Die Sprachlotterei treibt neue Blüten

rbb-TV: "Die Polizei in Cottbus will für ein größeres Sicherheitsgefühl sorgen". Wäre es nicht besser, für größere Sicherheit zu sorgen und das auch genau so zu sagen? Im Zitat ist größere Sicherheit nicht impliziert.

Vielleicht ein wenig spitzfindig, aber mich interessiert, ob es sich dabei um Sprachlotterei handelt oder ob die Aussage nur blenden, beschwichtigen soll, weil man zwar für ein Gefühl, aber nicht wirklich um größere Sicherheit sorgen will.

Das Gute annehmend, ist die Formulierung mit dem "Gefühl" verdächtig. Dem Sender nicht aufgefallen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Wäre es nicht besser, für größere Sicherheit zu sorgen und das auch genau so zu sagen?
Schon. Aber die Polizei in Cottbus scheint zu wissen, dass das nicht - zumindest nicht so einfach - möglich ist. Daher baut man lieber auf Plazebo in Form von Betonblöcken, Videoüberwachung und - im Höchstfall der Gefühle - eine Streife pro Tag mehr.

Oder anders: Hast Du Angst von einem Terroranschlag? Hast Du wirklich REALE Angst - oder ist es mehr ein Gefühl von Angst davor, dass ein Terroranschlag passieren könnte, obwohl keine aktuelle Bedrohung vorliegt?
 
Die Formulierung mit dem Gefühl ist schon richtig.
Im gleichen Maß wie sich manche Bürger ängstlich oder gar bedroht fühlen (was sie dann Besorgungen machen ääh besorgt werden lässt), so können sie sich auch durch bestimmte Aktionen sicher fühlen. Beides ist höchst subjektiv; man kann ihnen also durch gewisse Maßnahmen ein Gefühl zurück geben (huch, sorry, hr1) ohne tatsächlich objektiv messbar die Sicherheit zu erhöhen.
Dabei wird ja nicht infrage gestellt, ob die Sicherheit nicht tatsächlich steigt. Primär aber möchte man den Bürgern das Gefühl geben, sicher zu sein, wenn sie ihren Bunker, Verzeihung: Bau verlassen.

Die Männekens von der DB Sicherheit sollen in den S-Bahnen und Bahnhöfen angeblich ja auch die Sicherheit erhöhen; statt dessen sind sie eher Platzebos, Entschuldigung: Placebos für Fahrgäste, die sich durch Leuchtwesten und Nahkampfgürtel an übergewichtigen Marienkäfern in Sicherheit gewiegt glauben.
Gefühlssache halt.

@count down, Dein Instinkt trügt Dich nicht, aber es ist m.E. keine Sprachlotterei.
Wenn in meiner Stadt jetzt ein paar Überwachungskameras mehr aufgehängt werden, kann das - je nach Standpunkt - höchst unterschiedliche Gefühle in mir auslösen. Die Sicherheit per se ist damit zunächst mal nicht erhöht, weil ich ja nicht weiß, wie intensiv jemand die Kamerabilder live verfolgt und wie weit die nächste zu alarmierende Streife entfernt wäre. Dennoch kann man ruhigen Gewissens behaupten, dass durch die Maßnahme das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung gestärkt werden soll.
Über den (gefühlten) Erfolg der Maßnahme hingegen lässt sich trefflich streiten.
 
Da die Polizei in Cottbus für ein "größeres" Sicherheitsgefühl sorgen will, ist sprachlich impliziert, dass es bereits ein "großes" Sicherheitsgefühl gibt. Denn erst nach groß kommt größer - gefolgt von am größten. Und genau hier liegt die Sprachlotterei. Es gibt nämlich kein großes Sicherheitsgefühl in Cottbus, es muss überhaupt erst einmal ein Sicherheitsgefühl hergestellt werden. Und dann kann es vielleicht irgendwann groß werden und irgendwann noch größer und irgendwann am größten (in ganz Deutschland).
 
Nanana, Manni, kann es nicht sein, das es bisher nur ein kleines, also geringes Sicherheitsgefühl gibt und die Polizei in Cottbus nun für ein "größeres" sorgen möchte? Welcher von den sieben Zwergen ist der größte?
 
Ich habe nur grammatikalisch argumentiert, ich kenne schließlich die Gefühlslage der Menschen in Cottbus nicht. Nach der Grammatik kann es "größer" nur als Steigerung von "groß" geben.
 
