Der große Knall

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Ich kann mich auch noch an Zeiten erinnern, als Künstler im Radio gespielt wurden, die weder große Hits noch angesehene Labels im Rücken hatten. Und ich kann mich auch an Zeiten erinnern, als das Radio die Hits und die großen Namen nicht nur spielte, sondern sogar machte.
Damals ging noch so einiges mehr, vorallem weil das Formatkorsett noch nicht so eng geschnürt war, und die Berater noch wesentlich weniger Einfluss auf das gespielte hatten.
Da wundert es mich auch schon etwas, dass die Leute sich bereitwillig im Alltag von Max Giesinger und Timmi Bendzko auf die Tränendrüse drücken lassen.
Ich Glaube, das die von dir genanten Heulsusen eher noch das bessere übel sind, als die befremdliche Gangstamukke die in den Charts so läuft, und man muss auch bedenken das das Durchschnittshöreralter der Pop-Wellen die 40 schon länger überschritten hat.

Und selbst wenn man 1LIVE und co. radikal verjüngt, wird man nicht gleich neue (junge) Hörer dazubekommen, weil wer einmal bei Spotify, Podcasts, YouTube und co. ist, wird nicht mehr so schnell wieder zum Radio wechseln!
 
Abschließend: Diese angeblich so offenen Jazz-Jugendlichen würde ich schon gerne mal sehen. Kann mir allerdings nur schwer vorstellen, dass es die gleichen sind, die Capital Bra, GZUZ und Co feiern.
Gibt ja auch nicht nur die, "die Capital Bra, GZUZ und Co feiern". ;) Aber warum sollten sie nicht auch beides dürfen? Ich beobachte vor allem, dass man sich nicht mehr so fürchterlich über den Musikgeschmack einer Gruppe zuordnet. Musikgeschmack ist eher zum individuellen Charakter einer Person geworden - die breite Auswahl und permanente Zugänglichkeit heute macht ja gerade auch möglich, seinen ganz individuellen, nun ja, "besten Mix" zu finden (oder für die Romantischen: vom ihm gefunden zu werden).
 
Es sind in den letzten Jahren aber immer noch Sender und Programme und spezifische Angebote hinzugekommen: Das Auffächern von Publikumsinteressen scheint im Hörfunk also immer noch vermarktungsrelevante Zielgruppen hervorzubringen. Und für den Bundesmuxx-2 sollen ja weitere Anbieter in den Startlöchern stehen - es muss sich also noch lohnen.

Gefühlt habe ich hingegen den Eindruck, dass privat kaum noch jemand Radio hört sondern mindestens seit den 90er-Jahren das Fernsehen auch tagsüber der Gewinner ist. Gefühlt kann ich mir auch kaum vorstellen, wie sich Hörfunk-Angebote wie Klassik-Radio, Schlagerparadies oder das deutsche Absolut überhaupt rechnen.
 
Manch
rechnet sich aus dem Grund weil sie eine Kaufkräftige Aktiengesellschaft sind. Ebenso bespielen sie eine von der ARD deutlich hinterlassene Marktlücke mit dem, was in vielen Kulturrradios zu kurz kommt. Ebenso die Jährliche Konzert Tour "Live in Concert" bringt einiges an Einnahmen und ist auch gut besucht. Und bitte für die Zukunft merken, hinterfragt bitte nicht wie sich Spartensender rechnen können, seid froh dass es sie gibt. Das tut ihnen nämlich absolut nicht gut, wenn darüber spekuliert wird. EgoFM hat das mit dem Antenne Bayern Gerücht vor einigen Jahren besonders getroffen.
 
Ebenso bespielen sie eine von der ARD deutlich hinterlassene Marktlücke mit dem, was in vielen Kulturrradios zu kurz kommt.
Ja, wo etwa ein Sender wie Bayern Klassik (früher Bayern 4) zu elitär daherkommt und den Vormittag mit modernen Streichquartetten vermiest, hat Klassikradio etwa mit Filmmusik seine Chance. Die haben großen Anteil daran, dass ARD-Klassikwellen vom hohen intellektuellen Roß ein bißchen heruntergestiegen sind und inzwischen (etwa bei Mittags-Klassik auf Bayern Klassik) hörbare Häppchen präsentieren. Und die Marktlücke, die SWR1 BW mit zu geringem Mut bei der Musikauswahl (und auch zu viel Info) hinterlässt, füllt das flottere Schwarzwaldradio gerne aus ...
 
