Die Superstar-Formel

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Quelle: Die Welt.de vom Samstag, 15. März 2003

Die Superstar-Formel

Das Computerprogramm "Hit Song Science" kann den Erfolg von Liedern vorhersagen

von Norbert Lossau

Barcelona - Die Pythagoräer sahen in der Musik und den Zahlen nur zwei verschiedene Darstellungsformen einer Sache - der göttlichen Offenbarung. Auch für viele große Komponisten, etwa Johann Sebastian Bach, spielte die Mathematik in der Musik eine wichtige Rolle. So manche Tonfolge wurde nach mathematischen Regeln und geometrischen Mustern konstruiert. Bach unterstrich gar in seiner Bibel jene Passagen, die mit Mathematik zu tun hatten.

In einer Zeit, da der Musikgeschmack im Abendland irgendwo zwischen Grand Prix und Dieter Bohlen angesiedelt ist, muss die göttliche Offenbarung wohl zwangsläufig auf der Strecke bleiben. Doch die große Bedeutung der Mathematik ist geblieben - sogar im Business so genannter Superstars.

Spanische Wissenschaftler haben eine Formel entwickelt, mit der sich recht genau voraussagen lässt, ob eine Melodie hitverdächtig ist. Die Software "Hit Song Science" erkennt jene mathematischen Muster, die sich hinter erfolgreicher Musik verbergen. Dazu haben die Rechenkünstler der Firma Polyphonic in Barcelona bisherige Hits analysiert und aus Harmonien, Tempo, Takt, Rhythmus, Tonhöhen und natürlich der Tonfolge jene subtilen Gemeinsamkeiten extrahiert, die offenbar das Rezept für einen erfolgreichen Titel sind.

Neue Songs brauchen dann nur dem Computer vorab zur Beurteilung eingegeben werden, um zu prognostizieren, ob sich damit ähnlich hohe CD-Verkaufszahlen erreichen lassen wie beispielsweise mit dem Steuersong des Kanzlerimitators. "Es bedarf nur weniger mathematischer Formeln, um einen Hit zu erkennen", schwärmt Polyphonic-Chef Mike McCready.

Ein Beleg für die Leistungsfähigkeit des musikalischen Orakels sei die Jazzsängerin Norah Jones, die für ihr erstes Album gleich acht Grammys erhielt. "Hit Song Science" hatte diesen Erfolg vorhergesagt. Kein Wunder, dass jetzt fünf große Plattenfirmen hellhörig geworden sind und das Computerprogramm aus Spanien ihrerseits einsetzen wollen.

Kritiker fürchten jedoch, dass es neue, innovative Kompositionen künftig noch schwerer haben werden, Fuß zu fassen. Böse Zungen glauben gar zu wissen, dass ähnliche Programme in Deutschland insgeheim schon seit Jahren bei politischen Reden zum Einsatz kommen. Nur ein Gerücht - die Formel für die perfekte Rede wurde hier zu Lande offenbar noch nicht gefunden.

Artikel erschienen am 15. Mär 2003

Viele Grüße

Jörg Ubländer
 
Ich könnte mir vorstellen, dass das auf Melodien zutreffen könnte. Meiner Meinung nach "reduziert" man damit aber die Musik nur auf Melodie. Was ist zum Beispiel mit den gesungen Texten und deren Inhalt. Eine Melodie könnte nach Zahlen ein richtiger Hit sein, wenn aber der Text mit beispielsweise extrem pro-nationalsozialistischen Inhalten oder offensichtlicher Beleidigungen wäre, wäre der Erfolg höchstens in einer Randgruppe da und nicht auf dem breiten Markt.

Im übrigen, wenn wir das ganze mal weiterspinnen würden: Wenn Plattenfirmen dieses Programm einsetzen und damit einen Hit "errechnen", würde das die Vielfalt und Individualität der Künstler massivst beeinflussen... Vielleicht würde sich irgendwann alles noch mehr ähneln, als es eh schon der Fall ist.

Ich halte das ganze für eine nette Erkenntnis am Rande, aber ich denke und hoffe, dass es auf Basis der wissenschaftlichen Erkenntnis bleibt.
 
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