Bitter Lemmer: Der Beweis

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Radiohexe schrieb:
Insofern bleibt festzustellen: Wer von einem "Rechtsruck" spricht, weiß nicht, wovon er spricht (und das sind heute leider sehr viele). Die NPD hat seit der Landtagswahl sogar ganz schön verloren.
Vom Grundsatz her gebe ich dir durchaus Recht. Man sollte aber dennoch gerade in Bezug auf Kommunalwahlen nicht ausser Acht lassen, dass solche "Dorfwahlen" zumeist Personenwahlen sind.
Es gibt derzeit heftigste Aktivitäten der NPD bei den Kommunalwahlen im September in Brandenburg möglichst flächendeckend anzutreten und dabei auch gleich noch der DVU eine volle Breitseite zu verpassen. Und vor allem letzteres wird der NPD zumindest im Süden Brandenburgs bei Betrachtung der derzeitigen Lage ohne weiteres gelingen. Auf einem Online-Portel der Zeit warnen Experten, welche der Demagogie unverdächtig sind, gar davor, dass selbst im Berliner Speckgürtel Werte von bis zu 10% erreicht werden könnten.
Und an der Stelle schließt sich dann auch der Kreis zum eigentlichen Ausgangsposting. In Bezug auf diese Warnungen hörte man nie etwas von Pflüger (oder auch von Lemmer). Pflüger steigt lieber noch in die vermeintliche Nazi-Ideologie ein und schwadroniert unverblümt wirres Zeug über preussische Tugenden, die er so gern wieder aufbauen würde. Zu den CDU-internen Querelen in Brandenburg hörte man Pflüger auch nie etwas sagen, obwohl ihm eigentlich sehr daran gelegen sein müßte, dass die CDU in Brandenburg ein möglichst hohes Ergebnis einfährt. Lieber redet er dummes Zeug über eine (zugegeben) mißglückte TV-Show und ein Lemmer steigt darauf auch noch ein.
Und damit sind wir aus meiner Sicht ein kleines bisschen bei der von der Hexe geforderten Ursachenforschung für die Demokratieschwäche. Es sind nämlich auch solche eher belanglosen Äußerungen von Pflüger, welche dann von Journalisten wie Lemmer zu "Monstermeldungen" aufgebauscht werden, die dann wiederum ein ganzes Stück zu der vielbeschworenen Politikverdrossenheit beitragen. Die Leute werden nicht verdummt von der Politik selbst, sondern von sensationsgeilen Boulevard-Journalisten, die unselektiert aus jeder Mücke Elefanten machen.

Und @Makeitso:
Bitte mal nicht als einseitig verstehen. Auch die Gefahr vom extremen linken Rand sollte man keinesfalls ausser Acht lassen. Nach meinem Dafürhalten ist aber die Gefahr die von rechts ausgeht für die Demokratie um einiges größer als die von Links. Davon abgesehen stand einst auch im Ahlener Programm der CDU mal was von teilweiser Vergesellschaftung der Großindustrie und starken Mitbestimmungsrechten... :p
 
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@ radiokult

Das mit den "Personalwahlen" trifft auf die Kommunalwahlen im allgemeinen und auf die NPD im speziellen so uneingeschränkt nicht zu. In ihren "Hochburgen" hat die NPD auch mit völlig unbekannten Personen recht hohe Ergebnisse erzielt.


@ zwerg und wuffi

Die Kontext-Anmerkung war auf die NPD bezogen.

Ich weiß auch, wie das ist, mit diesem Betrag auskommen zu müssen. Zugegeben habe ich mir mein Studium freiwillig selbst finanziert, weil es mit meinem beruflichen Hintergrund klappte und ich von niemandem abhängig sein wollte. Insofern fehlte mir der Druck und ich hatte stets die Perspektive, dass es besser wird. Charakterbildend war es allemal. Und es verleitet mich zu der Frage, mit welchem Anspruchsdenken das deutsche Volk eigentlich gesegnet ist. Die Grundsicherung hat den Zweck, in überschaubaren Phasen wirtschaftlicher Unselbstständigkeit Grundbedürfnisse zu sichern. Dass insbesondere der Zeitfaktor im Osten schlechter funktioniert als im Westen und das besonderer politischer Konzepte bedürfte - geschenkt. Dass empirische Daten aber auch darauf schließen lassen, dass sich gerade im Osten ganze Empfängergenerationen herausbilden, weil Bildungsschwäche vererbt wird, weil Immobilität zum Problem geworden ist und weil Hartz-IV - je nach Anspruchshaltung und Zubrot durch die Schwarzarbeit - mitunter doch recht auskömmlich ist, ist ebenfalls nicht wegzuleugnen. Auf die Argumentation wäre ich jedenfalls gespannt.

