So ist es, Herr Doktor. Dass am Morgen am meisten Radio gehört wird (zwar nicht von mir, das ist die einzige Tageszeit, zu der bei mir der Kasten konsequent ausbleibt), ist eine alte Weisheit. Das ist schon seit vielen vielen Jahren so. Sicher nicht schon immer, es gab auch Zeiten, zu denen es z.B. noch kein Fernsehen gab.
Allerdings reicht der Morgen alleine nicht. Vielleicht dort, wo es gar keinen Wettbewerb gibt. Ansonsten werden alle Mitbewerber ihre besten Pferde dort abstellen. Also muss ich etwas mehr bieten. Meinen weitesten Hörerkreis erweitern, zusätzliche Einschaltimpulse schaffen. Das kann ich in den restlichen Stunden des Tages und insbesondere halt auch am Abend und am Wochenende. Aber gerade da überlässt man dann gerne den öffentlich-rechtlichen Programmen oder den Marktführern das Feld. Billig bringts halt auf Dauer nicht. Wo dümpeln denn z.B. zahlreiche der bayerischen Lokalradios herum, seit sie die Programmfarbe rund um die Uhr auf Soft-AC vereinheitlicht haben, Spartensendungen gecancelt, Personal ausgedünnt, Inhalte ausgedünnt haben? Die Hörer merken: Okay, da läuft nix mehr, also kann ich gleich Antenne Bayern hören. Die bringen dasselbe, nur besser gemacht und haben bessere Mods und auch bessere Nachrichten.
Gerade für kleinere Lokalradios zahlt sich daher aus, vor allem in die Drivetime zu investieren (denn da suchen die Hörer regionale Information) und auf den Abend und das Wochenende mit Spartenangeboten. In Sachen Morgenshow können sie mit den großen Anbietern nicht mithalten. Vielleicht finden sie, wenn sie Glück haben, einen originellen Charakter, der am Anfang seiner Laufbahn steht oder halt einen alten Hasen, den man anderswo, warum auch immer, ausgemustert hat. Sie sollten aus der Not eine Tugend machen, und die Übersättigung der Hörer mit plattem Humor und zu viel guter Laune aufnehmen und mit einem serviceorientiert-sachlicheren Angebot in den Frühstunden konkurrieren. Schlechte oder falsche Personality kann nämlich tatsächlich auch mal negativ wirken! Ansonsten sollten jeder Anbieter zusehen, dass er Nachwuchs kreiert, dass er Programmflächen schafft, abends oder am Wochenende, wo sich die Leute mal etwas austoben können und ihr Profil schärfen.