Ach ist das mal wieder herrlich hier....Der gefühlt Tausendste Thread zum Thema "Das Radio geht unter" oder erlebt einen "Großen Knall!....Dazu mal wieder alberne Diskussionen, welche Genres gespielt werden dürfen und welche nicht. Und Großväter erzählen der Jugend, was gute Musik ist....

Und selbst wenn man 1LIVE und co. radikal verjüngt, wird man nicht gleich neue (junge) Hörer dazubekommen, weil wer einmal bei Spotify, Podcasts, YouTube und co. ist, wird nicht mehr so schnell wieder zum Radio wechseln!
Genau! Also lassen wir das alles so, wie es ist. Die ZG ist ja sowieso schon weg. Wurscht. Hauptsache die Kohle sitzt....

Wenn so das Fazit der Programmchefs ausfällt, nimmt man den "Großen Knall" sogar in Kauf.

Sei es drum. Solange der besorgniserregende Rapp nicht Einzug erhält, ist die Welt noch in Ordnung. Zum Glück laufen auf den Oldie-Based-Stationen nur vernünftige Sachen, worüber sich die Erwachsenen nun wahrlich nicht beschweren brauchen. The Rolling Stones.....alles absolut korrekt. Passt im Gegensatz zu Hip Hop auch zur Büroarbeit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Genau! Also lassen wir das alles so, wie es ist. Die ZG ist ja sowieso schon weg. Wurscht. Hauptsache die Kohle sitzt....
Meinst du wirklich das der lineare Rundfunk einen neuen Hype erleben würde, wenn 1LIVE und co., jetzt auf einmal die Gangstamukke, hoch und runter dudeln würde? :rolleyes:
Sei es drum. Solange der besorgniserregende Rapp nicht Einzug erhält, ist die Welt noch in Ordnung.
Es ging mir in meinem Post nicht um den "Rap" im allgemeinen, sonder um den "Harten" Rap, und der Rap hat im übrigen, schon länger im Radio Einzug erhalten.
 
Okay, und mir ging es mehr um die Diskussionen im allgemeinen. Welche Genres im Radio laufen sollten und welche nicht. Welche Künstler Jammerlappen sind und welche nicht. Was gut ist und was nicht. Das bestimmte Dekaden (90er, 2000er) schneller verschwinden sollten, als die viiielll besseren Dekaden davor.

Dafür gibt es doch angeblich Jugend, Pop und Oldiewellen. Bei vernünftiger Umsetzung wäre für jeden was dabei.

Jede Dekade und jedes Genre sollte auf den jeweiligen Massenwellen der Öffis seinen Platz bekommen. Es wird nur halbherzig umgesetzt. Hip Hop gab es in den 80ern, wie weiter oben festgestellt wurde, auch schon. Kann man also auch auf einer Oldiewelle spielen. Als ob ein bestimmtes Genres einer bestimmten ZG zugeordnet werden müsste. Aber so klingen halt dann auch einige Oldiewellen….Rentner hören angeblich nur weichen Pop, ja ne is klar.

Natürlich kann man auch reine Rocksender oder reine Hip Hop Sender anbieten. Wenn man glaubt, Giesinger oder Sheeran gehören nicht dazu. Die Masse erreicht man damit aber dann auch nicht. Sparte bleibt Sparte.

Meinst du wirklich das der lineare Rundfunk einen neuen Hype erleben würde, wenn 1LIVE und co., jetzt auf einmal die Gangstamukke, hoch und runter dudeln würde? :rolleyes:
Das Jugendradio wird jedenfalls nicht häufiger eingeschaltet, wenn man einfach weiter so an der ZG vorbei sendet. Und im übrigen geht es da nicht einzig und allein um "Gangstamusik". Wenn überhaupt keine Bereitschaft dazu da ist, hat die Jungend Popwelle N-Joy keine Daseinsberechtigung. Dann sollten N-Joy und NDR 2 zu einer Popwelle fusionieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Jugendradio wird jedenfalls nicht häufiger eingeschaltet, wenn man einfach weiter so an der ZG vorbei sendet.
Um wieder "für" die junge ZG zu senden müsste man wahrscheinlich erst einmal alle Hörfunkprogramme der jeweiligen Sendeanstalt verjüngen, was ganz schön in die Hose gehen kann, zb. am ende hat man Milliarden versenkt, um das Durchschnittshöreralter von 1LIVE um 3 Jahre zu senken. Naturlich kann man auch im kleinen was den "Jugendradios" verändern, gerade N-JOY ist ja im Norden ziemlich konkurrenzlos, da könnte der NDR mal etwas mutiger sein.
Und im übrigen geht es da nicht einzig und allein um "Gangstamusik".
Mir ist das Problem bewusst, kein Jugendlicher will von irgendeinem 40 Jähringen, mit Nonsens zugequatscht werden, da aber die ARD-Anstalten scheinbar nicht atraktiv genung sind, um jungen Nachwuchs anzuziehen, werden die sich mit diesem Problem noch ewig herrumschlagen müssen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Klar, eine Verflachung gibts schon, weil alles streamingtauglich auf 2.30 Min getrimmt wird, und nach 10 Sekunden möglichst schon der Refrain knallen soll. Aber auch vor 25 Jahren hat das Privatradio schon damit angefangen, Songs um elementare Bestandteile wie Intros und zweite Strophen zu berauben, damit die Länge passt. Nun sagen sich die Künstler halt: Was solln wa länger machen, wenn wir uns dadurch Nachteile verschaffen.

