Aufschnitt
Benutzer
[...]Nein, nicht jede Pandemie lässt sich durch menschenmögliches Handeln beenden oder zumindest radikal runterfahren. Im Falle von SARS-Cov2 zeigen aber auch "westliche" Staaten, was prinzipiell möglich ist (Australien, Neuseeland). Also: da, wo es nicht möglich zu sein scheint, herrscht offenbar auf gesellschaftlicher Ebene eine Prioritätensetzung, bei der "nicht-Infektion" nicht an erster Stelle steht.
Das ist tatsächlich definitiv der Fall in manchen Kreisen. Ich muss da nur an die Berliner (und gewiss auch überall sonst) "Partyszene" denken. An Mittzwanzigerinnen, die ihre Parties zur "psychischen Hygiene" zu benötigen glauben.
Ich kann das. Wochenlang. Ich muss das sogar, denn ich bin Single und mache mir nichts aus der üblichen Oberflächlichkeit menschlicher Kontakte. Ich tauge auch nicht zum "Prinzencasting" und mag mich nicht ständig als Zielscheibe weiblicher Herabwürdigungsversuche hergeben - deshalb lebe ich alleine (wenn ich nicht gerade bei meiner Mutter im Elternhaus absitze und dort dann Zielscheibe weiblicher Herabwürdigungsversuche werde). Ich mache in "normalen" Zeiten meine Radtouren alleine, meine Wanderungen alleine, meinen Urlaub alleine. Ich hätte da schon gern jemand dabei, aber wenn die beiden, die ich gerne dabei hätte, nicht dabei sein können (weil sie eigene Familien haben), dann halt alleine. Weitaus besser als mit "irgendwem".
Außer zu meiner Mutter hatte ich das letzte mal "vorsätzlichen" persönlichen Kontakt zu einem anderen Menschen am 20.10.2020. Da war mein bester Freund zu Besuch - nicht im Haus, sondern zu einer Wanderung mit Wahrung von Abstand. Das vorletzte mal war am 11.9. in einem fast menschenleeren Naturbad mit dem gleichen Freund, davor am 20.8. am gleichen Ort, davor am 14.7. bei einer Wanderung. Das letzte mal jemand im Haus? War am 3.3.2020. Woher ich das weiß? Ich habe von Anfang an Kontakt-Tagebuch geführt, da war das noch gar nicht irgendwo Thema.
Nun ist das nicht der Normalfall und diese doch schon recht konsequente Isolation ist ja auch gar nicht gefordert. Zumal wir ja heute viele elektronische Möglichkeiten haben. Zu vor-Pandemie-Zeiten hieß es immer, die Menschen vernachlässigten "echte" soziale Kontakte, die hingen nur noch an ihrem Smartphone. Heute heißt es, die Menschen gingen psychisch kaputt, weil sie keine Sozialkontakte mehr hätten. Wie passt das zusammen? Es gibt heute viel mehr Möglichkeiten, in Kontakt zu bleiben als vor 10 oder 20 Jahren. Ich hatte seit Sommer auch 3 oder 4 Zoom-Meetings, organisiert von einem lieben Freund (73), der in den USA (Ostküste) wohnt. Wir sind dann meist so ein Dutzend Leute, aus den USA, aus Spanien, aus Italien, aus den Niederlanden, Österreich, dazu ich aus Deutschland. Das geht eine Stunde, das ist eine Sache, die wir sonst im Sommer in der Schweiz am Lagefeuer gemacht haben. Nun halt so. Ich hoffe, wir behalten das auch nach der Pandemie bei (so es ein "danach" geben sollte), denn es ergibt sich so eine deutlich höhere Frequenz solcher Kontakte als nur einmal im Jahr am Lagerfeuer.
[...]
Jammern auf hohem Niveau. Für viele zumindest. Falls jemand klagt, er wisse nicht wohin mit seiner Zeit, dann gerne die Zeit zu mir. Ich bräuchte sie dringend.
Ein völlig anderes Thema ist "woher das Geld nehmen, um die laufenden Kosten meines Friseursalons / meiner Physiotherapie / meiner Eckkneipe / meines Restaurants / der gepachteten Jugendherberge / meiner freiberuflichen Künstlertätigkeit ... zu zahlen? Das ist für mich die eigentliche gesellschaftliche Herausforderung, die dringend so gelöst werden muss, dass es ein "nach der Pandemie" geben kann.
Die Überforderung, die ich hier erlebe, lässt mich anderes erahnen: man ist hier sowieso im Widerstand gegen "den Staat". Also geht man auch in Widerstand gegen seine aktuellen Verordnungen. Das ist rein aus dem tiefen Hass auf diese Regierung heraus motiviert, die man schnellstmöglich zur Hölle fahren und durch ein faschistisches System ersetzt sehen will. Mag sein, dass das eine Ost-Spezialität ist, aber ich erlebe es hier genau so, zumindest bei den Lautstärksten. Dazu kommt - das dann wohl bundesweit - ein schweres Problem mit der Tatsache, dass wir alle in der Diktatur der Naturgesetze sitzen. Das ist für Menschen "von heute" schwer zu ertragen, denn es steht der Illusion des "wir sind die Größten" im Wege. Die bedingungslose Akzeptanz der absoluten Gültigkeit der Naturgesetze ist offenbar etwas Unerträgliches. Also geht man in die Leugnung der Existenz des Virus' oder seiner Gefährlichkeit. Ist wie bei Kindern: Augen zu und der andere findet einen nicht beim Versteckspielen.