Gerade in Euren Fällen hat es aus dieser Perspektive funktioniert. Es gab Phasen, in denen das Leben "einfach mal Scheiße gelaufen" ist. Und dafür gab es eine Grundsicherung. Ihr hattet offenbar die Motivation, euch dort herauszuarbeiten. Warum aber sollte die Allgemeinheit in dieser Zeit dafür aufkommen, den Lebensstandart zu erhalten? Vielleicht wäre es gut, ihr würdet euch mal die Frage stellen, woher das Geld eigentlich kommt.
 
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Und was sich da gestern beinahe unbemerkt in Sachsen abgespielt hat

Ich hatte mich vorhin schon gewundert, weil das vermeintlich unbemerkte Geschehen da auf Google News an zweiter Stelle stand uns es jetzt immer noch so aussieht wie beigefügt. Inzwischen fiel es mir nun auf: Anscheinend sind es ausschließlich überregionale bzw. – pardon – Westmedien, die darauf eingehen.

Gut möglich, daß beim MDR etwas dazu lief. Eventuell auch möglich, daß die Tagespresse aus Dresden und Leipzig etwas dazu gebracht hat. In einer in Cottbus erscheinenden Zeitung, die auch im Raum Hoyerswerda erscheint, fand ich heute jedenfalls nicht ein Wort über das Abschneiden der NPD. Dafür gab es auf Seite 3 noch einen süßlichen Artikel über ein evangelisches Jugendcamp mit „hohem Besuch“ und „Kampf gegen Rechts“. Da tritt man ja auch keinen Abonnenten auf den Schlips :rolleyes:

Die Illustration auf http://www.focus.de/politik/deutschland/sachsen-npd-erfolg-schreckt-parteien-auf_aid_307698.html ist übrigens durchaus treffend. Vor gut zwei Wochen war ganz Sebnitz mit diesen Plakaten (und zwar auch nur diesen; es war keinerlei anderweitige Wahlwerbung zu sehen) zugepflastert, beginnend gleich am ersten Lichtmast aus Richtung Niedereinsiedel. Aber wahrscheinlich traut sich seit dem Joseph-Debakel niemand mehr da ran.
 
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Radiokult schrieb:
Man sollte aber dennoch gerade in Bezug auf Kommunalwahlen nicht ausser Acht lassen, dass solche "Dorfwahlen" zumeist Personenwahlen sind.
Das mag stimmen oder auch nicht. Tatsache ist, daß die Rechtsextremisten "vor Ort" oftmals in Betreuungslücken stoßen, um die sich die anderen Parteien, und das schließt die ach-so-antifaschistischen Sozen und Grünen ausdrücklich ein, nicht kümmern. Wenn ich dann deren Vertreter im Vollbesitz ihrer Empörung darüber meckern höre, daß die NPD mit Beratungsangeboten und Jugendbetreuung auf Wählerfang geht, dann möchte ich sie stets fragen (und kann nicht fassen, warum die ach-so-kritischen Medienvertreter diese Frage nie stellen), "Und warum macht Ihr Arschlöcher das dann nicht auch?". Es aber nicht zu tun, wohl aber über die zu meckern, die es tun, und dann auch noch schockiert sein, daß die dafür Wählerstimmen bekommen, das entlarvt den ganzen ostentativ zur Schau getragenen Antifaschismus als Schaugelaber, das die eigene Klientel begeistern soll und sonst nichts.