Natürlich werden da Kosten und Aufwand gespart (wie oft hat man schon einen Titel aus dem Dudelradio irgendwo in voller Länge gehört und sich gefragt, weshalb man die aktuelle Strophe nicht kennt?). Es würde mich stark wundern, wenn sich die Marktforschungsabteilungen der Musikproduzenten nicht auch auf Daten aus Milliarden Streams verlassen würden.

Viele Leute wechseln das Lied, wenn ein Gitarrensolo kommt => keine Gitarrensoli mehr produzieren
Viele Leute wechseln das Lied, wenn eine Bridge kommt => keine Bridge mehr produzieren
Viele Leute wechseln nach X Sekunden das Lied => "Dranbleib"-Impuls innerhalb der ersten X Sekunden einproduzieren

Warum sollten die Musikproduzenten es nicht so machen, wie die Video-Streamingdienste. Da werden "Sendungen" teilweise nach genau diesen Kriterien produziert.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Viele Leute wechseln das Lied, wenn ein Gitarrensolo kommt => keine Gitarrensoli mehr produzieren
Viele Leute wechseln das Lied, wenn eine Bridge kommt => keine Bridge mehr produzieren
Viele Leute wechseln nach X Sekunden das Lied => "Dranbleib"-Impuls innerhalb der ersten X Sekunden einproduzieren

Warum sollten die Musikproduzenten es nicht so machen, wie die Video-Streamingdienste. Da werden "Sendungen" teilweise nach genau diesen Kriterien produziert.

So ist es. Man muß sich nur fragen, ob das, was dabei herauskommt, noch die Bezeichnung "Musik" verdient.
 
Ebenso bespielen sie eine von der ARD deutlich hinterlassene Marktlücke mit dem, was in vielen Kulturrradios zu kurz kommt.
Welche Marktlücke? Was kommt zu kurz? Die zu einem klebrigen Brei zusammengepressten easy-Listening-Klassikhäppchen, bei denen die Pianissimo-Passagen in gefühlter Orkanstärke daherkommen?

Also sorry, wenn die ARD darauf verzichtet, Klassik oder klassikähnliche Musik noch mehr zu schänden, als es in ihren Tages-Magazinhäppchen teils schon geschieht, kann ich daran nichts verwerfliches finden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Man sollte sich auch bei der Einteilung von Musik von diesem Dekaden-Denken lösen. Zu aktuellen HipHop passt doch Oldschool-Hiphop aus den 80ern sehr viel besser als ein Ed Sheeran.

Ich würde hier sogar noch extremer denken: M.E. vertragen sich Andreas Bourani - "Auf uns" und Manfred Mann - "Semi Detached Surburban Mr. James" sehr gut miteinander, obwohl da satte 50 Jahre zwischen liegen. "Auf uns" und Chainsmokers hintereinander könnten hingegen problematisch werden.
 
Viele Leute wechseln das Lied, wenn ein Gitarrensolo kommt => keine Gitarrensoli mehr produzieren
Viele Leute wechseln das Lied, wenn eine Bridge kommt => keine Bridge mehr produzieren
Viele Leute wechseln nach X Sekunden das Lied => "Dranbleib"-Impuls innerhalb der ersten X Sekunden einproduzieren

Spotify hat nach verschiedenen Quellen über 50 Mio. Titel im Angebot, davon 10 Mio. im letzten Jahr neu hinzugekommen. Selbst wenn das um das 100-fache übertrieben ist, wird so extrem viel produziert und ist die Produktion und vor allem die Distribution so preiswert geworden, dass so dermaßen sicher tausende Titel pro Jahr neu verfügbar werden, die nicht in solch' simple Schemata passen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Klar, eine Verflachung gibts schon, weil alles streamingtauglich auf 2.30 Min getrimmt wird, und nach 10 Sekunden möglichst schon der Refrain knallen soll.

