Berichterstattung über Mügeln

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Es erinnerte mich halt ein wenig an den Fall Potsdam, bei dem auch plötzlich herauskam, daß das Opfer zunächst selbst ordentlich ausgeteilt hat...

Das rechtfertigt aber noch lange nicht, dass 50 Leute 8 Mann jagen und ums Leben bringen wollen. Aber schauen wir doch einmal in den Norden:

Randale in Bützow - Bedrohter Pakistaner hatte Todesangst =

Bützow (dpa/mv) - Nach den gewalttätigen Ausschreitungen am Rande
eines Volksfests in Bützow (Kreis Güstrow) hat die Diskussion um
einen möglichen ausländerfeindlichen Hintergrund neue Nahrung
bekommen. Der pakistanische Betreiber des angegriffenen Imbissladens
sagte am Montag der dpa, er habe Todesangst gehabt. Aus der Menge sei
gerufen worden: "Scheiß Türke, wir kommen hoch und machen dich
fertig." In der Nacht zum Samstag waren rund 40 Menschen randalierend
durch Bützow gezogen. Darunter waren laut Polizei auch Anhänger der
rechten Szene. (...) Die Randale waren in der Nacht zum Samstag
ausgebrochen, nachdem die Polizei ihre Einsatzkräfte vom Volksfest
abgezogen hatte. "Wenn es Fehler gab, werden wir die auch klar
benennen. Wir haben nichts zu verbergen", machte Innenstaatssekretär Lenz deutlich. Er habe einen detaillierten Bericht angefordert.
Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Schweriner
Landtag, Gino Leonhard, forderte, die Vorgänge im Innenausschuss zu
besprechen. Zu prüfen sei, ob es sich um alkoholbedingte
Gewaltexzesse handelte oder ob rechte Schläger gezielt Randale gegen
den Imbissbudenbetreiber betrieben. (...)
Auch der sicherheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion,
Norbert Nieszery, forderte eine rückhaltlose Aufklärung. Er
kritisierte das Verhalten der Polizei, die sich weder präventiv noch
im Einsatz als handlungsfähig erwiesen habe. "Es gibt in Bützow eine
organisierte rechte und gewaltbereite Szene, die bereits an anderer
Stelle aufgefallen ist. Eine aufmerksame Polizei in einem
überschaubaren Ort wie Bützow sollte Personen und deren
Gefahrenpotenzial eigentlich kennen und hätte Vorkehrungen treffen
müssen." (...)
Die Polizei geht bislang davon aus, dass die Randalierer den
Imbiss des Pakistaners lediglich auf der Suche nach Alkohol
angegriffen hatten. Zuvor hatten sie nach Ende des Volksfests bereits
Verkaufsstände und Getränkewagen demoliert und teilweise
aufgebrochen. Laut Polizei wurden die Personalien von 15 Randalierern
aufgenommen, festgenommen wurde niemand. Ermittelt wird wegen
Verdacht des Landfriedensbruchs und der schweren Sachbeschädigung.
Die Rostocker Staatsanwaltschaft teilte mit, die Bereitschaft der
Staatsanwaltschaft sei am Wochenende nicht über die Vorgänge
informiert worden.:wall::wall::wall:

Mich schockiert es und ich werde unheimlich wütend, wenn mit Holzknüppeln und Eisenstangen bewaffnete rechte Mobs durch Straßen toben und auf ALLES und jeden eindreschen wollen, der sich bewegt. Ich komm vom (nordostdeutschen) Land und weiß wie es sich anfühlt, wenn man von 20 Paar Stiefeln gejagt wird mit Parolen wie "Judensau wir kriegen dich"...
 
