Nachdem ich SWR 1 aufgrund der winzigen Playlist nicht mehr ertrage, habe ich in den letzten beiden Tagen einmal Berlin 88,8 angetestet. Zunächst einmal was Positives: Die Moderatoren kommen sehr flüssig und symphatisch rüber. Damit enden dann aber leider meine positiven Eindrücke auch.
Erst einmal muss ich "Radiokult" rechtgeben; es laufen zu wenig 70er Titel, stattdessen dauernd Deutschpop. Dann stelle ich fest: Zwar sind SWR 1 und Berlin 88,8 in ihrer Musikauswahl nicht deckungsgleich, aber es gibt durchaus eine große Schnittmenge. Gleichzeitig dominiert leider auch in Berlin ausgelutschtes Zeug. Gerade eben lief "Wonderful life" von Black. Daneben waren heute nachmittag auch "Music" von John Miles und "Hotel California" von den Eagles zu hören. Die beiden letztgenannten Titel sind ja nicht schlecht, werden aber zu inflationär eingesetzt - das macht sie "kaputt".
Insofern es um die Eagles geht, stellt sich mir die Frage, warum nicht (neben dem anderen Dauerbrenner auf deutschen Sendern "New kid in town") die folgenden Titel (öfter) zum Einsatz kommen:
Take It Easy
Witchy Woman
Peaceful Easy Feeling
Best of My Love
One of These Nights
Lyin’ Eyes
Take it to the Limit
I can't tell you why
Tequila sunrise
Desperado
The long run
Heartache tonight
Da existieren also 12 weitere massentaugliche Hits, aber statt sich dieser fleißig zu bedienen, zerstört man lieber durch das ewige Durchnudeln von "Hotel California" und "New kid in town" ebendiese beiden Songs. Mir ist schon klar, dass diese Tracks in Deutschland in den Charts (hoch-)platziert waren, wohingegen die von mir genannten Songs lediglich in den USA in die Charts kamen, was allerdings nicht daran liegt, dass sie kein Hitpotential hätten.
Ist das denn so schwer? Da packt man zunächst mal, sagen wir "Take it easy", in die Rotation, eingerahmt von den sonst üblichen Verdächtigen, bis der Track nach ein paar Wochen in den Ohren der Hörer angekommen ist, und so geht man systematisch weiter vor, bis man die 12 Titel abgearbeitet hat. So würde ich das auch mit anderen Interpreten und Bands machen? Wo ist das Problem, wenn die übliche Musiksoße, sagen wir mal, zu +/- 30 Prozent von zunächst unbekannteren Stücken durchsetzt wird? Auch und gerade der reifere Hörer sollte doch in der Lage sein, seinen musikalischen Horizont im Rahmen seiner musikalischen Sozialisation zu erweitern!
Stattdessen hört man sich in kürzester Zeit am überall dominierenden Einheitsbrei wund, egal ob man jetzt NDR 1, MDR 1, WDR 4, SWR 1, Bayern 1 oder Berlin 88,8/Antenne Brandenburg eingeschaltet hat, überall läuft nur ein billiger Abklatsch der verfügbaren Musik aus fünf Jahrzehnten. Berlin 88,8 war mein letzter Versuch, innerhalb der ARD einen akzeptablen Classic Hit-Sender zu finden. Ich höre jetzt wieder Capital aus Italien:
https://www.capital.it/