radiohexe schrieb:
Und es verleitet mich zu der Frage, mit welchem Anspruchsdenken das deutsche Volk eigentlich gesegnet ist. Die Grundsicherung hat den Zweck, in überschaubaren Phasen wirtschaftlicher Unselbstständigkeit Grundbedürfnisse zu sichern. (...) Dass empirische Daten aber auch darauf schließen lassen, dass sich gerade im Osten ganze Empfängergenerationen herausbilden, weil Bildungsschwäche vererbt wird, weil Immobilität zum Problem geworden ist und weil Hartz-IV - je nach Anspruchshaltung und Zubrot durch die Schwarzarbeit - mitunter doch recht auskömmlich ist, ist ebenfalls nicht wegzuleugnen. (...) Warum aber sollte die Allgemeinheit in dieser Zeit dafür aufkommen, den Lebensstandart zu erhalten? Vielleicht wäre es gut, ihr würdet euch mal die Frage stellen, woher das Geld eigentlich kommt.
Baby, Du hast ja (schon wieder :confused:) soo recht, und ich wünschte mir wirklich, diese Sätze öfter mal zu hören. Insbesondere bei Sprüchen wie
Wuffi schrieb:
Ich wünsche allen "Entscheidern" in diesem Land, mal ein halbes Jahr von dieser Stütze leben zu müssen.
kriege ich jedesmal Krämpfe, denn: WARUM SOLLTEN SIE??? SIE ARBEITEN!!!


ToWa schrieb:
Die Wahrheit ist doch, daß Bildung in gewissen Kreisen einen schlechten Ruf hat und nicht gewollt ist. Wer das nicht glaubt, sollte einfach mal die Augen öffnen und sich anschauen, mit welcher Inbrunst Jugendliche heute stolz behaupten, noch nie ein Buch gelesen zu haben.
Das ist in der Tat das eigentliche Drama. Es ist noch gar nicht so lange her, daß gerade Eltern aus der unteren Schicht alles daran gesetzt haben, daß es ihr Nachwuchs "mal besser haben" würde als sie selbst. Diesen Anspruch haben große Teile des sogenannten Prekariats anscheinend komplett aufgegeben, ebenso wie den, ihren Kinder wenigstens ansatzweise ihr Kümmern zuteil werden zu lassen, von der Erziehung zu halbwegs anständigen Menschen mal ganz zu schweigen. Und bevor wieder die finanzielle Hartz-IV-Misere als Argument hervorgeholt wird: Beides ist keine Geldfrage.
 
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Die Kontext-Anmerkung war auf die NPD bezogen.

Klar. Ich habe die Anmerkung aber in Richtung Allgemeinheit gezogen. Sorry - künstlerische Freiheit.

Die Grundsicherung hat den Zweck, in überschaubaren Phasen wirtschaftlicher Unselbstständigkeit Grundbedürfnisse zu sichern. Dass insbesondere der Zeitfaktor im Osten schlechter funktioniert als im Westen und das besonderer politischer Konzepte bedürfte - geschenkt.

Okay, geschenkt.



Dass empirische Daten aber auch darauf schließen lassen, dass sich gerade im Osten ganze Empfängergenerationen herausbilden, weil Bildungsschwäche vererbt wird, weil Immobilität zum Problem geworden ist und weil Hartz-IV - je nach Anspruchshaltung und Zubrot durch die Schwarzarbeit - mitunter doch recht auskömmlich ist, ist ebenfalls nicht wegzuleugnen. Auf die Argumentation wäre ich jedenfalls gespannt.

Du scherzt!? "Bildungsschwäche" ist auch "im Westen" üblich - "Schwarzarbeit" erstrecht.

Vor ein paar Wochen ging eine Meldung durch den Ticker, in der deutsche Unternehmen Rechnen/Schreiben und selbst einfachste Umgangsfomen ("Manieren") der Bewerber bemängelten. Natürlich war diese Pressemitteilung "überspitzt", so wie ich heutige Jugendliche kenne, würde ich das aber auch bald unterschreiben...


Warum aber sollte die Allgemeinheit in dieser Zeit dafür aufkommen, den Lebensstandart zu erhalten? Vielleicht wäre es gut, ihr würdet euch mal die Frage stellen, woher das Geld eigentlich kommt.

Wo lebst du eigentlich? Auf dem "ARD-Stern"?

Vielleicht wäre es gut, du würdest dir zunächst mal die Frage stellen, worin der "feine" Unterschied zwischen "2-Jahren" und "20-Jahren" Einzahlen in die Arbeitlosenversicherung besteht. Sollte eigentlich logisch sein. Ist es aber nicht. In beiden Fällen landet man heute sehr schnell in Hartz-IV.


vg Zwerg#8
 
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Baby, Du hast ja (schon wieder :confused:) soo recht, und ich wünschte mir wirklich, diese Sätze öfter mal zu hören. Insbesondere bei Sprüchen wie kriege ich jedesmal Krämpfe, denn: WARUM SOLLTEN SIE??? SIE ARBEITEN!!!
Wobei sie aber Glück haben, dass hier nicht nach Qualität bezahlt wird! :D
Letztendlich halte ich es für eine Frechheit, den Leuten den "engen Gürtel" zu verordnen und sich selbst (fast) Diätenerhöhungen in solch einer prozentualen Höhe zu genehmigen, dass jedem "Normalbürger" schwindelig wird. Vor längerer Zeit gab es eine Live-Diskussion im Fernsehen, wo genau das das Thema war. Der gute Volksvertreter (SPD) war sich nicht zu blöde, mit völligem Unverständnis zu erklären, dass er ja schließlich eine zweite Wohnung in Berlin, dass nicht seine Heimat wäre, zu finanzieren hätte und deswegen die Diäten auch eine gewisse Höhe haben müssten. Ich habe mich gefragt, wer die ganzen Zweitwohnungen der gefälligst immer mobiler zu werdenden Menschen finanziert... :rolleyes:
 
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Makeitso schrieb:
Tatsache ist, daß die Rechtsextremisten "vor Ort" oftmals in Betreuungslücken stoßen, um die sich die anderen Parteien, und das schließt die ach-so-antifaschistischen Sozen und Grünen ausdrücklich ein, nicht kümmern. Wenn ich dann deren Vertreter im Vollbesitz ihrer Empörung darüber meckern höre, daß die NPD mit Beratungsangeboten und Jugendbetreuung auf Wählerfang geht, dann möchte ich sie stets fragen (und kann nicht fassen, warum die ach-so-kritischen Medienvertreter diese Frage nie stellen), "Und warum macht Ihr Arschlöcher das dann nicht auch?"
Hier bin ich mit dir vollkommen einer Meinung! Was übrigens passiert, wenn man die von dir aufgeworfene Frage tatsächlich mal stellt, habe ich selbst schon erfahren dürfen. Das ist dann nicht mehr sonderlich spaßig.
Ich bin davon ab durchaus auch in der Lage das linke Gedankengut differenziert zu betrachten und ich tue das meistens auch. Die Welt ist nunmal nicht so schwarz/weiss wie es sowohl die einen als auch die anderen manchmal gerne hätten. Aber da erzähle ich dir wahrscheinlich nichts Neues.

Was den Rest (der Postings) angeht: Schade, das das jetzt so abdriftet, aber das war ja beinahe vorauszusehen.
 
AW: Bitter Lemmer: Der Beweis

Vielleicht wäre es gut, du würdest dir zunächst mal die Frage stellen, worin der "feine" Unterschied zwischen "2-Jahren" und "20-Jahren" Einzahlen in die Arbeitlosenversicherung besteht. Sollte eigentlich logisch sein. Ist es aber nicht.

Worin besteht den der Unterschied bei einer Krebstherapie nach 2 bzw. 20 Jahren einzahlen in die Krankenkasse?
 
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Baby, Du hast ja (schon wieder :confused:) soo recht, und ich wünschte mir wirklich, diese Sätze öfter mal zu hören. Insbesondere bei Sprüchen wie kriege ich jedesmal Krämpfe, denn: WARUM SOLLTEN SIE??? SIE ARBEITEN!!!
Da kräuseln sich auch bei mir immer die Nackenhaare, wenn derartige echt doofen Forderungen gestellt werden.

Als wenn Politiker, die eine Weile vom Hartz-IV-Regelsatz leben mussten auf einmal geläutert erkennen: "Das geht so nicht. Wir müssen den Regelsatz sofort verdoppeln!"

Wer solche Forderungen stellt soll nicht nur sagen, woher das Geld dafür kommen soll, sondern soll auch sagen, wozu eine Umschichtung von Steuergeldern zum Wohle von Hartz-IV-Empfängern nötig sein sollte.

Manche meinen allen Ernstes, es wäre Aufgabe eines Staates, seinen Einwohnern ein auskömmliches, risikofreies Leben zu ermöglichen. Wie lächerlich!
 
AW: Bitter Lemmer: Der Beweis

Und nachdem die Privatsender ihre Talkshows nach und nach absetzen bleiben ihnen noch nicht mal diese Möglichkeiten zum Hinzuverdienst.
 
