Der große Knall

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BennyNetzradio

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Wann ist das Radio, wie wir es jetzt noch kennen, Geschichte?

Ich fasse zusammen:

Ich finde unter den Menschen, die halb so alt wie ich oder jünger sind niemanden, der noch lineares Radio oder die Art von Musik hört, die auf WDR 1, 2 oder 4 in einer nervigen Dauerschleife laufen. Ich sehe hier starke Widersprüche zu den Zahlen aus der MA.

Ich habe in der jüngeren Vergangenheit viel Gelegenheit gehabt, Leute unter 30 zu ihrem Radio- und Musikkonsum zu befragen. Dabei habe ich interessante Antworten bekommen. Junge Leute hören im Netz Deutsch-Rap, sind erstaunlich gut informiert über Bands wie Queen, die in meiner Jugend- und jungen Erwachsenen-Zeit stilbildend waren, sogar Jazz wird mehrfach positiv bewertet, um nur einige Beispiele zu nennen. Zu Ava Max oder Dua Lipa hat sich hingegen niemand bekannt.

DAB(+) hat Jahrzehnte nach seiner Einführung keine akzeptable Marktdurchdringung erreicht. Namhafte kommerzielle Anbieter meiden DAB+. Es gibt keine renommierten bundesweiten Programme, die dort erfolgreich sowie kostendeckend senden.

Das überall verfügbare, mobile Internet ist nur eine Frage der Zeit. Ich pendel zwischen Köln und dem Westen NRWs hin und her und kann jetzt schon mobil jedes Programm empfangen. Ich habe einen amerikanischen Anbieter gefunden, der exakt meinen Musikgeschmack abbildet. Das Programm wird in Deutschland vermarktet. In den Werbeblöcken läuft beispielsweise Werbung von Aldi.

Währenddessen ignoriert die Medienpolitik den bevorstehenden Knall. NRW hat auch nach zwei schwarz-gelben Regierungen keine Reformen angestoßen. Hinzu kommt: In allen Bundesländern stehen inhaltliche Vorgaben allenfalls noch auf dem Papier. Die Aufsichtsbehörden tun nichts, um Standards einzufordern. Außerdem sind viele der aktuellen Sendegebiete bzw. deren technische Reichweiten privater Anbieter viel zu klein, um wie in Frankreich oder Italien die programmliche Qualität zu erhöhen.

Gleichzeitig folgt die ARD zu oft der Kommerzialisierung nach amerikanischem Vorbild. Selbst der Kernauftrag "Information" wird in blinder Zerstörungswut geschreddert: Die Echo-Sendungen auf NDR Info sind in wenigen Monaten Geschichte. Sie riskiert dadurch ihr Gebührenprevileg.

Ich denke, es ist nur eine Frage der Zeit, und es wird kein Stein mehr auf dem anderen stehen. Die internationale Konkurrenz lässt sich von den Politikern und ihren Mediengesetzen nicht länger aussperren. Heimische kommerzielle Anbieter, die bislang nach US-amerikanischem Vorbild bei ständiger Senkung der Qualität maximalen Profit erwirtschaften, werden mangels Attraktivität vom Markt gefegt. Schließlich: Eine ARD, die blind und planlos den Kommerziellen hinterherrennt, verliert ebenfalls ihre Hörer sowie ihre Daseinsberechtigung.
 
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"Die Zerstörung des Radios"?
Rezo, bist Du es?

In den meisten Punkten bin ich bei Dir.
Kaum ein junger Mensch hört ein "junges Radio".

Das namhafte kommerzielle Anbieter DAB+ meiden würden, kann, wenn überhaupt, nur lokal/Regional der Fall sein. V.a. im Süden und in den Städten sind alle dabei.
Das mobile Internet ist Nachwievor nicht so mobil wie DAB+.
Das alles hatten wir aber schon 100 Mal.
 
Nein, Rezo bin ich - im Hinblick auf sein junges Alter - "leider" nicht. Aber seine "Zerstörungsvideos" waren gut.

Ich schrieb von "bundesweiten" und "kostendeckenden" Angeboten.

Also ich kenne keine namhaften bundesweiten Anbieter auf DAB+, die kostendeckend auf diesem Auspielungsweg senden.
 
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Ach ja, die alte Diskussion...
Natürlich ändert sich gerade alles, die "gute alte Zeit" des Radios, wie die Meisten sie hier noch kennen, ist vorbei.
Wie auch immer, Internetradio über Mobilfunk geht nur in den Ballungszentren, in weiten Bereichen der Republik ist Mobilfunk nur schlecht möglich. Radio muss broadcasting bleiben - immer!
 