Das Erstaunliche ist, dass es diesen Trend zu immer kürzeren Songs in den 50er- und 60er-Jahren schon mal gab, ohne dass die Meute sich über "zusammen gepferchte" Musik beschwert hat. Damals ging der Trend von den Jukeboxen aus: Je kürzer die Songs, desto öfter mussten die Leute in der Kneipe Geld in die Jukebox werfen. Folglich hatten kürzere Songs eine höhere Chance, in die Jukeboxen aufgenommen zu werden. Die Folge waren Spielzeiten wie...:
Buddy Holly - "Rave On" 1:47
Elvis Presley - "Blue Suede Shoes" 1:59
Swinging Blue Jeans - "Hippy Hippy Shake" 1:43
Herman's Hermits - "Silhouettes" 1:57
Beatles - "Norwegian Wood" 2:03
Bill Ramsey - "Souvenirs, Souvenirs" 1:53

Trotz ihrer kurzen Laufzeiten waren das Riesen-Hits, die heute immer noch ankommen. Die Lauflänge scheint also sekundär zu sein. Ich sehe das Problem schlicht darin, dass die heutigen Popsongs meist anspruchsvoller, dadurch aber nicht mehr so einfach nach- und mitsingbar sind. Das ist es, was heute viele Leute unter "nachlassende Qualität" zusammenfassen. Aber an der Song-Länge und einem zusammen gestauchten Arrangement liegt's definitiv nicht.
 
Jugend und Radio passt manchmal doch zusammen. Durch meine beiden Mädels (31 und 29) kenne ich eine ganze Reihe jüngerer Radio-Konsumenten. Einer (Julian, 27) überraschte mich kürzlich mit seinem Lieblingssong: Udo Jürgens - Griechischer Wein!
Die ältere Tochter hört überwiegend Radio Bob via DAB plus, die jüngere ist bekennende Einslive - Konsumentin und freut sich über die "Hits aus ihrer Teeniezeit", die dort laufen. Und die dreijährige Enkelin liebt "Dance Monkey" und singt und tanzt herzerfrischend mit...
 
Die Lauflänge scheint also sekundär zu sein.
Na ja, man kann auch ein 2-Minuten-Stück mit Ideen überfrachten, und mitunter braucht es einfach eine etwas längere Laufzeit, um ein Stück wirken zu lassen. Ob das jetzt das langsame Heranarbeiten an das "Freu-de-schö-ner-göt-ter-fun-ken" von Ludwig Fun war, die Röhrenglocken vom Altenfelder Michel sind oder meinetwegen die immerwährenden Veränderungen in der Minimal Music von Steve Reich, ist dabei irrelevent.

Ich sehe das Problem schlicht darin, dass die heutigen Popsongs meist anspruchsvoller, dadurch aber nicht mehr so einfach nach- und mitsingbar sind.
Ich weiß nicht, ob sie "anspruchsvoller" sind ... kommt drauf an. Bei vielen Liedern, insbesondere aus den Charts, habe ich sogar eher im Gegenteil das Gefühl, daß sie eigentlich sehr formelhaft zusammengestellt sind (was umso eher negativ auffällt, je mehr sich auch die Sounds aus dem Standard-Baukasten bedienen) oder eher inhaltsleer und auf den Effekt getrimmt (wer jetzt an Lieder denkt, bei denen die SängerInnen den Eindruck machen, sie müßten mit ausufernden Modulationen eine fehlende Melodie kaschieren, oder an solche, bei denen es einfach nur darauf ankommt, einen bestimmten Sound zu zelebrieren, ohne daß dabei die Musik oder der Inhalt selbst eine Rolle zu spielen scheinen, der weiß, was ich meine).