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Journalisten sollten auch eine gewisse soziale Kompetenz haben. Leider vermisse ich diese hier, besonders in den Aussagen von makeitso und radiohexe. Sicherlich gibt es "Sozialschnaken", die sich auf Kosten der Allgemeinheit einen Lenz machen - für die Mehrzahl der Harz IV - Bezieher möchte ich das allerdings verneinen. Und seien wir doch mal ehrlich: Wer nicht in der Lage war, mit sehr wenig Geld auszukommen, kann sich kaum vorstellen wie ein Leben mit 347 Euro pro Monat zu meistern ist...
 
AW: Bitter Lemmer: Der Beweis

Hallo!

Zum Glück hat U87 schon einige passende Worte gefunden.


Worin besteht den der Unterschied bei einer Krebstherapie nach 2 bzw. 20 Jahren einzahlen in die Krankenkasse?

Der Vergleich hinkt. Aber Derjenige mit 20 Jahren Zugehörigkeit war möglicherweise nie ernsthaft krank und hat darum schon jahrelang einen Teil seiner Beiträge von der KK zurückerstattet bekommen. Natürlich nicht bei der AOK.

Ein junger Mensch ist im Normalfall leichter "vermittelbar" und wieder in einen ordentlich bezahlten Job zu bringen. Bei älteren Menschen dauert das länger und darum sollten sie auch länger ALG1 erhalten.


Wer solche Forderungen stellt soll nicht nur sagen, woher das Geld dafür kommen soll, sondern soll auch sagen, wozu eine Umschichtung von Steuergeldern zum Wohle von Hartz-IV-Empfängern nötig sein sollte.

Weil man mit Hartz-IV (nach Abzug der o.g. Kosten) nicht den kleinsten "Sprung" machen kann. Oder glaubst du, ich habe während dieser Zeit mal "etwas Ordentliches" in einer Gaststätte gegessen oder auch nur einmal das Kino besucht?

Daß auch soziale Kontakte aus Geldmangel wegbrechen, ist noch 'ne ganz andere Geschichte.


Weiter oben hast du geschrieben:
Ach? Es werden in diesem Land Kinder gezwungen ungebildet zu bleiben? Der Besuch einer höheren Bildungseinrichtung ist eine Geldfrage? Schau an, das soll mir doch freundlicherweise erstmal jemand beweisen.

Nein, ein Kind aus ärmeren Verhältnissen wird nicht gezwungen ungebildet zu bleiben. Das Problem wird bloß sein, daß dieses Kind von seinen (bessergestellten) Mitschülern laufend gemobbt wird, weil es halt bei Klamotten usw. nicht mithalten kann. Prima Klima, um einen guten Schulabschluß hinzulegen, welcher zum "Besuch einer höheren Bildungseinrichtung" befähigen würde!

Und nein, ich rede jetzt bewußt nicht von Kindern, die kaum Deutsch können!



und die, die nicht arbeiten sind schließlich selbst dran Schuld? Sollen sich doch gefälligst bemühen, oder?

Nach dem Motto "Fordern und Fördern" tritt dir normalerweise dein persönlicher "Fallmanager" in den Hintern. (Ich hatte übrigens keinen. Mich haben die glatt "vergessen" und waren überaus erstaunt, als ich mich abmeldete...)

Der Fallmanager will Bewerbungen (und die Absagen) sehen, oder bietet dir (schlecht bezahlte) Jobs an. Dann kannst du aber gleich bei einer Zeitarbeitsfirma (siehe Link oben) anfangen und verdienst viel weniger Geld für die gleiche Arbeit als ein Festangestellter. Damit sitzt du schon in der Armutsspirale und wirst obendrein als Bedrohung für die (noch) verbliebenen Festangestellten wahrgenommen. Lustigerweise sind Leiharbeiter mitunter ehemalige Mitarbeiter einer Firma. Man kennt sich also...


Die Arbeitslosen-Statistik sieht doch mittlerweile echt gut aus. Aber das ist halt nur eine Statistik. Die vielzitierte "Mittelschicht" verarmt. Natürlich kann - und sollte - man "Riestern". Man muß es sich aber auch leisten können, damit am Ende auch was "rauskommt". Die Altersarmut wird in Deutschland noch ein ganz akutes Problem.