Ich finde unter den Menschen, die halb so alt wie ich oder jünger sind niemanden, der noch lineares Radio oder die Art von Musik hört, die auf WDR 1, 2 oder 4 in einer nervigen Dauerschleife laufen. Ich sehe hier starke Widersprüche zu den Zahlen aus der MA.
Ich denke da ist eine kleine Umfrage im bekannten oder Freundeskreis auch nicht wirklich aussagekräftig.
Aus meiner Erfahrung würde ich sagen je näher die Leute an die 30 kommen um so öfters läuft im Auto auch wieder Radio.


DAB(+) hat Jahrzehnte nach seiner Einführung keine akzeptable Marktdurchdringung erreicht. Namhafte kommerzielle Anbieter meiden DAB+. Es gibt keine renommierten bundesweiten Programme, die dort erfolgreich sowie kostendeckend senden.
Es gibt Lokalradios in NRW die seit Jahrzehnten nicht Kostendeckend arbeiten, Sky/Premiere schrieb 25 Jahre lang rote Zahlen.
Was den BM betrifft der DLF, Horeb und ERF fallen hier schon einmal raus da sie keine Werbung haben, was man aber weiß ist das Klassikradio Schwarze Zahlen schreibt.
 
Was den BM betrifft der DLF, Horeb und ERF fallen hier schon einmal raus da sie keine Werbung haben, was man aber weiß ist das Klassikradio Schwarze Zahlen schreibt.
Nein, Horeb und ERF bleiben, auch ohne Werbung, drin. Auch die müssen kostendeckend arbeiten, nutzen dazu aber kein Geld aus Werbung, sondern von den Hörern eingeworbene Gelder, Spenden und Vermächtnisse.
 
Widerspruch: Die von mir "interviewten" jungen Menschen gehörten ausnahmslos nicht zu meinem Bekannten- oder Freundeskreis. Es ist auch keine "kleine Umfrage", sondern eine Langzeitbetrachtung von über einem Jahr, in der die Aussagen vieler Menschen eingeflossen sind.

Das Beispiel Klassik Radio muss ich zurückweisen. Klassik Radio mag insgesamt kostendeckend arbeiten, aber die Verbreitung über DAB+ ist für sich alleine genommen eine wirtschaftliche Belastung, die durch ihren Erfolg über UKW kompensiert sein mag. Mehr aber auch nicht.
 
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Ich habe in der jüngeren Vergangenheit viel Gelegenheit gehabt, Leute unter 30 zu ihrem Radio- und Musikkonsum zu befragen. Dabei habe ich interessante Antworten bekommen. Junge Leute hören im Netz Deutsch-Rap, sind erstaunlich gut informiert über Bands wie Queen, die in meiner Jugend- und jungen Erwachsenen-Zeit stilbildend waren, sogar Jazz wird mehrfach positiv bewertet, um nur einige Beispiele zu nennen. Zu Ava Max oder Dua Lipa hat sich hingegen niemand bekannt.
Klar, ernsthaft Radio hören ist bei der Generation Z nicht mehr angesagt, aber als Hintergrundberieselung im Auto oder auf der Arbeit, ist lineares Radio auch bei U30 Leuten noch präsent.
Wahren an deinen "Umfragen" eigendlich U30 Leute aus allen sozialen Schichten beteiligt?
Und wie viele Personen wurden befragt?
 
Das Beispiel Klassik Radio muss ich zurückweisen. Klassik Radio mag insgesamt kostendeckend arbeiten, aber die Verbreitung über DAB+ ist für sich alleine genommen eine wirtschaftliche Belastung, die durch ihren Erfolg über UKW kompensiert sein mag. Mehr aber auch nicht.
Nochmal: Dir liegen die Zahlen,Daten,Fakten vor?
KlaRa hat in Hessen unlängst UKW abgeschaltet, wie SSL auch (in Rhein-Neckar)
 
Nein, Horeb und ERF bleiben, auch ohne Werbung, drin. Auch die müssen kostendeckend arbeiten, nutzen dazu aber kein Geld aus Werbung, sondern von den Hörern eingeworbene Gelder, Spenden und Vermächtnisse.
Ich erinnere mich an eine Aussage, wonach ERF seit Abschaltung der Mittelwelle sinkendes Spendenaufkommen hätte, weil ihnen viele Hörer dadurch abhanden gekommen wären. Eine Quelle habe ich dafür leider spontan nicht greifbar.

