AW: Deutschlandfunk - Sprechtempo erhöht?
stefan kramerowski schrieb:
Es könnte so funktionieren: Wenn man Informationen will, schaltet man DLF ein. Will man Musik & Unterhaltung hören, schaltet man einen Musiksender ein. Diese schöne Idee scheitert daran, dass es in der Regel terrestrisch keinen Musiksender gibt.
Oder etwas präziser ausgedrückt: Die deutschen Musiksender sind durch die Bank alle mehr oder weniger Schrott !
stefan kramerowski schrieb:
Eigentlich seltsam, dass die Hörer das überhaupt akzeptieren. Würde bei einem Rock- oder Popkonzert ständig die Musik mit irgendwelchen unsinnigen Wortbeiträgen unterbrochen, so würde der Veranstalter ausgebuht.
Hier muss man unterscheiden: Wer ein solches Konzert aufsucht, tut dies aus einem persönlichen Interesse heraus und ist sogar bereit, dafür Eintritt zu zahlen.
Der durchschnittliche deutsche Radiohörer schaltet das Gerät nur ein, um sich berieseln zu lassen.
Genau diese "Berieselungssender" sind es deshalb auch, die die höchste Einschaltquote und Verweildauer erzielen und infolgedessen auch das größte Interesse der Webewirtschaft auf sich ziehen.
Wer wirklich anspruchsvolle Musik hören will, nutzt hierzulande dazu entweder klassische (wie die CD) oder moderne Tonträger (wie MP3s) oder greift auf das reichhaltige Angebot an Webradiostationen zurück.
Wir haben es mit zwei ganz unterschiedlichen Interessenslagen zu tun: Hier im Forum schreiben überwiegend Leute, die einen tiefen Bezug zum Medium Rundfunk aufweisen und die deshalb Programme wie den Deutschlandfunk gut finden.
Bezogen jedoch auf das Gros der Hörer erzielt der DLF eine derart magere Quote, dass er als werbefinanzierter Sender längst pleite gegangen wäre (privatwirtschaftliche Versuche in diese Richtung hat es mit Radioropa Info oder Radio Wilantis bereits gegeben; die konnten sich alle nicht lange auf dem Markt halten).
Für die privaten Hörfunkveranstalter zählt nur der finanzielle Gewinn und die besten Erlöse werden halt mit einförmigen Hitradioprogrammen erzielt; siehe dazu auch folgende Ausführungen:
Im Ballungsraum München hat Radio Gong 96,3 mit einer Reichweite von 12,5 Prozent seine Spitzenposition vor ENERGY München behauptet, das 11,3 Prozent der Bevölkerung ab 10 Jahren im Stereoempfangsgebiet erreicht. Radio Arabella erzielte eine Reichweite von 10,2 Prozent im Stereoempfangsgebiet München und liegt damit vor 95.5 CHARIVARI mit 9,3 Prozent. Radio 2DAY 89,0 erzielte eine Reichweite von 1,5 Prozent der Bevölkerung ab 10 Jahren, das Aus- und Fort-bildungsradio afk M94,5 einen Wert von 0,6 Prozent.
Quelle: http://www.radiowoche.de/meldungen/1/10673/stabile-reichweiten-fuer-lokalradio-und-lokalfernsehen/
Ausgerechnet das im Hinblick auf die alternative Musikauswahl attraktive Radio 2Day rangiert in München weitab hinter all den anderen.
Für Berlin könnte man das Selbe in Bezug auf MotorFM sagen.
Sobald in Deutschland ein Programmveranstalter mal etwas vom musikalischen Mainstream Abweichendes macht, geht die Quote in den Keller. Deshalb halten sich diese Sender auch nur dort, wo auf Leitungsebene mehr zählt, als der finanzielle Gewinn. Kein Wunder also, wenn bspw. bei MotorFM die Investoren inzwischen zu murren begonnen haben:
Gesellschafter Renner, der 37 Prozent der Anteile an MotorFM hält, knüpfte fünf Jahre nach dem Start die Bereitstellung von weiteren Geldern an einen Umbau der Geschäftsführung.
Der Zeitung sagte er: "Wir tragen eine Kapitalerhöhung mit, wenn die beiden Geschäftsführer ihr Amt aufgeben und wie von uns schon lange gefordert eine professionelle Leitung zulassen". Der erfahrene Manager übte zugleich harte Kritik an der derzeitigen Führungsspitze des Senders. Sie sei nicht in der Lage, die wirtschaftlichen Probleme in den Griff zu bekommen. Das frische Geld könne derzeit nicht in die Expansion gesteckt werden, sondern sei nur "eine weitere Zwischenlösung des finanziellen Dauerproblems".
Quelle: http://www.digitalfernsehen.de/Streit-bei-Motor-FM-Gruender-geht-auf-Konfrontationskurs.49655.0.html
Von der Tendenz her gibt es übrigens eine vergleichbare Entwicklung in fast allen europäischen Ländern: Ich war vor kurzem in Lille (Nordfrankreich) und musste mit Ersteunen feststellen, wie sehr die Qualität des Rundfunks dort gesunken ist, verglichen mit den neunziger Jahren. Heute gleicht Situation in Lille derer in München oder Frankfurt: Du kannst zwar auf UKW eine Vielzahl von Sendern empfangen, aber die spielen fast alle das Gleiche: Entweder Chart-Hits oder bekannte Oldies. Einzige wirkliche Ausnahmen sind
Radio Galaxy 95.3 mit einem Dance-Format, sowie das alternative
RPL 99 FM, wobei solche Stationen ebenfalls in Deutschland existieren, also auch nicht wirklich eine Besonderheit darstellen.