Sodele - von meiner Seite wars das. Wir sind leider etwas OT, aber manchmal gehts halt nicht anders.

vg Zwerg#8
 
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Die vielzitierte "Mittelschicht" verarmt. Natürlich kann - und sollte - man "Riestern". Man muß es sich aber auch leisten können, damit am Ende auch was "rauskommt". Die Altersarmut wird in Deutschland noch ein ganz akutes Problem.

Um mal wieder etwas die Kurve zum Thema zu kriegen: Da sieht man mal, was das endlose Phrasendreschen in den deutschen Medien für Früchte trägt. Irgendwann plappern auch intelligente Menschen die Sprüche nach. Man könnte fast meinen, du zitierst aus den letzten 10 Anne-Will-Sendungen :)

Übrigens gehen in diesem Land viele Menschen 40 Stunden die Woche hart arbeiten, ohne wesentlich (wenn überhaupt) mehr zu bekommen als ein Hartz IV Empfänger. Die hört man zumindest gefühlt selten er jammern als die alimentierten. Das nur am Rande.
 
AW: Bitter Lemmer: Der Beweis

Na, wenn immer mehr Menschen für einen immer geringeren Lohn immer mehr arbeiten müssen, dann geht das schon in die Richtung Verarmung, oder?
 
AW: Bitter Lemmer: Der Beweis

Nach meiner Auffassung sollten Journalisten vor allem Sachkompetenz haben und keine linken Eiferer sein. Und zur Sachkompetenz gehört auch das Wissen, dass die Alo-Versicherung eben keine Versicherung in dem Sinne ist, dass man einzahlt und einen konkreten Anspruch erwirbt. Sie ist ein Instrument zur Umverteilung, der das Prinzip zu Grunde liegt, dass jeder, der einzahlt, im Falle der Bedürftigkeit einen Grundbedarf decken kann. Wann genau nun Bedürftigkeit eintritt und was genau zum Grundbedarf gehört, ist trefflich Gegenstand politischer Diskussionen. Das müssen Journalisten nicht entscheiden. Da kann ich nur meine eigene Meinung wiedergeben: Ein ausbleibender Kinobesuch ist keine Katastrophe und zählt auch nicht zum Grundbedarf. Jeder darf das gerne anders sehen.
Journalisten haben nun die Aufgabe, Informationen darüber zu sammeln, was die Folgen von Hartz IV sind, welche davon intendiert waren, welche nicht und ob die Ziele erreicht worden sind. Sie sollen Zusammenhänge transparent machen. Eine platte Forderung danach, den Regelsatz zu erhöhen, wird diesem Anspruch nicht gerecht.

Ich habe übrigens noch einmal nachgerechnet. Als teilzeitarbeitender Studentin blieben mir seinerzeit abzüglich Miete, Strom, Fahrtkosten, Kranken-/Pflegeversicherung, Telefonkosten (auch dienstlich), GEZ und der auf den Monat heruntergerechneten Semestergebühr etwa 8,60 Euro pro Tag zum Leben. Ich hatte freilich die Perspektive, dass es besser wird. Aber ich habe auch nicht gerade gedarbt in dieser Zeit. Ich hätte es auch einfacher haben können, hätte ich meine Eltern und den Sozialstaat in Anspruch genommen. Aber viel hängt eben doch von der Prioritätensetzung ab.
 
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Hallo Radiohexe,

wer ist denn (hier?) ein linker Eiferer?

radiohexe schrieb:
Da kann ich nur meine eigene Meinung wiedergeben: Ein ausbleibender Kinobesuch ist keine Katastrophe und zählt auch nicht zum Grundbedarf. Jeder darf das gerne anders sehen.

Ein einziger ausbleibender Kinobesuch ist sicher keine Katastrophe, aber frag mal langjährige ALG2-Bezieher. Die waren jahrelang nicht im Kino, gehen nicht mal ein Bier trinken oder mal ins Theater, weil das schlicht nicht drin ist. Da finde ich es von Dir nur zynisch, so zu tun, als ginge es um einen einzelnen Kinobesuch. Ich wünsche niemandem etwas Schlechtes, aber Du könntest ruhig mal ein paar Jahre in der Situation sein! Und bevor jetzt wieder jemand fragt, warum, die arbeitet doch? Weil sie dann definitiv weiß, worüber sie redet.

radiohexe schrieb:
Ich hatte freilich die Perspektive, dass es besser wird.

Aha!