Und was die Frage nach dem "großen Knall" angeht: wenn nicht gesellschaftlich etwas radikales passiert, Abwicklung der ARD nach einer braunen Machtübernahme (die ich bundesweit beim besten Willen nicht drohen sehe) oder ähnlich einschneidende Dinge, wird es wohl kein Knall, sondern ein langsames Sterben. So langsam, dass es gar nicht auffallen wird, weil sich das Nutzungsverhalten immer mehr ins Netz verlagert, immer mehr zu personalisierten Streams, bei denen mit etwas Glück noch einige der heutigen Rundfunkanbieter irgendeine mehr oder weniger kleine Rolle als regionaler Content-Anbieter spielen werden, aber auch viele neue Anbieter dabei sein werden, die heute niemand auf dem Schirm haben kann.
 
... die Verbreitung (von Klassikradio, d. A.) über DAB+ ist für sich alleine genommen eine wirtschaftliche Belastung, die durch ihren Erfolg über UKW kompensiert sein mag. Mehr aber auch nicht.
Das steht ein wenig im Widerspruch zur deutlichen Reduzierung der UKW-Frequenzen von Klassikradio.
 
Frage: Waren die abgeschalteten UKW-Frequenzen vielleicht wertlose low power-Frequenzen in bevölkerungsarmen Gegenden und damit wertlos?
 
Sorry, habe eine Frage übersehen: Ja, es waren alle sozialen Schichten (fast ausschließlich im Alter unter 30) beteiligt. Ein diverses Kölner Publikum (inklusive Leuten aus dem regionalen Umfeld und darüber hinaus) sozusagen. Ein Korrelation zwischen der sozialen Zugehörigkeit eines Hörers und seinem Musikgeschmack konnte ich im Übrigen nicht ausmachen. Ich war permanent verblüfft, wie unterschiedlich und vielfältig die Geschmäcker sind. Geradezu baff war ich über die grundweg positive Einstellung gegenüber Jazz. Der Zeitraum geht über mindestens 15 Monate. In der Zeit habe ich locker Gespräche im niedrigen dreistelligen Bereich geführt. Die berühmten 1.000 waren es nicht. Aber ich kann es nur nochmal wiederholen: Das Interesse an Titeln, wie sie auf Eins Live oder Radio Köln bzw. NRW laufen, war NULL. Nicht einer gab sich als begeisteter Dudelfunkhörer zu erkennen. Damit hatte ich nicht gerechnet.
 
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Das Thema kenne wir ja schon. Alter Wein in neuen Schläuchen...

Der große Knall? Der kommt nicht. Es gibt einen schleichenden Niedergang, der bereits vor langer Zeit eingesetzt hat und sich kontinuierlich fortgesetzt hat. Um ihn zu verhindern, braucht man Antworten. Diese hat man in der Branche nicht. Das liegt einerseits daran, dass man den Schuss nicht gehört hat (so wie die Print-Fürsten noch bis vor einigen Jahren von " der Zukunft des gedruckten Wortes" gefaselt haben) oder sie schlicht und ergreifend keinen Arsch in der Hose haben.

Und, ja, natürlich viele andere Unternehmen die digitale Transformation im Audiobereich schon längst umgesetzt haben: Spotify, Deezer, TuneIn, Radio.de, die Podcaster etc..

Aber: Radio verfügt (noch) über etablierte Marken und kann auf Nutzungsgewohnheiten setzen. Das verlangsamt den Niedergang, versetzt die Branche aber auch in trügerische Sicherheit.

Die Branche für bekloppt zu erklären oder dass es keine Zuspruch für AC-Formate geben würde, das würde ich wiederum für überheblich bezeichnen. Die Musikpositionierung erfolgt auf Basis von Marktforschung. Ziel des bisherigen Geschäftsmodells war, dass man möglichst viel Reichweite generiert, um diese zu kapitalisieren mit Werbeerlösen. Hierbei muss ich Werbedruck aufbauen können. Dies ist nur mit Mainstreamformaten möglich, da in den meisten Bundesländern nur eine oder zwei Frequenzketten vorhanden waren. Wer glaubt, dass diese Formate keine Hörer generieren oder ansprechen, der irrt oder hebt sich über den Geschmack der meisten Menschen. Es ist nun einmal so, dass der Wurm (ich wiederhole mich) nicht mir, sondern dem Fisch schmecken muss.

Diesen Job haben die Sender gemeistert. In Folge haben sie sogar Beiboote installieren können. Kaum schlagbar war HDH mit seinen drei Programmen FFH, Harmony und Planet.

