Die Lauflänge scheint also sekundär zu sein.
Na ja, man kann auch ein 2-Minuten-Stück mit Ideen überfrachten, und mitunter braucht es einfach eine etwas längere Laufzeit, um ein Stück wirken zu lassen. Ob das jetzt das langsame Heranarbeiten an das "Freu-de-schö-ner-göt-ter-fun-ken" von Ludwig Fun war, die Röhrenglocken vom Altenfelder Michel sind oder meinetwegen die immerwährenden Veränderungen in der Minimal Music von Steve Reich, ist dabei irrelevent.
Ich sehe das Problem schlicht darin, dass die heutigen Popsongs meist anspruchsvoller, dadurch aber nicht mehr so einfach nach- und mitsingbar sind.
Ich weiß nicht, ob sie "anspruchsvoller" sind ... kommt drauf an. Bei vielen Liedern, insbesondere aus den Charts, habe ich sogar eher im Gegenteil das Gefühl, daß sie eigentlich sehr formelhaft zusammengestellt sind (was umso eher negativ auffällt, je mehr sich auch die Sounds aus dem Standard-Baukasten bedienen) oder eher inhaltsleer und auf den Effekt getrimmt (wer jetzt an Lieder denkt, bei denen die SängerInnen den Eindruck machen, sie müßten mit ausufernden Modulationen eine fehlende Melodie kaschieren, oder an solche, bei denen es einfach nur darauf ankommt, einen bestimmten Sound zu zelebrieren, ohne daß dabei die Musik oder der Inhalt selbst eine Rolle zu spielen scheinen, der weiß, was ich meine).
Das ist es, was heute viele Leute unter "nachlassende Qualität" zusammenfassen. Aber an der Song-Länge und einem zusammen gestauchten Arrangement liegt's definitiv nicht.
Hm. Mal pauschal gesprochen, ohne bestimmte Songtitel im Hinterkopf zu haben: ich glaube, daß die Verfügbarkeit von Musik und das Konsumverhalten vielleicht nicht zu einem "zusammengestauchten Arrangement" oder zu anderen Songlängen geführt hat, aber zumindest zu anderen Strukturen. Ich glaube, daß die Leute, die was verkaufen wollen, gezwungen sind, ihre Ideen so zu plazieren, daß diese vom Konsumenten vor'm Skip-Tasten-Druck oder dem Ende der Hörprobe auch wahrgenommen werden, heißt: die Musiker müssen schnell zum Punkt kommen, und oft genug ist damit am Anfang des Stücks zumindest in musikalischer Hinsicht schon alles gesagt, der Rest dümpelt halt vor sich hin und eventuell ist der spannendste Moment im weiteren Verlauf des Arrangements, daß die meisten Tonspuren mal Pause machen und nur noch Baß oder Schlagzeug den Interpreten begleiten dürfen und nach vier Takten der Rest der Tonspuren wieder einsetzt, als hätte es diesen Break nicht gegeben. Das hat das Geschmäckle eines tollen Trailers, der einem die besten Filmszenen schon verrät.
Gruß
Skywise