Funkmikrofone und digitale Dividende 2

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evw

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Blickt irgendjemand durch, was mit den Frequenzen für Funkmikrofone passiert? Die Bundesnetzagentur hat vor wenigen Tagen neue Vorschriften veröffentlicht, in der der anmeldepflichtige Bereich 470MHz - 710MHz für alle professionellen Nutzer geöffnet wird, während gleichzeitig das Gerücht umgeht, dass der gerade verschobene anmeldefreie Bereich wieder dem Mobilfunk zum Opfer fallen soll.
Interessant finde ich im obigen Dokument auch eine Passage auf Seite 24, in der von DMR (Digital Mobile Radio) und dPMR (digital Private Mobile Radio (peer to peer)) die Rede ist. Wird hier schon der DAB-Nachfolger vorbereitet?
 
Zum Thema hat der apwpt einiges zu sagen. www.apwpt.org
Da haben sich die Nutzer von Funkmikro-Anlagen (und Ähnlichem) zusammengetan und kämpfen gegen die zunehmende "Versilberung" der Frequenzen durch Versteigerung auf Kosten der gesamten Kultur- und Medienbranche.

Unsere Bundesmerkel wollte flächendeckendes Internet für alle - und das geht scheinbar nur, indem man bestehende Frequenznutzer verdrängt (800 MHZ aufwärts - wo früher die anmeldefreien Funkmikros waren).
Die Profis können dann in die Bänder 710-790 MHz ausweichen (natürlich jetzt gegen Zahlung einmaliger Anmeldegebühren und jährlicher Lizenzen je Sender), da die alten Bänder zum 1.1.2015 illegal sind für Funkmikros.
Die Nicht-Profis wurden zusammen mit Garagentoröffnern, Babyphones und PMR(?) LPR(?) Funkgeräten zusammengepfercht.
Der Bereich 470 .. 710 war einer besonderen Nutzergruppe vorbehalten (TV-Produktionsfirmen).

Die Bundesnetzagentur liebäugelt nun damit, auch 710 bis 790 MHz zu versilbern - das ist insofern ein Skandal, da es
a) mehrere Bundesratsbeschlüsse dagegen gibt
b) im ländlichen Raum (wofür ja die ganze Aktion mal gestartet wurde) immer noch nicht überall flächendeckend LTE verfügbar ist.
Als "Trostpflaster" dürfen dann alle professionellen Nutzer das 470...710 Band beantragen.
Konsequenz: Wieder werden tausende (und meist recht neu gekaufter - man muss ja bis 1.1.2015 die vorhandenen Strecken austauschen) Drahtlosstrecken wieder per Federstrich zu Edelschrott erklärt. Die Entschädigungen, die die BNetzA für die erste digitale Dividende bezahlt haben sind ein Witz (Erstattung der Kosten für die Umrüstung von Systemen, die zwischen zwei Stichtagen gekauft wurden).
Es mag sein, dass große Produktionsfirmen ihre Strecken in der Zeit auch physisch ausmustern, in der sie buchhalterisch abgeschrieben sind (danach richtet sich die Entschädigung) - aber schon die großen städtischen Theater können sich nicht leisten, alle 5 Jahre alles auszutauschen. Geschweige denn die Kulturzentren, Kirchen, Mehrzweckhallen in Dorf und Gemeinde.
Und - ja - ein Frequenzbandwechsel ist nicht per Firmwareupdate gemacht...

Die Idee ist übrigens kein Gerücht, sondern wurde in einer Zeitschrift veröffentlicht, die die BNetzA herausgibt.

Hier hat sich einer die Mühe gemacht, das mal zusammen zu tragen:
http://www.funk-mikrofon.info/
zum Thema auch www.apwpt.org
 
Danke für die Information, die meine Befürchtungen bestätigt. Es macht wohl Sinn, ins anmeldepflichtige Band auszuweichen. Wir haben uns vor Jahren schon eine Lizenz für eine Kommando-Frequenz für Aussenübertragungen besorgt - bürokratischer Aufwand und Kosten waren überschaubar, und die Laufzeiten sind lang.
 