Heute haben wir eine andere Situation. Verbreitungswege sind nur noch bedingt beschränkt (UKW, DAB), dagegen via Streaming unbeschränkt. Dazu kommen Trimedialität, dem die privaten Hörfunkanbieter nichts (ich wiederhole, da einige Verantwortliche hier ja (heimlich) mitlesen: NICHTS!!!) entgegenzusetzen haben. Dazu kommt, dass sich die Branche selbst aushebelt: Mit DAB+ bundesweiten Angeboten kann ich Nischen besetzen, die regional bislang keinen Sinn machten, dafür aber bisherigen Platzhirschen das Wasser abgraben. Also den schleichenden Prozess eher beschleunigen.

Dieses Geschäftsmodell funktionierte wunderbar drei Jahrzehnte. In den letzten Jahren gibt es zunehmend Ruckler und Fehlzündungen. Einmal, weil die Reichweiten rückläufig sind. Dies hängt mit anderen Audionutzungsmöglichkeiten zusammen (Streaming, neue Audioangebote, DAB+ Angebote), aber auch wegbrechenden USPs von Radio: Wetter? Verkehr? Nachrichten? Musik? Ehemalige USPs von Radio. Heute? RADIO HAT KEINEN EINZIGEN USP MEHR UND AUCH NICHT VERTEIDIGEN KÖNNEN! Alles was Radio ausmachte, ist weg. Die einzigen Gründe, die für Radio heute noch sprechen sind: 1. (NUTZUNGS-)GEWOHNHEIT, 2. MARKENSTÄRKE 3. EMOTIONALITÄT UND NÄHE. Das war es (übrigens ist es nicht wenig). Alles andere können andere besser. Dumm nur, dass die Punkte 1 bis 3 bröseln.

Aber die Punkte 1-3 führen dazu, dass es keinen Knall gibt. Sondern eine schleichende, langsame Entfremdung mit dem Medium. Fast wie in einer langen, sehr langen Ehe. Irgendwann ist es Gewohnheit und dann fragt man sich, warum man die Gewohnheit nicht ändert.

Zu Deinen "Marktforschungen". Grundsätzlich sind MaFos im eigenen Umfeld problematisch ;). Wir haben eine fragmentiertere, individualistische Gesellschaft, die es ohnehin für lineare Angebote zunehmend schwieriger gestaltet. Nach wie vor erfasst bei aller Kritik die MA das Audio-Nutzungsverhalten relativ gut bei allen Mängeln (beides wurde hier hinreichend diskutiert).

Ein Hinweis zur Vermarktung: "Dein" Angebot, welches Du für vermarktet glaubst, wird über Programmatic Advertising oder gar über RMS vermarktet (je nachdem, welches es ist). Wer sich mit der Materie einmal auseinandersetzt, der weiß, dass max. 5-10% der Spendings beim Sender ankommen. Es ist für Publisher KEIN Geschäftsmodell. Aber es trägt zur Erosion bisheriger Geschäftsmodell tradierter Sender erheblich bei. Nur so am Rande.

Aber solange Radio keine Antwort auf die Frage hat, wie und wo es in Zukunft eine digitale Rolle spielt und seinen USP entwickelt, wird es in der Nutzung rückläufig sein. Der Zeitpunkt dafür dürfte allerdings schon längst vergangen sein. Aber, wenn es erlaubt ist, muss ich Dir Dein Wunsch- oder Angstszenario nehmen: Es gibt keinen Knall, es gibt ein Ende. Das wird aber schleichend sein.
 
@Wanderdüne

Vielen lieben Dank für diese allumfassende, tiefgehende Analyse. Ich kann an dieser Stelle erst nur einmal zurückmelden, das sie bei mir einen Lernprozess angestoßen hat, und ich auch erst einmal keine Stelle finde, wo ich widersprechen könnte. Ich werde mir Dein Statement gleich noch ein zweites Mal durchlesen.

Ich wundere mich nur, daß trotz dieser vielen Gespräche - es fiel das Stichwort bigfm - sich niemand beispielsweise zu diesem Sender bekannt hat. Fairerweise muss ich erwähnen, daß bigfm vor ein oder zwei Jahren ausgerechnet im Behandlungszimmer meines Zahnarztes lief. Muss eine von den jungen Zahnarzthelferinnen eingestellt haben.

Aber traurige Aussichten: Langsames Siechtum. In einem Punkt hast Du mich direkt durchschaut. Ich würde mir wünschen, diese komatöse System würde schneller ein Ende finden.