Kann man sagen: Dies ist klein und dies ist größer? Oder muss man sagen: Dies ist klein und dies ist weniger klein, weil von "groß" noch nicht die Rede war? Ok, vielleicht bin ich dabei zu kleinlich, möchte aber auch keine größeren Haarspaltereien heraufbeschwören. :)
 
Nach der Grammatik kann es "größer" nur als Steigerung von "groß" geben.
Das ist jetzt aber haarspalterischer als @count down es von sich selber befürchtet. Er argumentiert vollkommen richtig:
"mittel" oder "groß" ist nun mal größer als "klein".

Aber gut, Herr Grammatiker: Wenn mein bislang eher kleines Musikarchiv durch einen erheblichen Zuwachs, sagen wir mal, um die gleiche Menge wächst = sich verdoppelt, darf es dann nur deshalb nicht größer geworden sein, weil es vorher schon eben nicht groß war?

Entschuldigung, aber das ist ... ähm ... ich schreibe besser nicht, was mir dazu gerade durch den Kopf geht.
 
rbb-TV: "Die Polizei in Cottbus will für ein größeres Sicherheitsgefühl sorgen". Wäre es nicht besser, für größere Sicherheit zu sorgen und das auch genau so zu sagen?
Nicht unbedingt. Tatsache ist, dass es um die tatsächliche Sicherheit im Lande immer noch deutlich besser steht als um die gefühlte. Und so kann mehr Polizeipräsenz auf den Straßen zwar möglicherweise die tatsächliche Sicherheit verbessern, ganz sicher aber die gefühlte.
 
Lese hier neuerdings den Begriff "Initiant". Ist die vornehmlich Schweizer Begrifflichkeit hierzulande cooler als "Initiator"? Will der Schreiber seine Klugheit dergestalt durchschimmern lassen, in dem er den geneigten Leser erst zur Nachforschung nötigt, was genau den Unterschied zum gängigen Begriff ausmacht? In diesem Beipiel: keiner.
 
Will der Schreiber seine Klugheit dergestalt durchschimmern lassen, in dem er den geneigten Leser erst zur Nachforschung nötigt, was genau den Unterschied zum gängigen Begriff ausmacht?
Nein, will er nicht. Tatsächlich wird in der Schweiz von einem, bzw. mehreren "Initianten", anstelle eines Initiators (eines oder Initiatoren?) gesprochen.
 
Diesmal verheddert sich Spiegel Online beim Wetter.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/wetter-gefuehlt-minus-50-grad-jetzt-droht-sonnenbrand-a-1198690.html schrieb:
Nachts kann es weiterhin verbreitet Frost mit Höchstwerten von minus 5 bis minus 15 Grad geben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Weil es auch so im EPG stand, bin ich gerade darüber gestolpert:
http://www.sr.de/sr/sr2/station106~week_day-2018-04-16.html schrieb:
HörspielZeit: Das Geräusch einer Schnecke beim Essen
Durch eine seltene Krankheit ist Elisabeth Tova Bailey an's Bett gefesselt. Eine Freundin bringt ihr aus einer Laune heraus eine Schnecke mit. Bailey beginnt, das Tier zu beobachten. Zuerst ohne großes Interesse, doch dann entdeckt sie in ihm einen faszinierenden biologischen Kosmos. Und Hoffnung...
 
Etwas, was mir in den Medien auch regelmäßig auffällt, ist der falsche Genitiv. Etwa wagt man es anscheinend nicht den "Islam" zu beugen, in dem man richtigerweise im Genitiv "des Islams" schreibt. Bei keiner anderen Religion hat man davor irgendwelche Scheu "Des Buddhismus'", "des Christentums". Ähnlich geht es manchen vermeintlich stehenden Begriffen, die man im Genitiv ebenfalls nicht beugen will, obwohl schon die Tatsache, dass man vor diese Begriffe einen Artikel stellen kann, darauf hindeutet, dass man diese auch den Fällen entsprechend zu beugen hat. Zusätzlich weigern sich mittlerweile die Meisten standhaft, Eigennamen oder Titelnamen wie der mit dem Wolf tanzt mit Anführungszeichen kenntlich zu machen. Das, garniert mit falscher getrennt und klein Schreibung macht dann beim durch lesen richtig Spaß. Vor allem, wenn man dann daran denkt, dass solche Texte von "gelernten" Journalisten stammen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben