Die Sprachlotterei treibt neue Blüten

AW: Die Sprachlotterei treibt neue Blüten

Vielleicht nicht unbedingt Sprachlotterei - aber möglicherweise falsch gesprochen:

1. Sender
"...Die Tiefsttemperaturen liegen heute Nacht zwischen minus einem und minus sieben Grad."

2. Sender
"...Die Temperaturen heute Nacht bewegen sich zwischen ein und acht Grad minus."

3. Sender
"...Es bleibt frostig in der Nacht zwischen minus eins und minus sieben Grad."

Was ist nun richtig gesprochen (geschrieben ist es ja einfach: -1 bis - 7°)
...minus ein Grad oder ...minus eins Grad?
Früher habe ich das Wetter für meine Sendungen selbst geschrieben, aber da bin ich mir der grammatikalischen Fallstricke gar nicht so bewusst gewesen.

Heute gehört, bitte fragt nicht auf welchen Sendern, ich war mit dem Firmenwagen unterwegs und habe nebenbei gehört.

Ein etwas überforderter 2Stain schickt frostige Grüße bei momentan -1° C (nicht Fahrenheit oder Reaumur)
 
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Ziemlich einfache Angelegenheit:
Pysikalische Größen werden nicht "gezählt", sondern "benannt":
ein Zentimeter, ein Ampere, ein Volt...
also auch ein Grad, egal ob Fahrenheit oder Celcius.

Die Beugung im Dativ ist somit richtig und deshalb
gegen die erste Temperaturmeldung nichts einzuwenden.

Allerdings erscheint mit die Pluralisierung der Temperatur
unsinnig, denn es gibt bei jedem Hörer nur eine Tiefst-
temperatur. Ich bin allerdings kein Freund von diesbezüglicher
Krümelkackerei. Mal sehen, was die Kollegen sagen.
 
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1. Sender
"...Die Tiefsttemperaturen liegen heute Nacht zwischen minus einem und minus sieben Grad."

2. Sender
"...Die Temperaturen heute Nacht bewegen sich zwischen ein und acht Grad minus."

3. Sender
"...Es bleibt frostig in der Nacht zwischen minus eins und minus sieben Grad."

Was ist nun richtig gesprochen (geschrieben ist es ja einfach: -1 bis - 7°)
...minus ein Grad oder ...minus eins Grad?

Moin,
die Formulierung "Tiefsttemperaturen" mal außen vor gelassen, denn ansich gibt es ja nur eine Tiefsttemperatur, ist die Antwort bezüglich der richtigen Formulierung ziemlich einfach:

1. ist genau richtig

2. und 3. ist schlichtweg grammatikalisch falsch.
 
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An der Zugspitze wird es eine andere Tiefsttemperatur geben als am Flughafen Köln / Bonn. So gesehen kann es durchaus mehrere geben.
 
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Das Argument habe ich natürlich längst bedacht. Spreche ich aber einen
Hörer an, gibt es bei ihm nur eine. EIN Thermometer kann auch nur genau
eine Temperatur anzeigen und kann im Nachtverlauf auch nur einen
Tiefstwert speichern.
 
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Dira hat Recht: Je nach Höhenlage etc. gibt es viele verschiedene Tiefstwerte. Und um die geht es. Nicht darum, wo MEIN Thermometer zufällig steht...
 
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Das heute vielzitierte Clement-Wort -
"es ist nicht hinzunehmen, dass eine Schiedskommission meint, das Recht auf freie Meinungsäußerung mit einer Rüge drangsalieren zu sollen"
- ist auch etwas gelottert.
 
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Ich meine eher, dass statt eines Modalverbs ein Vollverb schöner gewesen wäre.
Vielleicht ist "sie meint zu sollen" auch nur ein Arbeiterjargon, der mir nicht so geläufig ist...
 
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Vielleicht wollte sich Clement gegenüber der Schiedskommission vorsichtig ausdrücken. Sonst hätte er gesagt: "...zu müssen", denn schließlich hat die Kommssion die Rüge tatsächlich ausgesprochen.
 
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Das Lottern ist bei Herrn Clement vollständig unerfüllt. Man nennt das rhetorisches Mittel und ergänzt "Sarkasmus". Sarkasmus funktioniert zu einem großen Teil durch die "falsche", das heißt über- bzw. untertreibende Verwendung von Modalverben.

Natürlich meint die Schiedskommission nicht, dass zu sollen, es war ihr freier Entschluss, so gehandelt zu haben. Indem Clement das aber offensichtlich falsch modalverbend unterstellt, sagt er umso deutlicher, was Sache ist und dass er auf nüchtern-sachliche Erklärungen der Art "wir sahen uns gezwungen", "angesichts der Umstände hatten wir keine andere Wahl" etc. nichts geben wird.

Die Einlassungen hier zeigen deshalb lediglich einmal mehr, was zu akzeptieren ich mich eigentlich weigere, dass Ironie und Sarkasmus nicht funktionieren. Dabei können zwischen den Zeilen doch so lustige Dinge stehen. Ich habe mich denn auch köstlich amüsiert, ob der Einlassungen des Herrn C.
 
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Nochmal zurück zu den Temperaturen. Vor ein paar Tagen wunderte sich eine Moderatorin auf SWR1 über das relativ unbekannte Wort "Morgenwerte" als Ersatz für "Tiefsttemperaturen", welches in ihrem Wetterbericht auftauchte.

Ich fand dieses Wort auch sehr "hübsch", obwohl die Verwendung natürlich auch in die Hose gehen kann, z.B. wenn nachts eine Warmfront kommt und die Morgenwerte daher höher als die Tiefsttemperaturen ausfallen.

vg Zwerg#8
 
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"Morgenwerte" hört sich aber auch arg nach Basaltemperaturmessung an.
Ich finde, ein Moderator oder Sprecher sollte den HörerINNEN nicht ihre
Unpässlichkeiten aufdiktieren. :D
 
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WDR-Nachrichten (online), Stand: 29.11.2008, 10:35 Uhr

wdr.de/themen/kurzmeldungen/2008/11/29/spitzenforscher_kommt_an_die_uniklinik.jhtml schrieb:
Im Immunologen Karl-Sebastian Lang kommt im Dezember ein Spitzenforscher an die Universitätsklinik in Düsseldorf. (...)
Ob das nicht weh tut, wenn im Immunologen ein Spitzenforscher ... :D

Im Ernst: Entweder muss ich meine Kentnisse in Sachen "ungewöhnliche Formulierungen" erweitern oder es müsste korrekt "Mit dem Immunologen ..." heißen.
Ganz ehrlich, im Augenblick bin ich etwas verunsichert.

Onkel und Konsorten, eilt meinem Sprachzentrum zu Hülfe!

Rätselnde Grüße, Uli
 
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Ah, so wird ein Immunologe draus. Danke! :)

Dessen ungeachtet finde ich es sprachlich ungeschickt, einen Text mit "Im Immuno...." zu beginnen.
Aber die ganze Meldung hat es eh in sich. Der gute Mann ist zu allem Überfluss auch noch mit dem "Sofja Kovalevskaja-Preis" ausgezeichnet worden. :rolleyes:

Meine Hochachtung vor den Sprechern, die ihre Zunge an diesen Klippen sauber vorbei manövrieren.

Gruß, Uli
 
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