Ich liebe das Medium Radio, es waren wunderbare zehn Jahre, die ich dort in den 90ern engagiert war, und es verursacht bei mir "Schmerzen", diesem Siechtum zuzuschauen. Das Musikproblem läßt sich per Internet lösen, und Audiotheken liefern auch Inhalte. Aber für eine spannende Live-Show mit Hörerbeteiligung muss man nachts (!) Ben Streubel einschalten.
 
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Hast Du den gleichen Zahnarzt wie ich? Das läuft bei meinem aber so leise, dass man sich anstrengen muss, um überhaupt ein Signet zu verstehen.
 
Früher war Bayern 3 ein beliebter Zahnarztsender. Lief bei meinem ehemaligen Zahnarzt (ebenfalls nur gerade so im wahrnehmbaren Bereich), obwohl Bayern von hier über 200km entfernt ist. Im Parallelforum wurde auch die zahnärztliche Beschallung von Bayern 3 in Gebieten, die weit weg von Bayern liegen, bestätigt.
 
Zum Ausgangsthema:

Ein Arbeitskollege von mir, der im Auftrag für Radio Wuppertal arbeitet, hat mir vor zwei Wochen erzählt, dass in der Radio-NRW-Zentrale in Oberhausen eine Handvoll bestbezahlter Mitarbeiter aktiv sind, die nichts anderes machen, als die Radio-NRW-Playlist auf optimale Reichweite und ein perfektes BWL-Ergebnis hin zu optimieren. Das Problem: Die Hörer werden trotzdem nicht mehr.

Nicht nur beim Thema Radio, sondern im kompletten Kultur-, Unterhaltungs- und Freizeit-Segment scheint sich m.E. seit einiger Zeit ein Problem aufzutun: In einer Zeit, wo JEDE Art von Kultur quasi immer und überall verfügbar ist, werden die Leute immer schneller übersättigt und finden dann einfach fast ALLES Neue sch****. Die Leute scheinen sich immer weiter zu spezialisieren. Der Sound eines Mark Forster oder Ed Sheeran wird ebenso zu einer Nische, die noch ein gewisses Publikum anspricht, aber diese Leute werden nie mehr diese "Durchschlagskraft" wie damals Herbert Grönemeyer oder Freddie Mercury. Mit "Pop" wird es sich also ähnlich entwickeln wie mit "Schlager". Dieser Begriff wurde ursprünglich - ähnlich wie ein "Verkaufsschlager" oder "Kassenschlager" für ein Musikstück verwendet, was beim Publikum "eingeschlagen" hat. Und das waren in der Vorkriegszeit halt deutsche Liebesgeschichten mit eingängigen Melodien, von Marlene Dietrich, Zarah Leander oder Hans Albers. Schon in der Nachkriegszeit reduzierte sich die Bezeichnung "Schlager" auf eben diese Musikrichtung - auch wenn Rolling Stones und Led Zeppelin mittlerweile genauso erfolgreich waren. Heute läuft alles an deutschen Liebesliedern mit eingängigen Melodien unter dem Begriff "Schlager", selbst wenn es nicht in irgendwelche Charts kommt (z. B. Entertainer Berni "Ich möchte einmal nur in die Südsee"). Und so wird "Pop" in Zukunft keine "popular music" mehr sein, sondern dieses Genre wird eine Nische.
Übrigens stelle ich (ebenso wie der Thread-Starter) fest, dass z. B. Jazz immer mehr jüngere Leute anzieht. Erst gestern war ich bei einer Jazz-Jamsession - da waren erstaunlich viele U30-Leute da. Auch auf Partys mit lateinamerikanischen Klängen (Salsa, Samba....) sind viele junge Leute da. Wieder andere interssieren sich für härtesten Metal à la Motörhead oder schmutzigen Hip-Hop von Bushido. Auch Dance/Techno differenziert sich immer mehr aus, auch unter jungen Leuten.

Eine derart riesige Bandbreite ist aber in einem massentauglichen Mainstream-Radio natürlich nicht spielbar. Da würden die Leute schlicht reihenweise abschalten. Andererseits gibt es kaum mehr aktuelle "Zugpferde" mit der Qualität von Phil Collins, Bryan Adams, Tina Turner, Herbert Grönemeyer oder Peter Maffay - vielleicht weil diese Musikrichtung einfach "abgefrühstückt" ist. Kleine Nischen-Veranstaltungen sprießen hingegen immer mehr aus dem Boden. Und so wird vielleicht in Zukunft das bisherige AC-Format auf ein kleines Niveau schrumpfen und irgendwann genauso eine kleine, aber auch bei U30 beliebte Nische werden wie Ethno-Jazz, Salsa, Goa-Trance oder Irish-Folk heute längst schon sind.
 
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