Das ist es, was heute viele Leute unter "nachlassende Qualität" zusammenfassen. Aber an der Song-Länge und einem zusammen gestauchten Arrangement liegt's definitiv nicht.
Hm. Mal pauschal gesprochen, ohne bestimmte Songtitel im Hinterkopf zu haben: ich glaube, daß die Verfügbarkeit von Musik und das Konsumverhalten vielleicht nicht zu einem "zusammengestauchten Arrangement" oder zu anderen Songlängen geführt hat, aber zumindest zu anderen Strukturen. Ich glaube, daß die Leute, die was verkaufen wollen, gezwungen sind, ihre Ideen so zu plazieren, daß diese vom Konsumenten vor'm Skip-Tasten-Druck oder dem Ende der Hörprobe auch wahrgenommen werden, heißt: die Musiker müssen schnell zum Punkt kommen, und oft genug ist damit am Anfang des Stücks zumindest in musikalischer Hinsicht schon alles gesagt, der Rest dümpelt halt vor sich hin und eventuell ist der spannendste Moment im weiteren Verlauf des Arrangements, daß die meisten Tonspuren mal Pause machen und nur noch Baß oder Schlagzeug den Interpreten begleiten dürfen und nach vier Takten der Rest der Tonspuren wieder einsetzt, als hätte es diesen Break nicht gegeben. Das hat das Geschmäckle eines tollen Trailers, der einem die besten Filmszenen schon verrät.

Gruß
Skywise
 
Spotify hat nach verschiedenen Quellen über 50 Mio. Titel im Angebot, davon 10 Mio. im letzten Jahr neu hinzugekommen. Selbst wenn das um das 100-fache übertrieben ist, wird so extrem viel produziert und ist die Produktion und vor allem die Distribution so preiswert geworden, dass so dermaßen sicher tausende Titel pro Jahr neu verfügbar werden, die nicht in solch' simple Schemata passen.

Natürlich kann man Marktnischen (digitalisierungsbedingt) so besetzen und Musik entsprechend rein aus künstlerischen Überlegungen heraus produzieren. Im Internetzeitalter mag das sogar recht risikoarm sein (keine physischen Datenträger, weniger sunk costs etc.). Das Ergebnis ist ein klassischer Long-Tail-Markt. Man kann damit auch wirtschaftlich erfolgreich sein, wenn man nicht allzu viel erwartet oder Investoren mit harten Renditeerwartungen im Nacken hat. Der Massenmarkt (auf dem das Geld verdient wird) funktioniert aber anders. Da geht es (auch mit Blick auf die Ausschüttung und die langfristige Bindung von Konsumenten an eine Marke) nur über Reichweite multipliziert mit Verweildauer.
 
Was an heutiger Musik sicherlich anspruchsvoller geworden ist, ist Arrangement und Produktion. Leider auf Kosten der Komposition, die häufig aus den immer gleichen formelhaften Akkordfolgen und Effekten besteht. Perfektionierte Baukasten-Musik, wenn man so will. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.

Worauf ich eigentlich hinaus wollte: Musik taugt heute glaube ich nur noch eingeschränkt, um gewisse Altersgruppen zu erreichen, dafür hört z.B. die Jugend viel zu viele verschiedene Sachen, und umgekehrt werden bestimmte Musikrichtungen von zu unterschiedlichen Altersgruppen gehört. Es wären glaube ich eher die Inhalte, mit denen man bestimmte Gruppen erreichen könnte. Wenn es sie denn gäbe...

War früher ja auch schon ein wenig so: das alte N-Joy Radio war sehr beliebt, aber war es wirklich Jugendradio? Eigentlich eher ein Spartenradio für damals angesagte Eurodance- und Happy Hardcore-Musik Lief dort Nirvana oder Wu-Tang Clan? Kann mich nicht erinnern.

Ich glaube, Radio müsste mehr in die Sparte. Um es auf Gastronomie umzumünzen (ich weiß, den Vergleich mögen viele nicht): wir haben momentan lauter Restaurants mit der immer gleichen Speisekarte, die versuchen, es möglichst allen recht zu machen, die deshalb nur die Gerichte anbieten, dir richtig beliebt sind (vom Schnitzel über Pizza hin zu Thai-Curry), wo aber halt doch nichts wirklich gut schmeckt, weil man diese Bandbreite gar nicht in der Qualität anbieten kann, oder noch ansatzweise in die Tiefe gehen kann.
Wir bräuchten aber mehr spezialisierte Restaurants, z.B. die Pizzeria, die Pizza wirklich gut kann, aber dann eben auch kein Schnitzel anbietet. Das Thai-Restaurant, das außer dem einen Curry auch noch viele andere leckere Dinge anbietet, und obwohl man das meiste nicht kennt, hat man ein ungefähres Gefühl, was einen dort erwartet und was nicht (kein Schnitzel, keine Pizza).
 
Jugend und Radio passt manchmal doch zusammen. Durch meine beiden Mädels (31 und 29) kenne ich eine ganze Reihe jüngerer Radio-Konsumenten. Einer (Julian, 27) überraschte mich kürzlich mit seinem Lieblingssong: Udo Jürgens - Griechischer Wein!
Ende 20 -Anfang 30 Jährige sind für mich keine Jugendlichen mehr, und das es Junge Leute mit ausgefallenem Musikgeschmack gibt, ist jetzt auch nichts so besonderes, die gab es früher auch schon ;)

Was trotz allem interessant wäre, wie würden die Hörer eines Jugendradios heute reagieren, wenn mitten im Programm ein unerwarteter Formatbruch stattfinden würde?
Abschaltgrund, oder aufmerksamkeit zu gunsten des Senders?
Oder irgendetwas dazwischen? o_O
 
wir haben momentan lauter Restaurants mit der immer gleichen Speisekarte, die versuchen, es möglichst allen recht zu machen

UKW-Radio läuft so, als gäbe es in ganz Hamburg nur zwei Restaurants. Und du bist eins davon. Kein anderer kann einsteigen, weil es nur wenige Räume mit Gastro-Zulassung gibt - und du hast idealerweise gute Connections zum Eigentümer, damit der nicht auf die Idee kommt, an jemand anders zu vermieten. Das ist das Geschäftsprinzip. Da machst du keinen Feinschmecker auf. Der Laden ist doch selbst mit den Billo-Fritten aus der Metro voll, solange du die Basics beherrscht. Also: klemm draußen eine Leuchtreklame dran, am besten mit Stromanschluss, führe verlässliche (Kern-)Öffnungszeiten ein, spätestens, wenn deine einzige Konkurrenz auf den Trichter kommt, Sitzgelegenheiten und Besteck sind auch hilfreich, verklicker den Leuten, dass die Metro-Fritten bei dir am besten schmecken... Das Problem ist halt, dass irgendwann Lieferservices dazukamen. Und damit dein Geschäftsmodell etwas kippt. Aber du hast halt immer noch viele Kunden, die deinen Laden aus alten Zeiten gewohnt sind und irgendwie zufrieden sind und auch keine App oder anderen neumodischen Schnickschnack ausprobieren wollen. Von denen kannst du sicher einige Jahre noch leben, bis du dir was neues einfallen lassen musst oder den Laden zusperrst und in Rente gehst. Das ist doch eine Option.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich möchte mal ein positives Beispiel nennen: Calvin Harris mit "Summer". Finde ich einerseits klar oder einfach strukturiert, zwischendrin aber Passagen, die vergleichsweise komplex wirken.

Und gerne noch eines. Hier fällt auf: Begnadeter Urban Künstler, super Tänzer, wird heute im Radio ignoriert: Bobby Brown mit "My prerogative: Hier "schwitzt" die Musik, wird gestöhnt, ohne Ende groovig, eingängig, Text originell.

Also gibt es heute zumindest manches Gute, wie es im vernachlässigten Urban-Bereich genug Spielbares, gibt, das einen Beitrag zu den Dekaden 80, 90 (!) und 00 liefern könnte - auch für Sender wie 1live...Gut, zumindest Calvin mit "Summer" werden sie hoffentlich gelegentlich bringen.

Thema "Text". Hier ist der von "My prerogative"

Get busy
Everybody's talkin' all this stuff about me (Now now)
Why don't they just let me live (Oh oh oh)
I don't need permission
Make my own decisions (Oh)
That's my prerogative
They say I'm crazy
I really don't care
That's my prerogative
They say I'm nasty
But I don't give a damn
Gettin' girls is how I live
Some ask me questions
Why am I so real
But they don't understand me
I really don't know the deal
About a brother
Trying hard to make it right
Not long ago
Before I win this fight
Sing!
Everybody's talkin' all this stuff about me
Why don't they just let me live (Tell me why)
I don't need permission
Make my own decisions (Oh)
That's my prerogative
It's my prerogative (It's my prerogative)
It's the way that I wanna live (It's my prerogative)
I can do just what I…
 
Zuletzt bearbeitet:
Viele Leute wechseln das Lied, wenn ein Gitarrensolo kommt => keine Gitarrensoli mehr produzieren
Viele Leute wechseln das Lied, wenn eine Bridge kommt => keine Bridge mehr produzieren
Manche Leute würden sogar wieder die Kiste einschalten, wenn sie auf so etwas
hoffen könnten! Woanders gibt es diese Musik, haufenweise.:)
 
Zuletzt bearbeitet:
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben