerksames Zuhören

Da gibt es mehrere Beobachtungen:

Der Rucklauf bei Werbungen, Hoererreaktionen werden beurteilt. Weiters werden die Radioclubs beobachtet, die Donations die Hoerer fuer bestimmte Radios geben ( bei uns gibt es tatsaechlich freiwillige Rundfunkgebuehren, Hoerer ueberweisen monatlich an ihren Lieblingsradio Geld, weil ihnen manche
Sendungen so gut gefallen), dann die Radio-Veranstaltungen, wie viele Leute da kommen. Es wird einfach das Radiopublikum beobachtet, sozusagen wieviele echte Fans ein Radio hat, wieviele mailen, schreiben, kommen und sich interessiert zeigen und insbesondere messen auch die Werbekunden, ob
wirklich Kunden kommen, wenn sie in einem bestimmten Radio werben.

Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Das Radio selbst feiert Geburtstag und man macht eine Party und da ist es schon wichtig, dem Sponsor vorzufuehren, wieviele Hoerer dem Radio gratulieren zum Geburtstag, wieviele selbst Tagesreisen auf sich nehmen, um bei der Radio-Party dabeizusein.
Da ueberzeugen sich die Sponsoren selbst, dass dieses Radio Reaktionen und ein gutes, aktives Publikum hat.
 
AW: Aufmerksames Zuhören

Um das zu messen, bedarf es qualitativer Erfassungsmethoden und nicht quantitativer. Die existieren. Wie sie funktionieren, welchen Aufwand man für sie treiben muss und was die Ergebnisse aussagen können, muss Dir aber jemand erklären, der sich damit auskennt. Gibt es hier im Forum auch. ;)
 
AW: Aufmerksames Zuhören

Seriöse Betreiber von Internetplattformen machen übrigens den Unterschied zwischen Quantität und Qualität bei der Einschätzung der Besucherzahlen der jeweiligen Homepage. Mit einer simplen Zahl von Besuchern (möglichst hoch natürlich) gibt man sich nicht mehr zufrieden. Da werden ganz genaue TRafficanalysen gemacht. Grundsätzlich ist da ein einfacher Homepagebesucher (der vielleicht durch Zufall mal angeklickt hat) nichts wert, bzw. wird nicht gezählt. Da ist neben einer gewissen Verweildauer vor allem die Clickrate von Bedeutung. Wie oft der Besucher also auf der einzelnen Internetseite herumgeklickt hat, wie weit er sich im Menü herumgetrieben hat.
So eine qualitative Analyse wäre im Hörfunk prinzipiell machbar. Der reale Befragungsaufwand, bzw. die konkrete Befragungszeit würde sich sicher nur marginal erhöhen, wenn überhaupt. Man müßte jedoch den Befragungsschwerpunkt von "Kennen sie den Sender? Wenn ja, wann haben sie ihn zuletzt gehört usw." umstellen auf: "Was hören sie denn? Warum hören sie Sender y x z?"
Dieser Paradigmenwechsel würde die AGMA jedoch richtig Geld kosten. UNd, dies ist wohl schwerwiegender, man wüßte nicht im Ansatz, wie der Markt hinterher aussehen würde. Davor scheuen sich die großen Vermarkter wie der Teufel das Weihwasser. Aus ähnlichem Grund ist schließlich die Hörerzahlermittlung mit der Radio Watch (das Ding hieß doch so?) nicht umgesetzt worden.
 
AW: Aufmerksames Zuhören

In die Niederlanden gibt es seit der wiederverteilung der Frequenzen nur einen privaten Sender der schwarze Zahlen schreibt, BNR Nieuwsradio (vorher: Business Nieuws Radio). Das ist zugleich der einziche nicht-musiksender im privaten Radio. Sie haben nicht viel hörer, aber setzen ein auf geschäftsleute. Also bestätige ich die Meinung van Goethe.
 
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