Ich habe in den letzten Monaten einige Zeit damit verbracht konservative Radiotalkshows zu hören (Beck, Hannity, Sexton). Da vergeht einem dann schnell jede Illusion darüber, dass das bald vorbei sein könnte. Das, was wir gestern miterleben durften ist viel größer als Trump. Mag sein, die Lage beruhigt sich ein wenig, wenn Biden erst offiziell im Amt ist. Verlassen würde ich mich darauf aber nicht. Leider macht die deutschsprachige Berichterstattung dazu - jedenfals die die ich mitkriege - auch keine
wirklich gute Figur. Eine typische Frage an Korrespondenten in der letzten Zeit war immer: "Haben die Trump-Fans denn jetzt endlich eingesehen, dass er die Wahl verloren hat?" NEIN, haben sie nicht. Werden die auch nie. Oder: "Wie viel muss noch passieren, damit Trumps Unterstützer sich endlich abwenden." Gegenfrage: Wie viel muss noch passieren, bis deutsche Journalisten endlich kapieren, dass das so nicht laufen wird. Trump-Fans haben ihn vor 4 Jahren schon gewählt, obwohl sie da schon genau wissen mussten wie er drauf ist, und sie haben ihm dann sogar fast die Wiederwahl ermöglicht, obwohl sie ihn im Amt erlebt haben. Jetzt hoffen manche Journalisten wieder, weil einige Republikaner nach den gestrigen "Protesten" nun doch nicht mehr auf Trumps Seite sind. Dabei übersehen sie natürlich wieder komplett, dass Trump und die Republikaner noch nie das gleiche waren, genauso wie diese Bewegung schon lange unabhängig von Trump funktioniert. Der ist grade einfach nur der Spinner den sie sich als Symbol ausgesucht haben, aber das kann morgen schon jemand anderes sein. Und scheinbar haben sie auch immer weniger Probleme damit, Gewalt zu rechtfertigen. Zumindest war die Marschrichtung bei Hannity wie auch bei Sexton gestern schon völlig klar. Ja, in den Kongress einzudringen war natürlich nicht in Ordnung, ABER die überwiegende Mehrheit der Menge sei ja völlig friedlich gewesen und außerdem freuten sich die linken Medien (ernsthaft!) über die jetzigen Zustände am meisten, denn jetzt hätten sie endlich wieder was gegen Trump in der Hand. Einer von denen hat im Herbst tatsächlich behauptet, die Medien und die Demokraten würden die hohen Coronatodeszahlen ja nur deshalb verbreiten, weil sie damit den Präsidenten schädigen wollten (Zitat in etwa: "in Wriklichkeit sind denen die Toten doch egal"). Wenn man dem politischen Gegner erstmal unterstellt, Menschenleben zu instrumentalisieren, nimmt natürlich die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung ab. Und dann wundert sich ernsthaft irgendwer noch über irgendwas???