Hmmmm.... Diese Diskussion keimt ja hier regelmäßig auf ....
Auch ich gehörte bislang zu denjenigen, die versucht haben, Radioprogramme, die sich nicht nur am Mainstream orientieren, nach vorne zu bringen. So war ich Mitte der 2000er war ich Mitbegründer eines Online-Senders, der sich zum Ziel gesetzt hat, mit einer ausgewogenen Mischung aus Mainstream und Alternativem erfolgreich zu sein. Auch bei Veranstaltungen versuchte ich, als DJ ein derartiges Konzept zu fahren. Beides hat allerdings nicht funktioniert: Das Angebot ist selbst im Mainstream-Bereich mittlerweile so groß, dass die Freizeit des "normalen Durchschnitttsmenschen da draußen" damit schon komplett ausgefüllt werden kann. Die "Inhalte eher abseits des Mainstreams" müssten also dem potenziellen Konsumenten erst mal schmackhaft gemacht werden. Das wiederum scheint ein vollkommen unmögliches Unterfangen zu sein, denn sobald irgendwo eine größere Menge an Menschen zusammen kommt (Radiohörer, Veranstaltungsbesucher....) kristallisiert sich immer ein gewisser "Durchschnittsgeschmack" heraus, der möglichst niemandem weh tut. Und genau das ist dann dieser Mainstream, der tatsächlich funktioniert. Ich hänge seit einigen Jahren auch an einem Bürgerfunkprojekt von Radio-NRW dran, wo wir immer wieder dazu angehalten werden, ein möglichst nach AC klingendes Format zu produzieren. Und genau das ist erfolgreich..... Und das verwundert auch nicht, wenn man sich mal folgende durchaus realistische Situation vorstellt:
Eine vierköpfige Familie fährt mit dem Auto in Urlaub, gerät in einen Stau und Langeweile macht sich breit. Einer kommt auf die Idee: "Mach mal Radio an!"
Es läuft Heintje - "Oma so lieb". Die Tochter nörgelt über "diese fürchterliche Schlagerschnulze", also klick, nächster Sender. Slayer. Mutter kriegt fast einen Herzanfall: "Was ist denn das für ein abartiges Geschrei?" Klick, nächster Sender. Ein Beitrag über Astrophysik. Eine halbe Minute später gibt es immer noch kein Anezichen, dass dieser Bericht bald zu Ende ist, also klick, nächster. Chris Liebing. Nach 20 Sekunden wird es dem Vater zu bunt: "Was ist denn das für ein stupides Bum-Bum-Bum?" Klick. Auf dem nächsten Sender läuft Roxette - "The Look". Sowohl die Eltern und die Kinder sagen: "Das haben wir zwar schon zig mal gehört, aber ist unter den hier zu empfangenden Sendern das, was am wenigsten stört - den lassen wir mal drin!"
Auf "normalen" Veranstaltungen mit "Durchschnittspublikum" (Runder Geburtstag, Hochzeit, Großraumdisco, Stadtfest...) ist das Ganze genau dasselbe: Auch hier kommt man mit Heintje, Slayer oder Chris Liebing nicht weit, obwohl das schon sehr bekannte Interpreten in ihrern jeweiligen Genres sind.
Dennoch können unbekanntere Künstler durchaus das Glück haben, im AC-Radio oder auf einer "normalen" Veranstaltung zu laufen - sofern mindestens einer dieser beiden Voraussetzungen gegeben ist:
- Der Titel hat eine EXTREM eingängige Melodie, die ein echter Ohrwurm ist und die man so schnell nicht wieder vergisst. Beispiel: Karen Ramirez - "Looking For Love".
- Der Titel wurde exzessiv in einem Kinofilm, Werbespot o.ä. verwendet. Beispiel: Survivor - "Eye Of The Tiger".
Ich jedenfalls versuche gerade, den umgekehrten Weg zu gehen und als Radiomacher/DJ wieder mehr in Richtung Mainstream zu gehen.... ich habe die Erfahrung gemacht, dass es schlicht nicht funktioniert, den Leuten irgendwelche Sachen aufzuzwingen, die letztlich nur eine kleine Minderheit interessieren.