Übrigens schön, deine Zahlen von anno dazumal. Damals 8,60 Euro. Die Berechnungen für ALG 2 beruhen noch auf Zahlen von 1998!

Dein letzter Absatz ist mal wieder zynisch. Ja, Du hast Dich nicht mit abgefunden, Du hast was getan. Da schwingt immer so ein bisschen mit, das könnten alle anderen auch, wenn sie nur wollten...
 
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Lieber Zwerg,

ich möchte Dir nicht unterstellen, dass Du meinen Beitrag über die Daten zur Langzeitarbeitslosigkeit aus ideologischen Gründen bewusst fehlinterpretiert hast. Daher präzisiere ich das gerne noch einmal: Die Herausbildung ganzer Beziehergenerationen ist tatsächlich eher ein ost- als ein westdeutsches Problem, da die Langzeitarbeitslosigkeit in Ostdeutschland andere Ausmaße hat. Bildungsschwäche und Co. gibt es natürlich auch im Westen. Aber nicht in dem Ausmaß - sehen wir von spezifischen Gruppen wie Migrantenkindern ab. Wäre es also so, wie Du Dir die Welt wünschst, müsste zu beobachten sein, dass langzeitarbeitslose Eltern alles dafür tun, ihren Kindern das Schicksal zu ersparen. Zum Beispiel über Bildung. Die harten Fakten der Sozialforschung sprechen aber eine andere Sprache. Höhere Schulabbrecherquoten, niedrigere Studierendenquoten, eine höhere Generationenquote im Leistungsbezug. Spannend wird sein, wie sich der Geburtenknick auf dem Ausbildungsmarkt auswirken wird. Bisher gibt es keine verlässlichen Angaben zur Ausbildungsfähigkeit von Schulabgängern. Aber die Indizien deuten stark darauf hin, dass es trotz freier Ausbildungsplätze auch künftig eine Reihe Jugendlicher geben wird, die keinen Platz bekommen - und das Problem wird im Osten signifikanter sein, als im Westen. Worum wetten wir?
Vor Hartz-IV haben wir vor allem alimentiert. Sozialpolitik ist auch - vielleicht sogar vor allem - ein Instrument gesellschaftlicher Steuerung. Je nach Zielsetzung: Liegt nicht der Schluss nahe, das ein staatsfinanziertes auskömmliches Leben das grundsätzliche Problem mitnichten löst, sondern insgesamt sogar verschlechtert? Wo bleibt eigentlich der Leistungsanreiz? (Ist übrigens empirisch eine der größten Schwachstellen in sozialistischen Planwirtschaften.)
Beste Grüße
Die Hexe
 
AW: Bitter Lemmer: Der Beweis

Dein letzter Absatz ist mal wieder zynisch. Ja, Du hast Dich nicht mit abgefunden, Du hast was getan. Da schwingt immer so ein bisschen mit, das könnten alle anderen auch, wenn sie nur wollten...

Ich würde nicht sagen: Alle. Aber da ich grundsätzlich an den Intellekt meiner Mitmenschen glaube, würde ich sagen: Die meisten schon. Und ja: Ich erwarte, dass alle ihr möglichstes geben, bevor sie die Allgemeinheit in Anspruch nehmen.

"Anno dazumal" ist übrigens kein Jahr her. Und wir hatten in der Zwischenzeit auch keine derart galoppierende Inflationsrate, dass der Wert der 8,60 Euro halbiert worden wäre.
 
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Das erwarte ich auch, aber meinst Du nicht, es gibt Menschen, die es dennoch nicht schaffen?

Und die andere Frage, welcher Jounalist konkret ist für Dich ein linker Eiferer?
 
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Genau für die sind unsere Sozialsysteme ja auch da. Für jene, bei denen im Leben "es eben mal ein bisschen Scheiße läuft", nicht so, dass die Allgemeinheit für den Lüber einen Grundbedarf hinausgehenden Lebensstandart in Anspruch genommen werden dürfte. Meine Meinung. Du kannst das gerne anders sehen.

Das bezog sich auf die "Sozialkompetenz" von U87. Daraus schließe ich, dass jeder, der die Sache etwas funktionslogisch betrachtet, dort herausfällt. Ich habe ansonsten nichts dagegen, wenn Journalisten "linke Eiferer" sind. Haben ja auch genügend konservative, liberale, links-liberale, grüne. Ist im Sinne des Pluralismus' wünschenswert.
 
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