In den USA ist es allerdings auch möglich, daß jemand anderes als der Autor ein Freeware-Programm als sein eigenes ausgibt und verkauft, ohne eine strafbare Handlung zu begehen. Eine moralische Wertung solcher Handlungsweise soll an dieser Stelle nicht vorgenommen werden. Das europäische Recht faßt sie jedenfalls unmißverständlich als illegal auf. Das Dilemma wird deutlicher, wenn man einen fiktiven Fall betrachtet:
Programmierer B. Smith aus San Francisco/Califonia (USA) schreibt ein Betriebssystem WindoX-96 und beschließt, es als Freeware im Internet verfügbar zu machen. Die Resonanz ist groß, zumal WindoX-96 kompatibel zu einem weitverbreiteten Betriebssystem eines bekannten Softwarehauses ist. Eine deutsche Firma namens Nullcom beginnt nun, WindoX-96 zusammen mit den von ihr zusammengeschraubten PC-Clones in großen Stückzahlen unter eigenen Namen zu verkaufen. In Süddeutschland hat eine Landesregierung zwischenzeitlich beschlossen, alle Behörden und staatlichen Institutionen zu vernetzen. Ein Großauftrag an Nullcom ergeht und mit beträchtlichem Rabatt werden 10.000 PC's mit dem Betriebssystem WindoX-96 erworben. Der Staatsanwalt F. Pfisterer erfährt nun eines Morgens aus der Lokalzeitung, daß das Betriebssystem des vor ihm stehenden Computers ja eigentlich von B. Smith und nicht von Nullcom stammt. Er beginnt zu ermitteln ... Nullcom behauptet, nichts Illegales getan zu haben, da der Autor in den USA auf sein Copyright verzichtet habe. Pfisterer hält dagegen, daß Smith nach deutschem Recht sehr wohl der Urheber sei und Nullcom gegen das deutsche Urheberrecht verstoße.
Die Frage, welches Recht wie anzuwenden sei, dürfte kaum zu entscheiden sein und Pfisterer noch Jahre beschäftigen. Der Fall ist fiktiv, jedoch nahe an die Realität angelehnt. Der einzige Ausweg aus dem Dilemma wäre, daß ein Autor in den USA nicht unmittelbar und absolut auf sein Copyright verzichtet, sondern sein Programm zusammen mit konkreten Lizenzbedingungen weitergibt, in denen er ausdrücklich die weitgehende Nutzung und Verwertung des Programmes unter Wahrung des Copyrights gestattet. Diese Möglichkeit ist auch erkannt worden und in Form der GNU General Public Licence (GPL) realisiert worden. Im Sinne der reinen Lehre jedoch schränkt eine solche Lizenz die Bedeutung des Begriffes Freeware ein, und nicht alle Autoren wollen diese Einschränkung. Es finden sich also sowohl Programme ohne Lizenzbedingungen und Copyright-Beschränkungen, als auch solche, die der GPL oder ähnlichen, vom jeweiligen Autor formulierten, Einschränkungen unterliegen als Freeware. In Europa (EU) wäre jedwede Einschränkung, die der Autor zu seinem Programm veröffentlicht, bindend, wenn sein Programm die Kriterien der Individualität von Software, wie sie z.B. in Deutschland in §69a des Urheberrechtsgesetzes formuliert sind, erfüllt [18]. Die Harmonisierung des europäischen Urheberrechtes hat das sichergestellt