Anmeldefrei kannst Du für verlässliche Produktionen mit mehr als (?) 8 Strecken sowieso vergessen (OK, vielleicht im 1,8 oder 2,4 GHz).
Die Frage ist nur, in welchem Band?
710...790 und 470..710 ist beides genehmigungspflichtig. Momentan wird 470...710 nur an einen begrenzten Nutzerkreis lizenziert, die anderen kriegen 710..790.
Wenn Du nicht zu denen gehörst, die jetzt schon 470..710 kriegen, wirst Du JETZT eine Lizenz für 710..790 kriegen, die aber in absehbarer Zeit auslaufen wird und - so die Pläne der BNetzAG - nicht verlängert wird. D.h. wer jetzt Bedarf hat, muss den jetzt befriedigen mit der dunklen Vorahnung, dass seine Investition bald nur noch Schrottwert hat.

Was mich an dem Gebaren so extrem stört: Die demokratischen Kontrollgremien (in dem Fall der Bundesrat) haben das Vorgehen eigentlich untersagt - das hindert die BNetzAG aber nicht, weiter in der Richtung herumzuspinnen.
 
Aus dem allgemeinen Gemurmel habe ich sogar gehört, dass alles ab 694 MHz verscherbelt wird.

Bisherige Anlagen im Frequenzbereich 790-820 MHz dürften noch zwischen 790 und 791 MHz funktionieren, da dort noch kein LTE funkt. Allerdings wäre das zukünftig nicht legal und schon gar nicht was für Profis.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist kein Gemurmel. Das steht ganz konkret in dem bejubelten Digitalpapier unserer Bundesregierung drin. Mit dem Versteigerungserlös soll der Netzausbau bezuschusst werden. Die Lüge, man bäuchte weitere Frequenzen um die nötige Bandbreite auf das Land zu kriegen, hat man sich gespart - die fliegt nämlich auf, wenn man sieht, wie lückenhaft der Teppich ist, der mit den bereits versteigerten Frequenzen aufgespannt ist. Da könnte man jeden der zitierten Bauernhöfe mit schnellem Internet versorgen, ganz ohne der Veranstaltungswirtschaft so langsam aber sicher den Hals umzudrehen.

Da krieg ich einen Hals!
Man hat die Telekommunikation privatisiert - mehr Konkurrenz sollte die Qualität steigern und die Preise senken. Letztlich so weit senken, dass ein bedarfsgerechter Ausbau der Infrastruktur nicht mehr abbildbar ist.
Und jetzt (nachdem bereits schon mal das Allgemeingut Infrastruktur verschenkt wurde - damals das Kupfer und die Glasfasern im Boden) halten die Konzerne wieder die Hand auf.
Dass die Frequenzen versteigert werden ist da nur ein Geldverschieben - diese Kosten sind doch in den Schätzungen der Konzerne schon drin, welche Summen vom Staat erwartet werden. Das hört man doch schon an den vorsichtigen Äußerungen unserer Digitalminister, dass die Versteigerung nur einen Teil der nötigen Forderung aufbringen wird.
Ich hab nix dagegen, dass der Staat (=die Summe aller Bürger durch ihre geleisteten Steuern) in Infrastruktur = Allgemeingut investiert. Aber es muss dann auch Allgemeingut bleiben und darf nicht in private Hände sickern. OK, die RegTP soll da für Ordnung sorgen, aber die hat meiner Meinung nach schon versagt, weil sie neue Frequenzen fordert ohne die Lizenznehmer zum flächendeckenden Angebot zu verpflichten.

Warum kommen eigentlich die "großen" der Veranstaltungsbranche nicht mal auf die Idee, in jeder Veranstaltung, in der ein(e) Abgeordnete(r) drin sitzt (sei es in der Funktion oder privat) für 10 Minuten alle Drahtlossstrecken auszuschalten und in der Zeit einen gut produzierten Jingle laufen zu lassen "und jetzt hören Sie, was Sie dank digitaler Dividende 2 zukünftig in dieser Veranstaltung hören können - nichts! Herzlichen dank an unsere Abgeordneten, dass sie die Kulturschaffenden so sträflich im Stich lassen".
Mann hab ich einen Hals...
 
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