Ich habe das vor Jahren hier schon hinsichtlich der Klimathematik erlebt: wenn sich ein erwachener Mann hinstellt und sagt, seitdem man sich ökologisch verhalten solle, fahre er vorsätzlich jeden nur möglichen Meter mit dem Auto, da er sich nicht vorschreiben lasse, wie er zu leben habe.
Nun denn, die Menschheit hat es in der Hand, ihre Zukunft so übel oder unmöglich zu gestalten, wie sie es wünscht. Ich hoffe nur, dass es dann auch endlich mal zu einem Aufstand derjenigen kommt, die sich selbst diesem vermeintlichen Schicksal nicht fügen wollen.
Was Du schreibst, lg74, ist ja sicherlich in großen Teilen richtig. Dennoch werde ich beim Lesen den Eindruck nicht los, hier sei ein besonders erleuchteter Mensch aufgewacht, und wer seiner Botschaft nicht folgt, der wird gnadenlos dem Verfall preisgegeben sein. Solchen Prophezeiungen stehe ich grundsätzlich sehr kritisch gegenüber, was wahrscheinlich damit zusammenhängt, dass man sie ansonsten eher von politisch entgegengesetzten Richtungen zu lesen bekommt.
Übrigens ist es ein riesiger Unterschied zwischen der Leugnung der „absoluten Gültigkeit der Naturgesetze“ und einer Nichtorientierung an diesen Gesetzen bei trotzdem bedingungsloser Akzeptanz. Wenn zum Beispiel meine über 90 Jahre alte Tante (die ausdrücklich zugestimmt hat, dass ich das hier veröffentlichen darf) eine Impfung gegen COVID-19 nicht möchte, dann leugnet sie immer noch nicht das Vorhandensein der Pandemie: „Wenn ichs krieg, dann krieg ichs halt, na und?“, so ihre Aussage. Ich hab ziemlich verblüfft geguckt, aber wenn sie meint ...
Dass das Virus und seine Härte von viel zu vielen Menschen geleugnet wird, ist auch für mich unbestritten. Bedrohlich groß, sodass diese Menge unser komplettes politisches System stürzen könnte, ist die Leugner- und Hetzerfraktion aber nicht. Es mag ja sein, dass sie in manchen Landstrichen stärker und in manchen schwächer ausgeprägt ist.
Trotzdem bläst längst nicht jeder in das Horn des faschistisch orientierten Umsturzes, bloß weil er sich dazu entscheidet, ein selbstgewähltes Risiko auf sich zu nehmen, am Coronavirus zu erkranken, wenns dumm läuft. Vielleicht ist es nicht besonders sozial, weil man auch andere mitinfizieren kann, mag man drüber diskutieren. Ist es aber sozialer, menschlicher, alte Menschen noch stärker zu isolieren, als sie es in ihrer Vereinsamung womöglich eh schon sind, wenn der Weihnachtsbesuch (jetzt sind wir wieder bei meiner erwähnten Tante) ernsthaft ihr eigener Wunsch ist? Bei den letztendlich psychischen Folgen der Reduzierung von Kontakten geht es schließlich nicht immer um ein oder 2 Partys, auf die man mal verzichten muss.
Das sind eben Abwägungsentscheidungen, die auch die Politiker*innen in dieser Pandemie ständig treffen müssen. Da gibt es gesundheitliche Interessen, die ja wohl auch deutlich im Vordergrund der Beschlüsse zur wiederholten Shutdown-Verlängerung stehen. Da sind aber auch wirtschaftliche, soziale, gesellschaftliche und bildungsorientierte Interessen. Und wer sich überlegt, wie diese unter einen Hut zu bekommen sind, der zweifelt noch lange nicht an unserer „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ und möchte das System nicht automatisch gegen ein anderes austauschen.
Selbst Wolfgang Schäuble hat beim Abklingen der 1. Welle mal einen Vergleich zum Straßenverkehr gebracht, als er darauf hinwies, dass wir auch dort ein Unfallrisiko inkl. Verletzten und Toten in Kauf nehmen und nicht wegen dieser Gefahr das Transportwesen abschaffen.
Worauf ich raus will: Nichts ist schwarz. Und nichts ist weiß. Es gibt Zwischentöne und muss auch Zwischentöne geben dürfen, so viel Demokratie beanspruche ich für mich.
Das habe ich gerade verlinkt bekommen: hier hat mal jemand aus meiner Heimat (für die ich nichts kann) aufgeschrieben, was man dort so tagein, tagaus als gesellschaftliches Klima mitbekommt, sobald man Kommunikationsfetzen unter "Eingeborenen" hört.
[...]![]()
Dittersdorfer will diesen Personen per Schild Hausverbot erteilen
Der öffentliche Protest gegen die Corona-Regeln richtet sich unter anderem gegen Landratsmitarbeiter, Landrat sowie Thüringer Ministerien- und Regierungsmitglieder.www.otz.de
Immerhin ist klar, mit wem keine lebbare Zukunft zu machen ist.
Na schreib halt wenigstens: mit wem „an der Macht“ / „in verantwortungsvollen Positionen“ keine lebbare Zukunft zu machen ist.
Wäre sonst eine ziemlich unmenschliche Gesinnung, die man da hineininterpretieren wollen könnte, würde man es drauf anlegen.
Zuletzt bearbeitet: