AW: Bitter Lemmer: Privatradio vor Werbekunden düpiert
Die Kommentare in den tagesthemen von unterschiedlichen Sendeanstalten und Färbungen...
Na die sind ja nur dämlich und überflüssig. Mit Diskurs meine ich viel mehr den Zwang, Parteikram rauf und runter zu zelebrieren. Wer interessiert sich wirklich dafür, wie die innere Psyche von SPD oder CDU ist? Oder die kulturell angemalte Kapitalismuskritik, egal, ob in Nachrichten, im Tatort (da sind die Mörder ja meisten eher reich), in Kultursendungen (z.B. die eigentlich unerträglichen Moderationen von Dieter Mohr), etc.
Wie das Programm von RTL France ausschaut, weiß ich nicht.
Die haben eine nationale Frequenzkette und senden ein ziemlich buntes All-Service-Programm. Sie gelten als Freunde der Sozialisten, auch, wenn sie das selber ungern hören. Dank ihrer nationalen Verbreitung über UKW haben sie keine Geldsorgen.
Und zu Italien: Ich kenne mich nicht sehr detailliert mit dem Mediensystem aus.
Dann solltest Du Dich da zurückhalten. Die RAI ist im Prinzip mit der ARD vergleichbar. Ihre Programme sind aber eindeutig unerhaltungslastiger. Wirklich spannend ist in Italien die Radiolandschaft. Es gibt ca. 2000 private Sender, vom Dorfsender, der ein paar Stunden über Nachbarschaftskram redet, bis zu diversen Ketten, die hauptsächlich Musikformate bringen. Eigentlich alles dabei. Berlusconi hat Einfluss auf die Sender, die er selber aufgebaut hat. Die Rai gilt eher als Berlusconi-kritisch. Das Bild und die schnelle Meinung ohne Detailkenntnis verdanken wir nach meiner Überzeugung übrigens genau dem, was ich vorhin schon angemerkt habe: Der Diskursmacht der Öffentlich-Rechtlichen. Oder woher hast Du Deine Meinung über Italien?
Und klar: Die Öffentlichen bei uns sind finanziell deutlich besser aufgestellt. Das wird in anderen Ländern auch nicht anders sein.
Doch. Es gibt weltweit kein anderes Land, das seinem ÖR-System jedes Jahr 7,6 Milliarden schenkt und einfach den angemeldeten Finanzbedarf akzeptiert. Ist tatsächlich einmalig auf der Welt.
Die Kunst ist allerdings, aus wenig viel zu machen. In Deutschland macht die private Konkurenz aus wenig wenig.
Finde ich nicht. Wenn ich mir anschaue, wie virtuos manche Kollegen aus Open Office, einem lahmen Altcomputer, einem Drucker und einem unbedienbaren Mischpult Nachrichten zaubern, staune ich schon.
Und ich unterstelle: Sie wollen auch nicht anders, denn das schmälert die Rendite.
Dass wirtschaftlicher Ertrag in diesem Land etwas zum Entschuldigen ist, ist für mich eindeutig eine Folge des öffentlich-rechtlichen Diskurses. Ohne Gewinn kann aber kein Unternehmen existieren, übrigens auch keine Volkswirtschaft, übrigens letztlich auch kein Gebührensystem. Komischerweise schaffen es die Staatsfunker zudem, möglichst wenig über die nicht nur hohen, sondern auch extrem sicheren Einkommen ihrer eigenen Festangestellten zu reden. Im WDR gibt es z.B. mehr Leute mit Gehaltshöhe und Versorgung eines Staatssekretärs als im Staatsdienst von NRW. Dass solche Leute Gewinnstreben als schnöde erklären, finde ich ziemlich unsäglich.
Ob als Argument taugt, dass Rundfunk bei uns in Deutschland Ländersache ist, also förderale Strukturen vorhanden sind?
Das liegt wieder an einer deutschen Besonderheit: Hierzulande gelten Medien als Kulturgut, nicht als Wirtschaftszweig. Und die Kulturhoheit liegt bei den Ländern. Steht so im Grundgesetz.
Die Sender sind durch ihre Konzerne derartig miteinander vernetzt, dass sie sich schleichend über diese hinweg setzen könnten durch Programmaustausch, wie es ja im Bereich mittlerweile zentral produzierter Nachrichtensendungen passiert.
Willst Du den Privaten jetzt etwa verbieten, Networknachrichten zu senden? Ich frage mich echt, wie man auf sowas kommen kann. Warum muss das überhaupt jemand regulieren? Warum zählt die HAM die Wortminuten bei den Privaten, die deutlich über den Wortminuten von n-joy liegen, während n-joy einer der wortärmsten Sender der Republik ist? Ist n-joy darum qua dekretierter Zwangsdefinition als niveauvoll zu bezeichnen, weil halt in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft? Warum glaubt alle Welt, alles sei gut, so lange es halt nur nicht gewinnorientiert, kapitalistisch oder einfach frei und unabhängig ist? Und wie erklärst Du mir dann, warum FAZ, Süddeutsche, Zeit, brandeins, Cicero und sonstige privatkapitalistischen Druckerzeugnisse derart niveauvoll sind, dass das angebliche Qualitätsprogramm der Öffis dagegen ziemlich dünn aussieht? Und was meinst Du mit Konzerne? Ist Konzern wieder nur so ein Buzzword, mit dem Du eigentlich Stimmung machen willst? Konzern - wie das klingt. So groß, so fies, so bös, mit so klarer Konoation... Sag mir nur einen, der größer wäre als ARD und ZDF.
Dies passiert aber nicht, um Synergien für mehr Qualität zu nutzen, sondern um das, was sie machen müssen qua Lizenzauftrag, nämlich Nachrichten zu produzieren, noch kosteneffizienter zu gestalten.
Das ist der Casus Knacktus.
Was ist schlimm daran, kein Geld aus dem Fester zu werfen? Warum müssen Sender verpflichtet werden, Nachrichten zu senden? Warum ist es dann nicht gleichermaßen vorgeschrieben, auf jede Musik-CD einen Track mit geistig-anspruchsvollen Vorleseinhalten zu packen? Und dann: Definiere Qualität!