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Ok, ich will meinen Punkt noch etwas verdeutlichen. Vor zwei Wochen gab es hier ein Megavolksfest unter dem Motto "50 Jahre Saarland in der Bundesrepublik" - die kleine Wiedervereinigung wurde gefeiert. Mit einem Straßenfest in Saarbrücken, über 3 Tage, mit 600.000 Besuchern und jeder Menge "multikultureller" Beteiligung. In der Nachbarstadt Völklingen sitzt die NPD im Stadtrat und bei der letzten Landtagswahl hatte die NPD hier eine vier vor dem Komma. Hätte nun ein verwirrter (oder berechnender) Brauner auch nur einen Ausländer bei diesen Feierlichkeiten getötet oder schwer verletzt (was ja leider zum Repertoire dieser Idioten gehört), das Saarland wäre als brauner Sumpf der Republik stigmatisiert worden. (zu Recht, zu Unrecht?) :confused:
 
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Nein, wäre es eben nicht. Denn das Saarland ist nicht eben der Osten der Republik. Und das ist das Problem: Es gibt viele Feindbilder, einige rassistisch, andere kommunistisch, wieder andere wertkonservativ, manchmal alles zusammen. Das macht die Debatte so oberflächlich: Alles stürzt sich auf das Klischee der glatzköpfigen Jugendlichen, weil es so herrlich symbolisch ist. Rechtsextremismus kommt mitunter aber auch mit Gamsbart und Lederhose daher. Forscher der Uni Leipzig etwa haben herausgefunden, dass unter Christen beileibe kein geringerer Anteil an Rechtsextremismus exisitert, als anderswo. Aber die Funktionslogik der Medien braucht einfache Bilder. Die in Mügeln waren einfach. Hinterfragt worden sind sie nicht.
 
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zu Recht, zu Unrecht? :confused:

Aber genau das ist doch der Knackpunkt: Natürlich ist es für Mügeln schlimm, dass die ganze Region jetzt abgestempelt wird als brauner Sumpf etc. und deshalb haben sie sich wohl auch nicht bei der Podiumsdiskussion entschuldigt, sondern dieses Event eher als Anlass genommen, zu zeigen, dass Mügeln "gar nicht so ist", also dass sie zu unrecht so dargestellt werden.
Das kann ich auch verstehen, gibt ja bestimmt auch Angenehmeres als zuzugeben, dass das idyllische Dörflein ein kleines braunes Problem hat. Trotzdem erinnert mich das ein bißchen an Hundehalter mit Bulldoggen an der Leine, die - wenn man voller Panik außer Bissweite springt- einem hinterherrufen "Der will doch nur spielen".
Klar wäre das ungerecht gewesen, wenn bei euch so etwas passiert wäre, das gesamte Saarland dann als braunen Sumpf zu stigmatisieren. Hängt halt immer von den Umständen ab. Man kann nicht leugnen, dass es zumindestens eine relativ verbreitete rechtsradikale Gesinnung gibt, wenn die Hälfte der Besucher eines solchen Festes dann auch noch auf das Opfer eintreten. Und genau das ist doch in Mügeln passiert: Waren nicht nur zwei oder drei, sondern eine halbe Ortschaft.
Deshalb meinte ich weiter oben schon, dass mich das an Rostock-Lichtenhagen erinnert: Ein paar Rechtsradikale machen den Anfang und kurze Zeit später stehen viele "normale Bürger" dahinter und klatschen, von denen man "sowas" nie erwartet hätte.

Ich glaube, ich bin ein wenig an deiner Frage vorbei, aber das ging mir gerade so durch den Kopf :)
 
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Dann habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Nochmal: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Vorfall im Saarland ähnliches ausgelöst hätte wie in Mügeln, halte ich für geringer. Einfach, weil die Symbolik dort weniger stimmig ist.
 
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Die Jump-Sendung kann man sich inzwischen online anhören.

Die kritischen Worte von Thomas Dörschel (Virginia Jetzt) u.a. zu dieser Veranstaltung auch:
http://www.radioeins.de/_/beitrag_jsp/key=beitrag_208555.html

Man beachte, wie er von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit spricht, ohne die sofort auf Rechtsradikalismus zu reduzieren, wie es weithin geschieht. Siehe dazu auch die oben zitierte Glosse von Peter Zudeick. Vielleicht sollte auch einmal über diese beliebte, aber nicht unbedingt treffende Gleichsetzung gesprochen werden.
 
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